Interview: Steelwing
By Kissi
Scharfe Riffs, Doublelead-Gitarren, galoppierende Rhythmen und ein Gläser zerschmetternder Schreihals auf der musikalischen Seite, lange Mähnen, Spandex- und Lederhosen, weisse Turnschuhe, Nieten und Motorradhandschuhe auf der modischen Seite. Was Anfang/Mitte der 80er Jahre mit der New Wave of British Heavy Metal Mode wurde, scheint heute wieder so angesagt wie schon seit 25 Jahren nicht mehr. Oder wie sonst liesse sich der raketengleiche Aufstieg einer Band wie Steelwing erklären?

Noch nicht einmal zwei Jahre alt, gewann der schwedische Fünfer um das Gitarrenduo Robby Rockbag und Alex Vega den angesagten Live Nation-Wettbewerb und ergatterte sich so einen professionellen Plattendeal. «Lord Of The Wasteland» nannte sich das Resultat, ein energiegeladenes Debüt, versehen mit viel Iron Maiden, Judas Priest, Savatage und Crimson Glory. Tourneen durch ganz Europa folgten, zuletzt in ausverkauften Hallen als Anheizer für Blind Guardian. Auf ebenjener Reise passte Metal Factory das Quintett mit einem Fetisch für die goldenen 80er, geschmacksferne Leggins inbegriffen, ab, um sich mit Klampfer Robby (RR) und Shouter Riley (RI) über die Anfänge, Einflüsse und Platzmangel im Proberaum zu unterhalten. Dass dabei metallische Fachsimpeleien nicht fehlen durften versteht sich von selbst.

MF: Hallo Robby, Hallo Riley! Vor einer halben Stunde habt ihr euren Gig beendet. Seid ihr zufrieden?

RI: Ja, es war ok! Das Publikum hätte etwas besser mitmachen können. Als wir das letzte Mal hier waren, auf der «Power of Metal»-Tour zusammen mit Enforcer, da ging es mehr ab. Vielleicht waren wir dem Publikum heute einfach nicht «Fantasy» genug. Wobei, bei den anderen Konzerten ging es besser, somit sind wir zufrieden.

RR: Das nehmen wir auch nicht allzu wichtig. Ich meine, als Support-Band kannst du ja froh sein, wenn du nicht von der Bühne gebuht wirst. Die sind ja nicht da, um dich zu sehen. Und da uns das noch nicht geschehen ist, sind wir zufrieden.

RI: Dazu kommt, dass wir an jedem Abend ein paar neue Fans für uns gewinnen konnten. Viele der Anwesenden kennen uns ja noch gar nicht und sind dementsprechend skeptisch zu Beginn der Show. Gegen Ende spürst du aber, dass du einige hast überzeugen können und das fühlt sich grossartig an.

MF: Wie ist es, mit Blind Guardian auf Tour zu sein?

RI: Blind Guardian sind wirklich toll. Vor allem Hansi ist ein herzensguter Mensch. Er hat uns heute sogar seine Garderobe überlassen, damit wir uns für die Show umziehen konnten.

MF: Eigentlich hättet ihr zusammen mit euren Freunden Enforcer die Supportslots bestreiten sollen. Kurz vor dem Tour-Auftakt waren Enforcer aber nicht mehr im Billing aufgeführt. Könnt ihr was über die Gründe dafür verraten?

RI: Ja, wir wissen warum sie nicht mehr dabei sind.

RR: Sollten wir wirklich darüber sprechen?

RI: Sie haben es ja selber auf ihrer Facebook-Seite geschrieben. Deswegen glaube ich, dass es ok ist, wenn wir es erzählen. Eigentlich ist es auch einfach: Als die effektiven Zahlen auf den Tisch kamen, war die Tour einfach zu teuer für sie. Es ist ja nicht so, dass man wirklich etwas verdient als Vorband. Und vielleicht haben sie sich auch gedacht, dass ihr Sound besser zu Airbourne passt als zu Blind Guardian. Mehr Party, mehr Rock'n'Roll!

RR: Ich hoffe wirklich, dass es sich für sie lohnt. Es wäre cool gewesen, wenn wir wieder gemeinsam auf Tour hätten gehen können.

