Interview: Axxis

By Tinu
 
Früher war vieles besser..., oder doch nicht?!



30 Jahre Axxis, das bedeutet drei Jahrzehnte internationalen Hardrock auf höchstem Niveau. Eine Truppe, die alle Höhen und Tiefen durchlebte, dem Grunge die Stirne bot und wie der Phönix aus der Asche auferstand. Axxis bedeutete aber auch unterhaltsame Konzerte mit einem Sänger, der Entertainerqualitäten besitzt, die jedes Publikum zum Schmelzen bringen. Und! Jedes Interview zu einem Erlebnis macht. Bernhard Weiss empfing mich mit den Worten und einem Lachen auf den Lippen: "Ich habe keine Zeit, brauchst du länger als zehn Minuten oder soll ich schneller antworten?". Was blieb, waren Antworten auf nicht gestellte Fragen oder Ausschweifungen in Themen, die nicht minder interessant sind und 45 Minuten Interviewzeit. Ja, wenn Bernie mal spricht, dann bleibt kein Auge trocken.

MF: Bernie, 30 Jahre und kein bisschen leise?

Bernhard: Doch in der Schweiz schon, weil ihr diese DB-Beschränkung habt (lautes Lachen). Das ärgert mich schon ein bisschen. Gestern hatten wir fetten Sound, hat sich wunderschön angehört auf der Bühne. Nun sind wir in der Schweiz in einer wunderschönen Venue, könntest richtig Gas geben und dann… Weisst du, ich alleine sing ja schon mit 100 DB. Wenn ich heute loslege, bin ich lauter als das Schlagzeug. Das ist Wahnsinn und für eine Rock-Band immer ein bisschen schwierig.

MF: Wobei ihr ja die Möglichkeit habt, die Vorband runter zu schrauben, dann könnt ihr lauter spielen.

Bernhard (schaut sich um, sieht den Gitarrist der Vorband und sagt ganz leise und bestimmt): Das stimmt!

MF: Aber das würdet ihr ja nie machen!

Bernhard: Nun gut, wenn die das nicht merken (mit einem breiten Grinsen). Danke für den Tipp, Martin (lautes Lachen)!

MF: Du weisst, wenn du Fragen hast…

Bernhard (mit lauten Lachen): ...dann frage ich dich!

MF: 30 Jahre Axxis, das bedeutet, du hast die Band gegründet als du zwölf warst?

Bernhard: Genau. Da hast du vollkommen recht (lautes Lachen). Als ich sechzehn oder siebzehn Jahre jung war, kam ich auf dem Heimweg neben dem Kindergarten vorbei und habe komische Geräusche aus dem Keller gehört. Das war die Vorgängertruppe von Axxis. Zu Zeiten von Anvil haben die mich weggejagt, weil ich am Kellerfenster lauschte. Das soll jetzt nicht negativ klingen. Als ich in die Band kam, waren einige schon 40 Jahre und älter. Für mich als 19- oder 20-Jährigen waren dies alte Säcke. Aber, der Vorteil war, die hatten eine eigene PA und einen Proberaum. Mit ganz tollem Equipment. Das war geil, ich konnte profitieren, da ich keine Kohle hatte und gerade aus meiner Lehre kam und zu studieren begann.

MF: Was war der Wunsch mit Axxis?

Bernhard: Mein bester Freund sagte mal… Daran kann ich mich aber nicht mehr erinnern, dass ich sagte, dass ich Rockstar werden wolle. So ganz naiv! Das sagen 10'000 andere auch (grinst). Dass es aber so weit kommt und auch irgendwie funktioniert… Natürlich ist auch immer Glück dabei. Aber ich glaube fest daran, dass man auch mit einem gewissen Durchhaltevermögen immer am Ball bleiben muss. Dann ist die Wahrscheinlichkeit es zu schaffen auch grösser. Ich sehe dies aber immer wieder an unseren neuen Gitarristen, die in die Band kommen. Bei Matthias (Degener) nicht so, aber bei Marco Wriedt war das sehr extrem! Das sind alles Leute, welche Axxis nicht mit aufgebaut haben, sondern in eine bestehende, erfolgreiche Truppe rein gerutscht sind. Ich wurde von der Polizei verhaftet mit dem Kleistereimer und Plakaten in der Hand, als ich für Axxis Werbung machte. Damals hatten wir noch keinen Plattenvertrag. Eine Nacht habe ich im Knast verbracht, weil die dachten ich hätte die Plakate tatsächlich an den Verteilerkasten geklebt. Meine Argumente waren schlecht, da der Kleistereimer in meinem Händen lag (lacht). Das war echt schwer, mich da raus zu reden. Damals probten wir zwei Mal in der Woche. Egal was kam! Zu der Zeit organsierten wir alles alleine. Das war wie ein Vereinsding. Es war aber mehr ein Event, da die Kumpels bei uns im Raum rumhingen und nach der Probe gingen alle schön zum Italiener essen. Als es professioneller wurde, änderte sich alles. Da die anderen Jungs Jobs hatten, musste alles sehr kurzfristig geplant werden. Der Proberaum war total geil. Kaffemaschine funktioniert und Bier war immer genügend vorhanden (grinst). Heute würde man ihn als Drecksloch bezeichnen und effektiver geprobt, um schnell wieder raus zu kommen (lacht).

