Interview: Opeth
By Liane P.
Es scheint, als hätte Mikael Akerfeldt, Kopf und Mastermind von Opeth, musikalisch zu sich gefunden. Mit der 10. Veröffentlichung „Heritage“ beginnt eine neue Zeitrechnung und spaltet die Meinung von Presse und Fans. Lest hier, was er zu der Neuorientierung zu sagen hat...

MF: Mikael, ich freue mich sehr, dich zu treffen und hoffe ihr hattet gestern in Lausanne einen guten Start auf Schweizer Boden?


Mikael: Oh Danke! Ja wir hatten eine hervorragenden Start und ich muss sagen, dass die Show gestern Abend zu den besten 3 Shows der aktuellen Tour gehört. Der Gig war ausverkauft und das Publikum war grossartig und wir haben auch sehr gut gespielt. Dass wir sehr gut performen ist für mich extrem wichtig, denn unser Anspruch an uns selbst ist immens gewachsen. Ein kleiner Fehler ruiniert uns schon die ganze Show. Angenommen das Publikum wäre gar nicht mit uns zufrieden gewesen, für mich wäre es trotzdem ein perfekter Auftritt, denn wir waren in Lausanne technisch sehr gut.

MF: Wo waren die anderen 2 Shows die du zu deinen Favoriten zählst?

Mikael: Komisch ist, dass wir an den wichtigen Shows bzw. Orten nie perfekt sind. Newcastle sowie Barcelona zähle ich noch zu den Top 3 Auftritten der Tour. Eher ungewöhnlich und auch unerwartet und somit sehr überraschend für uns.

MF: Ihr habt auf der aktuellen Tour auch einen akustischen Teil mit eingebaut. Welche Songs können wir erwarten?

Mikael: Ein Song ist „The throat of winter“ welchen ich für das Spiel „God of war“ geschrieben habe. Ist ein recht brutales Computerspiel und der Song ist auf keinem unserer Alben zu hören. Das zweite Lied ist „Credence“ vom 3. Album „My arms your hearse“ und der 3. Song ist „Closure“ vom Demnation Album.

MF: Kommen wir auf das aktuelle Album „Heritage“ zu sprechen, mit welchem ihr eine neue Richtung angegangen seid. Wahrscheinlich könnt ihr damit eine ganz neue Hörerschaft ansprechen. War das der Plan?

Mikael: Das Album wurde nicht speziell für eine bestimme Art von Hörerschaft kreiert. Das war sicher nicht das Ziel. Hierbei geht es um die Musik an sich und das Produkt ist so geworden wie wir es gerne haben wollten. Ich denke mal, dass wir aufgrund der fehlenden Growls mehr Leute ansprechen werden, auf der anderen Seite ist das auch ein grosses Risiko, denn diese Art Gesang ist wie ein Markenzeichen von Opeth gewesen. Wir könnten auch mit dem neuen Stil viele Leute vergraulen, da sie dadurch das Interesse an der Band verlieren. Aber das ist für mich so in Ordnung. Wir werden neue Fans dazu gewinnen und alte Fans verlieren. Schätze mal das hält sich die Waage.

MF: Wobei bereits auf dem Album „Damnation“ welches im Jahre 2003 veröffentlicht wurde, ebenfalls ausschliesslich klarer Gesang zum Einssatz gekommen ist. Somit ist die aktuelle Veröffentlichung „Heritage“ gar nicht so eine grosse Überraschung.

Mikael: Ja genau. Die Leute haben das irgendwie total vergessen und sind empört darüber, dass ich auf „Heritage“ die Screams nicht einsetzte. Ich muss sagen, dass wir seit „Damnation“ mehr und mehr von den „Screams“ abgekommen sind und der klare Gesang immer mehr in den Vordergrund gerückt ist. Der Unterschied zwischen „Heritage“ und „Demnation“ ist wohl der, dass ich nicht mehr sicher bin, ob ich überhaupt irgendwann mal wieder die Growls einsetzen möchte. Ich möchte mich zukünftig lieber auf den klaren Gesang konzentrieren und diesen weiterentwickeln.

MF: Auf „Heritage“ nutzt ihr soweit ich informiert bin keine modernen Aufnahmetechniken. Kannst du mir mehr darüber erzählen?

Mikael: Nun das war nicht ganz so. Unser Wunsch jedoch war es gewesen, das Ganze so aufzunehmen, dass kein Tontechniker gross daran herumbasteln muss. Das ist leider heutzutage sehr typisch im Metal, dass der Tontechniker das zu fixen versucht, was die Musiker nicht bringen können. Wir wollten auch, dass die Aufnahmen so zu sagen altmodisch klingen. Wir haben über Pro Tools aufgenommen, das war jedoch das einzige moderne Tool was wir genutzt haben. Wir haben viel auf „2 inch tapes“ aufgenommen, das ist jedoch sehr sehr mühsam um ehrlich zu sein und raubt viel Zeit. Wir hatten beschlossen die Basis-Instrumente, also Schlagzeug und Bass, live einzuspielen und zwar im legendären Atlantis Studio in Stockholm. Abba haben dort einen Grossteil ihrer Alben aufgenommen. Unser Tontechniker Janne Hannson ist schon seit den 70er Jahren dort beschäftigt und hatte mit moderner Technik nicht viel am Hut. Er kennt jedoch Pro Tools aber das ist ja recht einfach zu bedienen. Da könnte sogar meine Mutter mit arbeiten. Sonst haben wir versucht das ganze Material so einzuspielen, wie die Bands damals in den 70er Jahren. Wir wollten eine Überproduktion vermeiden. Es sollte diesmal so gut wie gar nichts an den Rohversionen verändert werden, wir wollten kein Reamping und sowas. Das Resultat dieser Vorgehensweise war sehr bereichernd und wir haben gelernt mehr auf unser Können und auf das Gehör zu vertrauen. Es hat unglaublich Spass gemacht. Ich habe mit Steven Wilson (Porcupine Tree, Blackfield) darüber gesprochen, da er für das Mixing zuständig gewesen ist und er hat auch noch recht gute Inputs gegeben. Der ganze Prozess und die Herstellung dieses Albums hat sehr viel Spass gemacht und war aussergewöhnlich kreativ.

