Livereview: CoreLeoni - Maxxwell

04. Dezember 2019, Pratteln - Z7
By Tinu
Der Winter hat uns wieder. Es ist schweinekalt und die Fans frieren vor dem Einlass ins Z7. Was ihnen an diesem Abend aber im Prattelner Konzerttempel geboten wurde, liess jedes Hardrock-Herz erwärmen. Ja, es gibt sie noch. Die tollen Vorbands, welche dem Headliner das Leben schwer machen und der Hauptact sich mächtig ins Zeug legen muss, um nicht an die Wand gespielt zu werden. Doch der Reihe nach…

Maxxwell
…die Innerschweizer Maxxwell starteten kraftvoll mit «She Is Mine» und «Back Again». Von der ersten Sekunde an stand eine Einheit auf der Bühne, der man die vielen Livekonzerte der Vergangenheit anmerkte. Also nichts von lustloser Routine, sondern hier stand eine gefährliche Bestie auf der Bühne, die keine Gefangenen machen wollte. Ob dies Drummer Oli war, der sich mit seinem kraftvollen Spiel oder seinen Gestiken und Mimiken wie ein Sänger präsentierte, Adrian, der mit Power auf seine vier Saiten einschlug und für den perfekten Rhythmusteppich sorgte oder die Gitarrenfront mit Hef und Cyril… Die Truppe rockte, als gäbe es kein Morgen. War Hef der eher sich auf sein Gitarrenspiel und seine Solos konzentrierende Saitenakrobat, ging Cyril einmal mehr ab "wie 'nes Zäpfli". In der Mitte Gilberto, der sehr gut sang, aber noch immer mit seinen Ansagen zu "kämpfen" hat. Der Rest? Das war Hardrock pur mit internationalem Hitpotenzial. Hier hört man keine «ich-spiele-in-einer-helvetischen-Band-und-habe-deswegen-einen-Bonuspunkt»! NEIN! Maxxwell glänzten mit Liedern, welche auf der einen Seite ein leicht modernes Flair besitzen, auf der anderen Seite aber auch sehr traditionell klingen und zu guter Letzt ganz einfach Tracks sind, die einen sofort mitreissen und packen. Das Quintett besteht aus Arbeitstieren, die authentisch sind, mit "blood, sweat and tears" ihr Handwerk zelebrieren und zu Recht zu den grossen Vier (Krokus, Gotthard, Shakra, CoreLeoni) aufgeschlossen haben. Ihr Sound überzeugt in einer eigenen Nische mit Wiederkennungsgrad, was die Jungs zusätzlich noch sympathischer macht. Die Truppe hat mehr Erfolg verdient und dies nicht nur, weil man mit Tracks wie «Slapshot», «Heads Or Tails» oder «Queen Of The Night» geiles Material am Start hat. Für mich der klare Gewinner an diesem Abend!


CoreLeoni
Wieso die Gewinner nicht CoreLeoni waren? Gute Frage, die nicht so einfach zu beantworten ist. Denn die Herren um Leo Leoni boten wie gewohnt eine ganz geile Show, rockten ohne Ende und führen mit Ronnie Romero einen unglaublichen Shouter in den eigenen Reihen. Der Chilene sang wie ein Gott, braucht sich nicht hinter der Vorgabe von Steve Lee zu verstecken und strahlt dieses typische, italienische Lausbuben-Flair aus. Auch, wenn hier der südländische Pathos ein bisschen zu "unrockig" wirkte und das Theatralische dem Kern des Rocks etwas die Wurzeln nahm. Am Ende der Show war alleine die Gesangleistung von «I'm On My Way» ein Gänsehautmoment, wie man ihn heute nur noch sehr selten zu hören bekommt. Wie auch der kurz eingespielte Moment von Queens «We Will Rock You», bei dem sich Mister Romero wie ein keiner Freddie Mercury präsentierte.

Gotthard-Gitarrist Leo ist erneut "on his way" und kann endlich wieder rocken, frei von der Leber weg. Etwas, das ihm mit seiner Stammband in den letzten Jahren immer schwerer fiel, da der Kommerz Gotthard in eine etwas "Hausfrauenrock" tauglichere Richtung trieb. Bei CoreLeoni lässt der Tessiner wieder das Tier aus sich raus und rifft und soliert, wie er es immer wollte. Zusammen mit dem ehemaligen Gotthard- und U.D.O.-Gitarristen Jgor Gianola bilden die Beiden ein tolles Team, das sich die Melodien und die solistischen Kabinetteinlagen förmlich zuspielt. Dies vor einem simplen Bühnenaufbau. Frei nach dem Aerosmith-Motto "let the music do the talking" spielten die Herren unbekümmert auf. Dass man dabei aber gleich die ersten vier Tracks vom zweiten Album am Stück spielte («Standing In The Light», «Love For Money», «Open Fire» und «Angel»), raubte dem Ganzen ein bisschen die Spontanität, die dann aber mit «Firedance» sprichwörtlich zurück kam. - Ansage Leo: "Are you ready to dance? It's not a DJ Bobo concert! It's Firedance" - Während diesem Song liessen es sich Jgor und Leo nicht nehmen, das Solo im Publikum zu spielen, was den verdutzten Besuchern fast die Handys aus den Händen fallen liess.

Wie auch schon Maxxwell, posten CoreLeoni ohne Ende und liessen dabei das grosse ABC der Rockperformance auflodern. Dazu "knarzte" der Bass von Mila wie jener von Lemmy und Nikki Sixx und verlieh dem Sound unheimlich Druck. Ein in meinen Augen völlig vergessener Gotthard-Hit ist «Cheat & Hide», der bei CoreLeoni in einem etwas anderen Licht wieder zu Ehren kommt. Oder der eigentliche Cobra-Song «I'm Your Travellin' Man», den Ronnie am Ende mit einer kleinen David Coverdale Interpretation ("...uhh Baby!") sang. Auf die Frage von Leo, ob Ronnie auch eine Michael Jackson Version vortragen könne, wurde dies zuerst mit Gelächter und dann mit hohem Gesang quittiert. Der Spass hat bei CoreLeoni nicht aufgehört zu leben, was der Band ein unglaublich nahes und sympathisches Flair gibt. Mit «Sister Moon» und dem völlig unterbewerteten «Make My Day» sowie dem Medley aus «She Goes Down», «Fist In Your Face» und «Mighty Quinn» wurde der offizielle Teil beendet. Ein Set, das dank der Gotthard-Songs sehr erdig wie natürlich klang und mit den eigenen Tracks «Queen Of Hearts» und «Don't Get Me Wrong» bestens abgerundet wurde. Herausragend beim offiziellen Set natürlich «Mountain Mama», der einmal mehr bewies, wie gnadenlos ergreifend ein einfaches Riff noch immer sein kann. Mit dem schnellen «Hunter» und dem schon fast autobiografischen «I'm On My Way» wurde das Konzert beendet, das… ein sehr tolles war, aber dasjenige von Langenthal im März 2019 nicht toppen konnte. Trotzdem ein sehr toller Abend mit zwei Schweizer Bands, bei denen man sich nicht um die heimische Musikkultur sorgen muss.

Setliste: «Standing In The Light», «Love For Money», «Open Fire», «Angel», «Queen Of Hearts», «Firedance», «Cheat & Hide», «Don't Get Me Wrong», «I'm Your Travellin' Man», «Mountain Mama», «Drum Solo Alex Motta», «Sister Moon», «Make My Day», «She Goes Down/Fist In Your Face/Mighty Quinn» - «Hunter», «I'm On My Way»