Interview: Saxon
By Kissi
Vielleicht nicht an einer, aber an zwei Händen kann man sie abzählen, die Bands, welche einen auch nach dem zehnten Konzertbesuch noch nicht anöden. Saxon sind eine solche Band. Seit 30 Jahren unterwegs, versteht es die Band um Biff Byford immer noch, jede Bühne im Sturm zu erobern. Auch die ganz Grossen, wie die neue Live-DVD «Heavy Metal Thunder Live – Eagles Over Wacken» beweist.

Kaum eine Band hat schon mehr an dem ehrwürdigen Festival im Norden Deutschlands gespielt. Drei dieser Auftritte, jene von 2004, 2007 und 2009 stellen das Material dar, aus welchem «Eagles Over Wacken» gebastelt wurde. Wer sich alle drei in voller Länge besorgen will, der muss schnell zugreifen, denn diese gibt es nur in der auf 1000 Stück limitierten Exklusiv-Edition. Alle anderen müssen sich mit einem Zusammenschnitt aus den drei Performances begnügen. Darüber, über ihre Verbindung zu Wacken und was sonst alles so im Saxon-Camp läuft, sprach Metal Factory mit Frontsachse Biff Byford (BB).

MF: Hi Biff! Von wo rufst du mich gerade an?

BB: Ich bin gerade zu Hause.

MF: Was läuft momentan bei dir und im Saxon-Camp neben dem Geben von Interviews?

BB: Oh, wir schreiben momentan an neuen Songs. Es läuft grossartig im Moment und wir peilen Februar 2013 als Veröffentlichungsdatum an.

MF: Und, kannst du schon etwas darüber sagen, in welche Richtung die Scheibe gehen wird?

BB: Noch nicht wirklich. Es wird hart werden, natürlich! Sonst kann ich aber noch nicht viel sagen, da wir noch nicht soweit sind, das Album als Ganzes vorhersehen zu können.

MF: Dann lassen wir uns überraschen. Der Grund, warum wir telefonieren, ist sowieso ein anderer: Eure neue Live-DVD «Heavy Metal Thunder Live – Eagles Over Wacken» erscheint dieser Tage. Ich hab' sie mir reingezogen und ich muss sagen: Ich war etwas überrascht, dass es kein Auftritt in voller Länge, sondern ein Zusammenschnitt ist.

BB: Wir haben unsere Wacken-Gigs dreimal gefilmt. 2004, 2007 und 2009. Daraus besteht der Film. Die Idee dahinter ist, dass es einerseits schade wäre, nur eine Show zu zeigen. Andererseits wären alle drei Shows zusammen aber auch etwas langweilig, da es da natürlich Überschneidungen in der Setlist gibt. Songs wie «Heavy Metal Thunder» oder «747 (Strangers In The Night)» dreimal: Das muss nicht sein. Ausserdem finde ich, ist es interessant, drei verschiedene Auftritte im direkten Vergleich zu sehen. Immerhin liegen zwischen der ältesten und der neusten Show fünf Jahre.

MF: Auch habt ihr 2004 noch mit Drummer Jörg Michael (Ex-Stratovarius) gespielt.

BB: Genau! Das war ja auch schon bei der Show 2001 der Fall, welche man auf «The Saxon Chronicles», unserer ersten DVD, findet.

MF: Neben der regulären Version von «Eagles Over Wacken» gibt es auch eine auf 1000 Stück limitierte Version. Kannst du uns darüber etwas erzählen?

BB: Die limitierte Version ist eine „directly to costumer“-Veröffentlichung. Das heisst man kann sie nur direkt bei uns bestellen. Die Idee dahinter ist, dass die 1000 Stück direkt an die Fans gehen. Bei dieser Version findet man dann alle drei Konzerte in voller Länge plus eine Saxon-Flagge und wenn man Glück hat, ein goldenes Ticket.

MF: 10 goldene Tickets gibt es in diesen Boxen und wer Glück hat ein solches zu erwischen, bekommt lebenslang kostenlosen Eintritt zu all euren Shows. Wer hatte diese Idee?

BB: Das war zugegeben nicht unsere Idee. Unsere Plattenfirma steckt dahinter. Aber ich finde das gut. Nicht nur die Idee, sondern dass unsere Plattenfirma darauf gekommen ist. Schliesslich ist es ihr Job, von Zeit zu Zeit mal eine gute Idee zu haben, ha ha ha ha...

MF: Weisst du schon, wie teuer das Ganze sein wird?

