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Traitor
Die deutschen Thrasher, die 2014 an gleicher Stelle für die
ausgefallenen Warrant (D) ran durften, hatten von allen Bands
mit Sicherheit die kürzeste Anreise! Der Grund liegt auf der
Hand, denn die Combo stammt aus Balingen und versuchte die von
der ersten Regennacht durchnässten Fans, oder zumindest einen
guten Teil davon, möglichst rasch aus der Lethargie heraus zu
holen und für Bewegung zu sorgen. Das gelang im Verlauf des
Auftritts auch mehr oder weniger, aber der leider wieder
einsetzende Regen sollte dann noch für den Rest des Tages ein
hartnäckiger Begleiter bleiben. Traitor, die inzwischen seit
einer Dekade unterwegs sind und insgesamt drei full lenght Alben
am Start haben («Knee-Deep In The Dead» als aktuelle Scheibe
erschien 2018), liessen es genretypisch scheppern, aber unter
dem Strich wurde bald klar, warum sich die Stellung der Band in
der Szene kaum bis gar nicht verbessern wird. Dazu ist die Mucke
über weite Strecken zu einfach gestrickt, und wenn man die Songs
nicht kennt, respektive auseinander halten kann, wird es
schwierig zu wissen, welcher Song gerade gespielt wird und auf
welchem Album dieser jeweils zu finden ist. Zudem bin ich der
Meinung, dass Thrash Metal als Festival-Opener nicht passt. Da
würde man besser auf eine junge knackige Hardrock-Band mit
Schmackes setzen. (rsl)
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Picture
Die in die Jahre gekommenen Herren haben für ihren Auftritt erst
einmal ein paar hundert Kilometer aus Nordholland hinter sich
bringen müssen. Am Freitag, zur Mittagszeit wollten sie ein
dickes Ausrufezeichen setzen. Mit Frontmann Ronald van Prooijen,
Bassist Rinus Vreugdenhill, Gitarrist Jan Bechtum und
Schlagzeuger Laurens Bakker sind noch alle Gründungsmitglieder
an Bord, die schon in den Siebzigern und den ersten beiden Alben
«Picture» und «Heavy Metal Ears» dabei waren. Verstärkt wird der
Tross mit dem zweiten Gitarristen Appie de Gelder. Die reifen
Herren rockten das Balinger Messegelände nach alter Manier.
Ehrlich, erdig und mit einer unglaublichen Spielfreude führte
der Sänger durchs Programm. Seine Ansagen, die er allesamt auf
Deutsch mit holländischen Akzent machte, trafen voll ins
Schwarze. Direkt in die Herzen des Publikums trafen auch seine
Sprüche, mit denen er die Wettergötter beschwor, dem Regen
zürnte oder einfach nur die Leute zum Mitmachen animierte. In
Sachen Songauswahl begegneten uns - wie bei diesem Line-up nicht
anders zu erwarten - natürlich einige Hits aus dem Frühwerk, wie
etwa «Heavy Metal Ears», «Nighttiger» oder «Bombers». Aber einen
Picture-Gig ohne Kracher wie «Eternal Dark», «Diamond Dreamer»,
«You're All Alone» und «Lady Lightning» wäre ja undenkbar. Bei
Picture stimmte einfach alles, das Publikum bekam die ersehnte
Oldschool 80er-Vollbedienung mit zünftig rockendem Heavy Metal,
Nieten, Stirnbändern, Vokuhilas und jeder Menge gut gelaunter
Altrocker. In dieser Form darf man sich aufs kommende Album
«Wings» der sympathischen Band aus den Niederlanden schon jetzt
freuen. (oli)
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Enforcer
Muss man die Schweden mögen? Wenn man auf Judas Priest steht,
wahr-scheinlich nicht unbedingt. Auch wenn Enforcer nach wie vor
den "New Wave Of British Heavy Metal" zelebrieren, ihn mit
schwedischen Zutaten würzen und daraus etwas Eigenes entstehen
lassen. Wild, aggressiv und sehr agil wurden die Songs
vorgetragen, aber spätestens beim Gesang scheiden sich die
Meinungen, respektive die Geister. Für die einen zu schrill und
zu monoton, für die anderen das passende i-Tüpfelchen auf "i".
