Livereview: Gotthard

11. April 2014, Zürich – Volkshaus
By Rockslave
 
Die Schweizer Hardrocker und mit ihnen unser ganzes Land, standen im Herbst 2010 unter Schock nach dem plötzlichen Unfall-Tod von Steve Lee (R.I.P.), und zunächst schien das Ende der Band besiegelt! So einen charismatischen Frontmann kann man nicht ersetzen, das steht und stand auch damals fest, doch nach der Trauerarbeit wurde der Entschluss gefasst, dass es Gotthard auch weiterhin geben soll. Ein getroffener Entscheid, der sicher auch im Sinne von Steve ist. Doch wer sollte ihn ersetzen? Umgehend machten ein paar Namen die Runde und letztlich fiel die Wahl auf einen gewissen Nic Maeder. Die Erwartungen an ihn waren kolossal, aber es war klar, dass die verbliebenen Bandmembers nicht nur einen Sänger, sondern auch einen neuen Freund suchten, der so wie sie tickt. Die musikalische Antwort lieferte zunächst das Album «Firebirth», das nicht perfekt, aber optimal daher kam. Es zeigte eine „neue Band“, die aber den Brückenschlag zur glorreichen Vergangenheit meisterte. Das dem wirklich so ist, sah man mitunter auch am BYH!!!-Festival 2012, als Gotthard als Co-Headliner vor Edguy einen Hammer-Gig hinlegten, der sämtliche Zweifel aus dem Weg räumte. Sie waren definitiv wieder da!

Gotthard

Nach dem quasi Neustart und einem sehr hoffnungsvollen dazu, galt es nun, die Zukunft aktiv zu gestalten. Nachdem Nic Maeder seinen Platz in der Band weiter festigen konnte, folgte die Notwendigkeit, aus dem Schatten des „Übergangsalbums“ «Firebirth» heraus zu treten. Am 4. April 2014 war es dann soweit: «Bang!» erblickte das Licht der Welt und setzte mit einer neuerlichen „Nr. 1“ Platzierung das richtige Zeichen. Das neue Album rockt amtlich, weist wiederum Zitate zu früheren Zeiten auf («Get Up’n’Move On»), bringt gleichzeitig neue Sounds hervor («C’est La Vie») und beinhaltet den bisher längsten Studiotrack überhaupt («Thank You»). Eine Woche später war im Zürcher Volkshaus eine exklusive CD-Release Show angekündigt, die im Nu ausverkauft war. Meine Wenigkeit wie viele andere Fans waren nun mehr als gespannt, wie sich Gotthard in der Ausgabe 2014 präsentieren werden. Eine Support-Band gab es nicht und so musste man sich bis kurz nach 20.45 Uhr gedulden, ehe das Saallicht ausging und Intro vom neuen Album abgespielt wurde. Die Eingangstriplette, nota bene in der gleichen Reihenfolge wie auf dem Album, setzte dann gleich den ersten Markstein und stand bereits für vieles, was die „neuen“ Gotthard ausmacht. Darüber hinaus war offensichtlich, dass Nic Maeder nun definitiv in der Band angekommen ist. Auf der Bühne stand ein geschlossenes Kollektiv, das sie wie aus einem Guss präsentierte und mächtig Spass an dem hatte, was zusammen und gemeinsam erarbeitet wurde. Man spürte die Energie und Spielfreude förmlich, die einem entgegen wehte. Dass dann das eigentlich vernachlässigbare «Hush» bereits ziemlich früh im Set auftauchte, war goldrichtig. Man würde hier gescheiter einen weiteren alten Song, wie zum Beispiel das total unterbewertete Hammer-Stück «Eagle» (von der Homerun-Scheibe 2001 und kein ABBA-Cover!), in den Set einbauen! Mann, würden hier Marcs Bassläufe geil klingen, zumal sein Instrument seit «Firebirth» so laut wie nie abgemischt wurde.

Eigentlich hatte ich ihn, als ich am Hintereingang des Volkshauses, zusammen mit den anderen FotographenInnen, auf Einlass wartete, bereits rum hängen sehen. Die Rede ist von der Schweizer Mundartrock-Grösse Florian „Flöru“ Ast, der bei «C'est La Vie» mit seinem „Quetschbalken“ einen lautstark abgefeierten Gastauftritt hinlegte, der wie die berühmte Faust auf das Auge passte. Ebenfalls gut, da auf akustisch umarrangiert, war die Must-Ballade «Heaven». Mein persönliches Highlight des Abends war jedoch ganz klar «Spread Your Wings», wo neben starken Vibes von Deep Purple einige Parts von The Lizards (u.a. mit Bobby Rondinelli und Mike DiMeo) durchschimmerten und stilistisch mindestens etwas Neuland erkundet wurde, hammer! Das gleiche Verdikt konnte beim groovigen «Jump The Gun» mit dem Alt-Klassiker «Mountain Mama» als voran gegangene Sandwicheinlage vergeben werden. Das sind Gotthard anno derzeit und es ist den Jungs zu wünschen wie gönnen, dass dies noch lange nicht alles gewesen ist, was diese Band erschaffen hat. Davon gibt es ja schon reichlich und das Meiste davon ist undiskutabel hochstehend. Dafür verantwortlich war natürlich der unvergessene Steve Lee (R.I.P.), dessen Todestag sich im Herbst bereits zum vierten Mal (!) jähren wird. Seine Kumpels wie die Fans werden ihn nie vergessen und mit Nic Maeder wurde der perfekte Nachfolger gefunden, der seinen Vorgänger mit seiner eigenen Stimme partiell bei jedem Konzert ehren wird. Dass dem in frappanter Art und Weise wirklich so ist, durfte das ausverkaufte Volkshaus bei der ersten Zugabe der Kult-Ballade «One Life, One Soul» miterleben. Bei geschlossenen Augen und andächtigem Zuhören wähnte man zu hundert Prozent den verstorbenen Ausnahmesänger auf der Bühne! Das ist schon oberkrass, wie das jeweils daher kommt. Nichtsdestotrotz und bereits erwähnt, hat Nic Maeder die würdige Nachfolge seines Vorgängers mit Bravour angetreten und die vollständige Akzeptanz der Fans erlangt. Es brauchte hierzu etwas Anlauf und Geduld sowie eine Prise Risikobereitschaft, doch die Wahl war zum Glück goldrichtig. Die Zukunft wartet auf Gotthard!

Setliste: «Let Me In Katie (Intro)» - «Bang!» - «Get Up 'n' Move On» - «Feel What I Feel» - «Hush (Billy Joe Royal Cover)» - «Right On» - «Remember It's Me» - «C'est La Vie (feat. Florian Ast)» - «Heaven» - «Spread Your Wings» - «Mountain Mama» - «Jump The Gun» - «My Belief» - «Sister Moon» - «Lift U Up» - «Anytime Anywhere» -- «One Life, One Soul» - «Starlight» --- «Top Of The World» ---- «Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn - Bob Dylan Cover)».