JUDAS PRIEST - Redeemer Of Souls im Härtetest!
Es gib jeden Monat dutzende von neuen CDs die
wir vorstellen. Wenn aber eine Kultband wie Judas Priest mit einem neuen
Album was von sich hören lässt, dann wollen wir es genauer wissen. Ganz
besonders wenn sie in den offiziellen Schweizer Album-Charts gleich auf
Platz 6 einsteigt. Hier
seht ihr nun die Meinung von drei verschiedenen Metal Factory-Redakteuren.
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Mirko:
Tiefes Donnergrollen als Intro ist ja
eigentlich nicht gerade originell, passt aber wunderbar als Einleitung
zum dritten Priest Album nach Rob Halfords Rückkehr. Der Umstand, dass
ich beim ersten Durchlauf bereits nach gestoppten siebenundzwanzig
Sekunden eine meterhohe Gänsehaut hatte, war für mich ein Hinweis
darauf, dass die britische Metal-Institution nach den beiden meines
Erachtens zu harsch kritisierten Vorgängern „Angel Of Retribution“ und
dem ambitionierten Konzeptalbum „Nostradamus“ wieder etwas ganz
besonderes abgeliefert haben, ohne sich dafür neu erfinden – oder
aktuellen Trends anbiedern zu müssen; und wenn der Metal God die neue
Scheibe mit „Welcome to my world of steel“ einleitet, dann ist das nicht
bloss ein klares Statement sondern eher schon ein Glaubensbekenntnis.
Das mit dieser Textzeile eröffnende „Dragonaut“ ist ein sehr starker
Midtempo-Killer versehen mit einem Riff, das sich sofort im Kopf
einfräst. Weiter im eher getragenen Tempo geht es mit dem etwas
kommerzieller gehaltenen Titelsong, der ganz klar an „Hell Patrol“
angelehnt ist, erst danach drücken die in Ehre ergrauten Herren mit
„Halls Of Valhalla“ endlich etwas aufs Gaspedal und liefern einen
epischen Hammersong ab, der auch auf dem „Painkiller“ Album einen guten
Eindruck hinterlassen hätte.
Aber Judas Priest wären nicht Judas Priest, wenn sie sich einfach selbst
kopieren würden, und so folgt nach diesem sehr gelungenen Einstands-Trio
die erste Überraschung in Form des rhythmisch unüblichen und folkig
angehauchten „Sword Of Damocles“, etwas gewöhnungsbedürftig aber auf
seine eigene Art ein erhabener Song, der mit zunehmender Spieldauer zu
einer waschechten Priest-Hymne wächst. Mit „March Of The Damned“ folgt
die nächste Überraschung, ein cooler Stampfer versehen mit einer
deutlichen Ozzy-Note in Robs Gesang. Danach wühlt das Quintett wieder in
der eigenen Trickkiste. „Down In Flames“ rockt schön gradlinig über die
Ziellinie, das darauf folgende „Hell & Back“ reduziert hingegen das
Tempo wieder merklich und gefällt als tonnenschwerer Stampfer mit sehr
geilen Leads. „Cold Blooded“ ist im direkten Vergleich dazu ein eher
melancholischer Song, der aber dank dem Doublebass-Geboller im
Mittelteil mehr Fahrt annimmt als man eingangs erwarten würde. Dann
endlich folgt die eigentliche Verneigung vor dem Meilenstein „Painkiller“:
„Metalizer“ ist die perfekte Priest Uptempo-Nummer, die wirklich keine
Wünsche offen lässt. Scott Travis trommelt sich ins Nirvana, Rob singt
absolut giftig, Richie und Glenn riffen und solieren, als ob der Teufel
hinter ihnen her wäre, Fan was willst du mehr? Sollten sich die Herren
doch noch dazu erwärmen lassen, auch künftig noch die eine oder andere
Tournee zu bestreiten, dann wäre dieser Track live ein absoluter
Nackenbrecher! An „Crossfire“ werden sich hingegen die Geister scheiden,
Judas Priest und ein Song, der deutlich am Bluesrock kratzt, geht das
überhaupt? Ich finde ja, sofern man dazu auch wirklich fähig ist, und
diesen
Leistungsnachweis haben Judas Priest schon lange erbracht.