Es ging zwar Power ohne Ende von der Band aus, und vielleicht
liegt gerade darin das Problem, dass man den Fans keine Zeit zum
Verschnaufen gewährt. Trotzdem erntete der Fünfer genügend
Applaus, auch wenn in meinen Augen wenigstens ein Midtempo-Track
dem Ganzen sehr gut getan hätte. Da aber das Gaspedal praktisch
über die gesamte Spieldauer durchgedrückt wurde, schlich sich
bald einmal eine gepflegte Langweile ein. Trotzdem, an der
Einsatzfreude lag es nicht, und das Fazit, dass die Jungs so
spielten als ginge es um ihr Leben, beeindruckte die anwesenden
Fans sichtlich. Frontmann und Gitarrist Olof Wikstrand wusste
dabei genau, wie er es anstellen musste, dass er die Fans auf
seine Seite ziehen konnte. Der immer noch überbetonte
Oberlippenbart (für Schweizer: "Schnauz") von Leadgitarrist
Jonathan Nordwall tat da allerdings nichts zur Sache. (tin)
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Ektomorf
Petrus schien vom künftigen Line-up überzeugt und entschied sich
für eine längere Regenpause, die viele Festivalbesucher nutzten,
um sich ein wenig im Gelände umzusehen. Anderen war es eher ein
Anliegen, sich körperlich zu betätigen und zwar im Freien vor
der Bühne! Diejenigen sind ein gefundenes Fressen für die
ungarische Truppe Ektomorf, die schon beim Einstieg ins
Geschehen mehrfach zum „Jumpen“ aufforderten und auf mehr als
nur respektable Resonanz stiessen. Die sollte im Verlauf sogar
noch besser werden, vielleicht auch weil Frontmann Zoltan Farkas
seine Ansagen etwas überdacht hatte und nur noch selten das
berüchtigte „F“-Wort ins Publikum brüllte. In seinen Texten
kommt es ja genug oft vor, sodass er nun stattdessen auf sehr
persönliche und ergreifende Statements setzte. Die Menge schien
zumindest nach seiner Ansage vor «Gypsy» oder «Holocaust»
emotional tiefst berührt zu sein. Schliesslich hat er absolut
recht damit, dass Musik Menschen verbindet und weder Rassen,
noch Hautfarbe und auch keinerlei Religionen in diesem Konsens
ihre Gültigkeit haben. Grosse Worte eines inzwischen offenbar
gereiften Bandleaders! Musikalisch regierte bei den Magyaren
dagegen immer noch Härte und Brutalität, wobei man hinzufügen
muss, dass die aktuelle Besetzung ein echter Glücksgriff für
Farkas darstellt. Dermassen homogen wie in der aktuellen
Formation (seit 2017), zu der Szebasztián Simon (Gitarre),
Dániel Szabó (Drums), Attila Asztalos (Bass) und Zoltan zählen,
klangen Ektomorf nämlich noch nie. Es war eine furiose
Darbietung, geprägt von hammerharten Riffs und knallenden Songs,
die bis zum Finale mit «Outcast» für hüpfende Banger und
rotierende „Pits“ sorgten! (oli)
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Beast In Black
Da das Festival-Billing soweit brüderlich unter uns drei
Schreiberlingen aufgeteilt wurde, bleibt jeweils nach dem
Rauspicken der Präferenzen immer wieder mal eine Arschkarte oder
-bombe übrig. In meinem Fall waren das die unsäglichen Beast In
Black, die ich schliesslich "freiwillig" übernommen habe. Dies
ganz im Wissen darum, dass es mir abermals die Zehennägel
aufrollen wird, und so kam es denn auch! Ungeachtet der sehr
ansprechenden Fanreaktionen war für Unsereins, sprich die
Fotographen, die Arbeit im Foto-Pit wenigstens angenehm. Das war
dann aber auch schon alles, denn einerseits der Eunuchen-Gesang
von Frontsirene Yannis Papadopoulos und andererseits das
überwiegend vorherrschende Speedgeballere wie das obernölende
Keyboard ab Band nagten hart an meiner Aufmerksamkeit für diese
Band. Allerdings vermitteln die Streaming-Werte auf Spotfy einen
einen ganz anderen Eindruck, denn da geht die Post gleich
millionenfach ab! Nur Sabaton vermögen da zu kontern und das
dann aber gleich lockerst! Vielleicht liegt es an meinem Alter,
respektive dem daraus resultierenden "personal taste of music",
wo aktuell erfolgreiche Acts wie eben Beast In Black oder
Sabaton keine Chance haben und auch nie haben werden! Das sah
das zahlreich vor der Bühne stehende und zu einem guten Teil
jüngere Publikum freilich anders und feierte die Finnen
lautstark ab. Seis drum. (rsl)
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Cirith Ungol
Kult besass an diesem Tag einen Namen: Cirith Ungol. Auf diese
Truppe warteten viele, gehören sie doch zu den Bands, die sich
auf dem Live-Sektor über viele Jahre mehr als nur rar machten.
