Interview: Voivod
By: Marco G.
Jason NewstedIn letzter Zeit überraschen mich immer mehr tot geglaubte Bands mit neuen Alben und Reunions. Dazu gehörte auch die Nachricht, dass Voivod eine neue CD produzieren werden. Sie sind jedoch nicht "einfach" so zurück, sondern beglücken uns mit der Tatsache, mit drei Vierteln aus der alten Besetzung der Band wieder an den Start zu gehen. Fehlt also noch einer und das ist kein Geringerer als Ex-Metallica Bassist Jason Newsted, der diesen Platz bekleidet. So besteht das jetzige Line-Up nun aus Piggy (Denis D'Amour / g), Snake (Denis Belanger / v), Away (Michel Langevin / d) und Jasonic (Jason Newsted / b). Als ich nun unvermittelt das Angebot bekam, mit Jason Newsted ein Interview machen zu können, zögerte ich natürlich nicht lange. Der Termin, der nach "Anlaufschwierigkeiten" (das Ganze wurde ein paar Mal verschoben) und schwindender Hoffnung, ob es überhaupt klappen wird, doch endlich hinhaute, fand schliesslich am Freitag, den 21.03.03 statt. Ich wartete also voller Spannung vor meinem Telefon und... plötzlich klingelte es und am anderen Ende der Leitung war tatsächlich Jason dran, der in San Francisco sass und mir meine Fragen zur neuen Scheibe und der Band beantwortete.

MF: Lass uns mit einer einfachen Frage beginnen. Was tun Voivod zur Zeit gerade?

Jason: Wir bereiten uns auf die Tour vor. Die anderen drei sind im Moment in Montreal und ich war in den letzten Wochen mit anderer Arbeit beschäftigt. Nächsten Mittwoch werden wir hier in San Francisco zusammen kommen und uns den ganzen nächsten Monat auf die Tour vorbereiten. Dann werden wir zuerst mit Sepultura durch die Staaten touren, danach eröffnen wir für Ozzy Osbourne in Kanada. Wir haben einen schönen, aber stressigen Sommer vor uns!

MF: Seid ihr zufrieden mit eurer neuen CD?

Jason: Ja, wir alle sind sehr stolz auf unsere neue Scheibe. Ich mag sie sehr!

MF: Wie waren die Aufnahmen zur neuen CD? Erzähl mir etwas über die Record-Sessions.

Jason: Sehr ernüchternd und real! Wir standen alle in einem Raum, die Verstärker in einem Kreis aufgestellt und dröhnten uns gegenseitig die volle Ladung ins Gesicht! Wie in den alten Voivod Tagen, es war wirklich so. Wir hielten die ganze Produktion so simpel und direkt wie möglich und probierten nie, das Ganze auf zu bauschen oder es zu phantastisch klingen zu lassen. Wir wollten sicher sein, dass es richtiger Metal ist! Solche Musik spielten wir schon lange, bevor wir dieses Album aufnahmen, dies hört man auch.

MF: Würdet ihr etwas anders machen, wenn ihr die Möglichkeit hättet, nochmals zurück zu gehen?

Jason: Nicht wirklich. Wir haben gute Momente, eine gute Leistung auf der Scheibe festgehalten und nicht sehr lange für die CD gebraucht. Die Band wurde geformt, man schrieb die Stücke, übte sie und nahm sie schliesslich auf. Das Mixing und Mastering haben wir dann in ungefähr fünfzehn Tagen abgeschlossen gehabt. Ich arbeite nicht gerne Monate oder Jahre an einem Album, wie es andere Leute tun. Wir haben auf der Scheibe etwas eingefangen, das für diesen Moment sehr speziell war. Wir hatten auch noch andere Songs, die jedoch nicht verwendet wurden. Auf dem nächsten Album werden wir mit Sicherheit ein paar Sachen ändern, man lernt ja schliesslich nie aus. Ich habe aber ein sehr gutes Gefühl bezüglich des Songmaterials, der Leistung von Snake und all die anderen Sachen. Ich würde es bei dem belassen, da es eine sehr produktive Zeit war, die wir miteinander verbrachten. Ich weiss nicht, wie sich das Album anhören würde, wenn wir mit anderen Leuten zusammengearbeitet oder etwas anderes versucht hätten. Ich denke, so wie es nun herausgekommen ist, haben wir sehr gute Arbeit geleistet, um die überzeugenden Elemente von Voivod aufzeigen und erhalten zu können.