BB: Um ehrlich zu sein, weiss ich das nicht.

(Der Preis der Limited Edition war zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht heraus zu finden. 69.90 Euro schlägt das Package derzeit bei http://www.udr-music.com zu Buche, wobei momentan nicht bestellbar)

MF: Die „Limited Edition“ bietet alle drei Gigs in voller Länge. Nur 1000 Fans kommen aber in den Genuss davon. Werden die drei ganzen Konzerte auch anderweitig erhältlich sein?

BB: Das weiss ich ehrlich gesagt auch nicht, da musst du abwarten. Ich denke aber ehrlich gesagt, dass das gut möglich ist. Diese Dinger zu produzieren, in HD zu filmen und so weiter, das kostet unglaublich viel Geld. Deswegen veröffentlichen Plattenfirmen solche Sachen auch in möglichst vielen Versionen. Vielleicht wird man davon auch Downloads kaufen können oder so. So läuft das Spiel eben.

MF: In der regulären Version enthalten ist neben der DVD auch eine Doppel-CD von einem eurer Gigs eurer letzten Klubtour zum Album «Call To Arms», aufgenommen in Glasgow.

BB: Das stimmt! Das war eine grossartige Show. Es herrschte eine fantastische Atmosphäre an diesem Abend.

MF: Habt ihr die Show deswegen ausgewählt?

BB: Eine Saxon-Tournee kann bis zu 50 Konzerte umfassen. Natürlich ist da nicht jede Show gleich gut. Der Gig in Glasgow war eine dieser speziellen Nächte, in welcher einfach alles stimmte. Unsere Performance, der Sound, die Leute und die Atmosphäre. Wir haben auf dieser Tour fünf Shows aufgenommen und die Beste genommen. Wo die war, spielte für die Entscheidung keine Rolle.

MF: Zurück zu Wacken: Ihr habt eine starke Verbindung zu diesem Festival. Viermal habt ihr schon dort gespielt und dieses Jahr wird man euch dort abermals bewundern können. Was ist das Spezielle an Wacken neben dem Umstand, dass es das vielleicht grösste Metal-Fest der Welt ist?

BB: Wir haben schon mehr als viermal dort gespielt. Das erste Mal war 1992. Da war das Festival noch ganz klein, mitten im Grünen. Das Spezielle an Wacken ist, dass es dort nicht in erster Linie um die Bands geht. Natürlich schaut man sich Konzerte an, doch es geht vielmehr um das Zusammensein mit den Leuten. Es spielt weniger eine Rolle, welche Band als Headliner auftritt, sondern vielmehr um das Ganze an sich. Ich hab das Gefühl, dass viele Leute einfach jedes Jahr nach Wacken gehen. Es ist so etwas wie eine Pilgerfahrt. Und wir haben das grosse Glück, eine Band zu sein, die die Leute dort sehen wollen. Ausserdem sind wir natürlich noch zusätzlich mit dem Festival verbunden, da unser Manager Thomas Jensen einer der Organisatoren ist.

MF: Wacken begann in den 90ern, als der klassische Metal mehr oder weniger im Koma lag. Heute ist die Metal-Szene vielleicht grösser als je zuvor, genauso Wacken. Das erinnert mich ein wenig an die Geschichte von Saxon. Auch ihr musstet in den 90ern unten durch und könnt heute die Früchte für euren Durchhaltewillen ernten.

BB: Ich denke, dass solchen Festivals, nicht nur Wacken, eine wichtige Rolle in der Reanimation traditionellen Metals zukommt. Wacken hat uns als Headliner verpflichtet, als der Metal der 80er das Gegenteil von „in“ war. Viele Leute hatten in den 90ern keinen Bock auf Bands wie uns, Iron Maiden oder Judas Priest und solche Festivals blieben uns in den 90ern treu. Und zusammen konnten wir über die Jahre wieder wachsen.

MF: Kommen wir zu einem anderen Thema: Ihr seid bei den britischen „Golden Gods Awards“ in der Kategorie „Best UK Band“ nominiert.

BB: Und ich hoffe, du hast deine Stimme schon für uns abgegeben!

MF: Noch nicht, aber ich verspreche, es noch zu tun! (was ich auch brav getan habe – Anm. d. Verf.) Was hältst du von dieser Nominierung? Eine Ehre?

BB: Natürlich fühlt sich das gut an, diese Anerkennung. Dass wir gewinnen werden glaube ich aber nicht, denn wir treten gegen ein paar sehr talentierte junge Bands an (Black Spiders, Fields Of Nephilim, Tesseract und TRC – Anm. d. Verf.). Die Daumen drück ich uns aber trotzdem.

