Interview: Metal Church

By Tinu
 
Wieder mit viel Freude an Metal Church.



Metal Church sind wieder zurück. Völlig unerwartet zusammen mit ihrem ehemaligen Shouter Mike Howe, der sich damals nach «Hanging In The Balance» völlig entnervt von der Truppe trennte. Es blieb lange Zeit still um Mike. Eine neue Band kam für ihn nicht in Frage und so dauerte es bis 2015, als die Nachricht, dass Mike wieder bei der metallenen Kirche singt, wie eine Bombe einschlug. Viele solche Reunions gingen schon kräftig in die Hose, aber mit dem neusten Studioalbum «XI» überzeugten die Herren um Mike und Hauptsongwriter Kurdt Vanderhoof auf der ganzen Linie. Vor der Show im Z7 sass mir ein völlig relaxter und gut gelaunter Mister Howe im Tourbus gegenüber und plauderte über seine musikalische Karriere.

MF: Wann hat bei dir alles mit der Musik begonnen?

MH: Damals, als ich bei meiner Mam raus gefallen bin, schlug ich auf den Boden auf und begann zu schreien (grinst). Sie war der Meinung, dass ich eine wundervolle Stimme habe und bat mich, mit meinem Geschrei nicht aufzuhören. Das hörte ich all die Jahre immer wieder. Als Teenager hörte ich Bands wie Judas Priest oder AC/DC. All die ganzen Truppen, die gerade angesagt waren. Mein vier bis fünf Jahre älterer Bruder hatte Freunde, die in einer Band spielten. Ihr Proberaum war gleich um die Ecke bei uns in Michigan. Ich hörte ihnen immer bei der Probe zu und fragte sie eines Tages, ob ich sie besuchen könnte. Es vergingen einige Tage und ich fragte, ob ich mir das Mikrofon schnappen dürfte. Ich sang zu einem Song von Rick Derringer. «Teenage Love Affair» sollte somit mein erster Gehversuch werden. Nicht unbedingt was ganz Hartes, sondern eher in der Tradition von den Rolling Stones und David Bowie. Einen Tag später hatte ich den Job als Sänger (lacht). Als Heavy Metal Shouter! Die ersten Lieder von Judas Priest, AC/DC, Saxon und den frühen Def Leppard mussten als Coverversionen herhalten. Einige Jahre versuchten wir uns an diesen Liedern, bis wir uns entschieden seriöser zu werden und eigene Songs zu schreiben. Wir zogen von Detroit Michigan nach Los Angeles.

Damals war ich zarte neunzehn Jahre jung und kam in dieser Hollywood-Szene an. Wir als reine Metal-Truppe in diese Warrant- und Poison-Hochburg (grinst). Das Ganze zog sich etwas mehr als eineinhalb Jahre hin. Völlig frustriert zogen wir wieder von dannen und wollten uns dem widmen, was uns musikalisch zusagte. Sicher aber nicht irgendwelchen Fönfrisuren (lacht). Was dann passierte… Sie schmissen mich aus der Band. Wir waren wie Brüder, heute sind wir noch Freunde (grinst). Die einzige Band damals in L.A., die sich dem Metal verschrieb, war Heretic. Sie suchten einen neuen Sänger und fragten mich, ob ich als neuer Shouter einsteigen möchte. Heretic hatten einen Plattenvertrag mit Metal Blade Records und die Lieder für das «Breaking Point»-Werk waren alle geschrieben. Wir marschierten ins Studio. Einer der Freunde aus dem Bandumkreis war ein alter Tourmanager von Metal Church. So entstand der Kontakt zu Kurdt Vanderhoof, der die zweite Heretic-Scheibe produzierte. Er und ich entwickelten sofort eine fantastische Chemie, als wir den Gesang für «Breaking Point» aufnahmen. Dabei fragte er mich, ob ich der neue Sänger von Metal Church werden möchte (grinst). Klar war ich interessiert. Ich kam mit meinem Freund nach L.A. und stieg bei unbekannten Leuten in die Band Heretic ein. Dies erleichterte mir die Entscheidung, gleich zu Metal Church abzuwandern. Somit flog ich von Los Angeles nach Seattle. Kurdt hatte dieses grosse Opus geschrieben, bei dem er mich bat zu singen. Es war «Anthem To The Estranged». Ich sang die Demos ein und eine Woche später war für die Jungs klar, dass ich der neue Sänger von Metal Church bin. Der Rest ist Geschichte (lacht).

MF: Wie gross war für dich der Druck, David Wayne bei Metal Church als Sänger zu ersetzen?

MH: Ich spürte keinen grossen Druck. David hatte mit Metal Church zwei unglaublich tolle Alben veröffentlicht. Ich wollte einfach den Leuten beweisen, was ich als Sänger zu bieten habe. Dabei stand für mich nie im Vordergrund, David zu ersetzen. Aus dem einfachen Grund, weil wir zwei völlig unterschiedliche Sänger sind. Ich wollte nicht David sein, sondern ich wollte ich sein! Das nahm mir viel Druck weg. Der einzige Druck war, der beste Mike Howe zu sein, den es jemals gab! Das ist noch heute so, aber in einem positiveren Sinn.

MF: Wie siehst du heute das Album «Hanging In The Balance»?

