Livereview: Black Trolls Over Europe
15. Oktober 2010, Uster (ZH) Stadthofsaal
By Tristan
Uster-far far away… So ähnlich zumindest schien der Freitagabend zu starten. Wer arbeitet kennt das Problem; die Zeit reicht für nichts und auf dem Weg zum Konzert steckt man im Stau mit zu viel Hunger und proportional-umgekehrter Orientierung. Aber Geduld ist eine Tugend, und die wird belohnt: Ein kurzer, persönlicher Rückblick.

Alles hat ein Ende, so auch eine Arbeitswoche. Schön, wenn dann auch noch ein tolles Konzert ist. Blöd, wenn es mehrere sind, bedeutet das doch den erneuten Aufwand einer Entscheidung. Doch auch das wird in Kauf genommen, 10 Minuten nach Ankunft zu Hause geht’s auf die Autobahn nach Zürich-Uster. Aus den eigentlich 50 Minuten werden ein bisschen mehr, da anscheinend andere Menschen den Drang verspüren, das Wochenende als Verkehrshindernis zu beginnen. Nun ja, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. So treffen wir mit einiger Verspätung schliesslich im Stadthaushallehofsaal ein, und sind schon einmal überrascht: Die Security erlaubt einem das Tragen von Jacken genauso wie Bierdosen im Konzertsaal. So wie es sein sollte.

Mit einer frischen Dose schaffen wir es also in etwa der Hälfte von NOMANSLAND in ebendiesen Saal, der ziemlich überdimensioniert wirkt. Die Stimmung verzeichnete aufsteigende Tendenz, die frostigen Riffs der Russen erinnerten an eine folkige Version von Dissection. Songs wie „Storm of Steel“ sprechen für sich. Mit einen Lächeln geht es also in die Pause, Essen holen und Bier trinken.

ADORNED BROOD promoten ihr neues Album, mit „Hammerfeste“ und „Adorned Brood“ legen die Deutschen gleich mächtig Tempo vor, die Stimmung kocht, der Sound ist astrein und die Bühnenpräsenz solide. Ein Defekt am Sender von Frontmann Frost nötigt die Band zu einer ungewollten, kurzen Pause. Gekonnt wird allerdings überbrückt, die Fans kommen in den Genuss von „Drunken Sailor“ und mit „Under Yggdrasil“ wird weitergemacht. Wie unkompliziert die Bands untereinander die Tour verbrachten sah man eindrucksvoll bei „7 Tage“: Alles was irgendwie noch stehen konnte ging auf die Bühne und feierte mit.

Die Trinklaune muss allerdings eingestellt werden, da die Party noch lange nicht vorbei ist: WOLFCHANT aus Bayern stehen an. Die Jungs werden im Netz nicht schlecht gehandelt, so war ich gespannt was mir da geboten wird. Ein paar kurzhaarige Jungs mit Blut und Asche im Gesicht und auf ihren Bäuchen machen allerdings nicht wirklich viel her. Nach dem dritten Song und einem Stupser meiner Freundin erkannte ich dann auch, dass im hinteren Ecken der Bühne ein Keyboard (de)platziert wurde, was für die gesunkene Musikmischung spricht. Der austauschbare Sound, inhaltsloses ideologisieren von nordischen Mythen und das protzige Auftreten veranlasste uns dann zum längeren Besuch des Grillstandes. Nette Bedienung und humane Preise überreden zu längerem Bleiben und einem ersten Fazit: Die Halle beginnt sich langsam zu füllen, das Publikum ist eher jung, die Stimmung familiär.

So auch der Auftritt von BLACK MESSIAH, auch hier merkt man die jahrelange Erfahrung auf diversen Bühnen. „Blutsbruder“ rockt, beim „Söldnerschwein“ gibt es sogar den Versuch einer Wall Of Death. Ärgerlich bei so viel leerem Platz, da man bestimmt einen betrunkenen 15-Jährigen in die Flanke gequetscht kriegt, da halt einfach zu wenig Gedränge für einen stabilen Moshpit herrscht. Auch hier wird nochmals die ganze Bandbelegschaft auf die Bühne geholt für das „Sauflied“, als Rausschmeisser dient „Moskau“. Und dann verabschiedet sich ein grosser Teil auf den Heimweg, da die Züge fahren.

Schade für die, die müssen, toll für jene, die bleiben. Denn die Rumänen von NEGURA BUNGET stehen auf der Bühne. Nach so viel Partysound ist es fast schon ein schwerer Schnitt, auf die progressive Atmosphäre umzusteigen. Die Umbaupause zieht sich ein wenig in die Länge, aber hilft der mentalen Umstellung. Als das Horn beginnt und der Synthi einsetzt wird klar, dass sich das Warten gelohnt hat. Mit Panflöten, Xylophon, Pauke und Holzbrett zeichnet die Band ein Bild, in dem man sich allzu schnell verlieren könnte. Dunkle, mystische Wälder ziehen an einem vorbei, man fühlt den kühlen Nebel der transsilvanischen Berge. Wunderbar und bezaubernd, die Stimmung ist kaum in Worte zu fassen. Auf jeden Fall untermalt der leere Raum die Dichte der Musik. Unbedingt selber erleben!

Und so schliesslich endet ein Abend der Extraklasse, um 2 Uhr geht es auf den Heimweg, der diesmal einiges schneller hinter uns gebracht wird. Hoffentlich haben sich die Jungs vom Rock Rainbow nicht überschätzt mit der Raummiete, es wäre schade wenn es das nächste Jahr nicht mehr klappen würde. Daumen hoch für einen tollen Event!