Livereview: Bullet - Enforcer - Skull Fist - Battalion
20. April 2011, Dynamo Saal - Zürich
By Kissi
Wenn es um traditionellen Metal geht, dann sind die glorreichen 80er immer noch das Mass aller Dinge. Auch die junge Generation hat das nach Verirrungen und Wirrungen in den 90ern und Anfang des neuen Milleniums wieder begriffen. Was daraus resultierte ist eine ganze Reihe neuer, junger Bands, die Lederhosen, weisse Turnschuhe und Doppelleadgitarren für alles andere als veraltet halten und sich auf die New Wave of British Heavy Metal ebenso berufen wie auf den amerikanischen Power Metal der 80er.

Nun mag man diese neuen Bands als Kopien verschreien, als uninspirierten Abklatsch legendärer Originale, doch Fakt ist, dass eben diese Originale ihre letzten Runden drehen. Die angekündigten Abschiede der Scorpions und von Judas Priest sind schmerzhafte Beispiele dafür. Ebenso Fakt ist, dass im Gegensatz zu den langsam in die Jahren gekommenen Veteranen die „Jungen Wilden“ noch reichlich Saft in den Knochen haben. Bestes Beispiel dafür: Bullet, Enforcer und Skull Fist, die im Zürcher Dynamo das Publikum zum Schwitzen und Feiern brachten und zwar „the old school way“.

Battalion
Zu diesen „jungen Wilden“ gehören auch unsere Landsleute Battalion, wobei bei ihnen das Interesse weniger bei der NWoBHM, sondern in der Bay Area liegt. Thrash Metal stand also als erster Gang des Abends auf der Speisekarte. Leider schien das schöne Wetter den Appetit der meisten Besucher noch etwas hinauszuzögern, denn erst eine handvoll Fans fand sich vor der Bühne ein, als die Mannen um Sänger/Gitarrist Silvan Etzensperger mit Songs wie „Thrash Maniacs“ oder „Bullets & Death“ loslegten. Tight und mit reichlich Schmackes dank gutem Sound, gleichzeitig aber bewegungstechnisch wegen der engen Bühne etwas eingeschränkt, konnten sie zumindest die 30, 40 Anwesenden begeistern und zum Mitmachen animieren. Thrash-Nummern wie „Running Alone“ mit Slayer-Anleihen oder das stampfende „Wings of a Demon“ überzeugten auch traditionellere Metaller, wo hingegen sich die Jungs das epische „Stalingrad“ mit seinem kitschigen Erzählpart ab Band hätten sparen können. Ansonsten aber zeigten sich Battalion von der besten Seite, als wahre „Headbangers“, die es ohne Weiteres mit ihren internationalen Mitmetallern aufnehmen können.


Skull Fist
Kanada hat zwar nicht allzu viele, wenn, dann aber virtuose Gitarrenbands vorzuweisen. Voivod, Annihilator, Devin Townsend zum Beispiel. Auch in dieses Raster passen die Youngsters Skull Fist. Durch und durch der NWoBHM verschrieben und somit Doppellead-Licks und Soli im Akkord zockend, boten die Nordamerikaner während ihrer ersten Show sowohl was fürs Ohr als auch was für die Augen. Letzteres lag nicht nur an Trommelfrau Alison Thunderland, sondern auch an Outfit (Lederhosen, Jeans-Chilets, bunte Gitarren) und Performance. Die frenetischen Reaktionen des nun immer vielzähliger werdenden Publikums waren somit alles andere als verwunderlich, auch, da durch und durch klassische Nummern wie „Sign of the Warrior“, „Blackout“ oder „Heavier Than Metal“, eine Nummer, die in den 80ern auf jeden Fall als Hymne abgefeiert worden wäre. Insbesondere Leadgitarrist Sir Shred (besser kann ein Übername nicht passen!) befand sich dabei ständig in Bewegung und nahm zu „Ride the Beast“ gar Sänger und Klampfenkumpel Jackie Slaughter auf die Schultern. Der einen oder anderen Rückkoppelung zum Trotz: „No False Metal“, so ein weiterer Songtitel der Band, das konnte man laut sagen und so werden Skull Fist ihren ersten Auftritt in der Schweiz als vollen Erfolg verbucht haben.

Enforcer
Schon das eine oder andere Mal die Schweiz beehrt haben hingegen Enforcer, zuletzt als Support von Airbourne in Basel's St. Jakobshalle. Dass die Jungs um Sänger/Gitarrist Olof Wikstrand mächtig Zunder im Hintern haben ist unbestritten und wurde auch im Dynamo wieder deutlich. Wie Springbälle bewegte sich der Vierer bei druckvollem und gleichzeitig etwas grellem Sound (wohl gewollt, hört man sich „Diamonds“, ihr letztes Jahr erschienene Zweitling an) über die Bühne, die mit martialisch wirkenden Bannern in schwarz/weiss/rot drapiert war. Vom Stage Acting her top, zeigte sich musikalisch schon bald der einzige Minuspunkt Enforcers: die Gleichtönigkeit. Nicht, dass es Nummern wie „Midnight Vice“; „Roll the Dice“ oder „Take Me to Hell“ an Power und Hooklines fehlen würde und auch spielerisch ist dem Quartett nichts vorzuwerfen. Live jedoch wird man dem ohne Unterbrüche hohen Tempo und dem durchwegs im selben Kreisch- und Schreitimbre eingesetzte Organ Wikstrands schnell überdrüssig. Jedoch schien das Publikum diese meine Meinung eher nicht zu teilen, denn egal ob „Running in Menace“, „Mistress from Hell“ oder „Katana“, Enforcer durften sich über durchwegs enthusiastischen Zuspruch freuen. Trotzdem bleibe ich dabei: Hin und wieder runter vom Gas zu steigen würde den Schweden durchaus gut tun.



Bullet
Weniger Heavy Metal, mehr Rock'n'Roll einfliessen lassen Bullet. Dass man vom Headliner des heutigen Abends nichts anderes als eine waschechte Riff-Party erwarten konnte, stand fest und nichts anderes lieferten uns die Schweden. Vom einleitenden, schnellen „Highway Pirates“, dem Opener des aktuellen Albums gleichen Namens, bis zum traditionell eine jede Bullet-Show beendende „Bite the Bullet“, angeführt vom gewichtigen Krauskopf und Kreissägenstimme Hofer zockten die Jungs nach allen Regeln der Kunst. Dabei stellte Hofer den ruhigen Pol auf der mit einem Bullet-Schriftzug in Glühbirnen dekorierten Bühne dar, während der Rest der Truppe ihrem Bewegungsdrang ungehemmt nachgab. Ob nun Neues oder Altes, mal mehr an AC/DC, mal mehr an Accept Erinnerndes, jeder Song wurde vom Publikum, nun um die 250 Leute, bejubelt, sodass es nicht einfach ist, zu sagen, wer mehr Spass an der Show hatte: das Publikum oder die Band. Gut, auch das Material von Bullet ist nicht das abwechslungsreichste der Welt, doch will man das einer jungen Band vorhalten, während die schon genannten AC/DC oder auch Motörhead dies seit bald einmal 40 Jahren tun? So klatschte und bangte man also zu kreischenden Gitarrensoli und eingängigen Shout-Refrains, wie in „Stay Wild“, „Knuckleduster“ und dem zugegeben zu stark abgekupferten Citylights. Kopie also hin oder her: Wenn Bands es schaffen, mit ihren Gigs und Scheiben ordentlich auf den Putz zu hauen, dann haben sie auf jeden Fall eine Existenzberechtigung, denn um nichts anderes geht es ja in guter Rockmusik.