Interview: Comaniac

By Rockslave
 
Neue Musiker, neues Feuer.



Vor knapp fünf Jahren starteten Comaniac mit eigenen Songs, die auf dem ersten Demo mit dem sinnigen Titel «Cowshed Demo» festgehalten wurden. Noch bevor das neue Jahr 2013 willkommen geheissen wurde, fanden sich die jungen wie motivierten Aargauer Thrasher (inklusive einem Solothurner Drummer) abermals in einem Studio ein. Das Resultat namens «Tumor Troop» erblickte im darauffolgenden Sommer das Tageslicht, und spätestens ab diesem Zeitpunkt wurde die lokale Szene langsam aber sicher auf die Truppe aufmerksam. Meine Wenigkeit sah Comaniac im Mai 2014 in Winterthur das erste Mal live, als sie mitunter für Coroner eröffnen konnten. Diese Show beeindruckte mich sehr und ich attestierte der Band damals schon, dass sie über ordentlich Potenzial verfüge. Ich sollte mich nicht täuschen, denn im Februar 2015 wurde das töfte full lenght Debüt «Return To The Wasteland» veröffentlicht, dessen erste Auflage (500 Stk.) längst abgesetzt wurde. Was die bisherige Erfolgsgeschichte kurzzeitig ausbremste und was es zum brandneuen Dreher «Instruction For Destruction» zu sagen gibt, entlockte in Jonas Schmid (v/g) und Raymond Weibel (b) in Olten.

MF: «Instruction For Destruction», euer neues Baby, steht kurz vor dem Release (07.04.2017 – MF). Steigt der Puls schon oder nehmt ihr das locker hin?

Jonas: Die Vorfreude ist gross, weil wir lange darauf hingearbeitet haben…, da viel passiert ist in den letzten Jahren und die nervenaufreibenden Vorbereitungen. Denkt man an alles, hat man die richtigen Entscheidungen getroffen und auch mehr so ein Hinfiebern darauf.

Ray: Ich denke, dass es cool ist, jetzt mal neues Zeug zu spielen, denn mit dem alten Album waren wir doch länger unterwegs. Es ist Verschiedenes…, ein langer Weg und nicht von null auf hundert, sondern ein stetiger Weg, und es ist etwas anderes als einfach ein Konzert.

MF: Zwischen dem 29.05.2014, als ich euch das erste Mal in Winterthur live gesehen habe, bis hin zur Gegenwart, sind knapp drei Jahre vergangen. Seid ihr (als Gründungsmitglieder) zufrieden mit der Entwicklung der Band?

Jonas: Sehr…, sehr zufrieden. Es ist, wenn darüber nachdenkt, eine unglaublich lange Zeit für so eine junge Band. Es ist megaviel passiert, vor allem sind wir zufrieden mit frischem Mut ans neue Album ran, so wie sich gerade das letzte Jahr entwickelt hat. 2014 befanden wir uns noch auf einem euphorischen Ast der jungen Neuband mit Ausblick auf das erste Album und danach standen Entscheidungen an, harte Fakten und so begann die Krise. Das fand alles innerhalb von eineinhalb Jahren statt, und es folgte die Situation mit dem Lineup-Wechsel und vor allem eben letztes Jahr, da ist viel geschehen.

MF: Wo liegt eurer Meinung nach der fundamentale Unterschied zwischen dem Debüt und der neuen Scheibe? Und nicht nur auf das geänderte Line-Up bezogen!?

Jonas: Ich finde das zweite Album deutlich origineller, runder und eigenständiger. Es klingt jetzt immer mehr nach uns…, als Band. Es ist die Bestätigung dafür, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Es war immer unser erklärtes Ziel, aus dem Ganzen etwas Eigenes zu erschaffen.

Ray: Es ist tiefgründiger…, das erste Album besass vom Anfang bis zum Ende eine relativ ähnliche Stimmung und Härte. Das neue Material ist vielschichtiger und letztlich auch persönlicher ausgefallen.

MF: Letztes Jahr um diese Zeit ging es ja hoch zu und her, sprich Gitarrist Dominik Blum und Drummer Cedric Iseli gingen von Bord. Was ging da kurz danach in euch vor?