MF: Hättest du dir gedacht, dass Saxon irgendwann bei sowas dabei sein würden?

BB: Nicht wirklich! Es ist grossartig! Weisst du, in den 90ern, als solche Awards starteten, da wäre so etwas niemals möglich gewesen, dass eine Band wie Saxon, aus den 80ern, dabei ist. Gerade in den letzten Jahren aber haben wir wieder vermehrt Anerkennung und Respekt von der Musikindustrie, seien es Labels, Festivals oder Magazine, erhalten.

MF: Auch die jüngeren Bands und Fans bekennen sich wieder zu euch...

BB: Auch das ist fantastisch! Wir treffen ja immer wieder auf junge Bands an den Festivals und so. Da kommen manchmal Musiker zu uns, die rein verkaufstechnisch gesehen viel erfolgreicher sind als wir momentan und wollen mit uns Fotos machen. Es gibt auch viele tolle junge Bands, auch wenn sie vielleicht eine andere Art von Metal machen als wir und es tut gut, mit solchen Jungs an Festivals wie Donington zu spielen.

MF: A propos Donington. Bei den Vorbereitungen zu diesem Interview bin ich auf eine Facebook-Gruppe gestossen, deren Ziel es ist, Metallica, welche das „Download Festival“ headlinen werden, zu euch auf die Bühne zu bringen.

BB: Ha ha ha..., ist wohl eher unwahrscheinlich, dass das passieren wird.

MF: Abgeneigt wärst du aber nicht, oder?

BB: Auf keinen Fall! Metallica sind eine tolle Band. Ich bin ja auch schon ein paar Mal mit ihnen auf der Bühne gestanden. Vielleicht rufe ich mal Lars Ulrich an und frage, was er davon hält. Es bleibt ja noch ein bisschen Zeit bis dahin.

MF: Auch ein Schweizer Festival werdet ihr dieses Jahr beehren. Am 4. August werdet ihr im Rahmen der „Magic Night Of Rock“ zusammen mit Toto und anderen auf der Bühne stehen.

BB: Oh yeah, Toto! Wir lieben Toto! Wir haben noch nie zusammen mit ihnen gespielt und das wird sicherlich ein riesiger Spass. Vor allem unsere beiden Gitarristen freuen sich, denn sie sind beide grosse Steve Lukather-Fans. Obwohl wir wohl «Rosanna» nicht zusammen performen werden. Rosanna... (beginnt den Refrain zu trällern)

MF: An diesem Abend werdet ihr wohl die härteste Band sein. Hoffen wir, dass nicht nur Melodic Rock Fans anwesend sein werden...

BB: Na ja, klar sind wir Metal, aber wir haben ja auch viele melodische, rockige Nummern. Oder vielleicht sollten wir extra das härteste Set unserer Karriere auspacken, ha ha ha... - Nein, das sollte ein guter Abend werden.

MF: Ihr habt die grössten und wichtigsten Bühnen der Heavy Metal Welt gespielt und in den letzten 30 Jahren rund 20 Alben veröffentlicht. Was gibt es da noch zu erreichen?

BB: Eigentlich nichts und das ist das Schöne daran. Natürlich hatten wir die grossen Rockstar-Hoffnungen, als wir vor einer Ewigkeit mit Saxon begannen. Jetzt aber wollen wir nur noch möglichst gute Songs schreiben und möglichst gute Gigs spielen. Und wenn das den Leuten gefällt: umso besser! So oder so werde ich zumindest solange weitermachen, bis ich ins Grab falle.

MF: Was so bald hoffentlich nicht der Fall sein wird! Biff, wir kommen schon zur letzten Frage, die ich allen Interview-Partnern stelle: Wie sieht für dich ein perfekter Tag aus?

BB: Heute ist eigentlich ein perfekter Tag. Die Sonne scheint und wir veranstalten ein gemütliches Barbecue mit der Familie und Freunden, werden miteinander quatschen und gute Musik hören.

MF: Was steht denn heute auf der Playlist?

BB: Naja, wir hören uns die unterschiedlichsten Sachen an. Deep Purple passen immer zu einer Frühlingsfeier. Ja, Deep Purple und Grillen, da kann man nichts dagegen sagen.

MF: Da wünsch ich dir viel Spass dabei!

BB: Danke! Auch dir einen schönen Abend und bis zum nächsten Mal in der Schweiz!