Geformt durch Jimmy
Page und Jimi Hendrix.
Spricht man von Gitarren-Helden, fallen immer wieder
die Namen Ritchie Blackmore, Eddie Van Halen, Yngwie
Malmsteen, Ace Frehley, Joe Satriani oder Paul Gilbert.
Selten bis nie hört man den Namen Paul Quinn. Der
Gitarrist von Saxon, der seit 1979 die musikalischen
Geschicke von Saxon lenkt (vorher nennte sich die Truppe
Son Of A Bitch, was dem Label aber doch zu provokant
war) und mit seinen unglaublichen Riffs zu «747
(Strangers In The Night)», «Princess Of The Night»,
«Wheels Of Steel» oder «Motorcycle Man» den Metal
nachhaltig veränderte, hat Riffs für die Ewigkeit
geschrieben. Paul, der eher schüchterne und
introvertierte Gitarrist neben der Bühne, geht erst aus
sich heraus, wenn er die Stage betritt. Es wurde somit längst Zeit,
dass sich Paul nun zu Wort meldet und erzählen kann.
MF: Paul, welches ist für dich der beste Song, den du
jemals geschrieben hast?
Paul: Wow, was
für eine Frage (grinst). Ich habe über 180 Lieder
geschrieben (lacht). Hui (überlegt lange)… Oh mein Gott!
Ich denke, dass der Populärste wohl «Princess Of The
Night» ist. Ein Lied, das wir jeden Abend spielen. Die
Wichtigsten für mich sind aber «The Eagle Has Landed»
und «747 (Strangers In The Night)». Die erschienen etwas
später und wenn wir sonst nicht wissen, was wir spielen
sollen, dann kommen die in das Set (lacht). Okay, dann
haben wir noch Songs, die von einer speziellen Story
begleitet werden (grinst), wie «Strong Arm Of The Law».
Da wurden wir von der Polizei aufgehalten. Ich hatte
eine Zigarette im Mund, die wie ein Joint aussah. Das
war in London. Es gibt aber auch wahre Begebenheiten,
wie in «747 (Strangers In The Night)» oder «Dallas
1pm». Es ist wichtig für mich Texte zu schreiben, um
nicht die Geschichte auszublenden, sondern von ihr zu
lernen. Das bedeutet aber nicht, dass es für mich
einfacher fällt, heute neue Songs zu komponieren. Die
meisten Bands folgen einer klaren Linie, wenn sie
schreiben. Intro, Verse, Chorus, Verse, Chorus, Solo,
Chorus, Verse, Chorus. Das ist die normalste und
einfachste Art Material zu schreiben.
MF: Welches ist die wichtigste Zeit in
deinem Leben?
Paul (kurz und bündig):
JETZT!!! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie
schockiert oder stolz die Leute sind, dass es uns noch
immer gibt (lacht). Wie viele, die grösser waren als wir
und schneller erfolgreicher wurden, sind heute nicht
mehr am Leben? Oder sind zu müde oder zu besoffen auf
die Bühne zu gehen (lacht). Es war eine unglaubliche
Zeit damals, zu Beginn der achtziger Jahre. Wir konnten
uns aber immer wieder lebendig zurück melden. Das war
damals so mit «Solid Ball Of Rock» (1991), und das hat
sich bis heute nicht verändert. Wir gehen noch immer auf
die Bühne und versohlen euch gehörig den Arsch (lacht).
MF: Wenn du Gitarre spielst, was ist
wichtiger für dich? Technik oder Gefühl?
Paul: Gefühl! Klar musst du die richtigen Noten spielen.
Du kannst es den Nasen der Besucher ansehen, wenn sie
merken, was du für einen Müll spielst (lacht). Lass es
dir aber nicht anmerken und spiel einfach weiter (lautes
Lachen).
MF: Wieso hast du nie den gleichen
Respekt erhalten wie Ritchie Blackmore oder Eddie Van
Halen?
Paul: Weil wir nie einen dieser
Hits komponierten, den alle kannten. Weisst du, für
meine Solos habe ich immer die Anerkennung erhalten, die
mir zustand. In Auge des Zuhörers gibt es viele Dinge,
die eine wichtige Rolle spielen. Wie du aussiehst, wie
du spielst und wie dein Ego ist (grinst). Du meisten
haben eine Erwartungshaltung, wie du zu sein hast. Ob
dies nun in der schwarzen Musik ist, im Soul oder im
Blues. Hendrix hat mich viel gelernt, was ich heute
spiele (lacht). Es ist sehr lieb von dir, dass dir meine
Musik und mein Stil zu spielen so gefallen. Es gibt kein
Mass oder einen Prüfstein, was die Massen für gut befinden
oder was ihren Erwartungen entspricht. Es braucht auch
immer eine Prise Glanz und einen gewissen Reiz, und
beides hatte ich nicht zu bieten (lacht). Diesen Glamour
haben Doug (Scarratt, Gitarrist) und Nibs (Carter,
Bassist), die schauen verdammt gut aus (grinst).