Danach fällt
das Album in meinen Ohren etwas ab. „Secrets Of The Dead“ versucht mit
seinem orientalischen Flair irgendwie an fremden Meilensteinen der Marke
„Stargazer (Rainbow) oder „Kashmir“ (Led Zeppelin) anzuknüpfen, ohne
auch nur annähernd deren Klasse zu erreichen, „Battle Cry“ wäre an und
für sich ein gelungener Doublebass-Kracher, aber der sehr trockene,
schon fast sterile Sound nimmt der Nummer den Drive etwas raus. Ein
Bisschen mehr Rohheit, und „Battle Cry“ hätte neben „Dragonaut“, „Halls
Of Valhalla“ und „Metalizer“ zu den absoluten Höhepunkten des Albums
gehört. Und die abschliessende Ballade „Beginning Of The End“ ist zwar
gelungen, aber ich hätte mir an ihrer Stelle lieber etwas Handfestes
gewünscht. Aber da man ja ab einem gewissen Alter nie wissen kann, wie
und ob es mit einer Band weitergeht, könnte man diesen Titel auch als
akustisch umgesetzten Abschied von den Fans auffassen, somit ist
Gemecker hier fehl am Platz.
Fazit: Das siebzehnte Priest Album überzeugt als Ganzes absolut. Es kann
zwar nicht an die Glanztaten vergangener Tage anknüpfen, befindet sich
aber immer noch Lichtjahre entfernt von den uns allen bekannten
bandeigenen Rohrkrepierern, und ich meine damit nicht nur „Jugulator“
und „Demolition“. Alles in Allem ist es sehr beeindruckend zu hören, zu
welch grossartiger Leistung die alten Herren verstärkt durch den
deutlich jüngeren Richie Faulkner noch fähig sind, gleichermassen in
kompositorischer und handwerklicher Hinsicht, und glücklicherweise auch
auf den Gesang bezogen. Natürlich macht sich die altersbedingte Patina,
die mittlerweile auch Rob Halfords göttliches Organ überzieht, hier und
da hörbar, aber der Mann verfügt im Vergleich zu manchem Jungspund immer
noch über eine sehr kräftige Charakterstimme, welche ihresgleichen
sucht. Tolle Scheibe, Hut ab!
Mirko B.
Punkte: 9.2 von 10
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Rockslave: Eigentlich standen
die Zeichen mehr als nur auf Halbmast, als Gitarrist und Songwriter K.K.
Downing Ende 2010 nach satten vierzig Jahren Bandzugehörigkeit (!)
seinen unmissverständlichen Ausstieg verkündete. Obwohl das
schöngeredete Konzeptalbum «Nostradamus» (2008) kein Geniestreich war,
lieferten Judas Priest in der Folge unerwartet gute Konzerte ab und
entschädigten so ihre Fans auf die bestmögliche Art und Weise. Doch es
sollte unerwartet noch viel besser kommen und dafür steht ganz klar ein
Name: Richie Faulkner! Praktisch aus dem Nichts trat die quasi jüngere
Kopie von K.K. ins grelle Scheinwerferlicht und erspielte sich
vergleichsweise in Lichtgeschwindigkeit die Gunst der restlichen
Bandmembers und noch viel wichtiger..., die der Fans! Die Krönung dessen
war die live mitgeschnittene Show aus dem Apollo Hammersmith in London,
wo im Frühling 2012 die epochale «Epitaph»-Tour als letzte grosse
World-Tour ihren würdigen Abschluss fand. Auch wenn der gute Richie es
dabei manchmal mit seinen Gesten etwas übertrieb, überzeugte er mit
seinem exzellenten Spiel auf der ganzen Linie und ich behaupte jetzt mal
kühn, dass es «Redeemer Of Souls» ohne Richie, mindestens zum jetzigen
Zeitpunkt, nicht geben würde! Der Jungspund verpasste seinen grossen
Vorbildern den richtigen Kick und das hört man auf dem neuen Album an
jeder Ecke! So untrüglich nach sich selber haben Judas Priest schon sehr
lange mehr geklungen. Bereits der Opener «Dragonaut» haut mit seinem
Groove alles weg und man kann es kaum glauben, dass wir das Jahr 2014
schreiben und brandneuem Material der Oberpriester lauschen dürfen! Der
Titeltrack gerät danach auch ganz ordentlich, ehe dann «Halls Of
Valhalla» für den nächsten Höhepunkt besorgt ist. Man höre sich da mal,
nebst dem galoppierenden Rhythmus, Rob Halfords Vocals an, einfach nur
geil.
