Livereview: Dark Tranquility - Poisonblack - Fear My Thoughts
08. November 2008, Winterthur Salzhaus
By Toby S.
Was für ein Package! Das war einer meiner ersten Gedanken, als ich das Line Up für ein Konzert, das sich praktisch vor meiner Haustür ereignet, zu Gesicht bekam. Und dazu war es noch die einzige Schweizer Show von Dark Tranquillity, was den Reiz des Gesamten noch um Einiges erhöhte. Der Abend wurde dann auch sehr interessant und abwechslungsreich, was nicht nur an den Bands, sondern auch am Massenverhalten des Publikums lag. Doch lest und urteilt selbst.

Fear My Thoughts
Unbemerkt und ohne Ansage enterten die Jungs aus unserem nördlichen Nachbarstaaten die Bühne, und sie gaben von Anfang an ohne zu zögern Vollgas. Dass sich eher Die Hard-Fans und einige Schaulustige denn das gesamte Salzhaus, welches bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal halbvoll gewesen ist, vor der Bühne versammelt hatten, machte ihnen scheinbar nichts aus. Ihre Mischung aus derberem Metal, welcher durchaus auch gewisse Ähnlichkeiten mit dem von den Headlinern hatte, sowie dem Shout- und Cleangesang von Fronter Martin war mehr als nur ansprechend, was sicherlich auch an der Art und Weise lag, wie die Deutschen unter anderem ihr neuestes Werk „Isolation“: Ambitioniert, voller Spielfreude und mit einer gehörigen Portion Arschtritt-Mentalität. Zwischen den Songs gab es immer wieder Interaktionen mit dem Publikum, wobei man merkte, dass es die Band mehr als nur genoss, ihre Songs zu präsentieren. Mit einem Abschiedsgruss und dem Wunsch nach viel Spass mit Poisonblack und Dark Tranquillity verliessen Fear My Thoughts nach einer gefühlten halben Stunde das Podium und liessen die Umbauarbeiten beginnen.

Poisonblack
Diese dauerten zum Glück nicht allzu lange, und vor einem deutlich grösseren Publikum, darunter auffallend viele Schwarzkittel, legten sich die Finnen um Ex-Sentenced-Sänger Ville Laihiala ins Zeug. Dass sich der Sound von der ersten bis zur aktuellen, dritten Scheibe stark verändert hat, dies wurde ja schon in meiner Rezension zu „A Dead Heavy Day“ deutlich gemacht. Doch wie würde diese rotzige, rockende Power live bestehen, und vor allem: Wie erklingen die alten Songs, wenn sie nun nicht mehr vom Charon-Sänger J. P. Leppäluoto interpretiert werden? Die Antwort darauf lautet wie erwartet: anders. Nicht schlecht, nicht hervorragend super, sondern irgendwo dazwischen. Nur schon die stimmliche Umstellung von „Lust Stained Despair“ zur aktuellen Scheibe war Gewöhnungssache, und doch erklingt eben alles wieder anders, wenn die Chose live dargeboten wird. Egal, Ville schien seinen guten Tag zu haben (und auch ein wenig beschwipst zu sein, was ja bei den Finnen zur Grundausstattung gehören kann), er sang klar und deutlich, beinahe schon nicht mehr ganz so rau und rockig, aber absolut passend (an dieser Stelle kann definitiv ein Kompliment an die Tonfritzen gemacht werden, der Sound war sehr gut abgemischt). Alle Bandmitglieder schüttelten sich regelmässig die Rübe ab, und Ville liess es sich nicht nehmen, auch mal mit dem Rücken zum Publikum und quasi mit dem Drummer zu spielen. Songmässig ging man auf Nummer sicher, mehrheitlich die neueren Stücke kamen zum Zuge aber auch ein paar ältere Nummern wie „Rush“ oder „Soul in Flames“. Zwischendurch wurden so nette Ansagen gemacht wie: „Enough with the bullshit, we’ve got 45 minutes to play!“ Und diese Zeit nutzten Poisonblack definitiv aus und boten zwar nichts Weltbewegendes, aber eine starke und professionelle Show.

Dark Tranquillity
Während einer weiteren Umbau- und Wartepause leerte sich der Bereich vor der Bühne nicht wirklich, sondern wurde im Gegenteil immer voller. Schlussendlich, als der Main Act endlich seinen wuchtigen Auftritt begann, wurde die Menschenmasse dermassen dicht, dass an ein Vorwärtskommen gar nicht mehr zu denken war. Wer bei Poisonblack zuvorderst gewesen war, der konnte sich nun kaum noch bewegen, es war gerammelt voll. Die Organisatoren des Salzhauses hatten aber glücklicherweise daran gedacht und eine Videoeinspielung auf die Leinwand bei der Bar veranlasst. So konnte zumindest in einigermassen unbeengten Verhältnissen die Show genossen werden, welche es definitiv wert gewesen ist, betrachtet zu werden. Die Jungs gaben von Anfang an Vollgas und legten sich ins Zeug, als gäbe es kein Morgen mehr. Mit einer Wuchtigkeit, die ihresgleichen suchte, bretterten die Jungs durch das metallische Unterholz, während sich Fronter Mikael Stanne wütend übers Mikro hermachte. Der gute Mann klang noch härter als auf den Scheiben selbst und brachte so das nötige Feeling auf für Tracks wie „The Lesser Faith“ oder „Lost To Apathy“. Das Publikum ging gut mit und feuerte die Band an, alles zu geben, was definitiv auch der Fall gewesen ist. Und so ging ein sehr schöner Abend zu Ende, wobei aber das Gefühl zurückblieb, dass man entweder weniger Leute hätte ins Salzhaus lassen oder dass die Location hätte gewechselt werden sollen, welche mehr Fans ein entspannteres Konzerterlebnis geboten hätte.