Interview: Krokus
By Rockslave
Ich wusste oder ehrlich gesagt hoffte, dass dieser Tag einmal kommen würde, aber fassen konnte ich es erst, als erstens mal der Interview-Termin bestätigt war und ich zweitens an diesem Abend tatsächlich in der Röck'n'Röll Strasse in Solothurn aufkreuzte. Da ich ja bisher noch nie Gast in Dö Röhrs privaten Gemächern war, fuhr ich auf der Suche nach einem Parkplatz erstmal daran vorbei. Da eine gute halbe Stunde vor dem abgemachten Termin vor Ort, rief ich die Label-Managerin von SONY Music Entertainment aufs Geratewohl hin frühzeitig an und durfte zu meiner Überraschung gleich antraben. Mit dem richtigen, örtlichen Tipp per Handy versorgt, stand der grosse Moment unmittelbar bevor! Doch nach nur ein paar Metern, mitten im Garten stehend, nahm ich einen stattlichen, sitzenden Wauzel (Deutsch: Hund) im Bereich des Eingangs wahr, der sich zwar still verhielt, aber bedrohlich genug wirkte, dass ich gleich wieder auf dem Absatz umkehrte und das Trottoir (Deutsch: Gehsteig) aufsuchte. Zum Glück sah Chris da nicht gerade zum Fenster raus, sonst hätte er sich gekugelt vor Lachen. Ein weiteres, kurzes Phone klärte die peinliche Situation jedoch rasch und ich verwünschte den natürlich steinernen Vierbeiner ins Pfeffer-land. Zu meiner Überraschung war dann Marc Storace auch zugegen, was den Abend noch interessanter gestaltete! (CR = Chris von Rohr, MS = Marc Storace)

Bevor die ganze Sache aber überhaupt losging, durfte ich zuerst gleich mal das neue Video zur ersten Single «Hoodoo Woman» als "Erster überhaupt" (Zitat Chris) auf dem Laptop anschauen! Was für ein Einstieg in dieses Interview!!

MF: Recording Machine starten..., nicht wahr...

CR: One, two..., here speaks a Bantu!

MF: Erstens bin ich mal überrascht, also von wegen wie kommts, dass die Interviews hier bei dir zu Hause abgehalten werden? Ich nehme mal an, das war nicht immer so...

CR: Nein...

MF: ...Stichwort Bahnhof Solothurn, erste Klasse... (Marc lacht)

CR: ...weisst du, wenn man am Fliessband Interviews geben muss, dann dünkt es mich, ist es immer am schönsten, wenn du irgendwo sein kannst..., wenn sich einer ans Klavier setzen will oder schnell einstöpseln möchte..., in einer Beiz (Deutsch: Gasthof) hat man diesen Komfort nicht und dann haben wir noch von SONY diese Fee, die, wenn wir schnell eine Krise haben, was in die Pfanne haut! Also besser geht es nicht! Das ist einfach schön so und dann hat man gesagt, dass wir das so machen. Und jetzt sehe ich dich da mit einem Interview schwitzen und hinten die Denise wie sie arbeitet. Da habe ich das Gefühl, dass ich schon bald auf Tournee bin! Das ist geil..., oder? So geil...

MF: Ohne Umschweife: «Hoodoo» ist ein Killer-Album! Ich nehme an, dass du, Marc und auch eure Kollegen das wissen, dass das so ist. In diesem Zusammenhang: Was geht in dir vor, wenn du das jetzt von mir hörst und bestimmt noch weitere positive Feedbacks folgen werden?