MF: Was hat sich für dich mit dem ersten Plattenvertrag alles verändert, damals bei der grossen EMI?

Bernhard: Auf einmal wird alles ernst und du bist inmitten des Business. Auf einmal ist richtig viel Geld im Spiel. Walter und ich schrieben die Lieder und die anderen schaukeln sich die Eier in der Sonne. Es war meine zweite Beziehung, die den Bach runter ging, weil ich die Zeit fürs Komponieren brauchte, während die anderen mit ihren Ladys nach Portugal fuhren. Am Ende des Tages teilten wir alles durch fünf! Da kommt irgendwann ein komisches Gefühl hoch. Plötzlich wird alles per Vertrag geregelt und es formen sich die Dinge. Für die aber alle auch Verständnis hatten. Es war aber schon ein komisches Gefühl, dass unsere Beziehungen sich in Luft auflösten und die anderen liessen sich die Sonne auf den Pelz brennen. Das war doof. Aber jede Phase, die wir durchlebten… Alles hatte seine Vor- und Nachteile. Noch heute gibt es viele geile Sachen, aber auch dermassen viele Nachteile. Die EMI ist tot, die gibt es nicht mehr. Wir haben diesen Riesen überlebt. Die ganze Szene ist weg, es gibt ja kaum mehr Plattenfirmen. Das hätte 1990 niemand geglaubt. Früher gab es keine Handys. Oder wenn ich nach Amerika telefonieren wollte, musste ich dies zuerst bei der Post anmelden. Wir konnten von unseren Telefonen aus keine internationalen Anrufe tätigen. Das kann sich heute niemand mehr vorstellen. Heute hast du ein Handy und bist mit der ganzen Welt connected. Gestern hat mich jemand angeschrieben und gefragt: "Hört mal, wann spielt ihr wieder in der Schweiz?" Morgen! "Ja, da kann ich nicht!" Ja gut, wenn du nicht kannst, dann spielen wir eben übermorgen (lacht). Das ist der Wahnsinn. Hallo, wir haben Facebook und eine eigene Homepage, da steht alles drauf! Die Leute sehen jeden Tag, welche Unterhose ich trage. Früher war das nicht so, da musstest du dich mit einer Band beschäftigen. Heute wollen die Leute alles serviert bekommen. Das ist eine ganz spezielle Entwicklung. Wann spielt ihr wieder in der Schweiz, ah da kann ich nicht (lautes Lachen). Das gab es früher nicht, auch Facebook nicht. Trotz den multimedialen Medien waren die Leute früher besser informiert und aktiver. Heute sitzen sie rum und kriegen alles serviert. Obschon wir dermassen verbunden sind in diesem weltweiten Netz. Alle sind faul geworden. Früher kannte ich alle Telefonnummern auswendig. Jetzt habe ich die in diesem Scheiss-Handy drin und weiss nichts mehr. Wir sind nicht mehr so aufmerksam und verblöden dabei auch, weil wir uns alle auf diesen Scheiss verlassen. Weltweiter Stromausfall, da bin ich mal gespannt was passiert.

MF: Wünschst du dir ab und zu die alten Zeiten wieder zurück?

