Interview: Mnemocide

09.07.2020
By Roolf
 
Die Menschheit hat nichts gelernt.



Mit Mnemocide ist ein neuer Stern am Firmament des Death Metal-Himmels aufgegangen. Nach der EP «Debris» von 2017 haben sie mit «Feeding The Vultures» ein Hammeralbum raus gehauen. Um einen Einblick in die Mordsgedanken von Mnemocide zu erhalten, bin ich mit meinen Fragen bis ins Innerste vorgedrungen. Was da alles zum Vorschein gekommen ist…

MF: Ihr seid ja erst seit 2017 mit MNEMOCIDE unterwegs. Habt ihr vorher schon in anderen Bands rum gelärmt?

Mnemocide: Das ist richtig. Mnemocide sind 2017 aus einem voraus gegangenen Bandprojekt entstanden. Einige von uns lärmen inzwischen schon seit über zwanzig Jahren zusammen. Von daher sind wir musikalisch wie auch persönlich ein gut aufeinander eingespieltes Team.

MF: Eure Debüt-EP «Debris», die 2018 erschienen ist, habt ihr in Eigenregie und nach DIY-Manier veröffentlicht und vertrieben. Was waren die Beweggründe, dass ihr euch für «Feeding The Vultures» ein Label gesucht und gefunden habt?

Mnemocide: Die Ausgangslage stellt sich bei beiden Veröffentlichungen ganz anders dar. Bei «Debris» ging es uns darum, als noch junge Band möglichst schnell eine Duftmarke zu setzen. Du willst Veranstalter und Promoter auf Dich aufmerksam machen, möglichst schnell eine Art Visitenkarte vorweisen. Da möchtest du nicht Zeit verlieren mit einer langwierigen Bemusterungsphase (da ziehen locker einige Monate ins Land). «Debris» war von Anfang als Eigenrelease geplant, jedoch durch die Promoagentur Metalmessage begleitet. Mit unserem Debüt-Album «Feeding the Vultures» wollen wir ein breiteres Publikum erreichen und das geht mit einem erfahrenen Label wie «Czar Of Crickets Production» im Rücken viel besser.

MF: Mit dem Death Metal, nach MNEMOCIDE-Art, seid ihr bei eurem Label Czar Of Cricket zusammen mit Erupdead allein auf weiter Flur. Ist das ein Vor- oder Nachteil, wenn man nicht zu den üblichen Label-Veröffentlichungen passt?

Mnemocide: Relevant ist, ob dein Label einen seriösen und guten Job macht und einen guten Ruf geniesst, beides trifft auf Czar zu. Das Roster umfasst durchgängig qualitativ hochstehende Bands. Immerhin stehen neben uns und Erupdead auch Cremation als Death Metal Acts unter Vertrag. Czar ist stilistisch breit abgestützt; wir sehen darin keinen Nachteil.

MF: Was bedeutet euer Bandname MNEMOCIDE?

Mnemocide: Mnemocide bedeutet Gedächtnismord.

MF: MNEMOCIDE ist nicht gerade ein einprägsamer Bandname und wird bei gängigen Suchmaschinen sicher vielmals fehlerhaft eingegeben. Wäre ein kurzer und einprägsamer Name nicht die bessere Wahl gewesen?

Mnemocide: Nein, weil hinter dem Bandnamen ein ganzes Konzept steht. Ausserdem, wenn man es tatsächlich schafft die neun Buchstaben korrekt einzutippen, kommen praktisch ausschliesslich Einträge, welche sich auf unsere Band beziehen.

MF: Der Release von «Feeding The Vultures» fällt leider noch in die vom Covid-19 betroffene Zeit. Wäre eine Verschiebung des Releases keine Option gewesen?

Mnemocide: Wir haben dies kurz diskutiert, uns dann aber mit Labelinhaber Fredy darauf geeinigt, am Termin festzuhalten. Der grösste Teil der Promo läuft heutzutage via Internet und wurde daher durch Covid-19 nicht tangiert. Wahrscheinlich war das Internet während des Lockdowns noch stärker frequentiert als üblich. Radiointerviews wurden im Vorfeld via Skype oder Telefon aufgezeichnet und später gesendet, aber natürlich besitzen Livesendungen hier den grösseren Reiz. Schade ist der Umstand, dass wir die Promo nicht mit Liveshows flankieren konnten, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

MF: Werdet ihr mit der Promo fürs Album, wenn diese Pandemie und deren Auswirkungen vorbei sind, nochmals von vorne anfangen müssen?

Mnemocide: Nein, aber wir können dann endlich die schmerzlich vermissten Shows nachholen.

MF: Für «Feeding The Vultures» habt ihr, zu Recht und verdienterweise, allerorts sensationelle Reviews bekommen. Haben diese Reviews schon etwas bewirkt, wie zum Beispiel Gig-Anfragen für die Zukunft?

Mnemocide: Wir sind über die fast ausschliesslich sehr guten Reviews erfreut und dankbar. Es bestätigt uns mit Mnemocide auf dem richtigen Pfad zu sein. Wenn Du jahrelange kreative Arbeit in ein Album investierst und solches Feedback erhältst, dann bist du einfach nur glücklich. Die Reviews haben Interviews generiert, ausserdem konnten wir eine Show klarmachen in Berlin für 2021.

MF: «Feeding The Vultures» groovt ohne Ende und schreit förmlich nach einer Darbietung on stage. Habt ihr schon Gigs oder eine Tour geplant?

