Studio-Besuch bei
MESSIAH.
«Choir Of Horrors» und «Rotten
Perish» sind die Aushängealben der Schweizer Thrash
Metal Legenden Messiah. Zum Material, das vorher und
nachher gepresst wurde, sind auch die Bandmitglieder
unterschiedlicher Auffassung. Jetzt zählen wir aber das
Jahr 2020 und nach 26 Jahren der Stille lebt der
„Messias“ wieder auf. Das Quartett um R.B. Brögi
(Gitarre), Patrick Hersche (Bass), Steve Karrer (Drums)
und Andi Kaina (Vocals) hat wieder richtig Bock Musik
zu machen, und aktuell sind sie im "Little Creek Studio",
um eine neue Scheibe einzuspielen. Ich liess es mir
nicht nehmen, während einer Studiosession vorbei zu
schauen und mir vor Ort ein Bild über den Fortschritt
der Platte zu machen.
Pünktlich um 14:00
Uhr bog ich um die Ecke des "Little Creek Studios" von der
Schweizer Musiker- und Produzentenlegende V.O. Pulver
(GURD, Poltergeist), als mich draussen bereits ein gut
gelaunter Steve erwartete. Er zeigte mir erst einmal den
Raum, in dem er erst vor kurzem seine Drum-Parts
eingespielt hatte und die Basler Metaller GURD (bei
denen Steve aktuell auch trommelt) ihren Proberaum
haben. Anschliessend betraten wir das Herzstück des
Studios, in dem Brögi konzentriert seine Gitarrenparts
Stück für Stück einspielte. Was es da bereits zu hören
gab, klang schon ganz vielversprechend. Da dieselben
Riffs über mehrere Spuren eingespielt wurden, konnte ich
die restlichen Mitglieder darüber ausquetschen, was sie
die letzten dreissig Jahre so gemacht haben und wie es
schliesslich zu dem Punkt kam, an dem sie jetzt stehen.
Kaum hingesetzt, ging auch schon die Tür auf und Sänger
Andi betrat mit Mundschutz das Studio. Er erklärte den
Anwesenden, dass er sich nicht fit fühle und er deshalb
kein Risiko eingehen wolle. Nach langem Hin und Her nahm
er schliesslich die Maske vom Gesicht, liess sich aufs
Sofa fallen und lachte dreckig. Nun waren sie – Messiah
– komplett im Studio.
Ihr letzter gemeinsamer Auftritt fand 2003 statt. Im
Anschluss gingen alle Mitglieder eigene Wege. Sänger
Andi und Gitarrist Brögi zogen sich ins Privatleben
zurück und hatten die Musik an den Nagel gehängt. Steve
und Patrick hatten ihre eigenen Projekte am Laufen,
waren musikalisch aber immer aktiv. 2017 wurden sie von
Amadé (MegaMosh Festival) angefragt, ob sie nicht an
seinem Festival „Undercover“ ein paar Songs spielen
könnten und wurden zum bestehenden Billing hinzu gebucht.
Dazu kam noch ein „Undercover“ Gig in Chur, Daniel
Appert (Messiah Manager in den 90ern) zuliebe. Durch
diese Auftritte entstand neue Energie in der „Band“, die
zu der Zeit gar keine Band mehr war.
Roger Wicki,
langjähriger Fan, guter Freund und nun der Manager der
Band, investierte viel Zeit in Facebook-Auftritte,
kreierte und verkaufte Merch und brachte neuen Schwung in
den Laden. Die Band hat dazu eine geschlossene Haltung:
"Ohne Roger wären Messiah jetzt nicht da, wo wir heute
sind! Wir haben ihm viel zu verdanken und er ist unser
fünftes Bandmitglied"
So geschah es, dass 2018 die
ersten Konzertanfragen aus dem Ausland eintrafen.
Erfolgreiche Auftritte an Festivals in Belgien oder
Tschechien mit bis zu 15'000 Besuchern folgten. Eine
Bedingung beim Bandmeeting für eine Reunion im Januar
2018 war, an neuem Material zu arbeiten. Das brachte
allerdings auch Probleme und Unsicherheiten mit sich.
