Livereview: Grave Digger - Burning Witches

13. Januar 2019, Pratteln – Z7
By Tinu
Es geht wieder los. Das neue Konzertjahr hat gestartet und mit dem ICE ROCK Festival wurden bereits ein paar tolle Bands serviert. Mit diesem Bewusstsein ging es ins Z7, um sich eine Power Metal Ladung um die Ohren hauen zu lassen. Dass die Deutschen Grave Digger eine Macht auf der Bühne sind, ist seit Jahrzehnten bekannt. Wie sich aber die helvetischen Hexen schlagen würden, das mussten die Mädels auf der Bühne in Pratteln erst noch beweisen.

Burning Witches
Man kann über Seraina (Vocals), Ramona (Gitarre), Sonia (Gitarre), Jeanine (Bass) und Lala (Drums) sagen was man will. Ist es nun ein Hype? Zieht im Moment der Frauen-Bonus? Ist der Mentor allgegenwärtig oder sind sie wirklich so gut, wie sie in den Medien gemacht werden? Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. ABER!!! Man darf den Ladys an diesem Abend attestieren, dass sie das Z7 zum Kochen brachten. Und das ist bisher nur sehr wenigen Support-Combos gelungen. Von Beginn weg steigerte sich die Stimmung im Publikum, so dass nach dem Dio-Cover und der Band-Hymne «Burning Witches» der Jubel, besser gesagt das Geschrei, keine Grenzen kannte. Dies lag sicher auch an der Performance von Seraina und ihrem Gesang, der zwischen cleanen Screams und bösartigen Growls alles beinhaltete und dank den sympathischen Animationen die (männlichen) Fans sofort auf ihre Seite zog. Jeanine und Ramona waren oft in Bewegung und liessen ihre Haare fliegen. Wenn sich nun Sonia noch mehr in die Präsentation einbringt, von ihrem Bierdeckel-Dasein wegkommt und die Ladys eine Accept-like Gitarrenfront-Darbietung an den Tag legen… Mein lieber Scholli, da könnte was ganz, ganz Grosses entstehen. Die Songs sind kleine Ohrwürmer, die Mischung stimmt und somit sind die wichtigsten Merkmale vorhanden. In den letzten Monaten habe ich Burning Witches drei Mal gesehen. Der Gig an diesem Abend war sicherlich der Beste, aber ich bin mir sicher, dass es noch Luft nach oben hat. Daumen (ganz) hoch für einen feinen, tollen und begeisternden Auftritt der Mädels.

Setliste: «Executed», «Metal Demons», «We Eat Your Children», «Hexenhammer», «Bloody Rose», «Save Me», «Black Widow», «Open Your Mind», «Holy Diver (Dio Cover)», «Burning Witches»



Grave Digger
Nach dem Auftritt der Schweizerinnen mit niederländischer Verstärkung stand das deutsche Metal-Kommando auf der Bühne. Was kann bei Grave Digger schief gehen? Eigentlich nichts. Die handwerklichen Fähigkeiten sind im gleichen Mass wie das Hitaufgebot vorhanden. Hier besteht höchstens das Problem, nicht zu wissen, welchen Kracher man spielen will und welcher auf der Strecke liegen bleibt. Mit einer dreidimensionalen-Bühne, den Papp-Zombies, die dem Ganzen einen furchteinflössenden Glanz verliehen, endlich wieder Sprühregen und einer Band, die sich nach drei Gigs schon richtig warm gespielt hat, wurde nichts dem Zufall überlassen. Auch der Reaper hatte seine Auftritte und brachte unter anderem Sänger Chris Boltendahl die Schottenfahne. Trotz der leichten Neuaus-richtung des aktuellen Albums «The Living Dead» und den damit leicht vertrackteren Songs, fanden speziell die aus der Schotten Trilogie stammenden Hits wieder den Weg in die Setliste. «The Bruce», «The Dark Of The Sun», «The Clans Will Rise Again», «Lionheart», «The Curse Of Jacques», «Highland Farewell», «Excalibur» und «Rebellion» wiederspiegelten die Tracks aus der schottischen Zeit. Überraschenderweise verzichteten die Jungs auf «Scotland United», «The Roundtable», «Killing Time» oder «Knights Of The Cross». Mutig! ABER! Ein gelungener Schachzug der zeigt, dass Grave Digger aus einem unglaublichen Fundus an tollen Songs ziehen können. Daneben servierte der Vierer neues Material in Form von «Fear Of The Living Dead», «Blade Of The Immortal», plus «Zombie Dance» vom neusten Album, «Tattoed Rider», «Wargod» und «Season Of The Witch» vom «Return Of The Reaper»-Werk und «Lawbreaker», «Call For War» und «Healed By Metal» von der «Healed By Metal»-Scheibe. Mit «Circle Of Witches» fand endlich wieder ein Track von der «Heart Of Darkness»-Scheibe den Weg in die Setliste, dafür motten nach wie vor die Tracks aus der «The Reaper»-, «The Grave Digger»-, «Rheingold»-, «Clash Of The Gods»-, «The Last Supper»-, «Liberty Or Death»- und «Ballads Of A Hangman»-Phase vor sich hin. Aber, auch hier… Man kann nicht alles haben. Die Herren um Shouter Chris schrieben einfach zu viele geile Tracks in der Vergangenheit!

