Allein die Ankündigung des Auftrittes der
schottischen Rock-Legende Nazareth im "Moonwalker Club" war schon eine Sensation
für sich alleine und gleichzeitig ging damit auch für die Veranstalter ein Traum in
Erfüllung. Gleiches galt für meinen Freund und "Die-Hard" Naz-Supporter
Chrigu, der es gar fertigbrachte, im direkten Kontakt mit Ur-Bassist Pete Agnew ein
Interview für die Metal Factory verabreden zu können! Um etwa 16.00 Uhr sollte das im
gleich neben dem "Moonwalker Club" liegenden Hotel Krone über die Bühne gehen.
Gegen 15.45 Uhr traf die Inti-Truppe (mit dabei auch noch "Dressman" Christoph)
im Restaurant des Hotels ein. Die erste Nachfrage an der Rezeption bezüglich des
Eintreffens eines nicht alltäglichen Gastes wurde positiv bestätigt und so setzten wir
uns zufrieden in die Gaststube und harrten der Dinge, die noch folgen sollten.
Nazareth, von Aschaffenburg her kommend, wo sie am gestrigen Abend auf der Bühne standen,
trafen dann mit einer Verspätung von etwa einer halben Stunde in Aarburg ein. Jedes
Band-Mitglied checkte darauf separat ein, das heisst, jeder bezog ein Einzelzimmer. Nach
Ablauf einer weiteren halben Stunde liess ich direkt ins Zimmer von Pete Agnew aufläuten,
um unsere Anwesenheit anzumelden und in Erfahrung zu bringen, wann das Interview
stattfinden könne. Die Lady an der Rezeption drückte mir dann den Hörer gleich selber
in die Hand und nach einem kurzen Gespräch mit Pete teilte er mir mit, in fünf Minuten
nach unten zu kommen. Das hörte sich natürlich bombig an und so stürzten wir unsere
angefangenen Biere gleich mal ziemlich zügig runter. Warum, weiss ich eigentlich gar
nicht...?
Die Definition von "schottischen fünf Minuten" wollen wir hier nicht weiter
kommentieren, aber Pete stand dann plötzlich mitten im Restaurant und begrüsste uns
herzlich. Der Wirt hatte für das Interview das ruhigere Säli nebenan angeboten und
nachdem wir den schottischen Gentleman noch fragen konnten, was er gerne zu Trinken
hätte, dislozierten wir also nach drüben und richteten uns entsprechend ein. Der
Naz-Bassist war sehr freundlich und wirkte irgendwie fast ein wenig zerbrechlich und
zurückhaltend. Trotzdem kam noch vor dem Interview gleich ein spontaner Smalltalk
zustande und liess sogleich eine entspannte Atmosphäre entstehen. Nirgends war ein
nervöser Tourmanager mit der Stoppuhr auszumachen, ein eher seltener Umstand, den wir
natürlich umso mehr auskosteten.
Interview am Nachmittag (Hotel Krone)
Als Erstes wollte ich wissen, warum Keyboarder Ronnie Leahy nicht mehr in der Band ist.
