Interview: The Ocean
By Natalia N.
Die deutsch-schweizerische Gruppe The Ocean ist zusammen mit den Schweden Cult Of Luna die europäische Reaktion der amerikanischen, stärksten Sludge und Post Metal-Schule. Allerdings ist diese Gruppe nicht nur durch diese Tatsache interessant und bekannt, sondern auch durch die Musik, die The Ocean machen; sie erinnert an etwas Kompliziertes, Experimentelles, das in einem wissenschaftlichen Labor erstellt wurde. The Ocean nehmen sich vor allem die Freiheit in der Wahl der musikalischen Werkzeuge, um den komplexen Konzepten und Themen so nah wie möglich zu kommen, welche die Grundlage für die Arbeit dieser Gruppe bilden. Was beeinflusst die Wahl ihrer Konzepte, inspiriert die Musiker zu einer nicht standardmässigen Musik? Wie soll die Zukunft von The Ocean aussehen? Darüber sprachen wir mit dem Gitarristen Robin Staps.

MF: Warum heisst die Band The Ocean? Es ist ein Liedtitel von Led Zeppelin, oder gibt es einen anderen Grund?

Robin: Led Zeppelin haben nichts damit zu tun. Wir hatten verschiedene vorgeschlagene Namen, die musikalisch zu dem passten, was wir alles machen wollen, was uns vorschwebte. Von ruhigen Ambiente-Musikpassagen hin zu ziemlich lauten brachialen Gitarren-Parts... und ich denke, dass der Name The Ocean einfach perfekt ist. Der Ozean kann ein Sinnbild für die treffliche Zone sein, in welcher das Territorium am Strand untergeht und optimale Bedingungen für ohrwurmartige Stürme mit grossen Wellen und Haien und noch viel mehr bietet, alles in einem breiten Spektrum mit ruhigen und schnellen Passagen sowie Akustik-Parts

MF: Ich habe gelesen, dass, als die Band gegründet wurde, ihr in einer Punkgemeinschaft gelebt habt und man unter grosser Not arbeiten musste. Wie siehts heute aus?

Robin: Ja, deutlich besser. Die Band wurde in Berlin gegründet. Als sie dieses Kollektiv organisierte, kamen viele Leute zusammen, und sie alle hatten ihre eigenen Programme. Und diese Programme werden ständig in einem Kellerkomplex im Studio Kreuzberg neu organisiert. Ich hätte es nicht als Not bezeichnet. Damals herrschte im Keller der Arbeitgeist vor. Am schwierigsten war es, das Programm zu organisieren, wenn jemand auf die Bühne geht und wer die ganzen Kontakte knüpft und wer was sonst zu tun hat. Alles war spontan. Es ist schwierig, genau zu wissen, was die Leute wollen. Die einen wollen eine Karriere beginnen, während andere sie zu stoppen gedenken, weil sie eine Familie wollen. Es hängt alles von ihren Prioritäten ab.

MF: Arbeitet die Band jetzt in der Schweiz?

Robin: In der Schweiz und in Deutschland. Ich wohne in Berlin und die anderen Jungs wohnen in La Chaux-De-Fonds. Die Proben werden in beiden Städten organisiert.

MF: Gefällt dir die Schweiz?

Robin: Ja, mehr oder weniger... Also mag ich die Schweiz? Ja, schönes Land! Die Ökonomie ist gut geführt. Nette Leute, tolles Essen. Ich bin ein grosser Fan vom Schweizer Essen. Aber in der Schweiz ist alles einfach teuer. In Berlin kann die Pizza für ein paar Euro gekauft werden, und hier kostet sie 50 Franken! Einfach extrem. Aber ich mag die Schweiz. Ein schönes Land.

MF: Die Konzepte, welche die Grundlage eurer Alben bilden, sind ziemlich kompliziert, weil sie auf seriösen, wissenschaftlichen Hypothesen und der Philosophie basieren. Woher nimmst du dein Wissen? Wo hast du das gelernt?

Robin: Als ich 17 Jahre alt war, habe ich in den U.S.A. bei einer zionistisch-baptistischen Gastfamilie gewohnt und hatte täglich Diskussionen mit dem Gastvater und der Gastschwester, vor allem über religiöse Fragen der Existenz von alten Reptilien und Dinosauriern, die ihrer Meinung nach nie existiert haben. Vor allem war das für mich ein alter Lügenmythos und sehr abstrakt. Später habe ich mich wahrend meiner Studienzeit mit religiösen und atheistischen Philosophien auseinander gesetzt. Es war stets spannend. Das hat mich schon immer interessiert.