Jonas: Wenn ich auf den April (2016 - MF) zurück schaue, wo dies in dem Monat offiziell verkündet wurde, also der Wechsel, wo es Schlag auf Schlag gegangen ist, war zu erwarten. Es hatte sich abgezeichnet und vorher im Januar dann bestätigt. Diese Zeit war sehr schlimm für mich, weil ich überhaupt nicht wusste, wie es weiter geht, und auch bei Ray war es noch nicht klar. Wir haben uns dann so entscheiden können…, Ende Januar, anfangs Februar. Es war sehr tough alles…

Ray: …etwas blöd ausgedrückt…, ich vergleiche Bands immer gerne mit Beziehungen. Rückblickend hat man vorher schon gesehen, dass irgendwie etwas kaputt gegangen ist…, aber wir hatten nicht Stress oder so, aber dass das Feuer weg war. Für Jonas war es intensiver, weil es seine einzige Band war. Ich hatte mehr gemacht (Ray spielte ja noch bei Suborned, die sich mittlerweile aufgelöst haben - MF) und war vielleicht etwas abgebrühter, doch es war auch für mich ein sehr grosser Schritt. Ich denke, es war die richtige Entscheidung…, wie man ein Jahr später sieht.

MF: Der Ersatz wurde vergleichsweise sehr schnell gefunden. Was machte euch sicher, dass es mit Vali und Stefan hinhaut? Zufall oder Glück?!

Jonas: Man kann es Glück oder auch Schicksal nennen. Den Vali kenne ich ja schon lange…, wir haben bereits 2011 zusammen gespielt, als Gag so zu sagen. Wir waren beide auf der Suche und machten dann zu zweit oder zu dritt was. Zurück zur Frage…, die ersten Wochen waren schon speziell, da es Überschneidungen gab, also wir spielten noch Gigs im alten Line-Up und probten bereits mit der neuen Formation. Es ist immer ein Finden, denn zu Beginn waren wir kritisch, weil wir nicht wussten was kommt. Letztlich war die Situation aber fruchtbar und die beiden „Neuen“, finde ich, haben einen grossen Beitrag geleistet, auch vom musikalischen Background her, respektive mit Ehrgeiz und Willen. Zudem ist Stefan ein Superdrummer, und es ist eine Freude, ihm zuzuhören.

MF: Damit eine Band gut funktioniert, braucht es auch einige helfende Hände im Hintergrund. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Alex Fontanini von Metalworld?

Ray: Er hat uns eigentlich mal nach einem Konzert angesprochen. Es war dabei nicht das erste Mal, dass er uns gesehen hatte, denn da fand er uns nämlich „scheisse“ (Originalzitat). Beim zweiten Mal wechselte dies zu „sehr cool“, und mit Sin Starlett hatte er ja bereits eine (Vinyl-) Single veröffentlicht. Da er diesbezüglich eigentlich auf der Suche nach einer zweiten Band war, hat er uns nach dem Konzert angesprochen. Dabei sprachen wir Grundlegendes an, und er ermunterte uns dazu, dass wir uns hierzu ein paar Gedanken machen sollen. Etwas später sassen wir dann in Aarau mal zusammen, besprachen das Ganze und fanden uns in der Sache relativ schnell, da Alex sehr viel Idealismus versprühte.

Jonas: Für mich es vor allen schön fest zu stellen, dass Leute, die man vorher nicht gekannt hat, einem gutes Feedback abgeben, das ja nicht einfach „von Nichts“ herrührt. Die Möglichkeiten, die uns Metalworld jetzt verschafft und was wir sonst noch an Neuem realisieren können, ist erfreulich und zeigt, dass Substanz da ist, die überzeugt.

MF: Als Haupteinflüsse nennt ihr, mitunter auch auf der Homepage und bei Facebook, Overkill, Coroner und Sepultura. Zumindest auf dem Debüt höre ich jedoch vor allem (die alten) Metallica heraus. Welche drei Bands würdet ihr aktuell für eure jetzt teils etwas „progressiv“ anmutende Mucke als Vergleich nennen?

Ray: Comaniac, Comaniac und Comaniac!

Jonas: Also ich finde, dass man viel von Metallica heraus hört. Nicht mehr zu Zeiten von «Kill 'Em All», sondern eher eine Entwicklung aus «Master…» und «Justice…». Vor allem auch der Gesang geht noch mehr in diese Richtung. Von der Songvariation oder –farbe her…, was auch immer, sind Metallica für mich eh immer gross heraus gestochen, da sie seit den 80ern unglaublich vielfältige Alben heraus gebracht haben. Während wir auf unserer ersten Scheibe mit ähnlichem Stil am Limit herum geholzt haben, spielen wir nun diverser und eigenständiger.

Ray: Ich sehe das relativ ähnlich, und angesprochen auf das Progressive, was du vorher erwähnt hast…, also Death Angel kann man ja nicht wirklich als Prog-Band bezeichnen. Sicher ein starker wie gut passender Vergleich sind Metallica zu «Master Of Puppets» Zeiten und, wie ich denke, besitzen wir jetzt ein eher verspielteres Element im Geiste von eben Death Angel, wo wir auch bewusst versuchen, etwas anderes zu machen. Daher sicherlich ein guter Vergleich.