MF: Zurück zu Steelwing! Die Geschichte eurer Band reicht ja noch nicht so weit zurück. Gerade einmal seit 2008 existiert Steelwing und mit dem Gewinnen des Live-Nation-Wettbewerb wenig später folgte schon der professionelle Plattenvertrag und jede Menge Tourneen. Erzählt unseren Lesern doch einmal, wie alles begann!

RI: Das muss dir Robby erzählen, da ich erst später dazukam.

RR: Dafür müssen wir weit, weit in die Vergangenheit zurückreisen, genauer gesagt in den Sommer 2008. Damals spielten Oskar, unser Drummer, Alex, der andere Gitarrist und ich zusammen in einer lokalen Band, die zwar regionale etwas Erfolg hatte, doch irgendwie nicht vom Fleck kam. Auch wollten wir nicht mehr nur simplen Rock'n'Roll spielen, sondern härteren, schnelleren, traditionelleren Sound. Also beschlossen wir drei auszusteigen und unser eigenes Ding zu gründen. Wir begannen Songs zu schreiben, genauer gesagt entstanden damals frühe Versionen von «Headhunter» und «The Illusion». Um Weihnachten 2008 nahmen wir die Songs auf, das war auch etwa die Zeit, als Skürk den Bass übernahm. Dann stellten wir das Zeug auf unsere Myspace-Seite und stiessen bald darauf auf eine Anzeige von Riley. Wir luden ihn zum Probesingen vor und wussten schon nach der ersten halben Stunde, dass er unser Mann war.

RI: Ich sang damals in verschiedenen lokalen Bands rund um Stockholm herum, spielte kleine Klubs und brachte es zu nichts. Dann wurde ich von meiner letzten Band gefeuert. Willst du den Grund wissen? Sie sagten mir, ich sei zu old school, würde zu stark nach 80ern wirken. Also war ich auf der Suche nach einer 80er-Band und Robby und die Jungs waren auf der Suche nach einem 80er-Sänger. Es passte also wie die Faust aufs Auge. Sie klangen nach Iron Maiden und Priest und genau das wollte ich singen.

MF: Auf der Bühne wirkst du ja auch wirklich wie der junge Bruce Dickinson. Da fällt mir gerade ein: Studiert ihr eure Posen und Moves ein?

RR: Hier kommt die berühmte Frage!

RI: Natürlich überlegst du dir das eine oder andere vorher. Das meiste entsteht aber aus dem Livespielen selbst, wenn zu verstehen beginnst, wie sich die anderen auf der Bühne so verhalten. Bei unseren ersten Konzerten bewegten wir uns viel weniger als wir es jetzt tun. Und natürlich haben wir uns unzählige Stunden Livemitschnitte unserer Helden angeschaut und da bleibt natürlich das eine oder andere hängen, wie beim Spielen oder Singen auch.

RR: Dazu kommt, dass die ersten Bühnen auch nicht wirklich den Platz für solche Bewegungen boten. Jetzt sind die Bühnen gross genug und das müssen wir ausnutzen. Und wenn wir gerade bei zu wenig Platz sind: Unser Proberaum ist nicht viel breiter als dieser Bus. Da müssen wir schauen, uns mit den Gitarrenhälsen nicht gegenseitig die Augen auszustechen. Posen proben geht da nicht wirklich.

MF: Nach zwei Jahren Steelwing: Ist der Rock'n'Roll Lifestyle wirklich so, wie ihr es euch vorgestellt habt, mit den ganzen Exzessen etc.?

RR: Die Exzesse hatten wir definitiv auf unserer ersten Tour zusammen mit Enforcer.

RI: Yeah man, da ging es heftig zu und her. Vier junge Bands, alle zum ersten Mal auf einer wirklich langen Tournee. Zusammen mit Enforcer, Cauldron und den Suicidal Angels haben wir ziemlich abgefeiert.

RR: Junge können diese Griechen trinken!

RI: Blind Guardian sind halt eine grosse und professionelle Band und sind da etwas anders drauf. Auch ist es definitiv anstrengender auf dieser Tour, wo die grosse Bühne auch wirklich nutzen musst. Da muss man sich schon etwas im Zaum halten. Das schuldest du auch deinen Fans. Deswegen trinken wir nicht vor den Shows.

