Livereview: Felskinn - Pure Inc.
13. April 2006, Luzern ABCMixx
By Rockslave
Eigentlich wären ja schon nur Pure Inc. eine Reise nach Luzern wert gewesen, aber als mir nach genauerem Hinsehen klar wurde, dass hinter Felskinn unter anderem Sänger Andy Portmann steckt, weckte dies mein Interesse an eine Pilgerfahrt in die Innerschweiz noch mehr. Da dies nicht nur ein normales Konzert, sondern gleichzeitig noch die CD-Taufe der neuen selbstbetitelten Langrille war, liess die Einschätzung reifen, dass der Abend noch ganz interessant werden könnte. Während ich Pure Inc. schon ein paar Mal gesehen hatte, gereichte es Andy Portmann nun zum dritten Mal. Dass der versierte Sänger einiges auf dem Kasten hat, weiss ich natürlich seit dem legendären 97er-Auftritt in Sempach, als Ain't Dead Yet für Motörhead eröffneten. Im Verlauf der Jahre "verdingte" sich der gute Andy mit verschiedenen Projekten und Tätigkeiten, unter anderem auch als Gesangslehrer. Ebenso fühlt er sich zum Beispiel auch auf einer Musical-Bühne wohl. Heute Abend war aber Rock angesagt..., harter Rock! Das galt natürlich auch für die Anheizer Pure Inc., die erst kürzlich ihr zweites Album "A new day's dawn" veröffentlicht haben und sich je länger je mehr kontinuierlich nach oben arbeiten.

Pure Inc.
Bald ist es nicht mehr nötig, die Basler Power Rocker noch näher vorstellen zu müssen. Gianni (v), Sandro (g), Genti (b) und Dave (d) sind mittlerweile eine verschworene Einheit und können, kaum auf der Bühne, von 0 auf 100 loslegen. So auch an diesem Abend, wo das Konzert mit den Opener "Saviour" eröffnet wurde. Es folgten in der gleichen Reihenfolge wie auf der neuen CD "Break free", "Blvd Jam" und "I'm a rolling stone". Die Band agierte von Anfang an agil und tight, was man vom ziemlich reservierten Publikum nicht behaupten konnte. Die Leute liessen einen Abstand von mehreren Metern offen und am Bühnenrand verloren sich ein paar headbangende Kreaturen. Keine Ahnung, warum das so ist, aber dieses Phänomen, dass zunehmend hundsgewöhnliches Party-Volk an Rock- und langsam, aber sicher auch Metal-Konzerten teilnimmt, geht mir immer mehr auf den Senkel. Aber was soll's..., Pure Inc. war das auf jeden Fall egal und diese legten sich in gewohnter Manier und mit Schweiss treibendem Posing voll ins Zeug. Dabei konnte der Betrachter einmal mehr feststellen, welch begnadeter Sänger Gianni Pontillo ist und sich (zum Beispiel) längst nicht mehr hinter Gotthard's Steve Lee verstecken muss. Pure Inc. sind aber vor allem als eingespieltes Kollektiv stark und das übertrug sich zunehmend auch auf die mindestens langsam erwachende Meute, die sich aber immer noch mehrheitlich im Bereich der Stehtische, anstatt vorne am Bühnenrand tummelte. Nun denn..., es war auch so geil wie immer und ich wünsche den Baslern, dass das Schweizer Publikum noch mehr Notiz von ihnen nimmt, denn diese Band hat den Dreh definitiv raus! Fast schon überflüssig mutete da die Zep-Coverversion des Zeitlos-Klassikers "Immigrant song" an, der zum Schluss dann aber ganz ordentlich beklatscht wurde.

Set-Liste: "Saviour", "Break free", "Blvd Jam", "I'm a rolling stone", "Genius", "On the verge", "Next to you", "Burst", "Skinflint", "Fear my eyes" & "Immigrant song".

Felskinn
Wurde die neue CD noch von Studio-Musikern (Guitars überwiegend von Many Mauer) eingespielt, hat Sänger Andy nun seine Wunschkandidaten gefunden und die Band komplettiert. Mit auf die Bühne kamen Gitarrist Stefan Schroff und Drummer Flavio Mezzodi (beides übrigens Solothurner!) und Bassistin Sarah Zaugg. Wer dachte, dass die etwas zierlich wirkende Lady ihr Instrument womöglich auch so spielt, sah sich alsbald mit einem hammermässigen Bass-Sound konfrontiert..., du heiligs Blechle! Das knarzte ja richtiggehend und verleihte dem Ganzen einen ordentlichen Kick. Auf zack war auch Andy Portmann, der zeitweilen wie von einer Tarantel gestochen unablässig auf der Bühne herum tigerte und vom Beginn weg sein Können ausspielte. Den Anfang machte der etwas komische Titel "170105" (steht für den "Geburtstag" der Band), der voll abgroovte. Zudem klang das Ganze um einiges härter als auf der CD, was eben vor allem am geilen Bass-Sound lag. Weiter ging es mit "Sleep well", einem mächtig schleppendem Rhythmus-Monster, bevor es mit "The way" zu Beginn etwas poppig, danach aber nicht minder laut und leicht punkig wurde. Etwas aus dem Rahmen fiel hingegen der auf deutsch gesungene Track "Stillstand" mit ein wenig Rammstein-Attitüde, der mir wie ein Fremdkörper im Set vorkam. Weil die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt, rechnete ich nicht unbedingt mit einem Song aus den seligen Ain't Dead Yet Zeiten und darum freute ich mich unheimlich bei den ersten Klängen von "Read your mind", einem absoluten Top-Song, der auch heute noch völlig zeitgemäss daher kommt und einfach geil ist. Ein weiterer, wenn nicht der Höhepunkt des Abends war für mich jedoch klar "Life was better", wo Andy messerscharfe Screams in bester Halford-Manier ablieferte und man relativ deutlich erkennen konnte, welchen Lehrer Crystal Ball's Mark Sweeney geniessen durfte. In die gleiche Kategorie gehört "Nothing". Als Genuss im wahrsten Sinn des Wortes durfte aber die ganze Band bezeichnet werden, die optimal harmonierte und besonders Gitarrist Stefan Schroff lieferte gleichermassen heftige Riffs wie flinke Soli ab. Die radiotaugliche Ballade "Stay together" (zusammen mit Background-Sängerin Annie Kaser) mag ja zuckersüss sein, aber gesanglich boten beide Stimmen eine einwandfreie und eindrückliche Darbietung. Die CD-Taufe gegen Schluss des Konzertes überraschte hingegen durch seine Schlichtheit, was den Gesamteindruck jedoch eher auf-, denn abwertete. Von dieser Gruppe wird man in Zukunft hoffentlich noch mehr sehen und hören!

Set-Liste: "170105", "Sleep well", "The way", "Stay", "Stillstand", "Read your mind", "Fallin'", "Life was better", "Lost my head", " Nothing", "Crush my balls", "The end", "But it's like", "Stay together", "This is all", "CD-Taufe" & "170105".