Mnemocide: Wir werden am 10. Oktober in Basel an einem Festival spielen, zusammen mit Bands aus der dortigen Szene. Wir möchten noch keine Details verraten, aber das Billing wird Hammer. Ansonsten sind wir in Kontakt mit Veranstaltern und Bookern, doch leider hat sich bis jetzt noch wenig Konkretes ergeben. Noch ist die Situation durch Covid-19 angespannt. Viele Clubs und Veranstalter haben noch grosse Planungsunsicherheiten und mussten viele Shows verschieben, die ja auch nachgeholt werden wollen. Wir bleiben dran und hoffen nach der Sommerpause Stages zerlegen zu können. Wir freuen uns extrem drauf ab spätestens Mitte Juni wieder mit unserem Drummer proben zu können. Da er aus dem Elsass stammt, haben wir ihn seit drei Monaten nicht mehr gesehen!

MF: Die Produktion ist brachial, druckvoll und sehr gelungen! Waren die Iguana Studios und der Produzent Christoph Brandes eure bevorzugte Wahl in Sachen Produktion?

Mnemocide: Ganz klares ja!! Christoph ist ein sensationeller Produzent und dazu ein richtig feiner Kerl. Er verpasst jeder Band den optimalen Sound und bringt Verbesserungsvorschläge ein, die Hand und Fuss haben. Das Arbeitsklima ist stets hochkonzentriert und dennoch relaxt. Wir können JEDER Band raten, sich ihm anzuvertrauen. Es lohnt sich garantiert!

MF: In Sachen hoffnungsvoller Metal-Bands ist Basel im Moment der klare Hotspot in der Schweiz. Wie macht sich diese lebhafte Szene für euch bemerkbar?

Mnemocide: Basel hat sehr viele Metalbands, die teilweise schon seit Jahrzehnten zu Gange sind. Die Szene hat sich aus dieser Perspektive nicht gross verändert. Natürlich haben Bands wie Zeal & Ardor und Schammasch völlig zurecht internationale Aufmerksamkeit erlangt und Basel etwas ins Zentrum rücken lassen. Im Februar haben Total Annihilation eine Hammerscheibe via Czar Of Crickets veröffentlicht; ColdCell und Poltergeist (Massacre Records) stehen auch wieder in den Startlöchern. Wir sind klar der Meinung, dass Fredy Rotter mit seinem Label und Engagement einen wichtigen Teil dazu beiträgt, der Basler Szene Gehör zu verschaffen und vergessen wir nicht sein eigenes Hauptbandprojekt Zatokrev.

MF: Eure Texte drehen sich um Bomben, Waffen, Krieg und Endzeit-Theorien. Wie wichtig ist euch die Message?

Mnemocide: Die Message ist uns sehr wichtig. Wie weiter oben erwähnt bedeutet Mnemocide Gedächtnismord. Das Konzept dahinter ist, dass die Menschheit aus vergangenen Tragödien und Gräueln nichts lernt, unfähig aus den Fehlern der Vergangenheit die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Offenbar erlischt das Geschichtsgedächtnis immer wieder aufs Neue, das ist mit Mnemocide gemeint. Dieser Mnemocide führt die Menschheit immer wieder in die dunkelsten Abgründe.

MF: Mit der Pandemie haben eure Endzeit-Texte auf einen Schlag eine brisante Aktualität erlangt. Was haltet ihr von Verschwörungstheorien?

Mnemocide: Grundsätzlich ist es ratsam, jeglicher Berichterstattung kritisch zu begegnen, egal wessen Ursprung sie hat. (Mainstream / Alternativ) Zentral scheinen mir Quellenprüfung und die Klärung der Frage, welche Machtinteressen stehen hinter einem Medium. Was mir zu denken gibt, sind Leute, die ALLES glauben, was aus der alternativen Ecke kommt. Spannend finde ich folgenden Aspekt: Die alternativen Medien verkaufen nicht nur "die Wahrheit", sie liefern dir Exklusivität, das heisst sie machen dich zu einem Mitglied eines kleinen aber erlauchten Kreises, welcher den Durchblick hat und sich damit erheben kann über "das Heer der schlafenden Schafe", was für eine narzisstische Verführung! Oft wird davon der vermeintlich kritische Geist geblendet.

MF: Inwiefern hat diese Pandemie euren Bandalltag durcheinander gebracht?

Mnemocide: Natürlich mussten wir Shows absagen, beziehungsweise haben die geplanten gar nicht erst kommuniziert, da es sich abzeichnete, dass sie ausfallen werden. Gemeinsames Proben haben wir in der Anfangsphase des Shutdowns unterlassen, das Gefühl der Bedrohung durch Covid-19 schien allgegenwärtig. Seit ein paar Wochen treffen wir uns wieder, mit Ausnahme unseres Drummers, der noch nicht aus Frankreich einreisen darf.

MF: Wo bekommt man euer sensationelles Album «Feeding The Vultures», und wo findet man die letzten News von MNEMOCIDE?

Mnemocide: Infos bekommt Ihr via www.mnemocide.com oder www.facebook.com/Mnemocide. Unsere CD könnt Ihr via plastichead.com oder auch über CeDe.ch beziehen, um mal zwei Möglichkeiten zu nennen oder kommt einfach zu unserer nächsten Show. Wer es lieber digital mag: http://mnemocide.bandcamp.com

MF: Gibt es noch irgendetwas, dass ihr unbedingt los werden müsst?

Mnemocide: Wir möchten uns bei dir und dem ganzen Metal Factory Team für Euer Interesse und den Support bedanken und wünschen all den Headbangern da draussen viel Spass beim Entdecken unserer Musik. Stay heavy and healthy.