Im «Little Creek»-Studio in Gelterkinden wurde gerade der letzte
Feinschliff vollbracht, als ich mit meinem Auto eintraf. Bandleader
Schmier lud zur Listening-Session ein. Das neue Werk wird am 13. Mai
2016 das Licht der dunklen Welt erblicken und, da bin ich mir ganz
sicher, für Aufsehen sorgen.
«Under Attack» ist ein typisches Destruction-Werk geworden, das von der
Gitarrenarbeit (Mike), dem Bassgroove (Schmier) und dem Drumming
(Vaaver) lebt und über all dem der Gesang des Bandleaders thront. Die
neuste Scheibe verfügt wiederum über die wichtigen Destruction-Merkmale,
klingt extrem frisch und professionell, hat aber dieses Mal mehr
eingängige Momente und ertönt zuweilen metallischer und rockiger, als
auf früheren Alben. Diese Mischung machts aus und wird Alt-Fans wie
Neu-Banger zufrieden abschädeln lassen.
Mit dem Titeltrack als Opener startet das Trio. Das akustische
Gitarrenintro entlädt sich in einen richtig kultigen
Rock-/Metal-/Thrash-Banger. «Unter Attack» ist klassischer
Destruction-Stoff, bleibt trotzdem extrem frisch, frech und begeistert
von der ersten Sekunde an. Mit einem sofort mitbrüllbaren Refrain und
einem gekonnten und filigranen Solopart von Mike startet das
mittlerweile zwölfte Studioalbum mit Schmier am Bass und Gesang, als
würde es kein Morgen geben. «Generation Nevermore» geht einen Zacken
heftiger zu Werke. Hier begleitet die Gitarrenarbeit den Chorus-Part und
die Doublebass Drum trumpft gross auf. Wie auf allen anderen Tracks, besticht
auch hier die Soloarbeit von Mike, der es erneut versteht mit seinen
flinken Fingern zu begeistern. «Dethroned» beheimatet alles von Rock,
über Metal und Thrash bis hin zum Doublebass-Feuerwerk, wie auch ein zum
Mitgrölen verleitender Chorus-Part. Das Gleiche darf man auch über
«Second To None» vermerken. Ein Song, der dank seines Refrains packt und
einen nicht mehr loslässt.
Der in meinen Augen absolute Höhepunkt ist
das völlig untypische «Getting Used To The Evil». Mit dem einleitenden
Akustik-Part, so wie wir es lieben und kennen vom deutschen
Thrash-Urgestein, startet der Song. Mit einem tiefen «Evil» und dem
urtypischen Schmier-Schrei geht es mit Black Sabbath-liker Heavyness
weiter, um dann mit Slayer-Härte (remember das «Hell Awaits»-Album?!) und
rockigen Elementen ergänzt zu werden. Was für ein Solo! Was für ein
Refrain! Was für ein Song! - «Das ist unsere Ballade», meint Schmier mit
einem breiten Grinsen - Nach diesem alles zermalmenden Panzerkommando
zünden Schmier, Mike und Vaader neue heftige Thrash-Granaten und geben
Vollgas mit «Pathogenic». Mit einem kleinen Basssolo von Schmier wird
dieser Track abgerundet. Die Gesangspart von «Elegant Pigs» erinnert derweil an
den röchelnden Cronos (Venom-Shouter). In diesem Song geht es um
Bands, die das Meiste vom Band abspielen lassen, anstatt die Instrumente
selber zu spielen, respektive den Gesang eigenhändig zu bringen. «Von denen gibt es heute mehr,
als dass du dir vorstellen kannst!», verkündet der Bandleader mit einem
verächtlichen Blick. Hier entpuppt sich Schmier mit seinem Gesang wie
ein dämonischer Pfarrer. Der Schlachtruf «Stand Up For What You Deliver»
zeigt eine gehörige Portion Metal. Diese Abwechslung steht der Truppe
sehr gut zu Gesicht und darf auf den kommenden Alben getrost weiter geführt
werden. Es muss nicht immer ein Doublebass Drum-Gewitter sein, sondern es
kann durchaus auch mit variablen Songs unterhaltsam und abwechslungsreich
gerockt werden. «Stand Up For What You Deliver» geht eher in die
Richtung Headhunter oder Testament. Und wenn wir schon bei Testament sind, muss
«Conductor Of The Void» erwähnt werden, das mit seiner verspielten Art
an die Bay Area-Helden erinnert. «Thrash With Class» mit einer
unglaublichen Urgewalt. Zum Schluss zündet «Stigmatized» nochmals das
volle Brett, das wie ein Schlag ins Gesicht auf den Hörer
niederprasselt.
Mit den beiden Bonustracks (hier ist noch nicht
bekannt, welcher für welche Version verwendet wird), der Neueinspielung
des Instrumentalsongs «Thrash Attack» aus dem 1985-Werk «Infernal
Overkill» und der Coverversion von Venoms «Black Metal» (die eine
Version mit Schmiers Gesang, die andere als Duett, zusammen mit Krisiuns
Alex Camargo) wird das neue Werk von Destruction vollendet. Ob «Under
Attack» nun das beste Album von Schmier und seinen Bandkollegen ist,
wird sich zeigen. Eins ist aber so sicher, wie die legendären Schreie
des singenden Bassisten. Selten klang eine Scheibe des Trios dermassen
erfrischend, neu, unverbraucht, rockig, packend und abwechslungsreich
zugleich wie «Under Attack». Die CD könnte zu einem Höhepunkt in der Karriere des
Dreiers werden. Die Jungs beweisen wie Megadeth, Testament, Death Angel,
Slayer oder Anthrax, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen, respektive zu
einer Kopie ihrer selbst werden, sondern immer noch mit viel Freude den
Metal der Neuzeit beleben und bereichern.
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