Livereview: Graham Bonnet Band – Guido Stoecker’s Bodyguerra

17. Mai 2018, Aarburg – Musigburg
By Rockslave
Wer früher, wie ich alternder Rock-Fan und Metalhead, nebst auf Bands der Sorte Deep Purple, Rainbow, Whitesnake, Gillan, Alcatrazz oder Black Sabbath mitunter eben auch voll auf die Michael Schenker Group, kurz MSG, abgefahren ist, kommt um einen der brillanten Sänger dieser Zeit nicht herum: Graham Bonnet! Da sich zur Blütezeit leider nie die Gelegenheit ergab, diese prägnante Gesangsstimme einmal live zu hören und den Mann zu sehen, dauerte es tatsächlich bis 2016, um diese Durststrecke zu beenden. Da trat die Graham Bonnet Band nämlich am „Sweden Rock Festival“ auf. Im Jahr darauf zierte Graham die Sängerriege am BYH!!!-Festival in Balingen (D) bei Michael Schenker Fest (neben Gary Barden und Robin McAuley), und weil aller guten Dinge drei sind, war die GBB nun als Headliner auch bei uns in der Schweiz zu Gast. Dass dies dann noch so zu sagen vor meiner Haustüre stattfand, war natürlich der Burner. Überhaupt mausert sich die „Musigburg“ in Aarburg langsam aber sicher zu einer kultigen Konzert-Location in der Nähe, die dem vorherigen „Moonwalker“-Club zusehends den Rang abläuft. Als Support traten Guido Stoecker’s Bodyguerra auf.

Guido Stoecker’s Bodyguerra

Als ich das hinten an der Wand aufgehängte Banner sah, gab es von meiner Seite her nur ein müdes Achselzucken, denn vom guten Guido und seiner Truppe hatte ich bisher noch nie was gehört. Was auch erst in der Nachlese vertieft werden kann, ist der auf dieser Tour mitwirkende Frontmann Ian Parry (Elegy, Consortium Project), den ich nicht erkannt hatte! Sachen gibt’s, aber so war es nun mal. Gegenüber früheren Jahren hat sich das Line-Up offenbar geändert. Nebst Ian, der mal einen Vorgänger namens Daniel Seebass hatte, besteht die aktuelle Rhythm-Section aus Bassist Sascha Oeing und Drummer Benjamin Koevener. Geboten wurde „Hardrock vom Feinsten“, wie mal einer deutschen Wochenzeitung zu entnehmen war. Das stimmte grundsätzlich und nebst den unbestrittenen technischen Fähigkeiten vermittelte vor allem Mr. Perry die Performance eines Profis, der schon lange auf der Bühne steht. Hätte ich das trotz der Bekanntgabe des Namens bei der Bandvorstellung gecheckt, wer da wirklich vor mir performte, wäre meine Kritik womöglich noch ein Quäntchen härter ausgefallen. Die Darbietung von Guido und seinen Jungs war insgesamt, sprich handwerklich, in Ordnung, konnte mich aber zu keinem Zeitpunkt abholen. Ich persönlich fand den Auftritt strunzlangweilig, da sich alles mehr oder weniger im gleichen Range befand und es keine Ausreisser nach oben gab. Mir fehlten, wie oft, prägnante Hooks und griffige Refrains. Das Fazit nach solchen Gigs ist immer das Gleiche, nämlich dass nach dem Verstummen des letzten Tons nichts hängen bleibt. Trotz allem war die Stimmung soweit in Ordnung und die Ausstrahlung durchaus positiv. Für meine Wenigkeit nach bald einmal vierzig Jahren, wo ich Konzerte besuche, klebte unter dem Strich jedoch viel zu wenig Fleisch am Knochen!