RR: Nur schon wegen dem Geld! Du kannst es dir als junge Band einfach nicht mehr leisten, eine Tournee zu versauen. Dann bist du praktisch raus aus dem Business und das wollen wir natürlich nicht. Nach dem Auftritt hingegen lassen wir es krachen!

MF: Im Frühling dieses Jahres habt ihr euer Debüt «Enter The Wasteland» veröffentlicht. Was bereitete euch beim Aufnehmen die grössten Schwierigkeiten?

RR: Hahahaha... Das ist eigentlich eine ganz peinliche Sache. Am meisten Probleme bereitete uns, die beiden Gitarren richtig gestimmt zu halten.

RI: Absolut! Robby und Alex brauchten etwa einen Monat alleine für die Gitarren. Ich durfte meine Vocals danch in etwa einer Woche hinuntersingen.

RR: Umso länger wir daran arbeiteten, umso weniger hörten wir noch heraus, ob unsere Gitarren übereinstimmten. Dann spielten wir es dem Produzenten vor und merkten, dass sie definitiv nicht stimmten. Irgendwann habe ich dann aber herausgefunden, dass es an einer meiner Gitarren lag, die jetzt ihr Dasein an einer Wand fristet.

RI: Dazu kam, dass wir gerade einmal vier komplette Songs aufweisen konnten, als wir den Live-Nation-Wettbewerb gewannen. Erst dann begriffen wir: Oh fuck! Wir müssen jetzt ein komplettes Album aufnehmen, was dazu führte, dass wir die restlichen Songs in sehr kurzer Zeit schrieben. Im Nachhinein denke ich aber sogar, dass das gar nicht so schlecht war, da wir deswegen ziemlich effektiv und zielstrebig daran arbeiteten. Hätten wir diesen Druck nicht gehabt wäre es wohl viel länger gegangen. Das sehen wir jetzt bei den Arbeiten zum zweiten Album: Da verwerfen wir viel mehr Ideen und sie viel unzufriedener mit den Ergebnissen.

MF: Was werdet ihr beim zweiten Album anders machen?

RI: Ich denke, dass wir jetzt mehr Live-Erfahrung haben wird uns viel nützen. Vor «Enter The Wasteland» waren wir kaum live aufgetreten. Jetzt können wir besser abschätzen, welche Songs, welche Strukturen und Teile auch live gut funktionieren werden und was nicht so hinhaut. Ausserdem denke ich, dass wir auch das Aufnahme-Prozedere effizienter und praktischer gestalten können und nicht einen Monat für die Gitarren brauchen werden.

RR: Wir brauchten nicht einen ganzen Monat! Es waren eher drei, vier Wochen! Ansonsten stimme ich dir zu. Schon jetzt haben wir ja etwas anders gemacht, indem wir vorproduzierte Demo-Aufnahmen der Songs gemacht haben, die wir dann ins Studio mitnehmen können.

MF: Lasst uns jetzt über 80er-Metal sprechen. Was gefällt euch an 80er-Jahre Heavy Metal?

RR: Gegenfrage: Was daran sollte uns nicht gefallen? Heavy Metal aus den 80ern ist einfach der coolste Sound der Welt!

RI: Da kann ich nur zustimmen. Ich habe mich für alle verschiedenen Genres interessiert, habe auch Death, Black und andere, modernere Stile gehört, bin aber immer wieder zu den Klassikern zurückgekehrt. Iron Maiden und Judas Priest kannst du einfach nicht übertreffen und das ganze Gegrowle wird mit der Zeit sowieso langweilig.

RR: Heavy Metal ist einfach zeitlos. Du kannst es dein ganzes Leben hören, ohne dass es öde wird.

RI: Ausserdem gefällt mir an vielen neuen Bands die ganze Überproduktion nicht. Alles ist verstärkt, verdoppelt, getriggert. Das klingt einfach nicht mehr natürlich. Metal sollte live gespielt werden, denn das ist ja auch der Zweck davon, dass du auf der Bühne stehst und feiern kannst. Sonst kannst du gerade so gut einen Computer auf die Bühne stellen.