MF: Die neue Scheibe hört sich viel grooviger und rockiger an, als die älteren Sachen. Was habt ihr anders gemacht auf dem neuen Album? Was ist der Unterschied zwischen einst und der jetzigen Aufnahme?

Jason: Sie haben einen neuen Bassisten! (lacht)..., nein, ich denke, es ist die Chemie zwischen den Bandmitgliedern. Ich meine, Snake kam zurück und ich stiess zur Band und half auch beim Songwriting mit, einfach all diese verschiedenen Einflüsse. Das hat den Sound der neuen Scheibe sicher geprägt.

MF: Ich finde, das neue Album ist eingängiger und einfacher als die Vorherigen. War dies beabsichtigt?

Jason: Ja..., es ist, wie du sagst, viel direkter und mehr auf den Punkt gebracht, und das war das, was wir wollten. Kein Durcheinander mehr und weniger psychedelische Sachen. Ich denke, dadurch besitzen die Stücke auch ein grosses Live-Potenzial.

MF: Wer hat die Stücke für die CD geschrieben? Hat sich die ganze Band am Songwriting beteiligt?

Jason: Ja! Jeder hat seinen Teil zur CD beigetragen. Weisst du, die anderen leben in Montreal und ich in San Francisco. Als sie zu mir kamen, um gemeinsam zu proben, hatten wir nur eine bestimmte Zeit zur Verfügung. Wir erarbeiteten alles zusammen als Team, alle im selben Raum. Aber ich würde sagen, es gibt keinen Zweifel, dass Piggy der Haupt-Songwriter von Voivod ist. Er hat die Ideen, kreiert die Musik und hat den speziellen Gitarrenstil, der den Sound von Voivod ausmacht.

MF: Auf der neuen Scheibe werden wieder sehr viele verschiedene Musikeinflüsse kombiniert, was in einem sehr eigenen Stil resultiert. Wie ist es dazu gekommen?

Jason: Wir waren alle im selben Musikzeitalter und hörten die gleichen Alben. Wir wuchsen mit den selben Bands auf. Aber wir hatten alle eine Menge verschiedener Einflüsse und waren sehr offen gegenüber "anderen" Musikstilen. Ein paar von uns sind zum Beispiel sehr von Pink Floyd oder King Crimson inspiriert, also solchen Sachen, die anders als Metalbands klangen. Und dann hörten wir auch neuere Metalbands, wie Tool oder Mudvaine. Bei den eben genannten Bands hört man zum Beispiel auch gut, wie die Rhythmus Elemente von uns beeinflusst wurden. Man erkennt daran, dass Einflüsse immer zu ihrem Ursprung zurück kehren. Voivod erinnern an Tool und Tool wiederum an Voivod und so weiter... Sie können uns von der Vergangenheit, aber auch der Gegenwart erzählen.

MF: Das Cover der neuen CD ist in einem sehr simplen Stil gehalten und widerspiegelt den Inhalt des Albums. Kam die Idee dazu von der Band oder hatte den Job jemand anders übernommen?

Jason: Ähm..., Away war immer der Zeichner der Voivod-Cover. Von Beginn an machte er alle Zeichnungen für die Alben. Das neue Cover war ein Konzept, das er und ich zusammen entwarfen. Er zeichnete im Studio ein paar verschiedene Dinge und ich zerlegte sie und fügte sie in anderen Varianten wieder zusammen. So entstand das Logo, das man nun auf dem Album sehen kann.

MF: Sind die Lyrics auf dem neuen Album im selben Stile wie auf den alten Voivod Scheiben gehalten oder hat Snake etwas verändert?

