Livereview: Gonoreas - Battalion - Atlas & Axis - Inishmore
07. Oktober 2011, Baden - Nordportal
By Rockslave

So oder so hätte ich mir kräftig in den Arsch beissen müssen, wenn ich der CD-Taufe von Gonoreas brandneuem Baby «Apocalypse» nicht beigewohnt hätte! Die Location oder besser das Nordportal in Baden nahm mir die Entscheidung eigentlich ab, denn das Ganze lag keine fünf Minuten von meinem Bürostuhl weg. Zudem ging der Anlass einher mit dem Beginn meiner Herbstferien und besser geht's nun nimmer, zumal wir von Metal Factory auch mit einem eigenen Stand vor Ort vertreten waren. Der Abend lief unter dem Patronat von «Brunner's Rocknight», die vorher bekanntlich im "Creepers" in Mellingen beheimatet war und dort inzwischen Geschichte ist. Zum feierlichen Anlass mit Taufpate V.O. Pulver (GurD) und Gast Gianni Pontillo (The Order) standen noch drei weitere Lokalbands auf den Brettern, die die Welt bedeuten und die ich zum Teil (Inishmore) schon lange nicht mehr oder noch gar nie (Axis & Atlas und Battalion) gesehen hatte. Dem Auftritt von letztgenannter Thrash-Kapelle sah ich nebst dem Headliner mit besonderem Interesse entgegen, denn deren Album «Underdogs» liess aufhorchen.

Inishmore

Es muss schon eine ganze Weile her sein, seit ich diese Aargauer Band zu Gesicht und Gehör bekommen habe. Die Recherchen brachten es dann an den Tag, dass es 2007 und anlässlich des Metal Inferno in Lenzburg war! Doch damals war die Besetzung noch eine andere, sprich Inishmore hatten mit Ramin Dänzer einen männlichen Frontmann. Das sieht heuer anders aus, denn nebst dem neuen Gitarristen Jarek Adamowski steht dem Männer-Ensemble mit Andrea Schmid nun eine Sängerin vor. Das ist natürlich eine einschneidende Geschichte, da die Band bisher drei Alben heraus gebracht hat. Das letzte hiess «Three Colours Black» und hat mittlerweile schon sieben Jahre auf dem Buckel. Offenbar ist man aber gewillt, einen neuen Anlauf zu nehmen, der wohl auch bitter nötig ist, denn eigentlich fangen die "neuen" Inishmore wieder ganz von vorne an. Ob das gelingt, wird sich mit einem kommenden, neuen Album zeigen. Der heutige Auftritt war indes nicht gerade das Gelbe vom Ei und offenbarte die gegenwärtigen Schwächen gnadenlos. Auch wenn Andrea's Stimme und ihre positive Ausstrahlung soweit ok waren, so passte bei der Band nicht viel zusammen. Der Auftritt hatte den Touch einer noch nicht eingespielten Schülergruppe und da kommt noch einiges auf die Band zu, will sie den Anschluss wieder schaffen. Das Publikum war allerdings fair und spendete den Höflichkeitsapplaus, der allen gebührt, die auf eine Bühne stehen und mit Sicherheit das jeweils Beste geben wollen. Und wenn wir schon davon sprechen, dann war Drummer Alex Ortega (der 2007 noch aushalf) immerhin bemüht, mit seinem kräftigen Drumspiel das Ganze irgendwie zusammen zu halten. Doch viel war da unter dem Strich nach 30 Minuten (noch) nicht und die momentan abrufbare Leistung würde als Support eines internationalen Acts klar nicht ausreichen.

Setliste: «Moonchildren» - «Red Lake» - «Eternal Wanderer» - «Journey» - «Better Off Dead» - «Memories».