MF: Und wie seid ihr überhaupt auf Heavy Metal gestossen? Wie ich seid auch ihr zwei zu jung, um die 80er live miterlebt zu haben.

RR: Bei mir waren es Freunde, die mir in der Schule CDs zum hören empfohlen haben.

RI: Ich kann mich noch an meine Berührung erinnern. Ein Freund und ich, wir beide hatten ältere Geschwister und eines Nachmittags fanden wir bei ihnen im Zimmer «Best Of The Beast» von Iron Maiden mit all den Monstern drauf. Zuerst gefielen mir die Monster, dann schoben wir die Scheibe in den Player und trauten unseren Ohren nicht mehr.

MF: Exakt genau so hat es sich bei mir abgespielt! Die verschiedenen Eddies auf «Best Of The Beast»...

RI: Hahaha... Das ist ja super! Es macht aber auch Sinn: Iron Maiden oder Metallica sind Bands, die dir einfach irgendwann mal begegnen und mit welchen du auch ziemlich schnell warm wirst. Wenn dir das passiert, dann ist es um dich geschehen. Dann folgen dann Judas Priest und Savatage, Dio und Accept und plötzlich bist du bei so vergessenen Bands wie Crimson Glory.

MF: Was glaubt ihr: Hat euer Traditionsbewusstsein auch etwas damit zu tun, dass in Schweden Metal noch etwas populärer ist als hier in der Schweiz oder anderswo?

RR: Das hat sicher dazu beigetragen. Iron Maiden zum Beispiel sind gigantisch in Schweden.

RI: Ja, jedesmal wenn die bei uns spielen, egal wie gross die Arenen sind, egal wie viele Abende sie hintereinander spielen, alle Konzerte von Maiden sind ausverkauft.

MF: Aber woher kommt dieser Unterschied?

RI: Ich glaube, im Gegensatz zum Rest der Welt hat es in Skandinavien nie einen Unterbruch gegeben. In den 90ern hattest du nach dem traditionellen Metal gleich Death Metal, danach Black Metal und als dieser Trend wieder etwas zurückging kamen schon bald wieder Hammerfall und Co. So hast du es irgendwie schon als Kind entweder von deinen Eltern oder von deinen Geschwistern mitgekriegt. Vielleicht ist es aber auch nur das Scheisswetter und dass wir nichts anderes zu tun haben.

MF: Welcher Gitarrist, welcher Sänger hat euch am meisten beeinflusst? Die Frage muss ich dir, Riley, eigentlich gar nicht stellen, als Reinkarnation von Bruce Dickinson...

RI: Was das Stageacting betrifft hast du Recht. Da ist Bruce Dickinson mein grosses Vorbild. Was jedoch das Singen an sich betrifft, so habe ich das Gefühl, dass meine Stimme eher in die Richtung von Rob Halford geht. Ich mag aber verschiedene Sänger, Dio natürlich oder auch Geoff Tate. Momentan jedoch ist für mich Midnight von Crimson Glory das grösste Vorbild, was das Singen anbelangt. Für mich ist er einfach der beste Metal-Sänger, der je gelebt hat. Höchstens Steve Grim von Grim Reaper kommt noch an ihn heran.

MF: Und bei dir Robby?

RR: Ich denke, man hört es nicht so gut raus, aber einer meiner grössten Helden ist auf jeden Fall Gary Moore.

RI: Sag einfach Adrian Smith!

RR: Nein! Das werde ich nicht sagen. Zur Erklärung: Als wir in Italien spielten lief ich nach dem Gig durchs Publikum und jeder zweite nannte mich Adrian.

RI: Ihr seht euch ja auch ziemlich ähnlich! Und du musst zugeben, du bist ja auch ein Fan von Adrian Smith.

RR: Natürlich! Ich denke aber, dass Rockgitarristen wie Eddie Van Halen, Michael Schenker, der so unterbewertet ist, oder eben Gary Moore einen grösseren Einfluss auf mich ausgeübt haben.

MF: Also muss es dir am Sweden Rock Festival dieses Jahr wirklich gefallen haben, wo doch sowohl Michael Schenker als auch Gary Moore aufgetreten sind.