CR: Gut, also ich muss dir vorab wirklich das mitteilen..., wenn ein Album fertig ist, hast du jeden der Songs an die tausend Mal angehört und dann kommt irgendwann mal der Punkt, wo du selber nicht mehr weisst, ist es jetzt wirklich so geil..., es ist irgendwie wie wenn du jetzt innerhalb eines Monats siebzig Mal mit einer Frau geschlafen hast. Irgendwann sagst du einfach..., gut..., gimme me a break..., schnell mal kurz durchlüften! Dann ist es natürlich schön, wenn jemand, der das frisch gehört hat..., so wie du..., kommt und sagt: Hammer! Da denkst du "wow"!! Dann ist das wirklich geil, weil..., du kannst nie etwas als Selbstläufer ansehen. Es ist ein fucking langer Weg, ein Album zu machen. Die Erwartungshaltung ist megahoch gewesen..., mit neuem Material und das ist natürlich cool wenn jemand kommt, der gerne Rockmusik hört wie du..., der die Bandgeschichte kennt und der sagt: Hammer! Dann nehme ich auch an, dass du mit mir einverstanden bist, dass das nahtlos an unsere vier besten Alben «Metal Rendez-Vous», «Hardware», «One Vice At The Time» und «Headhunter» anschliesst. Und das ist natürlich jetzt ein schöner Moment, das zu hören..., das gebe ich zu..., für Marc sicher auch. (Marc stimmt zu)

MF: Du hast «Hoodoo» produziert und Dennis Ward hat den Mix gemacht. Für Laien: Wie geht das, respektive wer hat was wann gemacht?

CR: Ja gut..., zur Produzentenrolle..., da sagt am gescheitesten Marc zuerst schnell etwas und nachher sage ich noch was dazu..., und zum Rest auch noch.

MS: Also..., Fernando und ich haben Erfahrungen gemacht..., als Chris nicht mehr dabei war..., haben wir vier verschiedene Platten unter dem Namen Krokus veröffentlicht, die zwischendurch nicht mehr so nach Krokus getönt haben wie früher. Ob das «The Blitz» (1984), «Change Of Address» (1986) oder..., ja..., die letzten Alben da..., «Rock The Block» (2003) und «Hellraiser» (2006)..., und eben..., jetzt haben wir nicht nur Chris als Producer gehabt, sondern ist auch die Band..., als Originals wieder zusammen. Hier ist wieder die gute alte Chemie. Fernando und ich haben uns in die Augen geschaut und gesagt: Producer..., Chris..., eine irgendwie logische Sache. Er hat die Band damals gegründet und musste zusehen, wie es mit seinem Baby bergab ging und jetzt, zu diesem Zeitpunkt, haben wir gesagt take this baby again and produce it! Wieder mit vollem Vertrauen...

CR: ...ja..., und ich habe das Vertrauen mega geschätzt. Dazu ist gekommen, dass ich zwanzig Jahre lang Erfahrungen habe machen können als Produzent von verschiedenen, erfolgreichen Bands. Dort habe ich den Test bestanden, aber der Challenge für mich als Produzent von dem Ganzen war wirklich die Magie und die Songqualität der vier grossen Alben, die ich dir vorher genannt habe, zu verbinden mit der Power und Kraft der Neuzeit. Das war der Challenge, dass wir nicht wie eine müde Altherren Reunion-Band klingen, sondern dass hier der Saft da ist. Und ich habe das Gefühl..., so tight und so auf den Punkt hat diese Band noch gar nie gespielt wie jetzt. Das hört man da auf diesem Album und das war nachher schön, als wir alle am Schluss, nach diesem überlangen Weg des Entstehens des Albums hier gesessen sind und das fertige Produkt gehört haben. Und alle haben gesagt: Yeah! Congratulations Krokus, vielen Dank Chris..., für diese Extra-Arbeit und das war ein schöner Moment..., weil es war eine harte Sache..., wo du auch sagst, ach hört auf.

MF: Und du hast es wieder getan, nachdem...

CR: ...ja ja, ich habe es eigentlich nicht mehr machen wollen..., eben..., ich wollte nicht mehr..., aber ich habe es dir heute schon mal gesagt..., ich habe nach jeder Produktion gesagt, dass ich das nicht mehr mache..., es ist wie ein fucking Tag und Nacht-Schachspiel, das nicht mehr aufhört! Du denkst, nein, ich will nicht mehr Schach spielen..., ich will nicht mehr! Aber jetzt...

MS: ...sind Konzerte angesagt...

MF: ...zum Glück hat er es gemacht...

CR: ...ja, jetzt ist es vollbracht und Konzerte sind angesagt und ich hoffe wirklich..., ganz ehrlich gesagt, ich hoffe, dass wir jetzt sicher zwei, drei Jahre nicht wieder ins Studio müssen. Das möchte ich auch nicht.

