Interview: Riverside
By Liane P.


Lazarus, Tori Amos, Devin Townsend, Depeche Mode, Porcupine Tree, Anathema, Iron Maiden...wer solch einen stilübergreifenden und spannenden Musikgeschmack pflegt, kann nur sympathisch sein! Piotr Grudzinski, Gründungsmitglied der polnischen Vorzeigeband Riverside, wollte eigentlich Sportler werden. Haben wir nochmal Glück gehabt, dass er die Liebe zum Gitarren Spiel für sich entdeckte und uns seit der Gründung von Riverside im Jahre 2001, mit grossartigen Klängen beschert.

Mit dem neuen Album „Shrine Of New Generation Slaves“ überraschen die Warschauer wie damals Opeth mit ihrem Release „Heritage“. Die Produktion wirkt erdiger, runder und vielleicht auch ruhiger als gewohnt, jdoch vor allem ist das Album sehr schnell zugänglich. Bezüglich dem Metal-Anteil wurde hier einen Gang zurück geschaltet, denn man wollte sich verstärkt auf Melodien und einen organischen Groove konzentrieren. Die grosse Kunst an diesem Album ist für mich, dass es trotz der propagierten „Einfachheit“, anspruchsvoll und qualitativ hochwertig ist. Inhaltlich will man dem Hörer das Spiegelbild der modernen Zeit vor die Nase halten. Eine Zeit in der die Hektik und die Schnelllebigkeit überhand nimmt und die Leute sich nur schwer von den Fesseln der modernen Sklaverei befreien können. Tolles Album, frisch und inspirierend – aussagekräftig und mit viel Persönlichkeit! Auch wenn es eigentlich dazu nicht viel mehr zu sagen gibt, beantwortete uns Piotr kurz ein paar Fragen zum neuen Werk...

MF: Das neue Album „Shrine Of New Generation Slaves“ ist ein Meisterwerk in das ich mich sofort verliebte. Wie zufrieden bist du mit dem aktuellen Release, die Presse scheint ja sehr positiv gestimmt zu sein...

Piotr: Es ist uns bei jedem Album das wir gemacht haben ein grosses Anliegen gewesen, dass es grossartig wird. Ich will nicht behaupten, das neue Album ist das Beste in unserer Karriere, denn die Formulierung „das Beste“ ist recht subjektiv. Mit „Shrine...“ haben wir das Gefühl, dass wir ein sehr reifes Album abgeliefert haben und die Pressestimmen bestätigen dies.

MF: Die Musik auf „Shrine...“ ist sehr aufwändig und hat ein hohes Niveau, gleichzeitig ist es sehr zugänglich. War dies von Anfang an so geplant?

Piotr: Die Abkürzung des Titels „Shrine Of A New Generation Slaves“ ist SONGS. Es soll zeigen, dass wir uns dieses Mal auf kürzere und leichtere Tracks fokussiert haben. Dies ist zum Beispiel bei der Veröffentlichung „Anno Domini High Definition“ eher weniger der Fall gewesen. Sicherlich wollten wir keine einfachen „4-Minuten Songs“ schreiben, denn unsere Lieder haben Tiefe und viel Gefühl und wir sind schliesslich immer noch Riverside.

MF: Erzähl mir doch bitte mehr über den Entstehungsprozess der aktuellen Veröffentlichung...

Piotr: Wir haben zum ersten Mal die einzelnen Recording Prozesse kürzer gehalten, was bedeutet, dass die Aufnahmen dieses Mal viel länger gedauert haben als bisher. Wir haben im März 2012 angefangen und waren dann erst im November 2012 fertig damit. Bisher hatten wir immer lange Recording Sessions abgehalten, dies über einen Zeitraum von bis zu 1 1/2 Monate oder so und am Ende waren wir extrem erschöpft und ausgelaugt. Aber da war eigentlich erst der Zeitpunkt gekommen, wo es erst richtig los gehen musste und die wichtigsten Parts wie Mixes waren zu erledigen. Wir waren total ausser Kräfte und gestresst. Das haben wir dieses Mal vermeiden wollen und uns sehr viel Zeit gelassen, um jeden einzelnen Song nochmals zu überdenken. Ich finde das hört man diesem Album auch an.

