Livereview: Decapitated - Heart Of A Coward

07. April 2016, Zürich - Dynamo Werk 21
By Natalia N.
In diesem Frühling begab sich die Technical/Death Metal-Band Decapitated unter dem Namen ‚Blood Mantra Across Europe 2016‘ auf Tournee. Es ist nicht so schlimm, dass es schon zwei Jahre her ist, seit sie ein neues Album heraus gebracht haben. Decapitated sind für ihre Materialqualität berühmt. Deswegen, auch wenn ihre Setliste nur aus alten Liedern bestehen würde, sollte man sich ihren Auftritt ansehen. Ausserdem spielen seit 2014 ein neuer Schlagzeuger und Bassist in der Band mit. Deswegen fand ich es interessant, die Truppe in der neuen Besetzung zu erleben. Das Konzert fand im kleinen Dynamo Werk 21 in Zürich statt. Als Vorgruppe der berühmten Polen spielte die britische Metalcore-Band Heart Of A Coward.

Heart Of A Coward

Um 20.15 Uhr kamen Heart Of A Coward auf die Bühne. Die Band bemerkte wohl die Unterstützung im Zuschauerraum, fühlte sich gleich mit Energie aufgeladen und bombardierte die Halle mit mächtigen Breakdowns. Die Band existiert noch nicht lange, aber sie ist wegen hoher Memberfluktuation gezwungen, sich im Eiltempo zu entwickeln. Seit 2011 hat die Band eine neue Besetzung, und ihre Musik wurde noch technischer, indem man Djent- und Mathcore-Musik zu spielen versuchte. Real spürte man diese Stilmischung auch am Konzert. Erstens schaltete der Sänger ab und zu auf reines Vokalsingen um und vergass dabei beinahe, dass es extrem klingen sollte. In solchen Momenten konnte man seine Aufmerksamkeit dem Gitarrenspiel schenken und sich ziemlich progressive Solo-Parts anhören. Sänger Jamie sang früher in einer Melodic/Death Metal-Band, deswegen beherrscht er das Growling ziemlich gut. Solches Material wurde meiner Meinung nach schon immer besser vom Publikum angenommen. Aber ehrlich gesagt fiel mir nichts Eigenartiges am Schaffen dieser Band auf. Mag sein, dass Heart Of A Coward immer noch auf der Suche nach ihrer persönlichen Note sind. Fast am Ende des Auftrittes kündigte der Sänger das letzte Album der Band an. Er fügte hinzu, dass die Band zum ersten Mal in Zürich auftrat und auch sehr froh darüber war. Das Publikum unterstützte die Musiker mit Beifall. Der Auftritt dauerte circa 45 Minuten.


Decapitated

Gegen 21.30 Uhr war alles bereit für den Auftritt von Decapitated. Zu diesem Zeitpunkt war die kleine Raum voll, aber ich fand versuchsweise heraus, dass der Sound beim Ausgang besser als vor der Bühne war. Deswegen war auch etwas Angenehmes dabei für diejenigen, die weiter weg von der Bühne standen. Ausserdem nutzte Sänger Rafal ‚Rasta‘ Piotrowski die kleine Bühne aus, so dass er von allen Ecken her gut zu sehen war. Aber um die Arbeit des Bandgründers Waclaw ‚Vogg‘ Kieltyka – dem Gitarristen mit dem finstersten Gesicht der Welt - zu betrachten, sollte man sich nach vorne drängeln. Ich muss beifügen, dass die Band die Bühne nicht gleich betrat. Circa fünf Minuten lang hörte man ein ziemlich schönes Sinfonie-Intro mit weiblicher Opernstimme, erst danach erklang ein Geräusch-Intro vom letzten Album. Eine Stunde lang spielte die Band das Material der letzten Jahre, das durch Prog, Polyrhythmik und Groove-Soundbeimischung gekennzeichnet war. Es schien mir, dass die Band die kompliziertesten Kompositionen ausgewählt hatte. Als Apotheose der progressiven Musik kann man wahrscheinlich «The Blasphemous Psalm To The Dummy God Creation» bezeichnen. Meiner Meinung nach sollte man während des Auftrittes progressive und technische Songs mit klassischem Material dieses Genres abwechseln. Die Klassik erlaubt dem Publikum nämlich etwas Erholung, denn zu Polyrhythmen ist es sehr schwer, Headbanging zu betreiben. Nur nach einer halben Stunde des Auftrittes teilte der Sänger erfreut mit, dass man nun das alte Material, das vor fünfzehn Jahren komponiert wurde, zu spielen vorhabe. Wahrscheinlich war «Spheres Of Madness» gemeint. Und ich würde meinen, dass das Publikum dadurch eine zweite Verschnaufpause bekam. Natürlich braucht man unbedingt Old School-Musik auf der Setliste, wenigstens in solchen Mengen! Zum Schluss ist anzumerken, dass Vogg Kieltyka eine sehr starke Besetzung zu verdanken ist. Der Schlagzeuger Michal Lysejko erfreute mich besonders, aber der Bassist Pawel Pasek sah im Vergleich zu den anderen Musikern irgendwie unsicher aus. Ich glaube, dass die Zeit langsam reif ist, um über eine Veröffentlichung des neuen Albums nachzudenken.