Die Songs sind grundsätzlich eher im Midtempo-Bereich angesiedelt, aber
Drummer Scott Travis bringt es dennoch mehrmals fertig, donnernde
Double-Bass Parts so unter zu bringen, dass die Chose manchmal glatt
etwas schneller daher kommt, als sie tatsächlich ist. Herrlich auch das
satt rockende «Down In Flames» und spätestens beim Beginn von «Hell &
Back» mit wunderbar bollerndem Bass von Ian Hill zeigt der Metal God,
dass seine Stimme zumindest im Studio immer noch top ist und die ganze
Band hörbar an den Songs gefeilt hat. «Cood Blooded» ist dafür ein gutes
Beispiel, hier stimmt einfach alles und mit «Metalizer» werden gar noch
die «Painkiller»-Zeiten in Erinnerung gerufen. Als perfekter Kontrast
dazu folgt anschliessend mit «Crossfire» ein eher ungewöhnlicher Song,
der jedoch gleichzeitg wieder zu 100 Prozent Priest verkörpert, genial!
Gänsehaut verursacht letztlich auch das brandheisse «Battle Cry» und
eine ganze Stunde Musik (!) könnte man nicht besser als mit der
Hammer-Ballade «Beginning Of The End» abschliessen. Freunde, ich bin
echt geplättet und schwinge gerade ein ziemlich breites Grinsen im
Gesicht. Für das reguläre Album mit insgesamt dreizehn Songs gibt es
bereits fast die Höchstwertung und wer nun denkt, dass das alles war,
stellt fest, dass ich ganz bewusst die "Deluxe Edition" anspreche sowie
wärmstens empfehle, denn da folgen nochmals fünf tolle Songs, die
keinesfalls B-Ware darstellen. Und damit wird die Bewertung
unausweichlich wie sonnenklar zugleich: «Redeemer Of Souls» ist die
Überraschungsscheibe des Jahres und auch wenn die früheren Glanztaten
nicht mehr erreicht werden können, setzen die Briten die Messlatte
abermals ziemlich hoch an, und ich weiss echt nicht, ob sich da ein
gewisser Herr Downing nun bis aufs Ende seiner Tage fortwährend in den
Arsch beissen wird. Die wenigen hierzu stattfindenden Konzerte der
kommenden Zeit sollte, nein darf man sich ausserdem keinesfalls entgehen
lassen, because the Priest is still alive!
Rockslave
Punkte: 10 von 10
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Tinu:
Die britische Metal-Legende Judas Priest
gehört zu den stilprägendsten Truppen im Metal-Sektor. Nicht nur die
über mehrere Oktaven gehende Stimme von Rob Halford, sondern auch das
Gitarrenevangelium Downing/Tipton setzten Massstäbe, an denen sich viel
Nachahmer versuchten und gnadenlos scheiterten. Was K.K. und Glenn aus
ihren Instrumenten zauberten und sich dabei gegenseitig um den Verstand
duellierten, sucht noch heute seinesgleichen. Gestartet als lupenreiner
Blues-Rock (schon fast Kraut-Rock), entwickelte sich die Combo von Album
zu Album zum Vorreiter des Heavy-Metals («New Wave Of British Heavy
Metal»). Das Quintett wandelte sich in den Folgejahren stetig. War
«Point Of Entry» ein eher rockigeres Werk, flossen «Screaming For
Vengeance» und «Defenders Of The Faith» direkt aus den englischen (Heavy-)Metal
Stahlwerken. «Turbo» ging bei den Fans schon fast als poppige Scheibe
durch und erreicht damit eine Mainstream geprägtes Publikum um mit «Painkiller»,
schon fast mit einer thrashigen Nuance, die Truppe wieder auf die
Metal-Schiene zurück zu bringen. Das letzte Studioalbum «Nostradamus»
hinterliess bei Vielen einen zwiespältigen, schon fast Judas Priest
unwürdigen Eindruck. Jetzt, knapp sechs Jahre später, steht «Redeemer Of
Souls» in den Verkaufsläden. Wie präsentiert sich die Band auf dem neuen
Silberling, nach der sagenumwobenen «Epitaph»-Welttour? – Was waren das
für Gottes gleiche Konzerte! – Wie wird sich der neue Gitarrist Richie
Faulkner zusammen mit Glenn Tipton bei den neuen Tracks ergänzen und
vielleicht sogar duellieren? Wie kann Rob mit seiner Stimme glänzen?