Atlas & Axis
Nun stand nach eigener Bezeichnung klassischer Heavy Metal mit Power und Melodie auf dem Programm. Die Band aus dem Raum Spreitenbach/Brugg gibt es seit 2009 und entstand eigentlich durch Gonoreas Gitarrist Damir Eskic, der sein Wissen und Können an seinem Instrument unter anderem an Romana Kalkuhl und Kevin Schaffer weiter gab. Da entstand die spontane Idee zu einer eigenen Band, zu der dann Kevin's langjährige Kollegen Nico Ardüser (b) und Roman Zeindler (d) dazu stiessen. Schliesslich fehlte noch ein Sänger, der in der Person von Jonas Ambühl gefunden werden konnte. Nach dem Covern von ein paar Iced Earth Songs gingen Atlas & Axis im Spätsommer 2009 dazu über, eigenes Material zu komponieren und erste Konzerte zu spielen. Unlängst fand in Zürich (im Dynamo, Werk 21) die CD-Taufe des Debüts «March Of The Night» statt. Somit war man gut gerüstet, um die Welt "erobern" zu können. Einige Lokal-Konzerte, zu dem auch das letztjährige "Winter-Rock"-Festival in Brugg gehörte, festigten das Bandgefüge weiter. Somit spielten Atlas & Axis heute Abend schon mal locker auf und eröffneten ihr Konzert mit «Help Me», gefolgt von «Choice Of Life». Geboten wird grundsolider Power Metal mit etwas an Metalcore angelehntem Gesang, dazu gewisse Zitate von Iron Maiden und alte Savatage Fetzen lassen sich, wie beim Titeltrack, ebenso ausmachen. Hierbei merkt man aber auch, dass das Riffing zwar recht gut daher kommt, die Guitar-Soli dann aber schon noch einen gehörigen Zahn zulegen könnten. Dies gilt auch in Sachen Stage-Acting für die rassige Rhythmus-Gitarristin Romana Kalkuhl, die mit ihren lockigen, blonden Haaren natürlich der Eyecatcher der Band ist. Sie allerdings nur auf ihr Aussehen zu reduzieren, läuft jedoch voll ins Leere, denn ihr unterstützendes Spiel lässt die Gitarrenwand spürbar fetter klingen. Das zumeist jugendliche Publikum ging vor allem in der vordersten Reihe anständig mit und brachte so die Nackenwirbel für die kommenden Bands auf die nötige Betriebstemperatur. Die zweite halbe Stunde Musik auf der Bühne war deutlich besser als zuvor, wobei mir der Gesang zu dieser Musik persönlich nicht wirklich mundete.

Setliste: «Help Me» - «Choice Of Life» - «March Of The Night» - «At Your Mercy» - «These Words» - «Cycle Of Life» - «Winter» - «Power And Might».