Graham Bonnet Band
Nun wurde es aber interessant, denn es stand der direkte Vergleich zu den noch relativ frischen Erinnerungen an kürzlich miterlebte Auftritte an. Die Affiche, so einen Rock-Helden der 80er nun hautnah in der Musigburg in Aarburg erleben zu können, war vorneweg mal schon grandios. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich als Teenager nebst vielen anderen LPs, die besonders um Weihnachten zahlreich unter dem Weihnachtsbaum lagen, irgendwann mal auch die «Assault Attack» von MSG geschenkt erhielt. Das war 1982, und damals hätte ich mir doch niemals im Leben träumen lassen, diesen Kult-Sänger, den ich speziell auch bei Rainbow schon verehrte, eines Tages so nahe erleben zu dürfen. Tja folks, 36 Jahre später fand dies nun tatsächlich statt, und bis es zum gemeinsamen Foto und Unterschriften auf je einer LP der eben erwähnten beiden Bands gereichte, lieferte Graham Bonnet, zusammen mit Kurt James (g), Jimmy Waldo (Alcatrazz 1983 - 1987, keyb), Beth-Amy Heavenstone (b/v) und Marc Benquechea (d) einen musikalischen Querschnitt durch seine ganze Karriere hindurch. Dazu gehörten einige Songs aus der Zeit von Alcatrazz, wo in den 80ern neben Jimmy ja auch ein gewisser Yngwie J. Malmsteen auf Steve Vai folgte. Das waren noch Zeiten! Ebenso nicht fehlen durfte der Klassiker «Stand In Line», als Mr. Bonnet mit Flitzefinger Chris Impellitteri zusammenspannte. Obwohl die eine oder andere private Audience-Aufnahme existiert, wo Grahams Stimme nach seiner Rückkehr ins Musicbusiness leider ziemlich angeschlagen klang, war der 70-jährige Brite heute Abend ziemlich gut drauf!

Zudem wirkte er durch seine Schlankheit eh fit wie ein Turnschuh und lieferte nach einer kurzen Anwärmphase für seine Stimmbänder quasi einen Hit nach dem andern ab. Dies stand im krassen Gegensatz zur Support-Band, die auch nach drei Stunden des Rumturnens nichts Zählbares auf der Haben-Seite gehabt hätte. Alcatrazz kannte ich damals schon, aber deren Scheiben standen zu der Zeit nicht auf dem Siegertreppchen meiner Gunst. Rainbow, MSG und Impellitteri sowie in den 90ern Blackthorne verkörpern für mich das, was Graham Bonnet besonders ausmacht. Meine Favoriten waren dann natürlich klar die insgesamt (nur) drei gespielten MSG-Songs «Desert Song», «Samurai» und «Assault Attack». Meine Fresse, was für Glücksgefühle, einfach grossartig! Der Rainbow-Smasher «Since You Been Gone», im Original von Russ Ballard, durfte letztlich ebenso keinesfalls fehlen und Rainbow’s «Lost In Hollywood» spielt Master Blackmore trotz der „Reunion“ von 2016 wohl nie mehr live. Unterstützt durch seine professionelle Hintermannschaft versetzte die Graham Bonnet Band die Musigburg in den Zustand einer Zeitmaschine, und man musste sich als Altfan mehrmals in den Arsch kneifen, um sicher zu gehen, dass man sich nicht in einem Traum befindet. Die gut 90-minütige wie schweisstreibende Show (Graham war pitschnass!) ging am Ende gefühlt viel zu schnell zu Ende, doch die ganze Band war kurz darauf versammelt beim Merchstand und gab sich erfreulich fannah. In diesem Sinne gerne wieder einmal in der Musigburg in Aarburg! Schön wars Graham, wirklich toll!

Setliste: «Too Drunk Too Live (Cover Alcatrazz)» - «All Night Long (Cover Rainbow)» - «Night Games (Graham Bonnet)» - «California Air (Better Here Than There)» - «Stand In Line (Cover Impellitteri)» - «S.O.S. (Graham Bonnet)» - «Island In The Sun (Cover Alcatrazz)» - «Jet To Jet (Cover Alcatrazz)» - «Desert Song (Cover MSG)» - «Into The Night» - «Starcarr Lane (Cover Alcatrazz)» - «Samurai (Cover MSG)» - «Goodnight And Goodbye (Cover Impellitteri)» - «Skyfire (Cover Alcatrazz)» - «Since You Been Gone (Cover Russ Ballard)» - «Assault Attack (Cover MSG)» - «Eyes Of The World (Cover Rainbow)» - «Hiroshima Mon Amour (Cover Alcatrazz)» - «Lost In Hollywood (Cover Rainbow)».