MF: Elf Songs haben es auf das neue Album geschafft. Wie viele mussten dafür über die Klinge springen?

CR: Drei, vier haben wir, glaube ich, letztendlich verwerfen müssen, weil wir gefunden hatten..., ahh..., das bringt es nicht. Auch zum Beispiel «Live For The Action», das wir für die Hockey-WM geschrieben hatten, ist noch geil, aber wir fanden plötzlich, das passt nicht in das ganze Ding rein, darum legen wir es auf die Seite als Kapitel, das wir speziell fürs Hockey gemacht haben. Und sonst gab es noch zwei, drei Ideen, wo wir auch gesagt haben, dass es nichts bringe.

MF: Ich persönlich bin nicht ganz so glücklich mit «Born To Be Wild». Wieso diese Cover-Version, warum kein eigener Song?

CR: Ja gut..., nötig hätten wir es ja nicht, oder..., aber wir alle sind mit diesem Song aufgewachsen. Und den Einfluss der Muttermilch bringste schwer weg. Dann ist das gekommen..., der Text dieses Songs..., "like a true nature child - we're born to be wild"..., also..., weisst du, wir leben das heute noch..., diese Botschaft, die in diesem Song drin steckt, ist gross und stark! Den haben wir immer gejammt im Lokal, danach haben wir ihn zweimal live gespielt und die Leute sind durchgedreht, haben mitgesungen, grosse Freude gehabt und da haben wir uns gesagt..., weisst du was, wir nehmen den mal auf und dann schauen wir mal, was passiert. Nachher hat Fernando so ein wenig ein AC-mässiges Riff dazu gebracht und wir haben, wie bei «American Woman», einen eigenen Touch eingebracht..., Marc singt ihn auch auf seine eigene Art und dann stand der am Schluss auf dem Prüfstand. Dann haben wir ein paar neutrale Fans gefragt, wir haben die Plattenfirma gefragt..., und uns selber gefragt. Am Schluss haben alle gesagt nein, also der muss auf das Album drauf! Und live..., wenn du den Song jetzt dann live siehst, dann musst du sagen..., also das ist ein Winner und wir sind schon immer frech gewesen..., wir haben immer Dinge getan, wo andere nur den Kopf schüttelten. Wir haben uns auch gefragt, warum covert niemand diesen Song? Alle scheinen Schiss zu haben..., also ich verstehe, wenn jemand «All Along The Watchtower» von Jimi Hendrix nicht covert. Das verstehe ich..., oder «Hey Joe», aber..., dieser Song hat komischerweise...., ich habe den dort in meiner Musikbox und ich will einer neuen Generation mal zeigen, dass es noch etwas anderes gibt, als dieser Hammond-Orgel dünne, komische Steppenwolf Sound, der zwar auch seinen Charme hat und geil ist, aber wir haben gedacht, wir wollen den jetzt mal auf Krokus trimmen.

MF: Aber weisst du, was das Lustige ist dabei..., ich habe ihn jetzt auch zweimal (live) gehört..., in Bern und in Zofingen..., und ich habe das Gefühl, die Version auf der CD hat mehr Power als das, was ich live erlebt habe. Wenn ich denke, dass ihr dort noch ein Brikett mehr nachgelegt hättet..., dass der noch etwas schneidiger daher kommt...

CR: ...ja..., ok! (Chris platzt fast)

MF: ... dann passt es!

CR: Also... (Chris platzt "noch mehr" fast)

MF: Ich war sehr positiv überrascht, weil ich euch damit zuerst live..., also in Zofingen..., also Bern war ja sowieso magic...

CR: ...nein du glaubst... (siehe oben) - ja...

MS: Ja...

MF: Zofingen war sehr gut, aber etwas weniger und «Born To Be Wild» hat mich insgesamt..., ist vom Rest her gesehen etwas abgefallen, aber als ich das gehört habe, was hier drauf ist..., hey..., wenn ihr das mit etwas mehr Pepp bringt, dann kommt der!