Battalion
Jetzt war ich gespannt wie ein Flitzebogen, denn gehört, respektive eher gelesen hatte ich schon einigen Stoff über die jungen Thrasher aus Zürich. Bislang gereichte es mir aber nicht, Battalion mal auf der Bühne abrocken zu sehen. Das überrascht insofern etwas, als dass es die Band schon ein paar Jahre gibt und der Erstling «The Fight For Metal» bereits 2006, also vor fünf Jahren das Licht der Metal-Welt erblickte. Damals fischte man allerdings noch in powermetallischen Gewässern, während man die vergangenen Jahre offenbar dazu genutzt hat, auf den Schnellzug des eindrücklichen Thrash-Revivals aufspringen zu können. In Zeiten, wo andere Youngsters wie Skull Fist, Enforcer oder Striker mit überaus töftem Material ankommen, gibt es nur eines, nämlich selber gute Songs zu schreiben und Vollgas zu geben. Das haben Silvan Etzensperger (v/g), Clode Hürlimann (g), Lukas Marti (b) und Samuel Riedener (d) ohne Zweifel drauf und das bewiesen sie von der ersten Sekunde an! Als Opener donnerte «Running Alone» in bester Manier von «Kill 'Em All», der ersten Metallica Scheibe und der Wucht der frühen Metal Church durch das Nordportal zu Baden. «Headbangers» stand danach der Vorlage in Nichts nach und verneigte sich abermals vor Metallica zu Cliff Burton's (R.I.P.) Zeiten und obwohl hier «Seek And Destroy» zumindest etwas durchschimmert, legen Battalion hier genug Eigenständigkeit an den Tag oder besser die Nacht. Nach getragenem Beginn, walzte danach «Defenders» abermals alles nieder und spätestens jetzt bemerkte wohl jeder, dass die Jungs auch technisch ziemlich fix und tight wie Sau sind. Die fette Produktion der aktuellen CD «Underdogs» (2010) konnte weitgehend auf der Bühne umgesetzt werden, was trotz abgeriegelter CH-Lautstärke für ordentlich Druck sorgte. Den spürten wohl auch die anwesenden Metalheads, die nun richtig wach wurden und mächtig Spass hatten. Der Höhepunkt der kollektiven Raserei wurde schliesslich bei der geilen Mitgröhl-Hymne «Thrash Maniacs» erreicht, die teilweise an Slayer erinnert und durch die Tempi-Wechsel unterstreicht, was einen Song insgesamt eben interessant macht, Killer! Als nicht minder mitsingkompatibel erwies sich darauf das Groove-Monster «Wings Of A Demon», wo Clode und Lukas als Langhaar-Träger abermals wie die Irren rum posten. Als «T.F.F.M.» die in diesem Fall leider viel zu kurzen 30 Minuten abschloss, war ich erst mal platt und hatte gerade das bisherige Highlight des Abends gesehen. Nun freue ich mich auf die erste Headliner-Show und hoffe schwer, dass noch viele dieser songwriterischen Schädelspalter folgen werden..., thrash 'til death!

Setliste: «Running» - «Alone» - «Headbangers» - «Defenders» - «Thrash Maniacs» - «Wings Of A Demon» - «Bullets & Death» - «T.F.F.M.»

Gonoreas
Nun war der Headliner des Abends gefordert, hierauf eine klare Antwort abzugeben! Dafür hatte er in Form des neuen, dritten Albums «Apocalypse» auch genug Munition mit dabei. Gleiches galt für das Lineup, das seit der Live-Scheibe (DVD/CD) von 2009 («Guilty On The Road») mit nicht weniger als drei Neuzugängen aufwartete. Zum einen löste Larissa Ernst ihre Vorgängerin Miriam Zehnder an der Rhythmus-Gitarre ab, Drummer Stefan Hösli übernahm die Sticks von Jonas Lotar und für die tiefen Töne sorgt nun Pat Rafaniello anstelle von Daniel Jerosch. Rückblickend auf die gesamte Bandgeschichte ist Pat mittlerweile der vierte (!) Bassist und ich bin mir sicher, dass dieser die bisher beste Wahl für diesen Posten ist. Warum das so ist, bekamen die rund 450 Fans schon bald zu hören und sehen. Im Vorspann des Konzertes wurde auf einer Leinwand aber erst mal das aktuelle Video von «Kiss The Sword» gezeigt, bevor es nach dem Intro mit dem Album-Opener «Devil's Eyes» sogleich heftigst im Gemäuer des Nordportal los donnerte. Mit geschlossenen Augen und nicht wissend, wer auf der Bühne steht, hätten wohl viele gesagt, dass Iced Earth da oben stehen. Die Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen, aber die Art und Weise, wie Gonoreas ihre Vision, respektive Vorstellung von Heavy Metal umsetzen, ist schlicht atemberaubend und weit weg von einem Klon der Amis. Vor allen der zuvor zitierte Pat Rafaniello kann mit seinem ungestümen und wilden Bass-Spiel als glatter Sechser im Lotto bezeichnet werden. Einen besseren Partner hätte sich der ebenfalls sehr aktive Damir Eskic (g) nicht wünschen können. Dies sollte die engelhafte Rhythmusfrau Larissa Ernst in Zukunft noch etwas mehr beherzigen, denn die beigesteuerte Mucke inklusive der gepflegten Soli ergänzte den wuchtigen Gonoreas-Sound nachhaltig. Frontmann Gilberto Meléndez konnte sich mit dieser gnadenlos agierenden Hintermannschaft derweil voll entfalten und liess nichts anbrennen. Wie hoch das Selbstvertrauen bei der Band aus dem Raum Brugg ist, zeigte sich darin, dass im Verlauf des Konzertes gleich das ganze Album runter gezockt wurde! Bei der Abrissbirne «Chasing The Dragon» gesellte sich dann Gianni Pontillo von The Order auf die Bühne und gab das auch auf der CD verewigte Duett zusammen mit Gilberto noch einen Zacken heftiger zum Besten.