MF: Erzählt uns über euer Debüt-EP «Fogdiver». Die EP würde eindeutig durch Tarkovskys Film 'Stalker' inspiriert. Es gibt viele Zitate von dort. Wie bist du auf die Idee gekommen, den sowjetischen Film als Konzept-Album zu verwenden?

Robin: Das ist nicht das Konzept des Albums. Wir haben nur Samples aus dem Film benutzt. Zum Teil gibt es in diesem Album kein Konzept. Ich sah diesen grossen Film von Tarkovsky und ich war fasziniert. Extreme Trick-Einflüsse. So etwa wie drei verschiedene Leute, die mit einem Gefährt in die Zone reisen und in das Zentrum der Zone kommen, wo alle Wünsche wahr werden. Und sie sind ständig am Diskutieren, tief drinnen wissen sie gar nicht, was sie sich wünschen sollen. Dieser Film ist ein grosses Kunstwerk. Das haben wir als epische Darstellungen und Passagen wahr genommen, begleiten die Szenen des Films, wenn ein Mann aus dem Bett steigt, und wenn dann Livevisuals benutzt werden, wie er langsam zur Tür geht. Wir haben versucht, es in der Zusammensetzung des nächsten Albums «FluXion» im Song «The Human Stain» oder auf Deutsch «Der menschliche Makel» auszudrücken, um den Titel zu wiederholen. Der Film in seinen Extremen und in seiner Gesamtheit hat mich extrem fasziniert. Wir arbeiteten nicht nur als Musiker, sondern auch als Künstler. Ein grossartiger Film!

MF: Ihr seid sehr viel auf Tour in Europa. Habt ihr genug Zeit für die Inspiration, um an neuem Material zu arbeiten?

Robin: Ja, aber wenn ich auf Tour bin, habe ich eigentlich nie Songs geschrieben. Ich habe keine Zeit dafür. Während der Tour sitzen wir im Tourbus, gehen lange vorher an den Spielort, machen einen gründlichen Soundcheck, keep in touch with home (wie stehen die Dinge zu Hause?), dann machen wir die Show und schlafen viel. Ich glaube nicht, dass es geht, Songs zu schreiben, während ich auf Tour bin. Es gibt keine Zeit dafür. Ich tue es, wenn ich zu Hause oder auf anderen Reisen bin. Doch wir haben schon neues Material geschrieben. Soviel zum neuen Album, welches im April oder Mai 2013 heraus kommen wird. Wir haben schon die Schlagzeug- und Gitarrenparts aufgenommen.

MF: Und was für ein Konzept bildet die Basis für das neue Album?

Robin: Dies soll nicht verraten werden. Ich möchte es immer noch nicht öffentlich machen.

MF: Ist das Konzept so schwierig und philosophisch wie bei den vorherigen Alben «Anthropocentric», «Heliocentric» und «Precambrian»?

Robin: Nicht unbedingt. Das ist eine ganz andere Sache. Es gibt kein kopflastiges Konzept wie in «Anthropocentric» oder «Heliocentric». Das neue Album wird in eine ganz andere Richtung gehen.

MF: Warum ist die Band oft solo in kleinen Clubs aufgetreten und hat nicht die Bühne mit berühmten Bands geteilt?

Robin: Haben wir doch! Wir sind mit Opeth getourt. Wir sind im letzten Jahr mit Between The Buried And Me und Job For A Cowboy aufgetreten. The Devin Townsend Project unterstützte die North American Tour, und auch Cult of Luna. Wir haben viele Supports gespielt. Wir machen eine Nischen-Musik. Unsere Musik ist nicht in den Radio-Tops. Wir sind kaum mit einer Limousine mit Metallica auf Tour (lacht). Das wird nicht passieren.

MF: Nenn bitte deine drei Lieblings-Rock (Metal)-Bands.

Robin: King Crimson! Das ist die Nummer eins! No Roses, Reach, Refused.

MF: Wer ist dein Lieblingskomponist in der klassischen Musik?

Robin: Es ist so schwierig, einen zu nennen..., Milan Dvorák.