RR: Auf jeden Fall! Bei Gary Moore stand ich ohne Scheiss in der ersten Reihe!

MF: Ok. Dann stell ich euch jetzt ein paar «Entweder – Oder»-Fragen. Nummer 1: Iron Maiden oder Judas Priest?

RR wie aus der Pistole geschossen: Iron Maiden! Ich mag Judas Priest. Doch mit Maiden können sie einfach nicht mithalten.

RI: Wir diskutieren diese Frage die ganze Zeit! Das ist die grosse Frage in der Band. Die meisten würden wohl Iron Maiden sagen, ich persönlich tendiere eher zu Judas Priest. Der grosse Unterschied besteht darin, dass Iron Maiden vielleicht auf einem durchgängig hohen Niveau sind, Judas Priest aber neben einigen Absackern wie dem «Johnny B. Goode»-Cover, welches sie nie hätten machen dürfen, auch verdammt hohe Ausreisser gegen oben haben.

MF: Paul Di Anno oder Bruce Dickinson?

Beide: Bruce Dickinson.

RR: Ich meine, Paul war super auf den ersten beiden Scheiben, aber ich denke, dass Maiden mit ihm nie so weit gekommen wären wie mit Bruce.

RI: Ich mag Paul Di Anno auch und hin und wieder wird mein Gesang auch mit seinem verglichen, doch mag ich die Art und Weise wie Bruce singt lieber als die Punk-Attitüde von Di Anno.

RR: Bruce ist dramatischer, opernhafter. Ich denke das passt besser zu Iron Maiden.

MF: Savatage mit Jon Oliva oder mit Zak Stevens?

RR: Jon Oliva, auf jeden Fall!

RI: Was denkst du, Mann! Jon Oliva hat die abgedrehteste und wahnsinnigste Stimme im ganzen Metal. Wir lieben die alten Scheiben. «Power Of The Night», «Hall Of The Mountain King» und «Sirens» sind ein paar der besten, härtesten und düstersten Alben, die je im Metal gemacht wurden. Savatage sind Helden für uns.

MF: Das hört man ja auch auf «Enter The Wasteland». Zumindest am Ende von «Sentinel Hill» sind die Einflüsse nicht zu verleugnen.

RI: Du hast recht, das ist sowas von von Savatage abgekupfert.

RR: Du hast gute Ohren, Mann!

MF: Lee Aaron oder Doro Pesch?

RR: Lee Aaron? Hab ich noch nie gehört.

RI: Ich auch nicht!

MF: Was? «Metal Queen», «Call Of The Wild», noch nie gehört? Müsst ihr aber unbedingt einmal auschecken!

RI: Wir lieben Doro Pesch und Warlock, also hätten wir uns wohl sowieso für sie entschieden. Wir haben eigentlich schon lange vor, ein Poster von ihr oder Lita Ford in unserem Bandraum aufzuhängen. Bisher haben wir das aber noch nicht geschafft.

RR: Entweder eine von beiden oder beide. Es soll nämlich ein Poster von beiden zusammen geben. Der feuchte Traum jedes Metallers.

MF: Vinyl oder CD?

RI: Natürlich erwartest du von uns jetzt, dass wir Vinyl sagen. Und wenn du Oskar, unseren Drummer, gefragt hättest, dann hätte er das auch bestimmt gesagt. Er hört zuhause praktisch nur Vinyl. Als ich aber begann, Alben zu sammeln, war Vinyl sowas von tot und noch nicht wiederbelebt wie es heute ist. Deswegen kaufte ich CDs und das mache ich weiter. Ich will doch nicht alle Scheiben nochmal auf Vinyl kaufen. Vinyl ist cool, sieht super aus und es hat was, wenn man Platten hört, mit der Nadel und alles. Letzten Endes sind CDs aber einfach praktischer.

RR: Wir sind eine Band, die Vinyl total unterstützt. Unser Album kann man ja auch als Vinyl-Version kaufen. Ich persönlich bevorzuge aber aus den von Riley genannten Gründen auch CDs.

MF: Randy Rhoads, Zakk Wylde oder Gus G.?

RR: Randy Rhoads, keine Frage!