Letztes Jahr im Mai, als Nazareth beim "Love Ride" in Dübendorf auftraten, war
er ja noch mit dabei gewesen. Die Antwort war so einfach, wie einleuchtend: Ronnie hat
sich zurückgezogen, weil er nicht mehr mit dem Tross mitreisen wollte und auch so genug
Beschäftigung findet. Damit scheint die Band aber kein Problem zu haben und die
Einschätzung, dass der Sound nun etwas kerniger, respektive rauher wird, wurde auch von
Pete zu Protokoll gegeben. Somit war bereits jetzt abzusehen, dass wir am Abend Nazareth
in der ursprünglichsten Form zu Gesicht und zu Gehör bekommen werden. Nach Durchsicht
des Tourplanes im Internet stach mir ein Datum speziell ins Auge. Ein einzelner Auftritt
am 25. Oktober 2003 in Mexico City! Zur Frage, was es denn damit aufsich habe, meinte
Pete, dass das in der Tat etwas Spezielles sei. Der dortige Fan-Club, der damit sehr
bedeutend sein muss, sei letztenendes als Auslöser für diesen Trip verantwortlich. Ich
wusste nun nicht recht, ob er sich wirklich darauf freut oder nicht, aber ich denke mal,
dass er als alter Profi weiss, was man seinen echten Fans schuldig ist, selbst wenn das
mitunter bedeutet, dass man dafür auch mal sehr weit reisen muss. Dies war dann sogleich
ein weiteres Stichwort zur Anreise der Band, die mehr als sechs Stunden von Aschaffenburg
nach Aarburg gedauert hatte. Wenn man das vor dem Gebäude parkierte Fahrzeug sah, dann
war es mehr als begreiflich, dass sich unser Interview-Partner darüber nicht gerade
begeistert äusserte. Keine Spur von einem grossen Nightliner, sondern bloss ein
grösseres "Büslein" mit Anhänger. Dem sagt man dann wohl "Back to the
roots" oder Realität, wenn die fetten Jahre der Vergangenheit angehören!
Eine andere Form von Realität holte uns dann vor Ort mit dem unvermittelten Läuten von
Pete's Handy ein, dem es sichtlich etwas peinlich war, dass er nicht auf stumm geschaltet
hatte. Zur Erheiterung der Runde war dann Frau Agnew am Draht, die von ihrem Mann kurz und
knapp erfahren musste, sie solle etwas später anrufen, da er gerade ein Interview gebe!
Mit einem herzlichen Lachen im Gesicht erzählte er uns dann von einem ähnlichen
Erlebnis, als er bei einem Interview in Kanada während einer Live-Sendung im Fernsehen
(!) einen Anruf von seiner Ehefrau kriegte. Und nun war kollektives Gelächter im Säli
angesagt, zu dem gleich mit den reingebrachten Bieren angestossen wurde. Mit benetztem
Gaumen formulierte ich meine nächste Frage, die sich noch einmal mit dem aktuellen
Tourplan befasste, denn ab Mitte November bis Ende Monat sind nicht weniger als sieben
Konzerte in der Tschechischen Republik und anschliessend deren zwei in der Slowakei
angesetzt. Der Grund dafür ist, dass Nazareth dort echt viele Fans haben, die der Band
jeweilen einen begeisterten Empfang bescheren. Auch in Sachen Locations und Bühnen werde
vor Ort geklotzt wie kaum sonst irgendwo. Bei dieser Gelegenheit erwähnte Pete noch
Auftritte in Russland und den einen in der Mongolei (!), der ziemlich abenteuerlich
gewesen sei. Osteuropa sei aber definitiv ein gutes Pflaster für die schottische
Rocklegende. Unter dem Namen Nazareth, den man offiziell seit 1968 trägt (vorher waren
Pete Agnew und Reibeisenstimme Dan McCafferty gemeinsam bei einer Band namens The
Shadettes. Christoph hatte dazu sogar einen Bericht mit einem alten Bandfoto dabei, den
Pete ganz amüsiert anschaute und gleich über sich selber schmunzeln musste), begann der
Werdegang dieser Rock-Legende. Meine Frage, ob Pete, rückblickend, nach 35 Jahren alles
nochmals so machen würde, beantwortete er dahingehend, dass gewisse Dinge wohl etwas
anders laufen würden, aber wenn ihm jemand damals gesagt hätte, dass es die Band nach so
langer Zeit immer noch geben würde, der wäre glatt für verrückt erklärt worden.
Nun schnitt ich ein weniger schönes Thema an, dass aber nun mal zur Bandgeschichte
gehört. Ur-Drummer Darrell Sweet, der 1999, auf der laufenden "Boogaloo-Tour",
an einem Herzinfarkt verstarb, hatte bis dahin jedes offizielle Naz-Album eingetrommelt.