CR: Es ist lustig, dass du das sagst..., wir haben ihn gestern Abend gespielt..., und zwar nur als Trio..., Fernando, Freddy und ich. Dann sagte ich zu Fernando, weisst du was..., kannst du das Riff nicht noch brutaler, noch eckiger spielen? So wie ein fuckin' «Shoot To Thrill»? Du hast absolut Recht..., du sagst das genau richtig! Und ich schwöre dir, wir werden zu dieser fucking Zitrone alles raus pressen..., dieser Song wird noch wie ein Gewitter daher kommen! Also wie ein übermächtiges Gewitter..., weil dieser Song ist so geil..., das ist die Botschaft des Rock'n'Roll!

MF: Die beiden Live-Versionen waren ja nicht schlecht, aber...

CR: ...das war noch frisch!

MS: Burning on both ends...

MF: Du warst seit deinem Wiedereinstieg fast 20 Jahre nicht mehr aktiv in der Band. Wie fühlt es sich an, wieder voll abzurocken?

CR: Ja gut..., ich war natürlich immer von der Musik umgeben während all den Produktionen..., und die Gitarren, den Bass und das Klavier habe ich sowieso immer in den Fingern irgendwo. Aber es war für mich nachher wirklich so, wie ich sage..., in der heutigen Zeit von Facebook, Bits und Bytes und Studio und Umhergeschiebe..., Pro-Tools und weiss ich nicht was..., gibt es halt schon nichts Geileres, ein grösseres Abenteuer, als mit einer Rockband und vier crazy Cats, wie wir hier haben, zusammen Sound zu machen. Schon nur im Lokal oder auf der Bühne..., und es gibt einfach nichts Geileres! Das ist natürlich einfach schon grandios gewesen, als wir wieder zusammen gespielt haben. Nach all der Zeit...ein Soundorgasmus. Deswegen machen wir das! Sonst würden wir es nicht tun..., nicht wegen dem Geld, wegen irgend so was.

MF: Ich frage das, weil du in der «Bananenflanke» (zweites Buch von Chris von Rohr - MF) Folgendes von dir gegeben hast: "Das Gift ist noch in der Wunde, und die Wunde will nicht heilen!" Also du hast da deinen Hangover beschrieben.

CR: Ja..., das ist so...

MF: ...aber das ist jetzt anders als noch vor sieben Jahren?!!

CR: Die Zeit heilt viele Wunden gelle..., und wir hätten das vielleicht alle..., vor drei, vier Jahren hätte Marc das auch nicht gedacht, dass das möglich ist. Ich hätte das auch nicht gedacht..., dass das möglich ist..., und ich sage immer das Gleiche: Das, was uns voneinander getrennt hat, ist nicht so stark gewesen wie das, was uns zusammen gebracht hat. Und was hat uns zusammen gebracht? Die Musik! Und der private Ego-Bullshit und alles was gelaufen ist..., von Menschen, die sich verletzt haben, weil sie einander auch lieben. Krach kannst du auch nur haben hat Marc immer wieder gesagt, wenn man einander nahe steht, einander gern hat. Du trägst keinen Fight mit jemandem aus, der dir wurst ist und die Musik hat uns einfach wieder zusammen gebracht. Es ist so simpel wie das..., und das hätte man damals wirklich nicht gedacht. Ich hätte das nicht für möglich gehalten..., muss ich ehrlich sagen.

MF: Viele Leute haben dem TV-Auftritt vom 18. November 2007 eine grosse Bedeutung in Sachen Reunion beigemessen. Wie wichtig war dieser Auftritt in Tat und Wahrheit?

CR: Sag du mal Marc..., Swiss Hits...

MF: (zu Marc) ...weil das war ja noch vor dem letzten Gig in Malta (mit dem vorherigen Lineup - MF), der ja im Februar '08 war.

MS: Du bist gut informiert..., ja..., das war halt eine Sache, die..., zuerst einmal war die Pflicht für die Fans..., ich hatte gedacht, die stehen über allem..., ohne sie wären wir ja nicht entstanden. Die Nachfrage war da..., und wie die anderen auch, mussten wir Differenzen schlucken und liefern..., einfach. Und doch..., backstage sind wir zusammen gekommen und haben am Schluss eine Flasche Wein getrunken..., ein paar Interviews gemacht. Das Eis taute langsam auf und nach einer gewissen Zeit..., die anderen hatten gejammt mit verschiedenen Musikern, Sänger wurden ausprobiert..., und da kam ich auch. Es ging mir gerade unter die Haut, wie das wie früher getönt hat. Und dann bin ich so zu sagen...