Jason: Ein paar Teile sind im alten Stil gehalten, aber es sind auch neue Elemente darauf. Ein Haufen der alten Alben waren Science-Fiction, Fantasie, Vorstellung und so. Ein Teil ist noch so gehalten, aber es sind auch sehr viele aktuelle Dinge vorhanden, die er mit seinen eigenen Augen gesehen hat. Schau dir zum Beispiel den Song "Blame us" an. Er handelt genau von dem, was in dieser Minute mit dem Krieg passiert, also dass unsere Staatsoberhäupter ihr Ziel verfehlt haben und ihre Macht nur Dominanz und Zerstörung bringt. Snake redet exakt über das, was zur Zeit geschieht, er schrieb den Text vor ungefähr sechs Monaten und nun passiert das, worüber er geschrieben hat! Ein Teil der Lyrics handelt auch über das Hier und Jetzt als Band zurück zu sein. Dies widerspiegelt der Song "We carry on", zu dem wir auch ein Video abgedreht haben und unsere erste Single daraus entstanden ist. Er sagt auch aus, dass wir bereit sind für neue Abenteuer. Wir sind wieder zusammen zurück and we're kicking ass! Mit diesem Album werden wir weiterbestehen und weiter und weiter gehen. Viele Lyrics handeln auch von Dingen, die aufzeigen, dass sie real sind, so auch "Reactor". Dieses Stück handelt über die Gefahr eines nuklearen Krieges. Dieser Song ist vor allem für Michel (Away) wichtig, da er viel darüber nachdenkt. Es ist nicht nur ein Hirngespinst. Unzählige Metalbands haben schon über dieses Thema der nuklearen Bedrohung geschrieben, aber für uns ist es wirklich wichtig. Wir sind keine politische Band, aber benutzen die Musik, um uns aus zu drücken.

MF: Erzähl mir etwas über das Video zu "We carry on". Was muss ich mir unter einem Voivod Videoclip vorstellen?

Jason: Es ist wie die anderen Dinge, über die wir bis jetzt gesprochen haben, das Cover oder die Musik des Albums. Es ist sehr direkt, wir sind alle schwarz angezogen und schreien dir direkt ins Gesicht. Snake's ganzer Mund beansprucht den Bildschirm und er schreit: "We carry on!" So ist das.

MF: Habt ihr "We carry on" gewählt, damit ihr sagen könnt: "Schaut, wir sind immer noch hier und sind zurück"?

Jason: Ja, das ist es. "We carry on" repräsentiert unser Album und es ist das erste, was die Leute von Voivod hören werden und es sagt: "wir sind hier!"

MF: Kannst du mir kurz etwas davon erzählen wie du und Voivod Freunde wurdet und wie es schlussendlich zu deinem Beitritt zur Band kam?

Jason: Wir waren 1984 beim selben Label, bei Metalblade Records. Wir kannten uns von da her. Im Jahre 1989 spielten wir zum ersten Mal zusammen Musik. 1995 und 1996 hatten Piggy, Away und ich ein paar Projekte am Laufen. Zu dieser Zeit redeten wir bereits darüber, das jetzige Album zu machen. Wir planten dann zusammen vier Jahre lang und wir wollten auch damals schon Snake für dieses Album zurück in die Band holen. Zuerst wollten wir nur dieses Album aufnehmen, aber daraus wurde dann mehr. Als wir zum ersten Mal zusammen in einem Raum spielten, wussten wir, dass wir dieses Album aufnehmen und weiter machen würden.

MF: Was kannst du mir über das jetzige Voivod Line-Up erzählen? Was ist das für ein Gefühl, ein Teil von Voivod zu sein?

Jason: Es ist zur Zeit ein bisschen surreal. Wir spielten ein paar der alten Stücke und es war sehr komisch für mich, da ich diese Stücke für so viele Jahre nur gehört hatte und nun spielte ich diese Bassläufe plötzlich selber. Ich musste auch viel lernen, da eine Vielzahl der Stücke komplex sind. Es war eine Herausforderung für mich auf dem Bass. Wir begannen mit starker Verzerrung und anderen Effekten zu spielen und es machte mir einen Riesenspass. Aus menschlicher Sicht läuft alles fantastisch. Wir haben alle eine gemeinsame Vision, wir wissen wohin wir kommen wollen. Das hingegen ist sehr real, wir proben jeden Tag und arbeiten hart, um es besser zu machen. Es ist etwas, was mir sehr wichtig ist, da ich sehr an uns glaube.

MF: Was denkst du darüber, dass einige Leute sagen, Voivod sei "deine" neue Band?