Dessen Tod war natürlich ein Schock für alle, aber die Schotten sind hart im Nehmen und
so kam es, dass Pete's Sohn Lee, der zuvor Teilzeit Drum-Tech von Darrell war und vorher
schon mal mit Gitarrist Jimmy Murrison in einer Combo namens "Trouble In
Doggieland" zusammengespielt hatte, seinen Platz einnahm. Somit ergab sich eine
Konstellation, die für das heutige Rockbusiness einmalig ist: Dass nämlich zwei
Generationen in der gleichen Formation spielen. Jason Bonham (Sohn vom legendären Led
Zeppelin-Drummer John Bonham) hatte das Vergnügen nicht, wie auch folgende Paarungen von
Vater und Sohn nie zustande kamen: Ritchie und Jürgen Blackmore oder Ringo Starr und Zak
Starkey. Nichts desto Trotz ist Pete natürlich stolz auf seinen Filius, der als
exzellenter Vertreter seines Fachs gilt und mit "Darrell's favourite drummer"
betitelt wurde. Eben diesen Lee Agnew sah ich letztes Jahr anlässlich des Auftrittes beim
"Love Ride" in Dübendorf zum ersten Mal. Auch Pete erinnerte sich (unter
anderem an den beissenden Rauch vom Wurststand neben der Bühne!) an dieses Konzert und
erwähnte dabei das Zusammentreffen mit Krokus, die damals gerade wieder mit dem
zurückgekehrten Marc Storace auf Helvetiens Bühnen unterwegs waren. 1981 heizten die
Schweizer Rocker in Kanada dem Headliner aus Schottland offensichtlich gehörig ein,
nachzulesen im Buch "Hunde wollt ihr ewig rocken" von Bass-Monster Chris von
Rohr. Pete ergänzte dazu, dass er sich noch an Fernando von Arb erinnern möge, der
damals scheinbar kaum einen Brocken Englisch sprechen konnte. Das Wiedersehen in
Dübendorf nach über zwanzig Jahren soll überaus herzlich (und diesmal mit "perfect
English" bedeutend kommunikativer!) gewesen sein. Mich interessierte noch, ob
Nazareth einen Unterschied in der Auswahl der Stücke oder ihrem Spiel machen, wenn sie,
wie jetzt heute Abend, in einem Club auftreten. Dies wurde verneint, jedoch mit dem Zusatz
versehen, dass eine Club-Show ansich schon etwas Spezielles sei.
Das letzte Studio-Album "Boogaloo" ist mittlerweile auch schon fünf Jahre alt.
Wie es denn mit neuen Songs stehe und ob für 2004 ein weiteres Album zu erwarten sei,
wollte ich in Erfahrung bringen. Grundsätzlich seien fünf bis sechs Stücke vorhanden,
aber man mache sich Gedanken zur Veröffentlichung, weil aufgrund der heutigen
Gepflogenheiten mit dem Songklau über das Internet befürchtet wird, dass die
Investitionen nicht mehr erwirtschaftet werden können. Das klang in meinen Ohren auf die
eine Weise nicht unbekannt, erstaunte mich aber in dieser Deutlichkeit schon etwas, vor
allem dies aus dem Munde eines alten, erfahrenen Haudegens hören zu müssen. Was aber in
rund sechs Monaten als gesichert gilt, ist das Erscheinen einer Live-DVD, die beim
kommenden Konzert in Prag am 21. November 2003 aufgezeichnet werden wird. Nazareth gelang
bisher das Kunststück, den Fans von jeder Besetzung mindestens eine Tonträger-Aufnahme
anbieten zu können. Mit dem anstehenden Werk schliesst sich somit der Kreis wieder, was
unser Interview-Gast als wichtigen Umstand darstellte. Das alles kann aber nicht darüber
hinwegtäuschen, dass man finanziell offenbar nicht mehr so auf Rosen gebettet ist, wie
auch schon. Trotzdem, die grassierende Piraterie macht also auch vor Legenden nicht Halt!
