Irgendwie war dieser Abend nicht so 100 Prozent das Gelbe vom Ei,
oder das erträumte Headbanger-Paradies. Denn obwohl sich sämtliche
Bands sehr Mühe gaben, so etwas wie Stimmung aufkommen zu lassen,
schafften es diese nie, über die ersten zwei „Reihen“ rüber zu
schwappen. Das Publikum verzog sich lieber an die Bar und schaute
von dort passiv zu. Woran das lag, ist schwierig zu sagen, denn
sämtliche Bands verfügten über ein beachtliches Niveau. Auch die
Ausrede, dass die Halle nicht voll genug war, lasse ich nicht
gelten, kam doch bei ähnlicher „Fan-Dichte“ im Z7 schon sehr gute
Stimmung auf. Irgendwie schien das Publikum an einer extrem
ansteckenden Müdigkeit zu leiden. Trotzdem war es ein schöner Abend,
an dem vor allem die Luzerner Hard Rocker Charing Cross überraschend
klar die beste Show gaben.
Crown Of Glory
Keine Ahnung wie oft ich die Power-Metaller Crown Of Glory bereits
live erleben durfte. Klar ist mir aber, dass ich diese Band auch
schon in besserer Verfassung gesehen habe. Ob’s an der im Moment
ungelösten Schlagzeuger-Frage lag (Martin gab den Austritt, und
ex-Schlagzeuger Merz half kurzfristig aus), ist schwierig zu sagen.
Jedenfalls hatten Crown Of Glory auch schon mal mehr Feuer im
Allerwertesten als an diesem Abend. Dies bedeutet allerdings auf
Crown Of Glory bezogen, dass sie immer noch zig Mal besser waren als
manch
andere ähnliche Band. Denn Songs wie „Raven’s Flight“, „Spirit“ oder
„Inspiration“ funktionieren live nicht nur hervorragend, sondern
werden auch fulminant gespielt. Die beiden Gitarristen Markus und
Hungi strickten geschickt gemein-sam mit Philipp einen Soundteppich
aus Rhythmus und Soli, der von Bassist Jonas und Merz am Schlagzeug
getragen wurde. Kommt hinzu, dass Sänger Heinz unermüdlich das
Publikum zum Mitklatschen und Mitsingen animierte und gegen Ende das
Eis auch ein wenig brechen konnte. „Keep The Flame“ und „The Calling“
setzten schliesslich den Schluss-punkt eines Auftrittes, der für
Neulinge toll, für ältere Fans aber eher durchwachsen war. Es bleibt
zu hoffen, dass Crown Of Glory möglichst bald einen permanenten
Schlag-zeuger finden, mit dem sie zusammen mutig und unerschrocken
die „Metal“-Welt erobern wollen.
Dark Sky
Optisch gewöhnungsbedürftig präsentierte sich die bereits 1982 in
Rottweil gegründete Band Dark Sky. Denn Sänger Frank Breuninger
glich mit seiner Vokuhila-Frisur (vorne kurz, hinten lang) eher
einem Schlager- denn einem Metal-Sänger. Hatte man sich aber erst
einmal daran gewöhnt, konnte man die Show geniessen, die
unterstrich, dass hier alte Hasen am Werk waren. Der bereits
erwähnte Frank Breuninger schüttelte
sämtliche Gestiken und Posen der 80er Hard Rock und Metal-Sänger aus
dem Ärmel, als wäre er bereits in diesen Stellungen geboren worden.
Dies unterstrich auch das weisse Flanier-Hemd, womit eine gewisse
Ähnlichkeit mit David Coverdale von Whitesnake nicht mehr von der
Hand zu weisen war. Ganz anders präsentierte sich Gitarrist Steffen
Doll, der eher in sich gekehrt lächelnd sein Instrument bearbeitete
und ab und zu zum Bassisten Winny Zurek, zum Keyboarder Claudio
Nobile oder zum Schlagzeuger Uwe Meyer hinüber strahlte. Der
Publikums-Anmarsch vor der Bühne hatte mit Dark Sky sein Abendtief
erreicht und wollte sich auch im Verlaufe des Auftrittes nicht
ändern. Was aber auch daran lag, dass anders als Heinz von Crown Of
Glory zuvor, Breuninger kaum Ansagen machte oder das Publikum
animierte. Die Lieder bewegten sich in der Melange irgendwo zwischen
Hard Rock und Melodic Heavy Metal. Dank den matschigen
Soundeinstellungen ging vor allem die Leadstimme unter. Was aber
vielleicht auch gewollt war, klang diese doch eher dünn und
kraftlos. Dies störte vor allem beim Coversong „Maniac“. Umso
überzeugender waren denn auch die Backing-Vocals, die von allen vier
Instrumentalisten gesungen wurden. Insgesamt lieferten Dark Sky
einen guten Auftritt mit anständigen aber nicht überragenden
Liedern, bei welchem mit ein wenig mehr Mut zur Animation noch
einiges drin gelegen wäre.