Etwas, das in den letzten Jahren immer wieder zu wilden Diskussionen
führte, weil Mister Halford auf der Bühne nicht mehr dermassen
überzeugen konnte, wie in den achtziger Jahren. Aber hey, Rob geniesst
gerade sein 63. Lebensjahr und garantiert kein Shouter wird mit mehr als
sechs Jahrzehnten seine Screams und Shouts noch in der Höhe abliefern,
wie mit 30 oder 40 Jahren!
Grundsätzlich ist es immer schwierig, ein neues Werk der Jungs mit ihrem
grandiosen Backkatalog zu vergleichen. Ein neuer Streich wird da wohl
niemals die Messlatte von «British Steel», «Screaming For Vengenace», «Defenders
Of The Faith» und «Painkiller» erreichen oder übertreffen. Startet die
neue Scheibe mit den Textzeilen «Welcome to my world of steel…» lässt
sich erahnen wohin die Reise geht. Nämlich zurück zu den Anfängen von
Judas Priest, quer über die erfolgreichen Tag bis ins hier und jetzt.
Eine Art «Best Of»-Judas Priest erklingt mit all den wichtigen
Elementen, welche die Truppe berühmt und erfolgreich gemacht haben. «Redeemer
Of Souls» ist der Zwitter aus «Stained Class» («March Of The Damned»), «Rocka
Rolla» («Crossfire»), «Point Of Entry» («Down In Flames»), «Painkiller»
(«Redeemer Of Souls») und «Defenders Of The Faith» («Battle Cry») über
dem immer eine gewichtige Portion «Angel Of Retribution» thront und
somit alles, was man von Judas Priest kennt verbindet. Die fantastische
Gitarrenarbeit von Richie und Glenn packt nicht nur beim Opener «Dragonaut»
den Hörer an den Eiern. Das Solo-Duell beim Eröffnungstrack erinnert an
selige «Defenders Of The Fait»-Zeiten und macht Laune auf mehr! Rob
singt bedeutend tiefer als in seiner Hochphase. Dies wird einigen
Nörgler wieder Wasser auf ihre Hass-Rädern spülen. Diese kommen
allerdings bei den wenigen aber gekonnt eingesetzten Schreien («March Of
The Damned», «Halls Of Valhalla» und «Crossfire») ins Stocken. Als
Highlights und Anspieltipps gehen «March Of The Damned» mit seinem
schwerfälligen Rhythmus (man ist inmitten des Marsches der Verdammten),
die Abrissbirne «Metalizer», das an Running Wild und Piraten-Sounds
erinnernde «Halls Of Valhalla», das an «Bloodstone» («Screaming For
Vengenace») erinnernde «Cold Blooded» und das von der Gitarre getragene
«Battle Cry» zu nennen. Fazit: Scott Travis trommelt erneut souverän und
Arsch tretend, Ian Hill pumpte noch immer seine Bassläufe in die
Umlaufbahn, das neue Gitarrengespann lässt nix anbrennen und rifft und
duelliert sich die Seele aus dem metallenen Körper und Rob konzentriert
sich auf das, was er heute noch singen kann. «Redeemer Of Souls» ist ein
sehr gutes und abwechslungsreiches Album geworden, das sicher kein
Überflieger ist, aber die meisten der neuen Platten locker aussticht.
Tinu
Punkte: 8.5 von
10
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