Mit seinen 57 Jahren gehört Pete Agnew zur Abteilung der "Rock-Opas", von denen
es zur Zeit ja einige gibt, die aber stets im Stande sind, den Rock'n'Roll zu zelebrieren
und mächtig Gas zu geben. Obwohl die Exzesse der vergangenen Jahre deutliche Spuren im
Gesicht hinterlassen haben, macht es dem gut gelaunten Senior weiterhin Spass zu spielen
und auf der Bühne zu stehen. Einzig das ausgedehnte Reisen wird als störend empfunden.
Der gleich über die Strasse liegende Bahnhof bewog Pete zur Frage, wie weit es denn von
hier bis nach Innsbruck sei, wo sie morgen Abend spielen werden. Meine beiden Begleiter
einigten sich auf gute vier Stunden Fahrt, worauf Pete mit Schalk in den Augen meinte,
dass er wohl gescheiter mit dem Zug dorthin reise und lobte bei dieser Gelegenheit unsere
Eisenbahnen. Zum englischen Vertreter der (privatisierten) Personenbeförderung auf
Schienen lieferte er bloss folgendes Kurz-Zitat: "They are a fucking joke!" Dem
muss man, glaube ich, nichts mehr anfügen.
Musiker in diesem Alter (oder etwas) mehr, ziehen sich aus dem Business zurück oder
treten einfach kürzer, wie zum Beispiel Jon Lord, der bei Deep Purple von Bord gegangen
ist. Ich konfrontierte Pete mit der Situation, wie denn (s)ein Leben ohne Nazareth
aussehen könnte. Er meinte, dass er sonst schon auch andere Dinge im Leben mache, aber
solange es (mit) der Band und den Fans noch Spass bereite, er weiterspielen wird. Zum
Schluss versuchte ich herauszufinden, was denn am Bass-Spielen so cool sei. Schlagfertig
kam die Antwort, es sei halt leichter, auf vier, anstatt sechs Saiten zu spielen!
Eigentlich wollte Pete früher zwar Gitarre spielen, aber dieser Posten war bereits durch
den zur Band gestossenen Manny Charlton belegt. Genauer gesagt war es so, dass die andern
damals sagten, als Alfie Murray The Shadettes verlassen hatte (das heisst musste, weil er
dauernd zu spät zu den Shows kam), er (Pete) solle doch den Bass übernehmen. Einer der
ersten mit der Band gespielten Songs war dabei "Good times, bad times" von Led
Zeppelin, da es hier ein Bass-Solo gab. Wer Gitarre spielen könne, sollte auch mit
weniger Saiten zurecht kommen. Damit hatte der Mann der tiefen Töne die Lacher natürlich
wieder auf seiner Seite. Der offizielle Teil des Interviews war hiermit beendet, aber weil
die Gläser noch nicht leergetrunken waren, fand der am Anfang abgehaltene Smalltalk hier
seine Fortsetzung. Und nun schlug natürlich die Stunde der Memorabilia-Liebhaber. Jeder
von uns hatte ein paar (wenige) Sachen dabei, die vom Silberstift veredelt werden konnten.
Christoph kramte gar noch ein Original Tourbook der "No mean city"-Tour von 1979
(!) hervor, in dem Pete sehr interessiert, wie vorsichtig blätterte und darauf natürlich
sein Bild darin mit seiner Widmung und Unterschrift noch wertvoller werden liess. Dem
nicht genug, schoss, auf unsere Anfrage hin, ein sich im Nebenzimmer befindender, junger
Herr zwei Gruppenfotos für die Ewigkeit. Das war aber immer noch nicht alles, denn vor
dem freundschaftlichen Händedruck verschwand Pete kurz für ein paar Minuten (...) mit
den Worten, er müsse jetzt noch schnell drei Pässe holen. Wir fühlten uns echt wie die
Maden im Speck und verabschiedeten eine grosse Persönlichkeit, die zu keinem Zeitpunkt
das zeitweilige Stargehabe oder Gelangweiltsein von KollegenInnen an den Tag legte. Big
thanx to Pete Agnew!