MH: «Hanging In The Balance» ist ein grossartiges Songalbum, das Kurdt und ich zusammen komponierten. Auf die Lieder bin ich sehr stolz. Noch heute macht es mich traurig, wenn ich mich erinnere, wie wir damals einem Missmanagement unterstellt waren. Wie uns Wege aufgedrückt wurden, die wir nicht wollten. Es war eine sehr traurige Zeit, obschon wir verdammt Stolz waren auf die Lieder. Auch weil wir noch immer der Meinung sind, dass wir uns beim Songwriting nochmals verbesserten. Als junge Männer waren wir zu wenig stark, die geschäftlichen Dinge durch unsere Persönlichkeit in die richtigen Wege zu lenken und somit das Management und die Plattenfirma zu überstimmen. Alleine das Albumcover ist eine Schande. Ein extrem gutes Beispiel, wie so vieles in der Zeit völlig in die Hosen ging. So, als würde man uns hinterrücks Böses zufügen. Das ging so weit, dass ich mich entschloss, diesem Scheiss zu entfliehen. Ich hatte die Schnauze gestrichen voll, aber leider nicht die Kraft, die Dinge in die richtigen Bahnen zu lenken. Dafür war ich leider viel zu jung! Wir hatten diese grossartigen Songs, die leider nicht so produziert wurden, wie sie es verdient hätten. Zusammen mit diesem bösen Spiel des Missmanagements wurde als Krönung auch noch dieses völlig missratene Cover obendrauf gepackt. Ich hasse diese Lady! Klar hatte ich die Möglichkeit "nein" zu sagen. Was ich dann auch tat. Dabei wurde ich jedoch vom Management überstimmt. Schliesslich würden sie die ganzen Aufnahmen bezahlen und somit hätten sie auch zu sagen, welches Cover und welche Produktion gut sind. So entschloss ich mich, bei Metal Church auszusteigen. Heute… Das ist der Grund, wieso Kurdt und ich uns entschlossen haben, wieder zusammen zu arbeiten. Wir führten viele Gespräche über die damalige Zeit und meinen Ausstieg. Diese ganzen Ausseneinflüsse des damaligen Musikbusiness. Heuten nehmen wir uns die Zeit, die wir brauchen, gehen dann ins Studio wenn wir bereit sind, lassen uns nicht sagen, was wie zu klingen hat. Entspricht etwas noch nicht zu 100 % unserer Vorstellung, dann dauert eben alles noch ein bisschen länger! Die Schritte werden langsamer gemacht. Wir sind bereit, wenn wir es sagen! «XI» ist das erste Album, bei dem wir zu 100 % fühlen und der Meinung sind, dass es genau die Musik wiederspiegelt, welche Metal Church sein wollen. Wir sind verdammt stolz auf die letzte Scheibe! Wäre dem nicht so, würden wir jetzt nicht hier zusammen im Bus sitzen und dieses nette Gespräch führen.

MF: Schritt für Schritt!

MH: Genau, du hast es erfasst. Gut Ding will Weile haben. Kurdt und ich haben lange über dieses wundervolle Karma gesprochen, das wir nun in der Band haben. Wir lachen, sind glücklich und fühlen uns wunderbar. Dabei kontrollieren wir unser Schicksal, haben Spass wie kleine Kinder, geniessen unsere Musik und geben uns ein kräftiges «high five» wenn wir etwas Neues kreieren. Exakt das, was wir wollen, machen wir nun auch! Die positive Attitüde hat uns wieder gefunden. Dafür sind wir sehr dankbar, dass wir dies so geniessen können und gar nicht genug zeigen können, wie glücklich wir überhaupt sind! Ich denke, das spüren die Fans an den Konzerten. Das führt zu einer tollen Verbindung zwischen ihnen und uns.

MF: Wie schwer war es trotzdem für dich, Metal Church damals zu verlassen?

MH: Sehr schwierig!!! Auf der damaligen Tour sang ich wirklich gut. Wahrscheinlich auch aus dem Grund, weil mich das Ganze nicht mehr interessierte. Verstehst du, was ich meine? Innerlich hatte ich mich von der Band schon verabschiedet. Dies erleichterte mir sehr vieles. Die ganzen Leute im Umfeld von Metal Church verletzten die Truppe. Ich konnte dem nicht mehr zusehen und verliess die Band. Ich wollte weg sein, bevor Metal Church völlig zerstört waren. Ich konnte befreit singen. Heute bin ich zurück, singe wieder bei den Jungs mit und fühle mich fantastisch.

MF: Was war für dich in der Vergangenheit wichtig und was ist es heute?

MH: Die Musik aus dem Herzen zu spielen, ehrlich zu sein und das Ganze zu geniessen! Zu versuchen, der beste Mike Howe zu sein, den es nur geben kann und die beste Musik zu spielen. Der einzige Unterschied von heute zu damals ist, zu kontrollieren was passiert und somit den Stressfaktor und Druck von dir zu nehmen. Genuss!

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?

MH: Den Moment zu leben und zu geniessen. Weiterhin diese grossartige Attitüde zu geniessen und dafür sind wir sehr dankbar. Wird diese Tour erfolgreich sein, und danach sieht es momentan aus, hoffen wir ein nächstes Album zu komponieren und zu veröffentlichen. Sind die Sterne und die Metal-Götter in einer Linie, wird es auch so geschehen.

MF: Danke für das Interview und weiterhin viel Glück und Erfolg!

MH: Vielen Dank für deine Unterstützung, es war eine Freude mit dir zu plaudern.