MF: Ihr wart gerade mal zwei Wochen im Studio! Wie liefen diese Sessions ab? Habt ihr einzelne oder mehrere Songs, wie Retro-Bands dies oft machen, quasi auch „live“ eingespielt?!

Ray: Nein, das nicht. Wobei ich mich bei diesen Retro-Combos mit all den technischen Möglichkeiten sehr frage, denn man kann zwar schon was live einspielen, aber nachher wieder so auseinander nehmen, dass nicht mehr viel davon übrig bleibt. Deshalb finde ich es den ehrlicheren Weg, wenn man sich dafür etwas mehr Zeit einräumt und sagt, es sei jetzt gut eingespielt wie vertretbar und man mehr oder weniger das nimmt, was aufgenommen wurde.

Jonas: Man hört , dass die Musik vielschichtiger ist…, die Gitarren sind beispielsweise darüber und darunter gelegt, und das ist alles Studioarbeit.

Anschliessend gab ich zu Protokoll, dass die Backing-Vocals für meinen persönlichen Geschmack zur Hauptgesangsstimme von Jonas hin mehrfach zu laut ausgefallen seien und eigentlich wie eine zweite Leadstimme daher kommen. Jonas meinte dazu, dass ihm das beim ersten Mix zwar auch aufgefallen sei, er letztlich aber Freude daran fand und es deshalb bewusst so belassen wurde. Ray warf ergänzend ein, dass der Gesang beim Debüt doch eher ein „Reinschreien auf hohem Energielevel“ war und nun, mittel- bis längerfristig gesehen, einfach mehr Substanz durch ausgearbeitete Harmonien vorhanden sei. Diesen Argumenten konnte ich folgen wie zustimmen und denke, dass sich das nach mehreren Durchläufen entsprechend einpendeln und als Detail in die noch anstehende CD-Review einfliessen wird.

MF: Am 08.04.2017 steigt in Aarau (Flösserplatz – MF) die grosse CD Release-Party. Was können wir diesmal erwarten von euch? Chaos wie beim letzten Mal?

Jonas: Chaos auf jeden Fall, das gehört zu Comaniac! Das mit den Tischbomben hat damals gut zu Cedi und Bloom gepasst. Nun wird es was anderes geben…, vielleicht mit einem Feuerlöscher…, nein! Es wird auf jeden Fall eine einmalige Show und eine coole Party. Und das Line-Up (mit Sin Starlett und Funeralopolis –MF)…

Ray:…deckt verschiedene Stile ab, das aber dennoch Leute zusammen bringt, denen alle Bands gefallen werden, und das ist noch cool.

MF: Ein weiterer Blick in die nähere Zukunft: Am 26.07.2017 spielt ihr als Support von Death Angel in der „Musigburg“ in Aarburg. Wie lange dürft ihr da spielen, und was meint ihr generell zu 30 oder 45 Minuten Spielzeit?

Jonas: (lacht kurz)

Ray: Ich weiss es noch nicht…

Jonas: …ich auch nicht, aber wenn es dann halt nur eine halbe Stunde ist, gehen wir auf die Bühne, reissen das Ding voll runter und hoffen, dass es ankommt. Man kann, falls, eh nichts daran ändern und muss es annehmen wie es ist. Einfach das Beste daraus machen…

MF: …aber da ihr der alleinige Support seid, ist zumindest die Chance gross, dass es doch zu 45 Minuten gereichen wird..

Jonas: Wir lassen uns überraschen…, es wäre natürlich von der Songauswahl her spannend, aber auch dreissig Minuten „full fist in your face“ bieten eine Chance.

Ray: Letzten Endes erreichst du so aber vielleicht viele Leute, die du sonst nicht erreichen würdest, bisher nur Death Angel kennen und uns noch nie gesehen und gehört haben. Wenn du an ein Konzert gehst und noch keinen Song von uns kennst, kann eine verkürzte Zeit dennoch eine Chance bieten. Die Fans sagen sich danach „doch, war noch cool die halbe Stunde“ anstatt dass quasi 45 Minuten mit so zu sagen unbekannten Songs „ausgehalten“ werden müssen.

