Livereview: Europe - China - Unchain
25. Januar 2010, Zürich Volkshaus
By Rockslave (rsl) & André G. (and) - Pics by Rockslave & André G.
Mit der Rückkehr im Ur-Lineup vor sechs Jahren und dem überraschend guten wie gleichzeitig etwas düsteren Comeback-Album «Start From The Dark» gelang den einstigen Chart-Stürmern aus Schweden die überzeugende Rückkehr in den Rock'n'Roll Zirkus. Sowas kann aber schnell wieder vorbei sein, doch Europe haben es verstanden, die Magie der Vergangenheit mit dem aktuellen Songwriting gekonnt zusammen zu bringen. Dies wurde in der Folge durch brillante Konzerte eindrücklich unter Beweis gestellt. Showtechnisches Glanz und Gloria der goldenen Tage wurde vollständig in der Mottenkiste gelassen. Statt dessen regiert(e) vor allem die Musik und dessen Darbietung, was mitunter zum Besten gehörte, was man je von den Nordländern gesehen hatte. Gemäss dem Motto weniger ist mehr, verfolgten Joey Tempest und seine Jungs den eingeschlagenen Weg weiter und brachten 2006 mit «Secret Society» ein weiteres Hammer-Album heraus! Der Auftritt hier im Volkshaus avancierte im Januar 2007 nicht unerwartet zum Live-Highlight des ganzen Jahres. Die gleichen Vorzeichen setzt nun das aktuelle Album «Last Look At Eden». Als Support standen mit den (zurück gekehrten) China und Unchain gleich zwei Schweizer Combos auf der Bühne. (rsl)

Unchain

Die sympathischen Party-Rocker aus dem Berner Seeland, die sich vor ein paar Jahren mal Mines nannten, sind nun seit zwei Jahren in der jetzigen Formation mit Sänger Tom, Marco und Mike an den Gitarren sowie Bassistin Emi und Drummer Pasi fleissig in der Schweizer Club-Szene unterwegs. Diverse Auftritte vor bekannten Bands/Interpreten wie Uriah Heep oder Steve Lukather (Ex-Toto) und entprechend idealen Anlässen wie dem Biker-Treff in Sumiswald festigten den Ruf als versierte Live-Band. Seit je her wird die Fahne des Rock'n'Roll hoch gehalten und normalerweise tut man das mit abfeiernden Fans am liebsten. Heute Abend war die Kulisse (zu der Zeit, als Unchain auf die Bühne kamen) aber ziemlich spärlich und gerade mal ein paar Dutzend verloren sich im Stehplatzbereich des Volkshauses. Selbstsprechend war der Balkon heute Abend demnach geschlossen, was angesichts des hochkarätigen Head-liners schon als Enttäuschung abgebucht werden musste. Unchain liessen sich davon jedoch keinesfalls entmutigen und legten gleich mal flott mit «Back Against The Wall», dem Opener vom neuen Album los. Grundsätzlich im Fahrwasser von Angus & Co. agierend, varieren Unchain ihren Sound auf dem neuen Album etwas und lassen auch mal puren Rock vom Stapel, der aber nicht etwa in die alternative Ecke abdriftet. Gepaart mit der sichtlichen Freude auf der Bühne, zogen der Berner ihre 30 Minuten straight durch. Die wenigstens etwas grösser gewordene Fanschar applaudierte immerhin freundlich und auch die gelegentlichen Ansagen von Tom blieben nicht gänzlich ungehört. Zum Schluss gab es mit dem ebenfalls auf der neuen CD «Plug & Play» stehenden Cover-Version «Rockin' In A Free World von Altmeister Neil Young nochmals was Grooviges auf die Ohren. Mein Fazit: zweifellos ambitioniert und erdig, aber wenn man die Energie des Tonträgers hört, fehlt davon auf der Bühne einfach was. Vielleicht lag es an der zu moderaten Lautstärke, an den Songs sicher nicht! (rsl)

Setliste: «Back 'Gainst The Wall» - «Second Wind» - «Somebody» - «Burn» - «Going To The Clubs» - «Hills» - «Rockin' In A Free World».

China
An zweiter Position waren die Jungs um Eric St. Michaels und Claudio Matteo an der Reihe, die Betriebstemperatur vor Ort zu steigern. Mit «Rock City» legten sie direkt und kraftvoll los. Aber schon im ersten Song einen Mitsingpart? Na ja, es klappte eher verhalten. Die Jungs haben einen neuen Silberling (Album Nummer 5) auf dem Markt und wollten auch diesen gut promoten. Deshalb gab es einige neue Tracks auf die Lauscher. Diese sind gut gemacht und wissen zu gefallen. China haben ihre Stärken nicht vergessen und somit sind sie im alten Gewand verblieben. Die Zuschauer kannten die Stücke eher noch nicht und von daher war die Stimmung etwas gedrückt. Applaus konnte die Band aber immer für sich verbuchen. Als Eric die Akustik Gitarre umschnallte, kam bei mir die Frage hoch, ob es das in 30 Minuten Spielzeit effektiv braucht. Balladen und melodiöse Tracks..., da sind die Jungs zu Hause, aber in so kurzer Spielzeit denke ich wäre es besser gewesen, einfach amtlich zu rocken. Die Reaktionen der Zuschauer waren denn auch durch den ruhigen Set eher im gemütlichen Bereich. Was den Bewegungsradius der Musiker betraf, war ausser Frontmann Eric niemand wirklich bis zum Muskelkater in den Beinen gekommen. Claudio am Sechsaiter wusste mit seinem Spiel zu gefallen. Er brillierte mit guten Soli und sattem Spiel. Auch der Rest der Band zeigte sich von der souveränen und routinierten Seite. Nach «In The Middle Of The Night» waren die Headbanger gefragt. Endlich wurde es etwas "härter" und man sah auch sofort, wie die Fans es der Band dankten. Es kam endlich etwas Bewegung ins altehrwürdige Volkshaus. Fett stampfende Beats und Grooves, das ist es, was die Menschen im Zuschauerraum wollten. Mit «Girl On My Screen» ging es dann in den letzten Track des Abends, bevor sie die Stage für die Schweden Jungs räumen mussten. Alles in allem ein guter und professioneller Auftritt, aber ich habe die Band schon besser und mit mehr Freude erlebt. Warum man dann aber zum Schluss mit «All I Do Is Wait» den eigentlich besten und notabene auf der Setliste stehenden Smasher (!) ausliess, hinterlässt zusätzlich einen faden Nachgeschmack! (and)