Bernhard: Ja eigentlich schon und doch wieder nicht (lacht). So wie es ist, finde ich es ganz geil. Nachteile hast du immer. Früher konntest du dir ein Studio nicht leisten, weil es so teuer war. Heute kannst du dank der digitalen Technik alles alleine machen. Früher musstest du dich treffen, heute schickst du Files durch die Gegend. Unpersönlicher, wie ich finde. Da wir uns aber sehr gut kennen, hat es auch wieder seine Vorteile. Die Digitaltechnik macht die Produktion günstiger. Damals hat ein Studio 1'500 DM pro Tag gekostet. Wenn du dies heute noch zahlen müsstest, bei den heutigen Plattenverkäufen, macht dies keinen Sinn mehr. Dafür hast du durch die heutige Technik viele Vorteile gegenüber früher. Selbst wenn du krank bist, kriegst du das im Notfall auf eine Art editiert, dass es gut klingt. Früher musste ich stundenlang alles neu einsingen, bis es passte. Es hat alles seine Vor- und Nachteile. Was ich an der heutigen Zeit geil finde, ist die Unabhängigkeit. Das hatten wir damals auf eine gewisse Art auch, aber wir waren viel mehr an Verträge gebunden. Tausende von Manager wollten ihren Senf noch dazu geben. Menschen um dich herum versuchten Einfluss auf dich und deine Musik oder die Band zu nehmen. Oder waren der Meinung, dass sie die Truppe gross gemacht haben. Das ist heute richtig geil, da wir alles selber machen. Wir gehen dabei auch Wege, die dann völlig verkacken, wie das Cover-Album. Wir spielten eine Zeitlang auf kleineren Festivals. Vor und nach uns traten Coverbands auf. Das Schlimmste war, dass irgendwann die Coverbands plötzlich mit Sattelschlepper vorfuhren. Die hatten grosse Bühnenaufbauten und dann kommt der Headliner, das waren wir, mit einem kleinen Bus (grinst). Da ist doch was faul. Die schreiben die Lieder nicht selber, die covern den Scheiss und wir anderen Truppen schauen in die Röhre.

Irgendwann sagte ich auf der Bühne: "Wir sind eine Axxis-Coverband, und wir haben es geschafft den Originalkeyboarder Harry Oellers mitzubringen". Es war nur Spass. Nach dem Konzert gehe ich an den Merchandising-Stand und da sagen die Leute: "Das war eine Hammershow, aber wie habt ihr es geschafft, den Originalkeyboarder zu bekommen?" Darum sagte ich: "Wir machen nur noch Coversongs". Lieder, die auch richtig weh tun, wie «My Heart Will Go On» oder «Roboter» von Kraftwerk. Wenn wir solche Welthits covern, dann wollten wir auch was lernen und nah an das Original ran kommen. Wie passt meine Stimme zu «Stayin' Alive» von den Bee Gees? Wir waren selbst überrascht, wie gut das alles funktionierte. Auf Spotify ist die meistgehörte Version von «My Heart Will Go On» jene von Axxis. Das ist Wahnsinn. Nicht die von Céline Dion, nein die von uns (lacht). Das ist schon eine komische Welt. Daran merkst du auch, dass der Künstler hinter einem Song nicht mehr viel wert ist. Da könnte auch Angus Young bei Iron Maiden spielen, das ist doch alles scheissegal. Judas Priest, Iron Maiden, die Marke spielt eine Rolle, wer dahinter steckt, egal! Das war früher anders. Als Bruce Dickinson bei Iron Maiden rein kam und «The Number Of The Beast» veröffentlicht wurde, dachte ich nur: "Wow ist das GEIL!» Bei allen anderen Truppen, bei denen der Sänger ausstieg, fand ich es immer scheisse. Heute spielt jeder bei jedem, und die Kunst gerät dabei völlig ins Hintertreffen. Das ist wie bei einem Job. Hauptsache viel live spielen und viel Kohle verdienen. Bei wem? Scheissegal! Das hat aber nichts mit dem Axxis-Ding zu tun und woher wir kommen. Darum mache ich auch keine Side-Projekte. Wenn ich einen VW kaufe, will ich auch keinen Hyundai-Motor haben. Aber in der Musik ist das so. Das kann aber jeder so sehen, wie er will. Das ist auch die Schuld der Szene, dass man keine Kohle mehr verdient und deshalb kucken muss, wo man bleibt.

MF: Welches war für dich in den letzten 30 Jahren die schwierigste Zeit?

