Interview: Gus G. (Firewind, Ex-Ozzy)

By Tinu
 
Auf einmal ist man Gitarrist bei Ozzy.



Wer kennt Kostas Karamitroudis? Sehr wahrscheinlich die Wenigsten. Aber beim Namen Gus G. werden wohl alle mit einem freudigen Nicken glänzende Augen bekommen. Selten sah man einen dermassen perfekten Gitarristen, der Technik und Gefühl mit einer Leichtigkeit verbunden hat, dass man sehr gerne von einem Gitarrenhelden sprach. Erinnerungen an Randy Rhoads (ehemals Ozzy) werden wach, und dank seiner netten und freundlichen Art, wirkt der Grieche niemals arrogant. Neben seiner Stammband Firewind ist Gus nun seit ein paar Monaten auch wieder mit seiner Solotruppe unterwegs. Der phänomenale Auftritt am diesjährigen «Ice Rock»-Festival hinterliess nicht nur bei mir feuchte Augen. Und das lag nicht nur an der unglaublichen Darbietung von Ozzys «Bark At The Moon». Tja, dass Gus nicht mehr bei Ozzy spielt, er seinen Platz wieder an Zakk Wylde abgeben musste, verstehe ich bis heute nicht. Zakk mag ein Virtuose sein, aber selten verbindet ein Gitarrist musikalisches Können, Finessen im Spiel und Melodie dermassen wie Mister G. Und nach Randy und Jake E. Lee gibt es in meinen Augen nur einen Gitarristen, der bei Ozzy gross auftrumpfen darf! Mister Kostas Karamitroudis.

MF: Firewind oder deine Solo-Band, welche Truppe hat die grössere Priorität?

Gus: Beide (grinst). Firewind habe ich gegründet, da war ich noch ein Kind (lächelt). Wir haben eine Pause eingelegt, damit ich mich meiner Solo-Truppe widmen konnte. Allerdings habe ich nicht erwartet, dass ich dermassen viel mit meiner Solo-Band unterwegs sein würde (grinst). Die Zeit ist wieder reif, dass ich mich vermehrt um Firewind kümmere. Der Plan ist, dass wir ein neues Album aufnehmen und auf Tour gehen. Wir werden sehen was sich ergibt, denn mit «Immortals» hatten wir ein tolles Comeback.

MF: Wieso hast du eine Solo-Band gestartet, wenn Firewind schon deine Combo ist und du da machen kannst, was du willst?

Gus (lächelnd): Ja, absolut, aber als mich mein Sänger Apollo Papathanasio 2012 verliess war ich sehr enttäuscht und benötigte einfach eine Pause von Firewind. Weil unser Erfolg immer grösser wurde, war es für mich wie ein Schlag ins Gesicht Apollo zu verlieren. Es lähmte mich für einen Moment. Ich brauchte einen Break und wollte mich sammeln und herausfinden, wohin mein Weg mich führen wird. Daraus entstand das erste Solo-Album. So ergab sich eins zum anderen. Ich wurde gefragt, ob ich nicht eine Tour spielen wollte. Langsam baute sich meine Solo-Karriere auf. Ich vergass Firewind dabei nie und wusste, dass ich zurück kommen und mit meinen Bandmitgliedern wieder eine neue Scheibe aufnehmen sowie auf Tour gehen werde.

MF: Wie schwer war es für dich, einen neuen Sänger für Firewind zu finden?

Gus: Das war echt "tough". Es gab wenige Sänger, mit denen ich zusammenarbeiten wollte. Die Chemie muss stimmen (lächelt). Henning Basse (ehemals Metalium) half uns schon mal aus. Wir wussten wie es mit ihm auf Tour sein würde, da er mit uns tourte, kannten ihn als Freund der Band und lieben seine Stimme. Er war auf der Suche nach einer neuen Band. Das Timing war für beide Seiten perfekt, und so kam zusammen was zusammen gehört. Ich suchte nach einem professionellen Sänger, der aber auch talentiert ist. Einer, der den Songs das gibt, wonach sie verlangen und sie so singen und präsentieren kann. Es braucht nicht unbedingt eine Bühnenpersönlichkeit, aber jemand, der es versteht mit vier, fünf oder zehn anderen Jungs auf kleinstem Raum zusammen zu leben (grinst), ohne dass man sich gleich am ersten Tag der Tour an die Gurgel geht (grinst). Wir werden mit Firewind noch einiges zu sagen haben (grinst), freuen uns auf das neue Album und die kommende Tour. Ich denke auch, dass ich einige Türen für die griechische Musik öffnete. Alleine, dass ich mich auf internationaler Ebene präsentieren konnte, ist noch immer ein grosser Erfolg für mich. Da steht dieser kleine, griechische Fu… (lacht) Musiker plötzlich auf den asiatischen und amerikanischen Bühnen. Oder beim den grossen Festivals, wie «Download» oder «Graspop» auf der Bühne. Ich konnte mit grossen und berühmten Truppen auf Tour gehen und mit deren Musikern sprechen. Plötzlich spielte ich bei Ozzy in seiner Band. Aus dem Nichts stehe ich mit ihm eine Zeitlang auf der gleichen Bühne. Da wurden meine wildesten Träume wahr (grinst)!