Setliste: «Rock City» - «Light Up The Dark» - «Trapped In The City» - «Lonely Rider» - «Gates Of Heaven» - «In The Middle Of The Night» - «Deadly Sweet» - «Girl On My Screen» -- «All I Do Is Wait (Die Zugabe wurde nicht gespielt!)».

Europe
Ich kann mich dem Votum von Kollege André anschliessen: China sah ich auch schon beherzter an die Sache ran gehen, zum Beispiel 2007 in Winterthur und darum ruhten meine Hoffnungen nun auf dem Headliner. An gleicher Stelle und damals am Anfang des gleichen Jahres (also 2007), legten Europe einen Mörder-Gig hin. Leider waren damals wie heute zu wenig Tickets abgesetzt worden, sodass der Balkon auch dieses Mal nicht geöffnet werden musste, respektive konnte. Um Punkt 21.30 Uhr legten die Schweden mit dem Titeltrack «Last Look At Eden» vom neuen Album erstmal kräftig los und «Love Is Not The Enemy» vom genialen Vorgänger «Secret Society» (2006) zeigte sogleich an, dass die Band ready war, die Bude auch heute Abend in Grund und Boden zu rocken! Dabei ging es auch weit zurück in der Bandgeschichte wie «Scream Of Anger» und «Stormwind» von der 84er-Scheibe «Wings Of Tomorrow» zeigten. Frontmann Joey Tempest war wirklich in einer beneidenswerten Form und legte seine ganze Personality in jeden einzelnen Ton rein. Überhaupt spielte die ganze Band wie aus einem Guss und Gitarrist John Norum, der ja vor zwei Jahren den Tod seiner Ehefrau Michelle Meldrum (Phantom Blue - R.I.P.) hinnehmen und verarbeiten musste, versprühte Spielfreude pur und war klitschnass vor Schweiss. Dies war er allerdings schon vor seinem Top-Solo, das mit «Optimus» gar einen Titel trug. Zuvor durfte man unter anderem auch die geniale Verschmelzung von «Prisoners In Paradise» und «Open Your Heart» geniessen. Letzterer Song, ursprünglich auf «Wings Of Tomorrow» drauf, wurde 1988 auf «Out Of This World» in einer deutlich üppigeren Version neu aufgelegt. Dort spielte ja für den damals ausgestiegenen John Norum ein gewisser Kee Marcello, der auch heute noch viele Fans hat und ebenso zur Europe Famile gehört. Der erste Höhepunkt des Abends folgte nach John's Solo und liess mich fast durchdrehen vor Freude: «Seventh Sign»! Dieser Hammer-Song von der «Prisoners...» schlug ein wie Meteorit und klang, obwohl schon bald zwei Dekaden alt, frischer denn je! Als Folge davon höre ich mir dieses eh geniale Album seither wieder öfters an. Doch Europe hatten ihr Pulver noch nicht verschossen, denn bevor der unweigerliche finale Countdown angezählt wurde, liessen «Cherokee» und vor allem «Rock The Night» das Volkshaus regelrecht erzittern. Aus mehrhundertfach aktiven Mündern und Kehlen wurden die Refrains lautstark mitgesungen, dass es eine wahre Freude war. So müssen Konzerte abgehalten werden und nicht anders! Das ist der Grund, warum ich eigentlich gerne an solche Veranstaltungen gehe. Es gibt nichts Schöneres und Ergreifenderes, wie wenn die auf der Bühne agierende Band und ihr Publikum zu einer Einheit werden. Diese Verbundenheit beflügelt und schafft Selbst-vertrauen in das was man macht. Davon haben Europe auf jeden Fall genug und spielten als erste Zugabe den insgesamt fünften, neuen Song an diesem Abend. Dass die Lichter im Saal erst nach «The Final Countdown» angehen dürfen, wird wohl wie bei AC/DCs «For Those About To Rock» auf immer und ewig so bleiben. So kam es denn natürlich auch und nach knappen hundert Minuten mit fettem Sound und eher nostalgischen Lichteffekten gab es für das Gezeigte nur eine Reaktion: Beide Daumen kerzengerade nach oben und bitte bald wieder mehr davon! (rsl)

Setliste: «Last Look At Eden» - «Love Is Not The Enemy» - «Superstitious» - «Gonna Get Ready» - «Scream Of Anger» - «No Stone Unturned» - «Let The Good Times Rock» - «Prisoners Of Paradise/Open Your Heart» - «Stormwind» - «Optimus (Instrumental/Solo John)» - «Seventh Sign» - «New Love in Town» - «Start From The Dark» - «Cherokee» - «Rock The Night» -- «The Beast» - «The Final Countdown».