CR: ...zurück in die Familie gekommen!

MS: ...so wie "beam me back Scotty" (lacht)

MF: Es ist erstaunlich..., also ich gehe jetzt mal davon aus, dass die Reaktionen in diesem Studio nicht gepusht waren.

CR: Nein.

MF: Das Volk ist aufgestanden und die haben gebrüllt dort! Ich dachte noch für mich hey, was ist denn da gerade passiert?!! Ihr habt da Playback ein paar Songs gespielt..., ein bisschen Show, ein paar Pyros...

MS: Die hätten gar nicht aufstehen dürfen! (lacht)

MF: ...und da hatte es nicht nur Rock-Fans...

CR: Da waren wir alle auch überrascht darüber. Wir haben das ja noch hinterfragt..., bis und mit Bern! Wir haben zuerst auch noch nach den Jams die wir hatten, wo verschiedene Sänger angetrabt sind..., sogar der Gölä ist gekommen (!!), der diese Musik extrem gerne hat und hätte mitgesungen..., der dann aber schnell hat merken müssen, dass dieser Range von Marc auf diese Art zu schwer war für ihn, das auf natürliche Weise zu bringen. Auch nachher...weisst du..., war für uns auch Bern noch ein Prüfstand gewesen. Wir hatten nicht recht gewusst..., wir finden es zwar geil, aber sehen die Leute das wohl auch so? Sind die Fans womöglich auch, so wie du das vom Fernseh-Studio jetzt beschrieben hast..., ist das dann in Bern auch so? Du warst ja da und hast es gesehen..., und die Leute haben es gespürt, dass wir extrem Freude haben..., und ich habe da Szenen gesehen von Leuten, die wirklich Tränen in den Augen hatten und sich in den Armen lagen.

MF: Entschuldige, dass ich unterbreche, aber darf ich dir was erzählen? Ich sass ja vis-à-vis auf der Presse-Tribüne und hatte meine Kamera im Anschlag. Als die Show brachial mit «Long Stick Goes Boom» begann, hatte auch ich echt Pippi in den Augen! Das kam derart bretthart rüber, dass ich es nicht fassen konnte! Ich schloss meine Augen und fragte mich, ob das jetzt wirklich passiert. Sorry, dass ich das jetzt da so einbringe...

CR: (lacht) - nein nein! Das ist geil..., und eben das wollten wir erleben..., dass mehrere Leute das genau so fühlen, wie du das erzählst. Das ist die einzige Legitimation, dass wir noch weiter gegangen sind und gesagt haben, weisst du was..., jetzt..., eine lebendige Band muss neue Songs machen..., du kannst nicht immer ausruhen auf dem Backkatalog, wie das teils andere machen. Jetzt nehmen wir diese Mühe, diese Arbeit und diesen Challenge auf, neue Songs zu machen, uns gegenseitig auszureizen für gute Ideen. Jetzt haben wir es gesehen in Bern..., die Leute lieben uns wirklich noch..., für das was wir sein können und für das was wir sind.

MF: Im Juli werden Krokus am BYH!!!-Festival in Balingen (D) Co-Headliner sein! Was dürfen die rund 20'000 Metal Maniacs von euch erwarten?

CR: Es ist klar, dass wir für diesen Auftritt ein Spezial-Set zusammen stellen..., ich weiss nicht, ob wir eine Stunde spielen oder wie lange?

MF: Als Co-Headliner müsstet ihr bestimmt 75 Minuten kriegen.

CR: Ja..., und dort gibt es nur Eines: Volle Kanne! Also das ist schon klar, aber unsere Musik ist Stadion-Musik. Auch wenn wir nicht eine Metal Band sind, sondern eher in der Tradition von AC/DC und ZZ Top werden wir einfach ein gnadenloses "hau den Lukas" Programm zusammen stellen, was dorthin passt.

MF: Dabei ist es noch schwer zu sagen, welche neuen Songs ihr nicht spielen werdet, weil es mehrere gibt, die ihr einfach bringen müsst! Zum Beispiel die letzten drei müsst ihr gleich durchspielen!