MF: Wer hat dich beeinflusst?
Paul: Viele! Aber als ich die Beatles, Elvis oder Chuck
Berry sah, dachte ich: "Wow, das ist echt cool!" Eric
Clapton, Jeff Beck, Jimmy Page und Jimi Hendrix haben
mich dann völlig begeistert, wie sie gespielt haben. Die
haben mich auch zum schwarzen Blues gebracht. Bei ihnen
habe ich viel über die einfache Art des Spielens gelernt
und betreffend des Gefühls. Sie haben selten das Gleiche
gespielt. Das hat mir als kleiner Mann sehr imponiert,
und dies wollte ich auch können, nicht dass ich es
damals konnte (lacht). Steve Howe, Yes, Chicago und
Brian May von Queen haben mir die Augen geöffnet. Wie
auch Blackmore und Tony Iommi. Somit lernte ich von
den Besten (grinst).
MF: Hattest du jemals
Gitarrenunterricht?
Paul: Genau drei Mal
(lacht). In meinen Augen machte dies keinen Sinn, immer
das Gleiche zu spielen und dies Tage, Wochen und Monate
lang. Es waren keine Akkorde dabei, sondern nur einzelne
Töne. "Boring as hell!" (lacht). Ich lernte und schaute
dem Gitarristen von The Animals auf die Finger, wie er
«House Of The Rising Sun» spielte.
MF: So wurdest du zum Rockstar…
Paul: …es fühlte sich an, als ob ich einmal einer war
(lacht). Ich mag die Arbeitgeber, wenn ich auf die Bühne
komme. Versuche sie nie zu demütigen (lacht). Weisst du,
diese ganze "Sex, Drugs And Rock'n'Roll"-Kiste… Spielst
du einer Truppe wie Mötley Crüe, musst du dies umsetzen
und wirst zum Rockstar. Dann ist dies das Extra-Ding
(lacht). Bei Saxon waren es weniger die Drogen, aber
mehr vom Sex (lacht). Das ist zu wahr, um darüber zu
lachen (schelmisches Grinsen). Das war ein Grund, wieso
wir über all die Zeit immer so müde waren. Die Damen
waren immer sehr nett zu uns und ihre Partner auch
(lautes Lachen)… Hätten sie mal gewusst, wie nett ihre
Freundinnen zu uns waren (grinst)!
MF:
Somit waren die Achtziger ein gefährliches Pflaster für
euch?
Paul: Gefährlich? In Amerika war
es speziell und verrückt…
MF: …gab es
grosse Unterschiede zwischen England und den USA?
Paul: Nicht wirklich. Wir wurden von der
«New Wave Of British Heavy Metal» getragen und traten
1980 zusammen mit Rush auf. Es war vielleicht nicht
unbedingt die passende Kombination, aber es öffnete uns
die Türe für die Staaten. In all den Jahren hat sich bei
mir aber eins nicht verändert. Gehe respektvoll mit
deinen Mitmenschen und den Tieren um.
MF: Wie wichtig ist dir dabei die
Balance zwischen Privatleben und Musik?
Paul: Was ist Privatleben, das kenne ich nicht (lacht).
Es braucht Abstand, um seine Batterien zu laden und sich
wieder auf die Musik konzentrieren zu können. Trotzdem
spucken mir immer neue Ideen für neue Lieder im Kopf
herum. Weitere Riffs oder Arrangements. Manchmal spielt
der Alkohol auch seinen Unfug mit dir (lacht). Wir
werden nächstes Jahr den Adler wieder zurück auf die
Bühne bringen, um unser 40-Jähriges zu feiern. Dabei
könnte es sein, dass wir von den Fans unerwartete Lieder
spielen werden. Da ist zum Beispiel ein Track, «Shadows On The Wall»
(vom «Killing Ground»-Album), den wir nie live gespielt haben
und den ich gerne in den Set einbauen würde. Ausserdem
habe ich ein Blues-Side-Projekt. Wir suchen ein Label
und wenn alles klappt, könnt ihr bald eine andere Seite
von Paul Quinn hören (grinst). Harrison Young spielt
mit, der schon bei U.D.O. und Doro war.
MF: Danke dir für das Interview…
Paul: …nichts zu danken, es war mir ein Vergnügen,
endlich mal nicht immer diese Standardfragen zu
beantworten. Das hat echt Spass gemacht. Danke dir!
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