Jonas: Nach dreissig Minuten haben sie natürlich noch Bock auf mehr, und dann sagen wir „sorry, wir können jetzt nicht länger…

Ray: …leider…, aber das nächste Mal spielen wir drei Stunden!“

Danach folgte ein lockerer Schwatz zum 25.07.2016, der für alle Beteiligten von Bedeutung war. Einerseits feierte ich zu Hause meinen 52. Geburtstag, und andererseits standen Comaniac bei den „Metal Days“ in Tolmin (Slowenien) auf der Bühne, nota bene nur eine halbe Stunde. Doch die Jungs nutzten die Gunst der Stunde, respektive hatten veritables Wetterglück, nämlich dass ein grosses Gewitter just zu Beginn ihres Konzertes vorbei war. So fanden sich erfreulich viele Fans vor der Bühne ein, die zuvor am Fluss oder sonst wo waren, und trotz ein paar technischen Problemen geriet die Show vorzüglich, was die zahlreichen positiven Feedbacks untermauerten.

MF: In der letzten Zeit sind viele neue Thrash-Scheiben von altgedienten wie jüngeren Bands veröffentlicht worden. Welche gefallen euch am besten davon?

Jonas: (zu Ray) Willst du da mit deinen Vektor beginnen?

Ray: Ehmm…, ja…, Vektor, weil diese eigenständig wie technisch überragend sind, wobei dieser Sound natürlich keine Stadien füllt. Sonst sind sicher Evile und Havok die beiden Bands, die über Substanz verfügen. Bei Evile ist es Ol Drake, der als Gitarrist besser als viele andere ist (seit 2013 aber nicht mehr dabei! – MF), und da bewundere ich dessen eisernen Willen, offensichtliches Talent und die harte Arbeit, wodurch er alle hinter sich gelassen hat. Bei Havok ist es die spürbare „all in“-Mentalität, die nach aussen anzeigt, dass dies ihr Ding ist, und das überzeugt die Leute.

Jonas: Ich habe ein paar neue Thrash Metal Bands entdeckt, die mich überzeugen, aber von den älteren sind es momentan Kreator, das ist mein Ding. Ich rechne ihnen, trotz des fortgeschrittenen Alters und der Karriere, sehr hoch an, dass sie einerseits den Thrash Metal zu Beginn geprägt haben, und andererseits finde ich es erfrischend, wie die neuen Scheiben mit diesem „epischen Symphonic-Shit“ klingen, einfach originell, respektive dass Mille & Co. Interesse gezeigt haben, etwas Neues zu machen.

MF: Nochmals zurück zu «Instruction For Destruction». Die CD dauert rund 47 Minuten, ist also ideal für das Format Vinyl! Wurde mitunter darauf hingearbeitet oder ist das Zufall? (Während ich die Frage noch zu Ende formulierte, kicherten beide unvermittelt drauf los…)

Ray…, dürfen wir das alles jetzt schon preisgeben oder ist es noch ultrageheim?!

Jonas: Nein…, dazu gibt es jetzt ein exklusives Statement! Vinyl war nicht das Thema, aber es wurde eines. Wir haben tatsächlich mehr Songs im Studio aufgenommen, als auf der CD zu finden sind. Das heisst, wir haben noch Songs in petto und haben sie, wegen dem Vinyl, gestrichen und nicht verwendet. Sonst wäre das Album länger geworden. Durch einen dummen Zufall sind die jetzt trotzdem auf dem Vinyl, aber nicht der CD gelandet. Das heisst, das Vinyl dauert länger als die CD, weist einen Bonus-Track auf…, einen…, der passt aber trotzdem drauf…, ist ein 3-minütiger Powersong, der Spass macht. Eigentlich ist das Ganze ein Fail unsererseits…

Ray: …ein unabsichtlicher Bonustrack!

(Bemerkung MF: Wer die Antwort von Jonas aufmerksam durchliest, stellt fest, und das war wirklich so, dass er offensichtlich von mehreren zusätzlichen Songs spricht, also womöglich sind es insgesamt zwei oder gar drei, wovon jetzt mal einer auf der full lenght LP zu finden sein wird. Vielleicht folgt ja etwas später noch eine zweite Single aus dem Hause Metalworld…, who knows!?)

MF: Zum Schluss geht es noch um eine öffentlich in einem Interview abgegebene Lebensweisheit von dir Jonas…, nämlich wie man sich den Arsch richtig abwischt! (lautes Gelächter) – Das war jetzt vor einer Weile…, hast du da inzwischen Weiteres auf Lager?!

J
onas: (lacht immer noch) – Du fragst vielleicht Sachen…, nein…, ich bin immer noch hart an der Umsetzung dran. Ich finde, zu viele Weisheiten sollte man nicht raus hauen…, es muss zuerst mal eine umgesetzt werden, und ich werde bis auf Weiteres auf dieser beharren.

Ray: Das war so gut, dass man nicht versuchen sollte, das noch zu toppen!

MF: Besten Dank für das anregende Interview.

Jonas und Ray: Wir haben zu danken.