Nun schien der Moment ideal, auch gleich die CD-Taufe anzuhängen und so kam es denn auch. Taufpate V.O. Pulver (GurD) wurde angekündigt und dieser brachte nebst dem "Tonträger-Baby" auch eine Flasche Champagner mit. Ich war in den vergangenen Jahren bei einigen CD-Taufen zugegen gewesen, aber so schnell wie heute Abend ging noch kaum eine über die Bühne. Der ganze Akt inklusive der eigentlichen Taufe des Silberlings und dem Abspritzen der ersten Reihe ging meines Erachtens keine fünf Minuten! Das fand ich persönlich etwas schade und womöglich hätten ein paar zusätzliche Worte rund um den Entstehungsprozess des neuen Werkes nicht schaden können. Wie dem auch sei, the show must go on und deswegen waren die bestens gelaunten Fans ja auch gekommen. Nun folgte ein Viererblock mit Songs der vorangegangenen zwei Alben, die aufzeigten, über welches Potenzial Gonoreas verfügen. Dies gilt insbesondere für das technisch begeisternde Niveau von Flitzefinger Damir, der einfach nur grandios aufspielte, sehr komplex wie filigran solierte und gleichzeitig mit Sidekick Larissa für eine monströse Riffwand sorgte. Letztere hatte zwar kurzzeitig noch ein Problem mit ihrer Klampfe, die dann aber ihren Dienst zum Glück wieder ohne weitere Macken aufnahm. Bei all dem metallenen Gepolter gab es zwischendurch aber auch mal gemässigtere Klänge wie zu Beginn bei «Core Of Love» und natürlich immer wieder mal hardrockigere Tunes wie beim geilen «Love To Rock» als erste Zugabe, wo die Mitsingspielchen nach wie vor bestens funktionierten. Genau dieser gekonnte Stilmix, den die hierbei metallischen Guitar-Soli bestens mit den härteren Songs verbinden, zeichnet Gonoreas gegenüber der Konkurrenz aus und sorgt für eine Ausnahmestellung in dieser Stilecke. Mir gefiel das Gezeigte auf jeden Fall sehr gut und selbst der mit Manowar-Zitaten versehene Rausschmeisser «Bang Your Head» (neu eingespielt auf «Apocalypse) brachte es perfekt auf den Punkt, um was es hier geht. Das sah auch das begeisterte Publikum so und verabschiedete die Lokalmatadoren nach knappen 90 Minuten deshalb mit lautstarkem Applaus. Der zum Schluss gemachte Aufruf "kauft viele unserer CDs, damit wir in die Charts kommen, wo wir hingehören!" scheint zumindest in den CD-Charts des Online-Portals von CeDe.ch mit Platz 14 bereits Wirkung zu zeigen!


Setliste: *Video zu «Kiss The Sword»* - «Intro» - «Devil's Eyes» - «Stay Away» - «Revenge For Blood» - «Facing The Enemy» - «New Era» - «Kiss The Sword» - «Digital War» - «Chasing The Dragon» - *CD-Taufe* - «Breakout» - «Core Of Love» - «Breaking The Chains» - «Plead Not Guilty» -- «Love To Rock» - «Bang Your Head».