Bernhard: Das war die Phase um die «Matters Of Survival» und «Voodoo Vibes», weil die Szene nicht mehr wusste wo sie stand. Da kam so eine komische Truppe hoch, hat den Grunge erfunden und alle fragten sich, wo steht der Hardrock und der Heavy Metal? Die Begriffe stimmten nicht mehr. Das war die Zeit, als Rob Halford Judas Priest und Bruce Dickinson Iron Maiden verliessen. Auch die grossen Bands verloren ihre Orientierung und wussten nicht mehr wo sie standen. Da kommt Kurt Cobain an und macht einen auf Rock. Wobei, war das noch Rock? Die Begriffe verschoben sich alle. Plötzlich hatten wir Grunge, Crossover und weiss der Geier was alles noch. Bloss um Neues zu erfinden und zu machen. Wir machen eine Bohnensuppe und hauen mal grüne und rote Bohnen rein. Haben wir genügend grüne, dann haben wir eine Erbsensuppe. Eine neue Erbsensuppe und verdienen damit viel Geld.

MF: Hattest du immer die Unterstützung deiner Eltern?

Bernhard: Eigentlich schon. Ich wollte Schlagzeuger werden, hab mir eines gewünscht, da die Möglichkeit bei uns im Keller alles abzudichten vorhanden war. Mein Vater sagte: "Nein ein Schlagzeug gibt es nicht, lern du zuerst mal Blockflöte". Da war ich elf oder zwölf. Ich wollte aber ein richtig schweres Instrument spielen. Seine Antwort: "Dann mach doch ein Gewicht an deine Flöte". Super! Damit war das Gespräch beendet (lacht). Da kannst du auch nichts mehr sagen. Mein Opa hat mir den klassischen Gitarrenunterricht bezahlt. Der wollte, dass ich was Vernünftiges mache. Es stiftete den ersten Verstärker, und so bin ich immer mehr hin zur E-Gitarre gerutscht. Das haben meine Eltern aber immer unterstützt. Wahrscheinlich auch, weil sie das Ganze nicht bezahlten, sondern mein Opa (lacht). Da war's dann auch mit der Blockflöte vorbei (lautes Lachen). Ich war total bescheuert, dass ich in der Schule einen Grundkurs für die Blockflöte besuchte. Es war auch völlig doof, dass ich mit der Flöte im Mund nicht singen konnte. Das war bei der Gitarre cooler.

MF: Du hast erwähnt, dass du Rockstar werden wolltest. Wie siehts mit "Sex, Drugs and Rock'n'Roll" aus?

Bernhard: Du, eine Zeit lang haben wir das gemacht. Seit ich rauche und saufe, ist die Stimme super (lautes Lachen). Am Anfang unserer Tourneen haben wir immer so vier oder fünf Shows gespielt. Man weiss noch nicht wie die Stimme bei diesen hohen Tönen funktioniert. In diesen Kneipen mit dem ganzen Rauch. Das war so eine Muskelkater-Sache, und jeden Tag hat sich die Stimme anders angefühlt. Dies hat mich verunsichert, ich verkrampfte mich, und das hat die Sache noch schlimmer gemacht. Die Angst war da, das Konzert abzusagen. Der Druck, den du als Sänger hast, während die anderen Party machen und du am Ginger… Nein wie heisst das?

MF: Gin Tonic?

Bernhard: Nicht Gin Tonic… Ingwer (lautes Lachen). Eines Tages spielten wir in Frankfurt und ich hatte eine Kehlkopfentzündung und konnte nicht singen. Das war Kacke. Eigentlich hätten wir das Konzert absagen müssen. Unser damaliger Tourmanager sagte zu mir: «Du gehst raus zu den Leuten und fragst sie einfach, ob der Gig abgesagt werden soll. Du sagst ihnen, dass du nicht singen kannst und es Scheisse klingen wird. Sollen wir das Konzert stattfinden oder es ausfallen lassen». Das Geile war dann wirklich dass der Druck weg war und ich singen konnte. Hätte ich nichts gesagt, hätte es keiner gemerkt. Das hat mich beruhigt.

MF: Kommen wir zum Schluss, du hast ja nur kurz Zeit…

Bernhard: …leider ja…

MF: …was sind die Pläne für die Zukunft?