RI: Zakk Wylde war auf den frühen Scheiben wirklich klasse! Seit ein paar Jahren jedoch führt er sich auf wie ein Gorilla, ein Riesen-Macho!

RR: Das hörst du auch in seinem Gitarrenspiel. Zu tief heruntergestimmt, zu bulldozer-mässig. Obwohl, sein Vibrato ist super.

MF: New Wave Of British Heavy Metal oder US Power Metal?

RI: Uhh... das ist eine schwierige Frage!

RR: Ich würde US Power Metal sagen.

RI: Viele Leute hören nur die NWoBHM in unserem Sound und das stimmt sicherlich auch. Maiden, Priest, obwohl nicht wirklich New Wave Of British Heavy Metal, haben sicherlich ihren Teil beigetragen...

RR: Und Saxon vielleicht noch.

RI: Stimmt, Saxon und Angel Witch mögen wir auch sehr. Letztlich glaube ich aber, dass wir fast noch stärker von amerikanischen Bands beeinflusst sind. Mehr Lizzy Borden, Crimson Glory etc. Es ist aber eine schwierige Frage.

MF: Robby, warum hast du dich so klar zum US Power Metal bekannt?

RR: Wenn du die Jungs von Enforcer fragen würdest, dann würden die dir 100% die «NWoBHM» als Antwort geben und dir was von Angel Witch etc. Vorschwärmen. Ich persönlich hörte ausser Iron Maiden und Saxon aber keine dieser Bands.

RI: Das geht mir genauso. Ich möchte aber auf beides nicht verzichten. Das ist das Gute daran, jetzt Musik zu machen: Du kannst dir von allem das nehmen, was dir gefällt. Inspirieren lassen wir uns von beiden Seiten.

MF: Ihr zusammen mit anderen Bands wie den schon erwähnten Enforcer huldigt dem Sound der 80er. Dieselbe Retro-Welle gibt es im Thrash Metal und auch im 70's-Rock. Gleichzeitig sind die alten Helden ja aber immer noch hier, veröffentlichen Alben und geben Konzerte. Was haltet ihr von ihrem aktuellen Schaffen? Z.B. Von Iron Maidens neuer Scheibe «The Final Frontier»?

RI: Das ist auch so eine Frage, worüber wir uns streiten. Ich persönlich habe aufgehört damit, neue Alben von alten Bands zu kaufen. Die Bands, die ich vergöttere, sind die Bands aus den 80ern und die neuen Sachen sind für mich eher Enttäuschungen. Ich habe dann immer das Gefühl, sie lieben gar nicht mehr, was sie machen. Vielleicht sollte Metal bei jungen Leuten gespielt werden, die nichts zu verlieren haben und einfach auf die Bühne steigen, ohne Hintergedanken. Das ist Metal für mich: Leidenschaft, ohne Sicherheitsnetz. Versteh mich nicht falsch, live gehe ich sie mir immer noch anschauen. Ich würde nie sagen, Maiden oder Priest sollten aufhören. Ich halte nur die neuen Alben für nicht so gut wie die alten.

RR: Ich glaube, es macht gar keinen Sinn, diese Bands an ihren alten Taten zu messen. Maiden und Priest sind alte Männer und es ist klar, dass sie nicht mehr die genau gleiche Musik machen wie vor 20, 30 Jahren. Ich glaube auch nicht, dass wir in 20 oder sogar 10 Jahren gleich klingen werden wie heute. Somit ist es falsch, «The Final Frontier» mit «The Number Of The Beast» zu vergleichen. Ich meine, es klingt immer noch nach Iron Maiden, doch verändert. Ich mag die neue Scheibe und schätze sie für das, was sie ist.

MF: Warum sollten Leute denn Steelwing hören, wenn all jene Legenden noch unterwegs sind?

RI: Ich glaube die beste Antwort darauf ist folgende: Du hast dir alle Maiden-, alle Priest-Songs angehört und natürlich machen sie immer noch Spass. Aber du kannst doch auch nicht dein ganzes Leben lang einfach auf Repeat drücken. Ich höre mir neue Bands wie Enforcer, White Wizzard, Wolf oder Bullet an, da ich neue Songs in diesem Stil hören will. Für mich klingen diese neuen Bands besser als die alten Bands heute, da sie etwas zu beweisen haben, da sie kämpfen müssen und nichts zu verlieren haben.