CR: Ehrlich? Die letzten drei?? Das ist jetzt lustig...

Und nun holte ich zur persönlichen CD-Review aus und schickte mich an, jeden Song einzeln zu kommentieren. Davor musste Chris aber unbedingt noch was los werden.

CR: Was sind denn deine..., weisst du, was jetzt lustig ist? Heute war jemand da..., ein Girl..., ist die von Metal Factory gekommen?

MS: 9 und 11 sowieso... (Marc sprach hier die Songs an)

Die SONY-Fee: Metalworld...

CR: Hä?

Die SONY-Fee: Metalworld!

CR: Metalworld..., die hatte jetzt gefunden..., super das Album, aber gegen Schluss lässt es nach!

MF: Nein! Um Gotteswillen...

CR: Nachher habe ich zu ihr gesagt, dass sie das in Deutschland ganz anders sehen.

MS: Ja ja...

Und nun folgte eigentlich die quasi mündliche Vorstellung meiner CD-Rezi, die man für den Monat Februar bei uns hier nachlesen kann! In dieser gemeinsam zelebrierten, herrlichen Nachlese kamen einige Sachen zur Sprache und meine wortgewaltige Lobhudelei (teilweise hätte man meinen können, dass ich der Interviewte sei!) wurde mit einigen, herzhaften Lachern und dem Kernsatz "Also du meinst, wir müssen gleich die ganze Scheibe durchspielen!" bedacht. Weiter konstatierte Chris, dass es auch heute immer noch keinen besseren Opener als «Long Stick Goes Boom» gibt und mein Tipp, dass «Too Hot» wohl die zweite Single abwerfen wird, traf voll ins Schwarze. Von Dynamit, Oxygène und echter, purer Power war auch die Rede, wozu man nichts mehr hinzufügen muss! Zu «Dirty Street» meinte Marc, dass ihm dann und wann der unvergessende Bon Scott erscheint, so ähnlich klingen da die Vocals. Und wer weiss, vielleicht passiert das ja eines schönen Tages noch..., von wegen «Hoodoo» durchspielen!

MF: Was ist als Nächstes geplant? Geht es auch wieder rüber in die Staaten und was haben Krokus noch alles vor?

CR: Wir sind offen für Dinge, die Sinn machen.

MS: ... jetzt kommen die Gigs..., wir freuen uns..., wir sind kribbelig, wieder auf die Bühne stehen zu können. Neue Songs zu spielen..., damit beginnen wir ja am 25. Februar bei der Plattentaufe. Dann haben wir vier gebuchte Gigs..., drei Eishallen (Zuchwil, Winterthur & Wichtrach - MF) und eine Stadthalle (Sursee). Nachher kommt das «Bang Your Head!!!» und zwischendurch haben wir sicher nochmals...

MF: Schweden? (Sweden Rock - MF)

CR: Joa..., das Album wird in über vierzig Ländern veröffentlicht und wir haben auch Angebote aus Amerika für Das und Dies..., nur muss man probieren, alles so zu koordinieren, dass es Sinn macht. Du wirst uns sicher nicht mehr monatelang in einen Tourbus sperren können. Diese Zeiten sind vorbei! Wir werden das schön ausloten, ganz Europa ist wichtig, Deutschland ist auch etwas wichtig. Einfach alles das, was irgendwie Sinn macht. Aber wir denken schon, dass wir die nächsten zwei Jahre recht viel spielen werden...

MF: Sweden Rock ist auch ein Thema?

CR: Ja..., aber eher nächstes Jahr..., ja.

MF: Chris, du bist nebst Musiker per Definition Rockhund, Kolumnist, Lebenskünstler, Vater einer Tochter, Frauenbetörer und noch Vieles mehr! Welche "Rolle" sagt dir eigentlich am meisten zu und warum?