Bernhard: Wir machen immer weiter…

MF: …ausser wenn ein Kind auf die Bühne kotzt…

Bernhard: … ja genau (lacht). Es ist immer sehr authentisch, wenn die Kids auf der Bühne sind. Da kommt der kleine Jakob auf die Bühne beim «Bang Your Head»-Festival. Der Junge hat einen geilen Job gemacht. Ich biete ihm eine Flasche Wasser an. Er trinkt die auf ex. Für einen solchen kleinen Körper ist das schon viel und kotzt mir einmal quer über die Bühne. Da war meine Theorie mit den besoffenen Frauen ziemlich am Arsch…

MF: …genau, Axxis wollen keine besoffenen Frauen auf der Bühne, weil die kotzen alles voll…

Bernhard: …genau (lacht). Was für ein Schwall der Kleine da losgelassen hatte. Wie kriegen wir das nun hin, dass man auf der Blu-Ray dies nicht sieht? Wir wollten Jakob ja nicht blossstellen. Was da für ein Druck aufgebaut werden kann ist schon tierisch (lacht).

MF: Wir sind aber noch immer bei den Plänen für die Zukunft…

Bernhard: …ach ja (lautes Lachen). 2020 wollen wir weniger auftreten und eine neue Platte vorbereiten. 1989 haben wir in den Texten gegen den sauren Regen gekämpft und den atomaren Overkill. 30 Jahren später haben wir wieder das gleiche Thema mit den Raketen. Als ob der Mensch gar nicht fähig ist, aus seiner Vergangenheit zu lernen. Als ob die Natur es den Leuten eingepflanzt hat, dass er kaputt geht. Harry hat mich für gewisse Ansagen auf der Bühne immer ein bisschen… "Du kannst das so nicht bringen!", war seine Devise. Das Leben, sei es der Mensch oder der Dinosaurier, die Natur regelt alles. Es wird geregelt über die Masse der Menschen und davon sind wir viel zu viele auf diesem Planeten. Ich musste meine alten Mercedes Diesel verkaufen, weil er keine grüne Plakette mehr bekommen hat in Deutschland. Dafür fährt er nun in Libyen herum. Es bringt auch nichts, wenn wir alle Veganer werden, sondern wir müssen weniger werden. Weniger fressen und verbrauchen. Wir sind viel zu viele. «Fire And Ice» oder «Tears Of The Trees» handeln davon. Das war 1989. Es gibt mehr Menschen, mehr Aggressivität und mehr Kriege. Das biologische Gleichgewicht kommt in Schieflage. Als ich «Fire And Ice» damals schrieb, war ich zwanzig Jahre alt, und es war mir nicht klar, wie recht ich damit hatte. «Fire» die ganzen Brände und «Ice», alles schmilzt, Hunger und Krieg. Das war damals eine Prognose, und nun stimmt die plötzlich. Das ist erschreckend für mich. Wie zum Beispiel innerhalb von zwei Minuten ein kompletter Wald wegbrennt. Eine Schneise, die einen Kilometer breit und drei Kilometer tief ist. Das ist Wahnsinn. In zwei Minuten. Das sind Kräfte, die kann man sich nicht vorstellen. Da kommen wir mit unseren technischen Errungenschaften und was macht die Natur? Genau, sie lacht darüber. Manchmal ist es auch erschreckend, wie die Texte missverstanden werden. Die Leute denken es ist ein Liebeslied, dabei gehts es um einen Selbstmörder, der das Leben umarmen will.

MF: Jetzt bist du mit der ganzen Welt verbunden und jetzt soll man auch noch deine Texte verstehen…

Bernhard: …Ja (lautes Lachen) «Love Is Like An Ocean», das war im Februar 1989. Die Liebe ist wie ein Ozean. Zwei verlieben sich. Einer aus dem Osten, einer aus dem Westen. Dann war die Mauer und weg und es kam «Ships Are Sailling». Das war kein Song für die Segler, sondern für die Papierschiffe mit Kerzen, welche auf der Spree schwammen, weil die Mauer weg war. Viele verstehen das nicht und denken, es geht ums Segeln. Was wirklich dahinter steckt, interessiert viele nicht.

MF: Ich danke dir für die zehn Minuten, die sich wie 45 angefühlt haben…

Bernhard: Ja, Sorry, mehr Zeit hatte ich nicht (lautes Lachen), aber danke wie immer für alles!