RR: Wir haben diese Band ja auch nicht nur wegen diesem Retro-Ding gegründet. Natürlich orientieren wir uns an den 80ern, doch wollen wir auch unsere eigenen Zutaten mit einbringen. Wir wollen das gute Alte in einem neuen Gewand machen.

RI: Es sind neue Ohren und Augen auf das Alte. Das hört man und deswegen kann eine Band heute auch nicht genau gleich klingen wie in den 80ern. Also, sie kann es schon, doch ist das nicht wirklich der Sinn der Sache. Dann könntest du gerade so gut eine Cover-Band machen. Es geht darum das, was du liebst, auf deine Art zu machen.

MF: Nach dem Diskutieren über andere Bands wieder zurück zu Steelwing: Was sind eure Pläne für die nähere Zukunft?

RR: Hauptsächlich Touren. Nach dieser Tournee sind wir zusammen mit Sabaton auf Tour, das wird bis Weihnachten dauern. Danach werden wir mit dem Schreiben und Aufnehmen der neuen Scheibe beginnen, sodass du mit unserem Zweitling gegen Ende Frühling, Anfang Sommer rechnen kannst. Wann genau wissen wir aber noch nicht.

MF: Und so kommen wir zur letzten Frage. Wo werdet ihr und/oder Steelwing in 10 Jahren stehen?

RR: Hoffentlich Heavy Metal spielend auf den Bühnen dieser Welt.

RI: Das hoffe ich auch, würde aber nicht die Hand dafür ins Feuer legen. Du weisst nie, ob du nicht gerade nur auf einer Welle schwimmst, die in ein, zwei Jahren wieder abebbt. Du musst hoffen, dass sich die Fans für dich interessieren, sonst kannst du es vergessen.

RR: Jetzt beginnt erst die spannende Phase für uns als Band. Wir haben erst eine Scheibe veröffentlicht, waren ein bisschen auf Tour. Mit dem neuen Album werden wir beweisen müssen, dass wir keine Eintagsfliegen sind. Dass wird umso wichtiger, da auch dieses Metal-Revival wohl oder übel einmal enden wird. Das siehst du ja beim Thrash-Revival: Vor zwei, drei Jahren war die Euphorie da auch noch grösser als sie es heute ist. Dasselbe gilt für Sleaze oder Glam. Von den neuen Bands, die vor ein paar Jahren erfolgreich waren, hörst du heute kaum noch was...

MF: Ausser von Steel Panther!

RR: Die Jungs machen wirklich Spass! Hast du sie am Sweden Rock gesehen? Ich lachte mir den Arsch ab...

RI: Ich mag die nicht so. Ich finde es irgendwie billig, Metal als Comedy-Instrument zu benutzen. Das wirkt für mich etwas angsthasen-mässig. Indem du es als Comedy ausgibst, musst du nicht wirklich dahinter stehen. Das ist bei uns nicht so! Wir machen diese Musik mit all den Posen und dem Outfit, weil wir Metal wirklich mögen.

RR: Natürlich musst du daran glauben und das Ganze ernst nehmen, aber Metal sollte auch Spass sein. Wir sind ja auch keinen Trend gefolgt, sondern machen diese Art von Metal, weil wir den Sound und die Bands lieben.

RI: Bei uns ist der Stil kein Gimmick.

RR: Deswegen werden wir uns auch nicht ändern, wenn dieser Trend vorbei ist. Wir machen Metal aus Überzeugung und falls unser Stil ändern sollte, dann nicht, um besser Verkaufszahlen zu kriegen, sondern weil wir uns als Musiker verändern.

RI: Genau! Wir haben diese Band ja nicht gegründet, um berühmt zu werden und Geld zu verdienen. Natürlich hoffen wir darauf, erfolgreich zu sein, doch wenn es dir nur darum geht, dann bist du definitiv im falschen Genre. Auf der Bühne Arschtreten, das ist Metal und genau das wollen wir tun.

MF: Ich denke, dass ist ein perfektes Schlusswort. Robby, Riley, ich danke euch für das fachmännische Interview.