Livereview: Despised Icon - Whitechapel - Escape From Sickness
23. Juni 2009, Werk 21, Zürich
By El Muerte
Despised Icon aus Vancouver / Kanada zählen sicherlich zu den momentanen Siegern in Sachen Deathcore. Nicht nur, dass die Band in ihrem Heimatland ordentliche Absatzzahlen verzeichnen kann, und nebst drei Studioalben bereits eine hochqualitative Live-DVD auf dem Markt hat, ihre technisch höchst anspruchsvolle Mucke findet auch in extremeren Gefilden Zuspruch - Eine perfekte Ausgangslange, um die Band mal live genauer unter die Lupe zu nehmen. Ob das Werk21 der ideale Austragungsort für diese Show ist, darüber hätte man im Vorfeld noch streiten können - die Besucherzahlen sprachen aber klar Bände: Die Location platzte beinahe aus allen Nähten, hier wäre ein Ausweichen ins Dynamo eigenlich unumgänglich gewesen. Weshalb Leech&Redda die Show trotzdem im stickigen Keller steigen liessen, ist mir an dieser Stelle völlig schleierhaft.

Escape From Sickness
Den thurgauern von Escape From Sickness kam die Ehre zu teil, den Abend zu eröffnun - Im Nachhinein betrachtet, hätte ich die kommenden 40 Minuten aber locker überspringen können. Tatsächlich habe ich selten eine so von sich eingenommene Band über ein Schweizerisches Parkett hüpfen sehen. Nicht dass mir einer nahe stellt, ich würde lokale Acts nicht supporten… Aber dieser Auftritt? Nein, das kann's nicht sein. Während die Mucke des Quintetts aus sinnlos zusammengewürfelten Breakdowns zu bestehen schien, vermochte die Band die ganze Sache nicht mal technisch sauber rüberzubringen. Breaks verfehlten die Wirkung, Leads wurden schräg gespielt, Grooves kamen nicht mal im Ansatz an. Bei all den akustischen Missetaten waren sich Escape From Sickness dann auch noch nicht zu schade, das ganze mit übelstem Gepose zu unterlegen - Sorry, aber nein danke. Als dann in der Mitte des Sets Fronter Donnay eine Ansprache hielt, um darauf aufmerksam zu machen, dass 'wir' in der Welt da draussen nicht akzeptiert werden würden, wollte ich beinahe ein 'Ist ja logisch!' zurufen… Next Band, please!

Whitechapel
Whitechapel korrigierten bereits in der ersten Sekunde des Gigs den schrägen Beginn des Abends - Ihre Mucke kam prächtig druckvoll aus den Boxen geknallt, die Band ackerte wie bescheuert, und die Reaktionen des mittlerweile vollgestopfen Konzert-Raumes schwangen sofort ins Positive um. Wieviel Sinn drei Klampfen bei einer Deathcore-Band machen, das muss an einer anderen Stelle ausdiskutiert werden - Fakt ist, dass Whitechapel mehr als genügend Druck erzeugten, um die Location in ihren Grundfesten zu erschüttern… An dieser Stelle definitiv ein fettes Kompliment an den Tonmenschen. Weniger erfreulich war allerdings das Gehabe der Vollidioten im Pit - Slamdance hat sich blöderweise schon ein Weilchen etabliert, aber bei diesem Gig trieb der ganze Scheiss seine hässlichsten Blüten: Wenn über den Abend drei Schlägereien aufkommen, und etliche Besucher Fusstritte und Faustschläge kassieren, dann sollte eingeschritten werden. Zumal diese Spackos definitv keine Extratickets bezahlt haben, um genügend Platz für ihren bescheuerten Sport zu haben. Ich möchte an dieser Stelle einfach noch mal gerne darauf hinweisen, dass normale Konzertbesucher wegen der Live-Mucke anreisen - Wer sich diesem Erlebnis bewusst in den Weg stellt (Und dann noch in einer so engen Location!), hat da nix verloren. Whitechapel ballerten sich derweil zwar etwas höhepunktlos, aber äusserst effektiv durch ihre 45 Minuten Auftrittszeit. Das Publikum roch den Braten dann auch relativ schnell, und unterstütze die Band nach kräften. Sehr feine Sache, da bin ich sicher wieder dabei!

Despised Icon
Despised Icon schliesslich sollten für den eigentlichen Höhepunkt des Abends sorgen. Blöderweise hatte das Soundgewand bei ihrem Auftritt etwas an Wucht verloren, aber das Tat dem Gig definitiv keinen Abbruch. Hielten sich die Headbanger während Whitechapel noch etwas zurück, so wurde nun endlich das Haupthaar geschüttelt, was das Zeug hielt. Die Mitte des Saales wurde zwar nach wie vor von der selben Ladung Vollidioten beackert, ansonsten hatten sich die Besucher mittlerweile mit der engen Situation abgefunden, auch wenn das der Stimmung nicht gerade besonders dienlich war. Die Band bretterte sich derweil durch Material aus beinahe sämtlichen Veröffentlichungen, und präsentierte dabei gegen Ende der Show noch zwei neue Stücke der gerade eben fertig gestellten vierten Studio-Scheibe. Die technische Raffinesse des Sechsers kam dabei voll zum Zuge, hier wurden Lick um Lick und Fill um Fill gnadenlos in die Instrumente geprüglet, während die beiden Fronter Alexandre und Steve an vorderster Front Schwerstarbeit verrichteten. Als die Band gegen 23h00 den letzten Song beendete, waren die Temperaturen im Werk21 schon lange weit über die Grenze des Angenehmen gestiegen. Die Jungs bedankten sich erneut für den Gig, und das Publikum reagierte ein letztes Mal äusserst zufrieden über die dargebotene Leistung. Ich würde spontan meinen, dass da klar noch mehr dringelegen wäre, aber für einen Dienstag Abend wollen wir mal nicht kleinlich sein.

An dieser Stelle möchte ich noch mal kurz auf eine weitere ziemlich nervende Spezies Konzertbesucher hinweisen – Nebst den Prügelspackos aus dem 'Pit' hat sich über die letzten Jahre noch eine weitere Sorte Vollidioten in die Reihe der komplett deplatzierten 'Fans' eingereiht: Ich präsentiere… den 'Hardcorespacko'. Das ist die Sorte Idiot, die sich in der ersten Reihe am Geländer / Monitor festkrallt, den Platz bei geringster Berührung mit Ellbogenschlägen verteidigt, die Fresse auf 'sensationell Ernst' einstellt, die Sänger der angehimmelten Band pausenlos fixiert, um dann schlussendlich die drei sorgfältig vor dem Spiegel zuhause eingeübten Zeilen mitzugröhlen - Und um gleich darauf selbstverständlich wieder in den True-Zustand zu versinken, und über die soeben vollbrachte Glanzleistung zu schwelgen. Als ich das letzte Mal mein Buch des Metal aufgeschlagen habe, ging's noch darum, eine gute Zeit zu verbringen, und zusammen die Sau rauszulassen. Aber was weiss ich schon…