Szene! Studiobericht - Destruction "Under Attack"
18.02.2016 by Tinu


Im «Little Creek»-Studio in Gelterkinden wurde gerade der letzte Feinschliff vollbracht, als ich mit meinem Auto eintraf. Bandleader Schmier lud zur Listening-Session ein. Das neue Werk wird am 13. Mai 2016 das Licht der dunklen Welt erblicken und, da bin ich mir ganz sicher, für Aufsehen sorgen.

«Under Attack» ist ein typisches Destruction-Werk geworden, das von der Gitarrenarbeit (Mike), dem Bassgroove (Schmier) und dem Drumming (Vaaver) lebt und über all dem der Gesang des Bandleaders thront. Die neuste Scheibe verfügt wiederum über die wichtigen Destruction-Merkmale, klingt extrem frisch und professionell, hat aber dieses Mal mehr eingängige Momente und ertönt zuweilen metallischer und rockiger, als auf früheren Alben. Diese Mischung machts aus und wird Alt-Fans wie Neu-Banger zufrieden abschädeln lassen.

Mit dem Titeltrack als Opener startet das Trio. Das akustische Gitarrenintro entlädt sich in einen richtig kultigen Rock-/Metal-/Thrash-Banger. «Unter Attack» ist klassischer Destruction-Stoff, bleibt trotzdem extrem frisch, frech und begeistert von der ersten Sekunde an. Mit einem sofort mitbrüllbaren Refrain und einem gekonnten und filigranen Solopart von Mike startet das mittlerweile zwölfte Studioalbum mit Schmier am Bass und Gesang, als würde es kein Morgen geben. «Generation Nevermore» geht einen Zacken heftiger zu Werke. Hier begleitet die Gitarrenarbeit den Chorus-Part und die Doublebass Drum trumpft gross auf. Wie auf allen anderen Tracks, besticht auch hier die Soloarbeit von Mike, der es erneut versteht mit seinen flinken Fingern zu begeistern. «Dethroned» beheimatet alles von Rock, über Metal und Thrash bis hin zum Doublebass-Feuerwerk, wie auch ein zum Mitgrölen verleitender Chorus-Part. Das Gleiche darf man auch über «Second To None» vermerken. Ein Song, der dank seines Refrains packt und einen nicht mehr loslässt.

Der in meinen Augen absolute Höhepunkt ist das völlig untypische «Getting Used To The Evil». Mit dem einleitenden Akustik-Part, so wie wir es lieben und kennen vom deutschen Thrash-Urgestein, startet der Song. Mit einem tiefen «Evil» und dem urtypischen Schmier-Schrei geht es mit Black Sabbath-liker Heavyness weiter, um dann mit Slayer-Härte (remember das «Hell Awaits»-Album?!) und rockigen Elementen ergänzt zu werden. Was für ein Solo! Was für ein Refrain! Was für ein Song! - «Das ist unsere Ballade», meint Schmier mit einem breiten Grinsen - Nach diesem alles zermalmenden Panzerkommando zünden Schmier, Mike und Vaader neue heftige Thrash-Granaten und geben Vollgas mit «Pathogenic». Mit einem kleinen Basssolo von Schmier wird dieser Track abgerundet. Die Gesangspart von «Elegant Pigs» erinnert derweil an den röchelnden Cronos (Venom-Shouter). In diesem Song geht es um Bands, die das Meiste vom Band abspielen lassen, anstatt die Instrumente selber zu spielen, respektive den Gesang eigenhändig zu bringen. «Von denen gibt es heute mehr, als dass du dir vorstellen kannst!», verkündet der Bandleader mit einem verächtlichen Blick. Hier entpuppt sich Schmier mit seinem Gesang wie ein dämonischer Pfarrer. Der Schlachtruf «Stand Up For What You Deliver» zeigt eine gehörige Portion Metal. Diese Abwechslung steht der Truppe sehr gut zu Gesicht und darf auf den kommenden Alben getrost weiter geführt werden. Es muss nicht immer ein Doublebass Drum-Gewitter sein, sondern es kann durchaus auch mit variablen Songs unterhaltsam und abwechslungsreich gerockt werden. «Stand Up For What You Deliver» geht eher in die Richtung Headhunter oder Testament. Und wenn wir schon bei Testament sind, muss «Conductor Of The Void» erwähnt werden, das mit seiner verspielten Art an die Bay Area-Helden erinnert. «Thrash With Class» mit einer unglaublichen Urgewalt. Zum Schluss zündet «Stigmatized» nochmals das volle Brett, das wie ein Schlag ins Gesicht auf den Hörer niederprasselt.

Mit den beiden Bonustracks (hier ist noch nicht bekannt, welcher für welche Version verwendet wird), der Neueinspielung des Instrumentalsongs «Thrash Attack» aus dem 1985-Werk «Infernal Overkill» und der Coverversion von Venoms «Black Metal» (die eine Version mit Schmiers Gesang, die andere als Duett, zusammen mit Krisiuns Alex Camargo) wird das neue Werk von Destruction vollendet. Ob «Under Attack» nun das beste Album von Schmier und seinen Bandkollegen ist, wird sich zeigen. Eins ist aber so sicher, wie die legendären Schreie des singenden Bassisten. Selten klang eine Scheibe des Trios dermassen erfrischend, neu, unverbraucht, rockig, packend und abwechslungsreich zugleich wie «Under Attack». Die CD könnte zu einem Höhepunkt in der Karriere des Dreiers werden. Die Jungs beweisen wie Megadeth, Testament, Death Angel, Slayer oder Anthrax, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen, respektive zu einer Kopie ihrer selbst werden, sondern immer noch mit viel Freude den Metal der Neuzeit beleben und bereichern.