Andi war skeptisch und wusste nach dreissig Jahren ohne Übung
nicht, ob seine Stimme diese Strapazen noch mitmacht. Er
kramte die alten Alben hervor und übte fleissig die
Songs während der Fahrt zur Arbeit. Die anderen
Autofahrer schauten zeitweise komisch, wenn er wild
gestikulierte und sich dabei die Kehle aus dem Hals
schrie.
Bei Brögi war es ähnlich. Steve beschreibt die Situation
so: "Es ist, als hätten wir unseren Gitarristen vor dreissig
Jahren eingefroren und nun wieder aufgetaut." Angespornt
durch den Spass und die neuen Ziele, präsentierte er
innert Kürze an die zwölf neuer Riffs und
Songstrukturen. Mit der Zeit wuchsen die vier Herren
wieder zu einer Einheit zusammen, die Sinn und Spass in
ihrem Tun sahen. Ihre Devise ist jedoch klar! Privates
kommt vor dem Rockstarleben. Zuviel Zeit ist vergangen,
sodass sich alle ein Leben nebst der Musik aufgebaut
haben.
Jetzt aber wieder zum kommenden Album!
Was darf denn an dieser Stelle schon ausgepackt werden
und was nicht? Das Albumkonzept steht, den Titel gibt es
auch schon, darf aber derzeit noch nicht verraten
werden. Am Coverartwork werkelt fleissig Björn Goosses
von "Killustrations", der bereits eine Menge von geilen
Plattencovern gefertigt hat.
Messiah haben
bereits im August 2019 vier neue Tracks eingespielt und
jetzt im März 2020 noch weitere sechs. Die
Zusammenarbeit mit V.O. Pulver wurde den drei Messianern
mehr oder weniger von ihrem Drummer Steve aufgezwungen,
da er in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen mit
seinem Bandkollegen und Produzenten gemacht hat. Gesagt,
getan! In den ersten Tagen wurden von Steve die Drums
eingespielt und den Songs Struktur verliehen.
Abwechselnd spielten dann Brögi die Gitarren- und
Patrick die Bassparts ein. Von zehn satten Tracks sind
bis dato die Basics bereits im Kasten und die Tage wird
Andi noch die Vocals einsingen. Vermutlich werden es
aber nicht alle zehn Songs aufs neue Album schaffen, da
einige Titel relativ lang (neun Minuten) sind und somit die
Gesamtgrösse des Datenträgers gesprengt würde. Messiah
haben zurzeit noch keine definitive Auswahl der Songs
getroffen, es wird wohl eine Sache des Bauchgefühls. In
den nächsten Tagen werden noch die Specials wie Solos
und andere Gimmicks auf „Band“ gebannt.
Was
Fans der ersten Stunde mit Sicherheit freuen wird, ist
die Tatsache, dass Messiah klingen werden wie Messiah.
Es gibt keine Experimente oder grosse musikalische
Veränderungen. Ihr Sound besitzt Wieder-erkennungswert. Wie
bereits kurz angedeutet, „eingefroren und wieder
aufgetaut“. Die Platte beinhaltet einen Querschnitt über
alle Alben, «Underground» aber ausgenommen. Andi sagt
über die Art der Vocals, dass er in den 80/90er Jahren
gesanglich hängen geblieben sei, dies aber perfekt zum
Sound des Vierers passt. Dennoch wird die Scheibe
frischer und technisch versierter klingen als noch 1994,
da die Aufnahmetechnik massive Sprünge gemacht hat in
den 26 Jahren. Sobald die noch ausstehenden Teile im
Kasten sind, geht es ans Mixen und Mastern. Die Daten
müssen bis Ende April fertiggestellt sein, da es
ansonsten knapp wird für die Pressung des Vinyls. Das
heisst also schon mal Vorfreude für alle, die sich die
neue Scheibe als Platte zulegen wollen. Für den Rest
wird es das neue Material auch als CD und als Download
geben. Vertrieben wird das künftige Werk über High
Roller Records. Die "Record Release Show" findet am 12.
September im Kiff, Aarau statt und der Ticketverkauf ist
bereits gestartet.
Jetzt heisst es nur noch
warten und Däumchen drehen, bis der Tag X ansteht. Ich
für meinen Teil freue mich tierisch darauf, da ich einen
Vorgeschmack in Form eines neun Minuten-Tracks erhalten
habe! Real Thrashing Madness pur! Stay tuned!
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