MF: Du hast Steven Wilson erwähnt. Ich muss sagen, dass speziell „I feel the dark“, der 3. Song auf „Heritage“, sehr an die Arbeiten auf Wilsons aktuellem Solo Album „Grace for drowning“ erinnert. Trägt der Titel bewusst seine Handschrift?

Mikael: Das ist eigentlich eine ganz verrückte Geschichte. Wir haben die Songs für die Alben zur gleichen Zeit geschrieben, uns jedoch darüber nicht ausgetauscht. Keiner wusste so recht was der andere tut. Der einzige gemeinsame Nenner war King Crimson. Sein Album wurde stark durch diese Band beeinflusst, was man besonders im Song „Raider II“ erkennen kann. Wir haben einen sehr ähnlichen Musikgeschmack und somit ähnliche Einflüsse. Ich denke wir beide versuchten zum gleichen Zeitpunkt uns von der musikalischen Vergangenheit abzukapseln und uns neu zu erfinden. Zusätzlich arbeiteten wir ja auch an unserem gemeinsamen Projekt „Storm Corrosion“, was auch sehr einflussreich gewesen ist für meine Arbeit an „Heritage“. Wir waren jedoch sehr überrascht, als wir uns am Ende die Songs gegenseitig vorgespielt hatten und die Parallelen feststellten.

MF: „Storm Corrosion“ wird im Frühjahr veröffentlicht. Ist das auch gleichzeitig der Titel des Albums?

Mikael: Es ist auch ein Song Titel auf dem Album und ich denke der Name wird gleich sein. Uns ist irgendwie nichts besseres eingefallen (lacht). Steven ist verantwortlich für die Texte. Wir haben ewig über die Namen der Lieder und des Projekts philosophiert und am Ende überliess ich ihm die Entscheidung. Er ist der Engländer, er spricht besser englisch als ich, also soll er das auch entscheiden (lacht).

MF: Wenn zu zurückblickst, was war das für dich wichtigste Album in der Karriere mit Opeth? Welches hat dich am meisten geprägt?

Mikael: Mmh, das ist eine schwierige Frage denn grundsätzlich sind alle Alben auf eine gewisse Art und Weise wichtig gewesen für die Entwicklung für mich als Musiker oder für die gesamte Band. Ich denke jedoch, dass das aktuelle Album wegweisend sein wird. „Blackwater Park“ war ein sehr wichtiges Album, denn damit hatten wir unseren Durchbruch und wir haben die Plattenfirma zu dieser Zeit gewechselt und auch einen sehr guten Deal in den USA bekommen. Wir sind sehr viel getourt und die Albumverkäufe waren überdurchschnittlich gut. Meistens ist es ja so, dass das Album mit dem man die meisten Verkäufe erzielt, als der Klassiker betitelt wird. Ich habe das nicht so gesehen. Irgendwie wussten wir dann nicht mehr so genau in welche Richtung wir gehen sollen und waren ziemlich orientierungslos für einen Moment.

MF: „Blackwater Park“ hat ein wunderschönes Artwork. Auch euer Merchandising im speziellen die T-Shirts gehören für mich zu den schönsten die es wohl gibt. Ist es für euch wichtig, dass das visuelle Auftreten der Band stimmt und etwas besonderes darstellt?

Mikael: Nun, wir haben nicht wirklich ein Konzept oder ein Image aber das Auftreten der Band ist uns sehr wichtig und es soll repräsentativ sein. Immer wenn einer mit einem Opeth T-Shirt herumläuft, repräsentiert er die Band und wirbt in einer Art und Weise für uns. Unser Logo ist sehr stark. Unser neuer Auftritt ist etwas moderner geworden, eher sogar etwas lustig. Damit meine ich zum Beispiel das Cover des Albums mit dem Baum und den Köpfen von uns die daran hängen. Travis Smith hat das kreiert. Es geht jedoch alles durch meine Hände und ich segne alles am Ende ab und gebe auch Inputs. Wie zum Beispiel das Skelett das die Flöte spielt auf dem einen Shirt. Das war meine Idee (lacht).

MF: Mikael, Danke für die Zeit, leider sind wir am Ende des Interviews angekommen. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg auf der laufenden Tour und freu mich schon auf alles was jetzt kommen wird.

Mikael: Danke dir, und vielleicht bis zum nächsten Mal.