CR: Gut..., das ist noch..., weisst du..., du kannst es nicht miteinander vergleichen. Zum Beispiel meine Funktion, wenn ich mit meiner Tochter zusammen bin..., das Feeling..., das kennt Marc auch..., das du hast, wenn du ein Kind, das aus deinem Fleisch und Blut ist..., wenn du das aufwachsen siehst, in eine gestörte Welt hinein und es seinen Weg finden muss. Und du beobachtest das mit der Liebe eines liebenden Vaters zu seiner Tochter..., das kannst du nicht vergleichen mit meiner Liebe zu dieser Musik, die mein ganzes Leben geprägt hat. Zu diesen Jungs, mit denen ich einen so langen Weg gegangen bin..., man kann diese verschiedenen "Lieben" nicht vergleichen, aber sie sind riesengross und ich bin..., ich habe es letzthin gerade gesagt..., ich bin ein glücklicher Motherfucker..., also wirklich..., ich bin dankbar für alles, was ich habe erleben dürfen. Sogar für die schlechten Sachen..., dieser Absturz, mein Aussortieren aus dieser Band, wo ich mein Baby verloren habe. Einen Moment habe ich gedacht, ob sich dieser Kreis wohl gar nie mehr schliessen kann..., aber jetzt bin ich wirklich unendlich dankbar, dass das in meinem Leben möglich ist..., dass ich einerseits gleichwohl Vater sein darf von einem wunderbaren Kind und nachher mit diesen Jungs nochmals einen Tango tanze, der hoffentlich ein langer werden wird, weil man weiss es ja nie in diesem Leben. Das Einzige, das uns noch stoppen kann, ist nur noch ein Gesundheitsproblem. Es wird nach dem keine irgendwelche, komischen Krokus Versionen geben..., das ist es jetzt einfach! Diese Leute müssen zusammen gehen, soweit sie noch kommen. Wir haben alle aus unseren Fehlern gelernt..., das ist das Schöne. Wir können heute einander mit Respekt begegnen und jeder weiss, was er am anderen hat. Wir können auf einer ganz anderen Ebene miteinander diskutieren, knallhart in der Sache sein und im privaten Umgang sehr menschlich und freundschaftlich. Das ist sehr viel wert..., sehr viel wert.

MF: Wenn diese Zeit dann mal vorbei ist, wirst du dereinst ein drittes Buch schreiben?

CR: Ja du..., ich hoffe es! Nur braucht dies sehr viel Energie, Leben und tausende von Stunden. Bücher schreibt man, wenn man viel Zeit zum Reflektieren hat. Mich würde es natürlich schon reizen, nochmals, wenn die Zeit dann mal gekommen ist, das kann erst in fünf, zehn Jahren sein..., nochmals zu schreiben. Im Moment schreibe ich monatliche Kolumnen zum Leben. Aber klar, diese autobiographische Geschichte ist noch nicht zu Ende mit «Hunde wollt ihr ewig rocken»! Die ist auch nicht zu Ende mit «Bananenflanke» und diese wird erst abgeschlossen mit «Liebe, Rheuma & Röck'n'Röll»! Oder frag mich..., mit irgend etwas Geilem, wo man das wieder zelebrieren kann, was die Band und die Beziehung und die Reibungen zwischen uns allen ausmacht, gell Marc!

MS: Mhhh! (stimmt zu)

Die anschliessende Frage an beide, ob es denn eine frische, junge Band gibt, die sie noch echt aus den Socken haue, zündete diesmal ein feuriges Plädoyer à la Dö Röhr, das den Rahmen hier sprengen würde. Marc, der von sich sagt, dass er sich nicht viel andere Musik anhört, erwähnte in dem Zusammenhang China (die ja auf der CH-Tour als Support spielen werden) und dass er Claudio Matteo und seine Arbeit sehr schätzt. Chris als Produzent und Qualitätssieb erwähnte nebst der Geschichte von Gotthard, dass er schon erstaunt sei, dass es in der Schweiz nach diesem 25-jährigen Mittagsschläfchen von Krokus keiner Band gelungen sei, das vorhandene Vakuum nachhaltig aufzufüllen. Gegen den "brutalen Jurasüdfuss Approach, zusammen mit diesem Inselmenschen, der da durchs Quallenmeer rüber geschwommen kam", ist kein Kraut gewachsen. Internationale Acts wie Airbourne oder Bullet kämen zwar ungestüm daher, aber das Songwriting und die Stimmen seien einfach zu wenig für die Champions League. Das war früher bei Bands wie AC/DC, Motörhead, Black Sabbath oder Judas Priest anders, die waren bahnbrechend zu ihrer Zeit. Chris zitierte «Black Ice», das letzte Werk der Aussie-Rocker und meinte, dass «Hoodoo» hier absolut mithalten kann. Zudem heissen seine Heroes immer noch Led Zeppelin, Jimi Hendrix, Free, Cream oder eben auch Lemmy & Co. Neueres wie Muse sei zwar sehr gut gemacht, aber es sei halt schwierig, die alten Heroes zu toppen.