MF: Wie schwer oder wie einfach ist es für einen Griechen die Musikwelt zu erobern?

Gus: Es ist nicht einfach (grinst). Griechenland ist nicht unbedingt das Mekka für Heavy-Metal (lacht). Geografisch ist es ein schönes Land um Ferien zu machen, aber um eine Tour zu buchen nicht unbedingt das Ideale (grinst). Als ich jung war, entschied ich mich auszuwandern und lebte einige Zeit in Amerika. Dann war ich vier Jahre lang in Schweden und startete dort meine Musikkarriere mit Dream Evil. Als alles langsam ins Rollen kam, ging ich nach Griechenland zurück. Ich mag die Lebensqualität in meiner Heimat. Es ist ein Segen, dass ich mein Geld als Musiker verdiene. Aber am Ende des Tages ist es nicht einfach als Musiker zu überleben. Die Verkäufe gehen selbst in den sehr loyalen Ländern wie Japan und Deutschland runter. Es ist für niemanden einfach. Das Musikgeschäft ist nicht mehr das, was es mal war. Aber ich will nicht klagen, denn ich erreichte viel mehr, als ich mir erhoffte. Weisst du, wenn man als Musiker startet und es entwickelt sich in die richtige Richtung, dann ist alles was du erlebst noch einen Happen obendrauf. Ich bin dankbar und glücklich, dass ich dies als meinen Beruf machen darf. Es war sehr wichtig, dass ich immer die Unterstützung meiner Familie bekam. Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie. Wir waren nicht sehr reich. Mein Dad hat mich trotzdem mit Geld unterstützt, damit ich nach Amerika übersiedeln konnte. Dort hatte ich einen Job, arbeitete und verdiente in dieser Zeit meinen Lebensunterhalt. Meine Eltern unterstützten mich immer, als ich ein kleiner Junge war und Zeit für meinen Unterricht brauchte. Oder als ich in Schweden lebte und die ersten drei Jahre kaum Geld verdiente, standen sie mir immer zur Seite und halfen mir aus. Hätte ich diesen Support nicht erhalten, wäre alles um ein Vielfaches schwerer gewesen für mich!

MF: Gibt es eine Geschichte zum Bandnamen?

Gus: Ja (grinst)! Nachdem Uli Jon Roth die Scorpions verliess, gründete er seine Band Electric Sun. Das zweite Album taufte er «Firewind». Ich mag die Alben von Electric Sun, auch wenn sie sich von meiner Band Firewind stark unterscheiden. Uli ist ein grosser Einfluss für mich. Aber auch Gray Moore, Tony Iommi, Paul Gilbert, Marty Friedman oder Michael Schenker. Rudolf Schenker mag ich für die Art, wie er Songs komponiert. Ich mag, wenn Gitarristen mit Gefühl spielen. Selbst wenn es technisch wird, aber ohne Gefühl in deinen Fingern klingt alles kalt. Gitarristen, die nur ihre Übungen rauf und runter spielen, finde ich uninteressant. Ob du schnell oder langsam spielst, du musst was mit deinem Spiel aussagen und die Leute packen können.

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?

Gus: Das Songwriting für die neue Firewind-Scheibe steht an. Im Sommer dieses Jahres werden wir einige Festivals spielen und auch zusammen mit Queensr˙che auftreten (mit einem zufriedenen Grinsen). Sehrwahrscheinlich werden wir nach dieser Tour ins Studio gehen, um dann im Frühling 2020, sofern alles klappt, die neue Scheibe zu veröffentlichen.

MF: Hat dich dein Erfolg über all die Jahre verändert?

Gus: Ich denke, dass wir uns alle verändern, wenn wir älter werden. Wenn du 22 bist, denkst du anders, als mit 30 oder 35 Jahren (lächelt). Dennis Ward (Bassist seiner Solo-Band und von Pink Cream 69 läuft gerade an uns vorbei) ist seit seinem 15. Lebensjahr noch immer der Gleiche (lacht). Ich hoffe, dass wir mit dem Alter alle weiser und cooler werden sowie die besseren Entscheidungen treffen. Ich versuche eine nette Person zu werden und zu sein. Es gibt viele Lektionen, die man im Leben lernt und lernen muss (grinst). Es ist wichtig deine Fehler zu machen und nicht die von jemandem anderen. Du veränderst dich und hoffst, es das nächste Mal besser zu machen.

MF: Ich danke dir für das Interview!

Gus: Sehr gerne, ich danke dir für die Zeit, die du dir genommen hast.