Der Kult-Faktor war aber kein guter Wetterprophet, denn der Gig
musste wegen dem einsetzenden Regen gar kurz unterbrochen (!)
werden. Aber nicht nur deswegen zog der Fünfer wenige Leute vor
die Bühne, sondern auch wegen ihres ziemlich sperrigen Sounds.
Es stand eine Combo auf der Bühne, die eher nach Metal-Rentnern
aussah, denn nach einer Truppe, welche die Möglichkeit nutzen
wollte, sich im besten Licht zu beweisen. Diese Chance wurde
Cirith Ungol klar geboten, aber dafür hätten sie sich mit mehr
Spass in den Backen auf die Stage stellen und eine
Kampfbereitschaft an den Tag legen sollen, dass sich alle Combos
an ihnen hätten messen lassen müssen. Für die eingefleischten
Fans war es dennoch eine Offenbarung, zumal das aktuelle Line-up
seit 2016 durch Night Demon Frontmann Jarvis Leatherby am Bass
und Backing Vocals live unterstützt wird. Für alle anderen bot
sich der passende Zeitpunkt den Hunger und/oder Durst zu stillen
sowie einmal den Metal-Market abzuschreiten, der in diesem Jahr
optisch wie physisch bedeutend weniger Händler bot. (tin)
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Dark Tranquillity
Auf der Hauptbühne ist Abwechslung angesagt, auf der es mit Dark
Tranquillity und schwedischem Melodic Death Metal eine Runde
weiter ging. Die Band hat sich von den tödlich schmetternden
Früh-werken etwas distanziert und musikalisch eine
Weiterentwicklung hingelegt. Teil-weise erinnerte nur noch der
Gesang von Mikael Stanne an Death Metal, ansonsten gab es Rock-,
Metal- und Gothic-Elemente, die sich zu einem sehr
unterhaltsamen Mix zusammenfanden. Dazwischen aber immer wieder
ein paar Abrissbirnen mit Double-Bassdrum-Parts und kraftvollen
Growls. Ich würde mich jetzt nicht als Experte für die
Göteborger definieren, sondern vermochte anhand der Mitsingquote
der Fans zu erkennen, ob gerade ein Klassiker oder ein neuer
Titel aus den Boxen rauschte. So starteten sie mit eher neuem
Material, das aber doch ganz schön heftig einfuhr. Melodischer,
aber nicht weniger hart ging es dann während der zweiten Hälfte
zu Gange. Jedenfalls war der Gitarrensound beeindruckend und
Stanne bestach mit seinen Vocals, die sowohl guttural als auch
clean immer passend zum Song waren. Ich nahm mir während des
Auftritts bewusst vor, zuhause den Jungs etwas mehr
Aufmerksamkeit zu schenken. Spätestens beim Rausschmeisser
«Misery's Crown» gab es für die Fans kein Halten mehr, denn der
Track ist eine verdammte Hymne. So ging der Gig der Schweden zu
Ende und während sie noch winkten und Pleks verteilten,
realisierte ich, dass ich Evergrey in der Messehalle verpasst
hatte. Nun ja, es hat sich gelohnt bei Dark Tranquillity dran zu
bleiben. (oli)
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Krokus
Zuerst haderte ich schon mit der Tatsache, dass es für Krokus
heuer mit der fünften Teilnahme am BYH!!!-Festival nicht doch
noch zu einem der Tages-Headliner gereichte, denn dann wäre der
Set nicht siebzig, sondern mindestens neunzig, wenn nicht gegen
hundert Minuten lang gewesen! Auf der anderen Seite bot sich auf
der "Adios Amigos"-Tour der grössten Schweizer Rockband die
letzte Gelegenheit, nochmals aufzuzeigen, was für geniale Songs
die Combo in petto hat oder hätte, wie dem auch sei. Da ich
Krokus beim "Rock The Ring" in Hinwil (CH) verpasst hatte, lag
der Fokus vor dem CH/Europa Abschluss-Konzert in Zürich am
07.12.2019 klar hier in Balingen, da Wacken im August terminlich
bedingt keine Option darstellte. Somit war ich spitz wie Anton
auf dieses Konzert. Das Anflehen bei Wettergott Petrus hielt
immerhin zu Beginn bestand und liess trockene Bedingungen im
Fotopit zu. Nach den Fotos platzierte ich mich mittig vor der
Bühne und durfte die erhoffte Hammer-Performance geniessen!