MF: Wie stehst du heute zu deinem 2003 in der COOP-Zeitung gemachten Spruch: "Es ist lächerlich, wenn Männer über 50 Jahren mit gespreizten Beinen auf der Bühne stehen?!!"

CR: Ich würde da zwei Antworten geben. Erstens..., Adenauer (ehemaliger, deutscher Bundeskanzler - MF) sagte: "Was interessieren mich meine Thesen von vorgestern?" Zweitens aber, und bei dem bleibe ich..., Heavy Metal oder wie du dem sagen willst..., altert nicht gleich gut wie Blues, Country und andere Musikstile. Es ist tatsächlich so, dass du als Hardrocker extrem aufpassen musst, nicht lächerlich zu wirken. Weisst du..., die Blueser kommen da auf die Bühne...da-di-da-di-daah..., looking for trouble. Es ist also eine dünne Linie und ich bin froh, dass wir eigentlich mehr so sind wie du uns in diesem Video (von «Hoodoo» - MF) gesehen hast. Also wenig gespreizte Beine wie böse Gesichter und keine tighten Spandex-Hosen. Wir sind einer anderen Tradition verpflichtet. Näher dem Blues und Rock'n'Roll.

MS: ... es ist richtiger Party-Rock...

CR: ...die Körpersprache darf sich schon ein wenig anpassen, an der Yoga-Stellung, die du mittlerweile drauf hast. (lächelt)

MF: Noch eine Frage zum genialen, tighten Schlagzeug-Spiel. Hat man da noch etwas korrigieren..., trimmen müssen?

CR: Ja, man hat daran gearbeitet. Wir haben auf dieser Scheibe eigentlich zwei Guests, die mitspielen. Einerseits ein Schlagzeuger, der lange mit John Fogerty (Ex-Creedence Clearwater Revival) gespielt hat, Kenny Aronoff heisst der und Mark Fox (Ex-Shakra) Backing Vocals. Eines der Geheimnisse, dass diese Platte so klingt, ist ganz klar, dass diese Band noch nie so auf den Punkt gespielt hat. Und zwar nicht "Beat detected via Computer", sondern da ist einfach..., das hört man einfach, wenn man vom Fach ist. Wenn man das also hört, dann..., weil was viele Leute nicht wissen, ist, dass der Schlagzeuger eigentlich der heimliche Dirigent einer Band ist. Du kannst da komponieren und machen was du willst, es nützt dir alles nichts, wenn du nicht einen gottverdammten, groovigen Drummer hast, der das Zeug souverän spielt. Dann ist das alles nichts..., einfach langweilig. Da habe ich jetzt extrem drauf geschaut..., ich war ja früher selber zwanzig Jahre Drummer..., das fand bei mir also keine Gnade. Du bist Einer, der sich das Zeug genau angehört hat und das hat uns jetzt mega aufgestellt..., weil so aus dem Herzen heraus..., das Feedback, das du uns gegeben hast, das ist eigentlich das Highlight des heutigen Tages gewesen..., muss ich sagen!

MF: Ohh..., vielen Dank!

CR: Wir hatten da Leute, die wussten gar nicht, was wir machen zum Teil. Die kennen mich aus den Medien irgendwie noch aus «Musikstar» und sonst wussten die eigentlich nichts. Und das ist dann manchmal schon etwas bitter..., nein..., man hat das Gefühl, dass du da mit Herzblut dabei bist und den Rock'n'Roll kennen tust. Das ist schön!

MF: Danke! Das ist eigentlich gerade ein schönes Schlusswort!

Unser Rockslave (Mitte) mit Marc Storace und Chris von Rohr >>>