Das Konzert
Nazareth im "Moonwalker Club" in Aarburg? Das konnte nur Eines
bedeuten, nämlich "Sold out"! Und so war es dann auch. Als wir am Abend gegen
21.15 Uhr wieder am Ort des Geschehens eintrafen, stand bereits eine ziemlich lange
Zuschauerkette auf dem Trottoir und wartete auf Einlass. Nach einer guten Viertelstunde
hatten es auch wir geschafft und drinnen stand seit Kurzem die JR-Band auf der Bühne.
Vorne dran befand sich bereits die Mehrheit der insgesamt etwa 400 reinpassenden Zuschauer
und lauschte gebannt der sehr agilen Performance von Jan Rijbroek und seiner Band. Zu
meinem Erstaunen hatte ich vorher noch nie was von ihnen gehört, obwohl sie über 160
Konzerte im Jahr spielen und schon unzählige Support-Gigs für bekannte Grössen wie die
Allman Brothers, ZZ-Top, Santana, Simple Minds oder Slash gespielt haben. Der etwas
beleibte und mit einer ordentlichen Mähne ausgestattete Bandleader zog eine grandiose
Blues Rock-Show vom Leder, die mich echt beeindruckte. Professor Frankenstein (einfach ein
langer Dünner mit Brille) an der Hammond-Orgel lieferte immer wieder einen manchmal fast
Deep Purple-mässigen Soundteppich, während der Maestro selber für virtuoses, wie
zeitweilen furioses Gitarrenspiel sorgte. Stimmlich erinnerte er mich oftmals an Roger
Chapman, aber JR hatte noch mehr drauf. Egal ob eine straighte Nummer oder ein vor Pathos
nur so triefender Blues zum Besten gegeben wurde, es klang einfach genial! Da stimmte
einfach alles, auch wenn die Bewegungsfreiheiten auf der sehr bescheidenen Bühne des
"Moonwalker Clubs" entsprechend eingeengt waren. Das Publikum zeigte sich
begeistert bis zum letzten Ton und wer sich davon einen Vorgeschmack holen will, kann das
ganze neue Album "The real McCoy" der JR-Band als Stream auf der offiziellen
Homepage www.jrband.com anhören. Deshalb Leute: unbedingt antesten!
Der Umbau für Nazareth gestaltete sich darauf nicht so aufwändig, da zum
Beispiel das Schlagzeug bereits das Arbeitsgerät von Lee Agnew war. Etwas nach 23.00 Uhr
ertönte dann das bekannte Dudelsack-Intro, nachdem der Veranstalter sichtlich bewegt den
bisherigen Club-Höhepunkt und seinen persönlichen Traum ankündigen konnte. Die Bühne
wurde zuerst noch mit Trockeneis voll zugenebelt und dann kamen sie über die kleine und
steile Treppe an der linken Wandseite auf die Bühne runter und wurden von lautstarkem
Applaus empfangen. Da standen sie nun, direkt vor mir und zum Greifen nah. Mich nahm es
jetzt Wunder, wie sich das ohne Keyboarder Ronnie Leahy anhören würde, denn jetzt stand
die schottische Rocklegende mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang quasi völlig
entschlackt auf der Bühne. Die Temperatur stieg schon zu Beginn merklich an und kaum
hatte das Konzert mit "Changin' times" und "Not faking it" begonnen,
zupfte Dan McCafferty beinahe neurotisch an seinem T-Shirt rum. Der Sound kam tatsächlich
roh und ohne jegliche Effekte daher. Die Lautstärke stufte ich vorne und mit Ohrschutz
nicht so laut ein. Weiter hinten kam das vielleicht heftiger. Das Licht war spartanisch
und setzte daher keine grossen Akzente. Besonders Gitarrist