Jason: Oh, das ist alles Bullshit! Voivod waren zuerst meine Helden und jetzt sind sie meine Bandkollegen, es ist schon verrückt. Ich bin der neue Mann in der Band und sie mussten sich zuerst auch hoch arbeiten. Ich kam in die Band um sie wieder zu beleben und zu helfen, da ich grossen Respekt vor meinen Bandkollegen habe. Es ist nicht "meine" Band, es ist ihre Band!

MF: Wie kamt ihr eigentlich zu euren Spitznamen? Sind dies nur eure Künstlernamen oder nennt ihr euch tatsächlich so?

Jason: Wir sprechen uns wirklich so an. So nennen uns auch sonst alle Leute hier. Es passierte einfach, wir wurden durch Voivod zu diesen Leuten. Mein Name entstand vor langer Zeit aus dem meiner Musik Publishing Firma, die Jasonic Music heisst. Die anderen kannten mich schon lange als Jasonic und Michel (Away) sagte immer, dass dieser Name sehr "voivodisch" klingt. Ich mag ihn deshalb sehr!

MF: Ich habe gehört, dass du bei auch bei Ozzy Osbourne Bass spielen wirst? Stimmt das wirklich oder sind dies nur Gerüchte?

Jason: Es ist wahr! Ich bin nun eigentlich seit gut zwei Wochen dabei. Ozzy telefonierte mir und sagte, ich soll zu ihm kommen und wir übten zusammen fünfzehn Stücke ab alten Black Sabbath, alten Ozzy und neuen Ozzy-Platten. Er fragte mich, ob ich nun wirklich will. Ich habe grossen Respekt vor ihm und sagte: "Na klar, Mann! Für was immer du mich auch brauchst, sei es für Auftritte oder Aufnahmen, ich werde für dich da sein!" Ich werde nun in beiden Bands spielen und Ozzy hat Voivod auch schon angefragt, ob wir ihn auf verschiedenen Touren begleiten können. Wir werden für ihn in Kanada eröffnen und wenn möglich auch in Europa. Ich werde sehr viel zu tun haben, aber Voivod ist meine Hauptband und Ozzy ist etwas, das komplett aus heiterem Himmel kam. Aber es ist ein grosse Gelegenheit für mein ganzes Leben und auch für Voivod. Dies wird uns Aufmerksamkeit bescheren, von der wir bis anhin nicht mal zu träumen gewagt hätten! Ich werde harte Arbeit vor mir haben und viele Konzerte spielen. Es werden etwa so zwei Konzerte pro Tag sein auf der Tour. Ich werde diesen Sommer etwa hundert Auftritte absolvieren!

MF: Wie sieht's aus mit Konzerten in Europa?

Jason: Ich weiss nicht. Ozzy wird sicher rüber kommen, er hat mich auch gefragt, ob ich mitkomme. Das wird wohl im September sein, aber ich weiss nicht, ob es Voivod und Ozzy, oder nur Ozzy oder nur Voivod sein werden. Ich kann nichts Genaues sagen. Wir werden hingehen wo wir können, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt.

MF: Willst du noch etwas an deine Schweizer Fans richten?

Jason: Ich bin sehr aufgeregt, endlich wieder zurück zu den Fans gehen zu können. Ich und der Rest der Band ist sehr glücklich darüber, nochmals eine Chance bekommen zu haben. Somit beweisen und zeigen wir, lebendig Voivod sind!

MF: Meine letzte Frage ist meine Standardfrage, die ich bis jetzt jeden meiner Interviewpartner gefragt habe. Wie kamst du zur Metalmusik?

Jason: Es war die ganze Zeit in mir drin! Ich habe zwei ältere Brüder, einer ist fünf Jahre und der andere acht Jahre älter. Ich hörte dadurch etwa mit neun Jahren Jimi Hendrix und andere Sachen dieser Art. Dies war die erste Musik mit verzerrten Gitarren, die ich hörte und ich hin und weg war! So begann ich bereits in einem sehr frühen Alter verzerrte Musik wie Black Sabbath, Kiss, Motörhead und Rush zu hören. Die Musik war immer da für mich, so lange ich mich erinnern kann!

MF: Danke dir vielmals für das Interview! Alles Gute und hoffentlich sehen wir euch bald auf den Schweizer Bühnen!

Jason: Danke dir und take care! Bye!