Schon nur der Beginn mit dem live vorher noch nie verwendeten
Instrumental «White Din» und als Mega-Opener «Headhunter»
wie überhaupt, wurde von vielen Fans seit Jahren
vermisst. Dass «Long Stick Goes Boom» als langjähriger
Set-Opener auf dem Fusse folgte, war sonnenklar. Zu einem
erfreulich metallisch klingenden Sound und Frontmann Marc
Storace (67) in Topform, lieferten die Eidgenossen Pflicht und
Kür in beeindruckender Art und Weise ab! Den einzigen
Kritikpunkt lieferte letztlich aber die weitgehend gute
Setliste ab. Angesprochen sind unnötige Coverversionen, für die
dann natürlich eigene Songs geopfert werden mussten. Bei allem
Respekt für die künstlerische Freiheit der Musiker und Einfluss
nehmende Bands der früheren Jahre ist es absolut unverständlich,
dass die wertvolle Spielzeit auf der letzten Tour mit an sich
undiskutablen Klassikern der Musikgeschichte wie «Rockin' In The
Free World» (Neil Young) und vor allem «The Mighty Quinn» (Bob
Dylan/MMEB) vergeudet wird! Bessere Alternativen und für Marc
stimmlich stemmbare Songs hätte es zuhauf gehabt. Das sah Petrus
wohl auch so und schickte während «Heatstrokes» abermals Regen
vom Himmel herunter. So zog ich mich ans Trockene zurück und
verzichtete auf den Schlusssong. Der Rest war aber mega und
bewies, dass Krokus erhobenen Hauptes abtreten werden. (rsl)
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Steel Panther
Wer schon mal eine Show der Amis miterlebt hat, weiss, was ihn
erwartet. Songs mit vielen Mädels auf der Bühne und ebenso viel
Gequatsche, welches die Jungs in ihrer Heimat wohl nicht
annähernd so preis geben könnten. Natürlich musste wieder ein
Mädel dem Aufruf folgen ("Mathilda! How old are you? It doesn’t
matter! Mathilda, your eyes are so blue, I wanna fuck you") und
die «17 Girls In A Row» waren natürlich einmal mehr als nur
siebzehn an der Zahl. Logisch wurde erneut erwähnt, dass Lexxi
Foxx in einer Sex-Entziehungskur war, was Selbiger mit seinem
Schmink-spiegel und einem verächtlichen "Shut Up!" abtat. Logisch
wurden die «Fat Girls» als Sexmaschinen bezeichnet und
erwartungsgemäss legte sich Gitarrist Satchel verbal mit Sänger
Michael Starr an, um ihn aber auch sogleich als Sohn von David
Coverdale und David Lee Roth zu loben. Neu war, dass sich
Drummer Stix Zadinia einen Arm im Shirt versteckte und dann
einarmig Schlagzeug spielend «Photograph» von Def Leppard
anstimmte. Nicht mehr ganz so neu war, dass sich Michael kurz
von der Bühne entfernte, weil sein Mikrofon "nicht mehr
funktionierte" und Satchel die Gunst der Stunde nutzte. Dabei
beschrieb er sich als besten Tribut an Randy Rhoads, stimmte
«Crazy Train» an, als plötzlich Ozzy auf die Bühne tapste. Ozzy
in Reinkultur, verstrahlt und sich kaum mehr bewegen zu können,
als er die kleinen Stufe auf die Bühne vom Laufsteg hochsteigen
wollte. Es trieb einem die Lachtränen in die Augen, was die
Jungs wieder alles auf die Schippe nahmen, und selbst wenn man
die Herren schon zum fünften Mal sah, man fand die Show einfach
unterhaltsam. Vorausgesetzt man gehörte nicht dem Verein der
emanzipierten Frauen an, welche sich auf die Fahnen geschrieben
haben, dass Sex und nackte Haut etwas Verwerfliches ist. Steel
Panther polarisieren noch immer und bewegen gewisse Kreaturen
dazu, sich auch wirklich daneben zu benehmen. Aber wer den
Schalk erkennt und weiss, dass sich die Jungs selber nicht allzu
ernst nehmen, hatte an diesem Auftritt, auch wenn sich vieles
wiederholte, seinen Spass. Ganz ehrlich, mir ist eine Steel
Panther Headliner-Show bedeutend lieber als ein seelenloser
Vince Neil, der leider schon vor einer Weile damit angefangen
hat, das musikalische Erbe von Mötley Crüe auf verwerfliche Art
und Weise eigenhändig zu verspielen. (tin)
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Hier gehts weiter zum Samstag
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