Charing Cross
Dass man trotz technischen Pannen zum Tagessieger werden kann,
bewiesen anschliessend Charing Cross. Denn als die Band buchstäblich
die Bühne stürmte, lief über die Publikumslautsprecher noch
Pausenmusik.
Ein Blick auf die Band machte allerdings klar: Hier hat der „Ernst
des Lebens“ begonnen. Hoch motiviert schleuderten Charing Cross
„Final Day“ ins Publikum und sorgten mit dem obligatorischen
Akkubohrer-Gitarren-Solo für gute Laune. Am Schlagzeug gab der
Neuzugänger Riodi Walter den richtigen Rhythmus an. Und hielt immer
dann seine Kameraden zurück, wenn diese mal wieder Aufgrund eines
Adrenalin-Schubes zu schnell spielen wollten. Sänger Peter Hochuli
brachte mit seinen spontanen Ansagen gute Laune ins Publikum und
überzeugte in allen Tonlagen. Dazu kam eine Spielfreude, die man an
diesem Abend nur noch eingeschränkt bei China wieder erleben durfte.
Charing Cross spielten sich definitiv in eine neue Liga. Dies wurde
dann auch mit dem grössten Publikums-aufmarsch und den meisten
Reaktionen belohnt. Mit „Ain’t Got No Time“, „Back For Attack“ oder
dem finale „Kick Ass Rock’n’Roll“ gaben sie ein Versprechen ab, dass
wohl noch lange nachhallen wird. Dem nämlich, auch künftig immer
Vollgas zu geben, egal wie viele Personen vor der Bühne stehen.
China
Mit China stand zum Schluss des Abends eine Band auf der Bühne, die
Ende der 80er Jahre das Potential hatte, Krokus in Sachen Erfolg zu
beerben. Die Geschichtsbücher wurden allerdings anders geschrieben.
Geblieben sind die hochklassigen Lieder von vier Alben, die neu auch
auf dem Best Of-Album „The Very Best Of CHINA“ zu hören sind.
Speziell an der Karriere von China ist, dass sich insgesamt fünf
Sänger die Klinke in die Hand gaben, und jeder in Form eines
Tonträgers nachhaltig Spuren hinterlassen hat. Nachdem die Band 1995
aufgelöst wurde und 2000 eine kurze Stipvisite gab, sind sie seit
dem Heaven And Hell-Konzert 2007 wieder auf den Schweizer Bühnen
unterwegs. Mit dabei ist der Sänger des dritten Albums Eric St.
Michaels. Dieser gab sich trotz grauen Haaren im Transilvania keine
Blösse und sang wie ein kleiner Gott. Zwar transponierte er einige
Lieder seiner Vorgänger ein wenig in die Tiefe, konnte aber auch in
der Höhe überzeugen, wenn er wollte. Zudem tänzelte er zu Songs wie
„Medecine Man“, „Rock City“ oder „In The Middle Of The Night“ auf
der Bühne rum. Bei „Lonely Rider“ schnallte sich St. Michaels die
Akkustik-Klampfe rum und sorgte damit für ruhige Momente im
hard-rockigen Programm. Ebenfalls stark waren Gitarrist Claudio
Matteo, Bassist Brian Kopfmehl und Schlagzeuger Billy La Pietra. Sie
zeigten, welchen Spass ein eingespieltes Team
auf
der Bühne entwickeln kann. Aber auch hier wollte die Stimmung nicht
über die erste Reihe rüberschwappen. Besonders augenfällig wurde das
im mittleren Teil des Sets, wo China scheinbar schlicht die falschen
Songs anspielten. Das ganze konnte allerdings mit den neuen Lieder „Stay“
und „Girl On My Screen“ und mit dem Klassiker „All I Do Is Wait“
gerettet werden. Dabei fragte man sich ernsthaft, wieso China denn
nicht in den üblichen Radios gespielt werden. Denn die
letztgenannten Lieder verfügen über die dafür nötige Eingängigkeit
und Kurzweiligkeit. Mit dieser offenen Frage endete schliesslich ein
Konzert, von dem ich vom Publikum mehr erwartet hatte, dafür umso
mehr von China selber überzeugt wurde. Es bleibt abzu-warten, ob die
Band mit ihrem für den Herbst/Winter angekündigten Album nochmals
ein kleines Erdbeben auslösen kann. Das Potential ist
augenscheinlich, aber das hatten wir bereits einmal…
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