Jimmy Murrison musste sich jetzt entsprechend ins Zeug legen, was ihm ganz gut gelang,
auch wenn eine zusätzliche Rhythmus-Gitarre nicht geschadet hätte. McCafferty's
charakteristische Stimme krächzte wie eh und je, auch wenn zwischendurch nicht mehr ganz
so schneidend wie früher. Was will eine Band nun alles so spielen, wenn sie auf über
zwanzig Studio-Alben zurückgreifen kann? Im Wesentlichen das, was das Publikum hören
will, aber soweit war es noch nicht. Trotzdem kam für den "Die Hard"-Fan so
mancher persönliche Klassiker gleich im Multipack. Das Publikum bestand
verständlicherweise aus eher gesetzteren Damen und Herren, aber es hatte auch eine ganze
Menge junger Fans vor Ort. Ich sah T-Shirt's von AC/DC, Aerosmith, Megadeth, Dio, Symphony
X, Saxon, Nightwish und noch ein paar. Eigentlich erstaunlich, dass Naz also auch bei
jüngeren Fans noch ein Begriff zu sein scheinen. Nach einem göttlichen
"Razamanaz", bei dem auch Bassist Peter Agnew Backing-Vocals beisteuerte und
überhaupt sein virtuoses Bass-Spiel zelebrierte, kam langsam so etwas wie
Stimmung in den Saal, obwohl die Resonanzen, für dass es proppenvoll war, unter dem
Strich (noch?) enttäuschten. "Dream on", als erste der beiden Mega-Balladen im
Programm, entlockte erwartungsgemäss mehr Applaus und Zuspruch. Der Set entwickelte sich
ordentlich, auch wenn es zwischendurch mal ein wenig abflaute. Dazu kämpfte Drummer Lee
Agnew mit einer instabilen Drum-Installation und war obergenervt, weil sich sein Mikro
immer wieder vom Mund wegbewegte und der Helfer hintendran am Anfang eher hilflos
zuschauen musste. Diese Probleme bekam man dann aber wieder in den Griff und so nahm die
schweisstreibende Show ihren Fortgang. Nicht fehlen durfte natürlich einer der
Naz-Smasher schlechthin: "This flight tonight", der mit der spartanischen
Instrumentierung besonders gut klang."Whiskey drinkin' woman" und
"Hair of the dog" beendeten den offiziellen Teil des Konzertes. Pete Agnew
mochte dabei fast nicht mehr diese ihm nicht so sicher erscheinende Treppe hochsteigen. Er
tat es dann aber doch und kam auch wieder auf diesem Weg hinunter, um mit seinen Kumpels
zusammen "Cocaine" zum Besten zu geben. Das Sing-a-long-Spiel mit den Fans
brachte darauf etwas Stimmung zurück in die Bude, ehe dann das bejubelte "Love
hurts" nach guten 95 Minuten den Schlusspunkt setzte. Die organisierte Set-Liste
beherbergte mit "Animals" allerdings einen weiteren Titel, der aber leider nicht
mehr gespielt wurde. Insgesamt ziehe ich dennoch ein klar positives Fazit von diesem
Abend, auch wenn die typisch deutschschweizerischen "Gefühlsausbrüche" ein
echtes Happening einmal mehr verhinderten.
Mein spezieller Dank geht an Chrigu, der diesen tollen Tag überhaupt erst möglich
gemacht hat! Thanx man...
Set-Liste: "Changin' times", "Not faking it", "Miss Misery/Please
don't judas me", "Razamanaz", "Light comes down", "Dream
on", "Bad bad boy", "Love leads to madness", "Danger
danger", "Broken down angel", "Beggars day", "Turn on your
receiver", "This flight tonight", "Whiskey drinkin' woman",
"Hair of the dog", "Cocaine", "Love hurts".
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