Mister Boltendahl dirigierte das Publikum nach Belieben. Mit seiner sehr sympathischen Art, seiner authentischen Kutte, seinem nach wie vor kräftigen Gesang und seiner engagierten Performance machte er alles richtig. Er kann am Bühnenrand stehen, ohne grosse Gestiken wie ein Tom Araya (Slayer) oder Gene Simmons (KISS), und das Publikum beginnt zu toben. Die Fans frassen dem Gladbecker aus den Händen, was er mit einem breiten und zufriedenen Grinsen quittierte. Es war wie ein sich gegenseitiges Antreiben zwischen der Band und den Fans, was in einer unglaublichen Euphorie endete. Axel Ritt zauberte erneut tolle Riffs und Soli aus seinen Saiten. Er poste wie ein Gott, stand breitbeinig auf der Bühne, solierte halbliegend bei «Heavy Metal Breakdown», der obligaten Schlussnummer, und war ganz einfach einmal mehr eine coole Rampensau. Bassist Jens Becker ist und bleibt in meinen Augen einer der weltbesten Bassisten. Dabei spielt er sicher unauffälliger als ein Billy Sheehan oder Steve Harris, aber wer sich seine Läufe einmal genauer angehört hat, weiss, was ich meine. Mit einer unglaublichen Leichtigkeit und Präzision zauberte er Melodien aus seinen dicken Saiten, dass sich Axel daneben locker austoben konnte, ohne dass es ein Soundloch gab. Neutrommler Marcus Kniep ersetzte Stefan Arnold nach 22 Jahren. Ja, es war ein Umgewöhnen, den Blonden nicht mehr hinter den Toms und Becken sitzen zu sehen. Ja, es fühlte sich anders an, wenn Marcus sein Arbeitsinstrument bearbeitet. Ob nun besser oder schlechter, muss jeder für sich selber entscheiden. ABER! Er passt ganz einfach zur Band, und ich bin mir sicher, dass es die Wenigsten störte, dass nicht mehr Stefan dabei war. Ausser die Die Hard-Fans… So ist es eben, das Musiker-Dasein. Leider oder gut, je nach Betrachtungsweise des Einzelnen. Aber wenn eine Band noch immer dermassen abliefert, spielt es für die Meisten kaum eine Rolle, wer am Bass, der Gitarre, oder hinter dem Schlagzeug sitzt. Traurig aber wahr…

Chris animierte durch seine lockeren Sprüche, kündigte Jens bei seinem Solo mit den Worten an: "…er sieht älter aus, als dass er ist… Sorry natürlich sieht er jünger aus, als dass er ist!" oder verkündete bei «Zombie Dance»: "…wir haben Frevel begangen und den Metal verraten. Wir haben eine Polka komponiert, und das geht gar nicht im Metal. Trotzdem wollen wir mit euch Spass haben und spielen euch nun die Nummer, die für so viel Aufsehen sorgte". Das Schöne an einer Band wie Grave Digger ist, dass sie sich für nichts schämen muss, ihr keine Grenzen gesetzt sind und sie tun und lassen kann, was ihr gefällt. Denn am Ende des Tages wird es noch immer nach Grave Digger klingen. Das Quartett kam, sah und siegte. Haben wir was anders erwartet? Nein, denn die Truppe ist nach wie vor eine Macht auf der Bühne, gibt Gas ohne Ende und kann es sich erlauben, einen "mutigen" Set zu spielen, ohne Schiffbruch oder besser gesagt Schwertbruch zu erleiden. Jungs, kommt bald wieder, ihr seid immer gern gesehene Gäste und euer Geld allemal wert!

Setliste: «Fear Of The Living Dead», «Tattooed Rider», «The Clans Will Rise Again», «Lionheart», «Blade Of The Immortal», «Lawbreaker», «The Bruce (The Lion King)», «The Dark Of The Sun», «Call For War», «The Curse Of Jacques», «Wargod», «Season Of The Witch», «Highland Farewell», «Circle Of Witches», «Excalibur», «Rebellion (The Clans Are Marching)» - «Healed By Metal», «Zombie Dance», «Heavy Metal Breakdown»