MF: Es klingt meiner Meinung nach runder und wärmer. Auch die Texte auf dem Album haben einen wichtigen Stellenwert. Sie handeln davon, wie die heutige Gesellschaft mit dem Leben überfordert ist. Alles ist zu viel und es bleibt kein Freiraum, sich auf die wichtigsten Dinge im Leben zu konzentrieren...

Piotr: Ja das neue Album ist eine Art Konzeptalbum. Es erzählt viele Geschichten die miteinander verbunden sind und es handelt von der modernen Sklaverei. Wir sind alle Sklaven die von etwas abhängig sind, sei es der Job oder von anderen Leuten. Wir können nicht wirklich zufrieden sein, weil es zu viele Dinge gibt, die einem unglücklich machen.

MF: Glaubst du das wird sich eines Tages ändern? Wie denkst du persönlich über die Zukunft?

Piotr: Ich habe Angst und ich denke es wird sich diesbezüglich nichts ändern, die Leute werden sich nicht ändern. Die Freiheit die wir meinen zu haben ist eine grosse Illusion, diese wiederum macht einige Leute frei. Ich würde sagen, es hängt an jeder einzelnen Person, was sie daraus macht. Wir müssen versuchen, uns von der Routine zu befreien und wir müssen versuchen, Dinge mit denen wir unzufrieden sind, zu ändern! Wir sollten aufhören uns zu blockieren, denn es ist wichtig, sich zu entfalten und sich weiterentwickeln zu können.

MF: Was erwartest du von der Musikindustrie für die Zukunft?

Piotr: Ich weiss wirklich nicht, wie die Musikindustrie in den nächsten zehn Jahren aussehen wird. Ich hoffe sie hält uns am Leben. Ich bin ein altmodischer Freak was die Musik angeht. Ich stehe auf CDs und Vinyl, das sind Dinge, die ich in den Händen halten kann und ich hoffe wirklich nicht, dass die Musik in den nächsten zehn Jahren zu einem lächerlichen File-Austausch verkümmert.

MF: Ihr habt immer sehr ansprechendes Artwork und allein das Cover des neuen Albums hat mich dazu motiviert, die CD und das Vinyl zu kaufen. Hierbei habt ihr erneut auf Travis Smith zurück gegriffen...

Piotr: Da stimme ich dir zu, das neue Artwork ist grossartig geworden. Jedes Mal wenn wir mit Travis gearbeitet haben kam etwas Tolles dabei raus. Er bekommt jeweils das ganze Konzept des Albums von Mariusz zugestellt und dann startet er mit den Ideen. Dieses Mal war die Zusammenarbeit sehr speziell, denn die ersten 2 Vorschläge haben wir sofort gemocht und sie landeten direkt auf dem Album Cover und dem Cover der Single „Celebrity Touch“.

MF: Was ist deiner Meinung nach wichtig, um einen eigenen und persönlichen Stil zu kreieren?

Piotr: Wir spielen jetzt schon elf Jahre zusammen und ich finde wir haben bereits so etwas wie unseren eigen Stil gefunden. Dies war uns sehr wichtig. Sicherlich leben wir in Zeiten, in denen Vergleiche gezogen werden und auch nicht vermieden werden können, aber unser Ziel ist es nie gewesen, eine Art Nachfolger von Porcupine Tree zu werden. Wir wollen Riverside sein und es erfüllt mich mit grossem Stolz wenn ich Berichte lese, wo junge Bands mit Riverside in Verbindung gebracht werden. Wir sind eine sehr natürliche Band und unglaublich froh über die Entwicklung. Zum Glück stehen wir nicht unter grossem Druck und wir versuchen unsere Karriere für die nächsten Jahre zu planen. Natürlich funktioniert das nur, wenn die Releases von hoher Qualität sind. Glücklicherweise können wir behaupten, dass wir uns mit unserer Musik stetig weiterentwickelt haben.

MF: Leider ist die Schweiz nicht auf dem aktuellen Tourplan vertreten. Können wir noch dieses Jahr mit euch rechnen?

Piotr: Die Daten, die publiziert wurden, sind noch nicht vollständig. Ruhe bewahren da drüben in der Schweiz! Ich bin sicher, dass wir noch dieses Jahr bei euch auftauchen werden!