Interview: Slaughter

By Tinu
 
Würden gerne wieder nach Europa kommen.



Zuerst spielten Bassist Dana und Sänger Mark Slaughter zusammen bei der Vinnie Vincent Invasion. Allerdings wendeten sich die Beiden relativ schnell vom ehemaligen Kiss-Gitarristen ab und widmeten sich ihrem eigenen Baby namens Slaughter zu. Mit Recht, denn das Debütalbum erhielt locker Doppel-Platin und die Singles «Up All Night» und «Fly To The Angels» rotierten Tag für Tag auf MTV. Zusammen mit Trommler Blas Elias und Gitarrist Tim Kelly war ein neuer Stern am Rockhimmel geboren. Doch auch Slaughter überlebten die Grunge-Szene nur knapp, und als Tim bei einem Verkehrsunfall am 5. Februar 1998 tödlich verunglückte, war plötzlich alles anders. Was neun Jahre vorher einen so guten Start hatte, kam mächtig ins Stocken. Heute spielt Jeff Blando Gitarre und Zoltan Chaney verdrischt die Drums und nach fast drei Jahrzehnten spielten Slaughter zum ersten Mal in Deutschland. Was bei Slaughter gerade ansteht und was der Band die Luft zum Atmen nahm, könnt ihr im folgenden Interview lesen.

MF: Gibt es Pläne für eine neue Slaughter-CD?

Mark (lachend): Wir sprechen immer wieder über ein neues Album. Momentan ist noch nichts in trockenen Tüchern, aber wenn wir ein neues Slaughter-Album veröffentlichen, soll es auch nach Slaughter klingen. Wir arbeiten daran, aber alles braucht seine Zeit.

Dana: Es ist nicht einfacher geworden ein neues Album zu kreieren und zu veröffentlichen. Wenn es passt und wir in der Stimmung sind, werden wir uns intensiv um neue Songs kümmern. Aber es muss der richtige Moment sein.

Mark: …wir müssen sehen, was die Demos hergeben…

Dana: …die Leute erwarten Lieder, wie «Up All Night». Etwas, welches das gleiche Feeling versprüht. Das ist als wenn du ein neues Auto kaufst und es entspricht nicht deinen Vorstellungen. «You're fucked!» (lacht). Die Leute müssen den Scheiss lieben, wenn was Neues von uns zu kaufen ist, ansonsten werden sie mächtig angepisst sein. Viele Bands machen den Fehler, dass sie bloss ein neues Werk veröffentlichen, das ihrem persönlichen Geschmack entspricht und sind dann überrascht, wenn sich die Scheibe nicht verkaufen lässt. Du kannst die Fans nicht vor den Kopf stossen.

Mark: Es ist wichtig für Slaughter, dass sich alles rechnet. Nimm meine beiden Solo-CDs, die musikalisch in eine andere Richtung gehen. Dies macht absolut Sinn, sonst könnte ich diese Lieder gleich unter dem Namen Slaughter veröffentlichen. Ich bin ein Künstler, die Alben klingen gut und ich kann damit die Dinge ausleben, die bei Slaughter keinen Platz finden.

Dana: Du trägst ein Megadeth-Shirt Martin. Wenn Dave nun ein Album raus bringt, welches nicht deinen Vorstellungen entspricht, wirst du ziemlich wütend sein und diesen Scheiss verfluchen. Du wirst nicht glauben, was du hörst, hast aber dein hart verdientes Geld dafür ausgegeben. Das ist der Scheiss, den sich die Bands auf die Fahne schreiben müssen. Du kannst nicht mit einem Stil erfolgreich sein und auf der nächsten Scheibe etwas völlig anderes machen. Auch wenn du damit einem Trend folgst, aber du verlierst deine Identität und dein Gesicht.

Mark: Du hast deine eigene Marke veröffentlicht und wenn du nun zu stark experimentierst, weil du das Gefühl hast, dass du dich ausleben musst und deine Fesseln sprengen willst, hast du schon verloren. Wir glauben an die Musik, welche die Fans noch immer glücklich macht. Am Ende des Tages wollen sie eh nur deine Hits hören.

Dana: «A lots of people like to fuck, but they don't like to fuck in your ass! (alle lachen)»

MF: Ist es trotzdem einfacher für euch heute einen Song zu schreiben, als in der Vergangenheit?

Mark: Ja, weil genau zwei Personen wissen, auf was der Erfolg der Hits aufgebaut ist.

Dana: Das wussten schon die Beatles (singt «Lady Madonna»).

Mark: Es ist ein ganz natürlicher Lauf, wenn sich die beiden Songwriter visuell verstehen und sich ergänzen können. John und Paul wussten bei den Beatles genau, wie der andere dachte und welche Ergänzungen es braucht, um aus den Ideen neue Hits zu schreiben. Die Magie, welche zwei unterschiedliche Personen verbindet, ist schlussendlich das gewisse Etwas, welches aus einzelnen Teilen etwas ganz Besonderes macht. Das ist bei uns auch so. Wir können in unterschiedlichen Bands spielen, aber wenn wir zusammen im Studio sind, entwickelt sich etwas Magisches. Keiner fragt den anderen, wieso gehst du in diese Richtung und nicht in jene, sondern es wird am gleichem Strang gezogen. Es hat einen Flow von Beginn an bis zum Schluss.

Dana: Wir lachen, machen Spässe und haben einen unglaublichen Spass wenn wir zusammensitzen. Diese guten Vibrationen wechseln wir in tolle Lieder. Wir sind nicht erschrocken, sind nicht nervös, sondern fühlen uns einfach locker und gut.

Mark: Etwas, das sehr oft passiert ist… Dana und ich sich die einzigen Artisten, Produzenten und Schreiber, die nie eine aussenstehende Person beim Schreiben beigezogen haben. Wir sind die einzige Band in unserem Bereich, die noch immer die gleiche Musik macht und dies ohne Hilfe anderer Leute.

Dana: Wichtig ist auch, dass die Lieder eine einfache Melodie besitzen, welche die Leute sofort nachsingen können…

Mark: …das ist dieser natürliche Fluss, denn ich angesprochen habe.

Dana: Genau wie bei «Up All Night», der einfach zu singen ist und einen tollen Groove aufweist. Auch wenn es naiv klingt, aber so einfach müssen Lieder geschrieben und komponiert werden.

Mark: Schau dir bloss an, welche Summen andere Bands für ihre Produktionen ausgeben und trotzdem nicht besser klingen. Wir sind in der glücklichen Lage selber zu produzieren und zu mischen.

Dana: Wir sind in der glücklichen Lage viele Dinge im Verlauf der Zeit selber gelernt zu haben.

MF: Wie war es für euch mit dem Debüt-Album gleich Doppel-Platin zu erreichen?

Mark: Das war ein unglaubliches Gefühl. Nur ein Wort! «AMAZING!» Wir hofften, dass die Leute da draussen unsere Musik mögen würden. Wir wollten nicht eine Platin-Auszeichnung bekommen, sondern gute Songs schreiben, welche den Menschen in Erinnerung bleiben. Wir wollten ein Teil unseres Lebens zu einem Teil ihres Lebens machen.

Dana: Wir glaubten an unsere Lieder. Aber sie hätten auch gut zum Rohrkrepierer werden können. Aber wir wussten, dass wir was Cooles kreierten. Was danach passierte, war unglaublich, liess uns aber nie den Boden unter den Füssen verlieren.

Mark: Wir sind sehr dankbar dafür, was mit Slaughter alles passierte und sind sehr glücklich, diese Erfolge geniessen zu können.

MF: Bevor ihr diese Erfolge feiern konntet, wart ihr in der Vinnie Vincent Band. Welche Erinnerungen habt ihr an diese Zeit?

Mark (lächelt): Das war eine ganz andere Zeit. Ich war immer ein grosser Kiss-Fan. Vinnie war eine schwierige Person, aber sehr talentiert.

Dana: Es gab einige Dämonen, die ihn beherrschten. Es war eine komplexe und nicht gewöhnliche Situation damals. Heute schaue ich nicht mehr zurück und lass die Vergangenheit ruhen. Viele Dinge wurden von anderen Bands gesto… Abgeschaut (grinst). Hör dir nur den Beginn von «Ashes To Ashes» an. Die besten Parts stammten von anderen Truppen. Das machen aber viele Musiker. Ich erinnere mich nicht an diese Zeit, sie war hart und ein grosser Lernprozess. Jeder Musiker wird dir von seinem Lehrgeld erzählen, mit welchem er über den Tisch gezogen wurde (lacht).

MF: Welches waren dann eure schwierigsten Momente mit Slaughter?

Mark (wie aus der Pistole geschossen): Mitte der neunziger Jahre.

Dana: Genau, als wir den komfortablen Tourbus mit klapprigen Kleinbussen tauschen mussten. Als wir von den Riesenarenen und den mehreren tausend verkauften T-Shirts auf den Weg in kleine schmierige und versiffte Clubs gehen mussten. Das war der Moment, als uns klar vor Augen gehalten wurde, es kommt alles zum Stoppen.

Mark: Slaughter haben nie aufgehört zu touren. «Fuck it!» Wir haben uns dieser Herausforderung gestellt und den Kampf aufgenommen. Die meisten anderen Bands kamen mit dieser Situation nicht zurecht und lösten sich auf. Wir wussten, dass wir in diesem Moment die Situation nicht ändern konnten. Also zogen wir weiter unser Ding durch.

Dana: So sassen wir in diesen unglaublich dreckigen Motels und ekelten uns überhaupt etwas anzufassen. Da war dieser Typ, der unsere Musik belächelte und mit seinen depressiven Sounds alles zerstörte. Was passierte? Nicht viel, denn bald starb diese Person. Okay, was folgte als Nächstes? Die Rückbesinnung auf das, was einmal so erfolgreich war. Wir haben durchgehalten und konnten weiter unseren Weg gehen, wenn auch auf einem kleineren Level.

MF: Wie haben sich Mark und Dana, bedingt dadurch, verändert?

Mark: Haben wir uns verändert? Ich denke nicht. Wir sind noch immer die gleichen…

Dana: …einfach älter…

Mark: …wir sind schlauer, denn wir haben von unseren Fehlern gelernt. Dabei sind wir fokussierter geworden und konzentrieren uns auf das Wesentliche. Zudem können wir endlich in Deutschland am «Bang Your Head!!!»-Festival spielen! «That's pretty cool!»

Dana: Du wächst auf, du musst dich mit vielem auseinandersetzen, aber du durchlebst einen natürlichen Prozess, der dich immer weiterbringt. Alles was wir taten, taten wir mit einem unglaublichen Spass. Schau nur unseren Gitarristen an. Er bekam die Möglichkeit bei uns einzusteigen, weil Tim tragischerweise ums Leben kam. Weisst du was? Tim hat uns Jeff sogar vorgeschlagen, als er ihn irgendwann in einem Club spielen sah. "Ihr müsst mich feuern, der Typ ist um einiges besser als ich!" Tim war immer ein lustiger Kerl und riss Witze am Band. Am Ende kam es genau so, wie es Tim uns prophezeite. Der Joke von Tim war grossartig, aber wir konnten nicht ahnen, dass er kurze Zeit später zur Realität wurde.

Mark: Tim wollte unbedingt, dass wir uns Jeff auf der Bühne anschauten. Er riss uns förmlich aus dem Bus. "Get out of the bus and see this guy!"

Dana: So wurde die Lösung von unserem traurigsten Moment von Tim vorbestimmt. Wir hatten einen neuen Gitarristen und wussten, dass Tim mit dieser Entscheidung absolut einverstanden war. Jeff ist mittlerweile länger bei uns, als Tim es war.

MF: Bestehen Pläne für Europa-Konzerte?

Dana: Klar, sobald ein Promoter auf uns zukommt und ein Angebot macht, steigen wir in den Flieger und spielen bei euch (lacht)! Und wenn du nun auch noch Werbung für uns machst… Martin wir zählen auf dich!

MF: Ich werde mein Bestes geben!

Dana: Das haben wir auch nicht anders erwartet (lacht)! Ganz ehrlich, tragen Leute wie du die wahre Story in die Welt, wird die Möglichkeit bestehen, dass wir in Europa spielen. Die Story bringt Interesse, das Interesse bringt uns Angebote und wir können den Weg zu euch unter die Räder nehmen. Moment besteht bei euch aber ein zu geringes Interesse an Slaughter. Wir sind sehr dankbar für jede Werbung um Slaughter, die es uns ermöglicht in Europa zu spielen.

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft?

Mark: Touren, touren, touren!

MF: Aber dann auch in der Schweiz!

Dana: Darauf hast du mein Wort. Wir haben noch nie in Zürich gespielt.

Mark: Leider wurde damals die Cinderella-Tour abgesagt (wegen des Golfkrieges 1991). Dieser Scheiss-Krieg veränderte unser Leben.

Dana: Wir fuhren in einem sehr komfortablen doppelstöckigen Bus von Schottland weg. Wir waren so begeistert, dass unsere Musik auch euch Europäer begeistert und wussten, wir waren auch hier auf dem richtigen Weg, nach diesem tollen Gig in Schottland.

Mark: Wir sassen beim Fahrer, als uns die neusten Nachrichten schockten. Die Amis bombardierten den Irak und wir wussten, das war das Ende dieser tollen Tour. Wir spielten noch eine Show und nahmen die auf. Allerdings war der Bandname Slaughter aus den Vereinigten Staaten nicht gerade förderlich in diesem Moment. Das brach uns das Genick in Europa.

MF: Dann hoffen wir euch bald wieder hier zu sehen. Danke für das Interview.

Mark: Wir danken dir für dein Interesse an uns…

Dana: …Martin hat wegen mir einen wahren Albtraum erlebt, bis dieses Gespräch endlich zu Stande kam…

Mark: …Dana hat mir die Geschichte erzählt!

Dana: Danke für deine Geduld und wir wissen das sehr zu schätzen!