Livereview: Hughes/Turner Project - Domain - Kelly Simmonz' Blind Faith
19. September 2002 im Z7, Pratteln
By Rockslave, Fotos by Saskia B
Das Package Glenn Hughes zusammen mit Joe Lynn Turner war in dieser Konstellation mal was Anderes, ja gar Neues. Beide Vollblut-Musiker haben eine ruhmreiche Vergangenheit (Deep Purple, Black Sabbath, respektive Rainbow und andere mehr) und in den letzten Jahren mehr oder weniger regelmässig neue Solo-Alben veröffentlicht. Während sich Hughes stilistisch zwischen Funk-, Blues- und Hard Rock bewegte, legte sich Turner eher auf der gemässigteren und melodischeren Schiene ins Zeug. In einer Zeit, wo es angesagt ist, dass (neben ihrer Stammband) "zur Untätigkeit" verdammte Musiker eine Beschäftigung suchen und sich deshalb Gleichgesinnte für Solo- und Projektscheiben zusammensuchen, erstaunt es nicht, wenn sich auch altgediente Recken dem hingeben. Der Unterschied ist einfach, dass man von solchen Verbindungen vielleicht eher weiss, was man zu hören kriegt. Das gemeinsame Album ist auf jeden Fall ganz flott geworden und für die Live-Performance war abzusehen, dass sich da sicher auch einige Klassiker aus vergangenen Zeiten in die Set-Liste schleichen würden, ja müssen! Den Support auf dieser Tour bestritten Domain und eine japanische Band, von denen wohl kaum einer der Anwesenden (mich eingeschlossen) je mal was gehört haben dürfte.
Kelly Simonz' Blind Faith
Da ich etwas später unterwegs war und das Konzert zudem etwas früher begann, spielte die Band aus dem Land der aufgehenden Sonne bereits, als ich gegen 19.50 Uhr in die Konzerthalle eintrat. Der Sound kam aufgrund der Dreier-Besetzung etwas dünn rüber (es standen eben nicht Lemmy & Co. auf der Bühne!) und deshalb musste ich mir die Truppe erst mal aus der Nähe anschauen. Kelly Simonz dürfte der Gitarrist gewesen sein, der mit seinem aufgesetzten Cowboy-Hut etwas sonderbar aussah, aber auf seiner Axt den frühen Zeiten von Ying Yang (Malmsteen) und ein wenig Brother Hendrix frönte. Die Bassistin war eher kleinwüchsig und kaum grösser als ihr Bass, wenn man ihn gerade hingestellt hätte. Das Publikum, das zu dieser Zeit noch recht dürftig war, nahm kaum Notiz von der etwas blutleeren Performance. Die Band zockte in der Folge ihr Programm cool runter und bekam dennoch den einen oder anderen Klatscher spendiert. Ich wage aber zu behaupten, dass der Dreier schon auf dem Nachhauseweg abgehakt und vergessen wurde.


Domain

Die deutschen Melodic Hard Rocker präsentierten danach ihr neues Album "Artefact", das gemäss den Reviews gegenüber dem Vorgänger "One million lightyears from home" deutlich besser abschneidet. Ich kann das nicht beurteilen, da ich nichts von Domain bei mir im Regal stehen habe. Das wird sich nach diesem Konzert auch nicht ändern, denn für mich klang das Ganze einfach zu belanglos. Vor allem der Gitarren-Sound war mir zu dünn. Wenn Axel Ritt anfing seine guten Soli runter zu fetzen, fehlte einfach der Rhythmusteppich dahinter. Dazu kam, dass ein kurzfristig eingesprungener Jung-Spund am Bass (Name???) mit seinem oftmaligen Windmühlen-Banging zu diesem Sound etwas neben den Schuhen stand. Genau so wie der Keyboarder, der (nur) optisch völlig durchfiel. Wie auch immer, die inzwischen deutlich mehr gewordenen Fans entgegneten der Band spontanen Applaus und auch mir gefiel gegen Ende des Sets noch der eine oder andere Song. Nicht Fehlen durfte natürlich die entsprechende Schmalzballade. Grossartiges stand da aber nicht auf der Bühne. Vor ein paar Jährchen, in der Blütezeit des Melodic Hard Rock, hätten Domain mit diesem Material bedeutend bessere Chancen gehabt. Heute gibt es einfach viel zu viele Bands (alte wie neue) mit dieser Stilrichtung, die hier um die Gunst der Fans buhlen. Doch die Spreu wird gnadenlos vom Weizen getrennt und in wenigen Jährchen werden einige Bands schon längst (wieder) Geschichte sein. Ob Domain dann da auch dazu gehören werden oder stets am Ball sind, wird sich weisen. Let the music talk


Hughes/Turner Project
Und dann war es endlich soweit! Man soll es glauben oder nicht, aber ich sah beide an diesem Abend zum allerersten Mal live, wow! Glenn Hughes, auch "The Funkmaster" genannt und dieses Jahr mittlerweile auch schon 50 Jahre alt geworden, sah aus, wie wenn er gerade von einer Frischzellenkur käme. Gekleidet in eine Lederhose und mit einem indisch anmutenden Hemd versprühte er seine Persönlichkeit auf beeindruckende Art und Weise. Keine Spur von verbraucht oder angesetzter Bierwampe! Die hatte wenn schon Joe Lynn Turner, unübersehbar und gefärbte Haare dazu, doch das kümmerte niemanden. Glenn trug sein Haar wieder mal bis auf die Schultern runter (des isch truu!) und wartete hungrig darauf, dass er endlich abrocken konnte. Der Opener vom neuen Album "Devil's road" kam von Anfang an satt und fett rüber. Hughes's Bass zwar noch zu wenig laut, was mit der entsprechenden Gestik in Richtung Guitar-Tech deutlich zum Ausdruck kam. Was würde uns also alles noch so erwarten an diesem Abend? Bereits der zweite Song war ein alter Rainbow-Heuler ("I surrender"). Turner sang nicht schlecht, kam aber nie auch nur im Ansatz an die nach wie vor brilliante und messerscharfe Stimme von Glenn heran. Der (Glenn) müsste Ian Gillan mal zeigen, was man heute noch aus "Child in time" herausholen könnte! Nach einem weiteren neuen Stück ("Can't stop Rock'n Roll") folgte eine druckvolle Version von "Death alley driver". Hughes riss dabei und im weiteren Verlauf Posen vom Feinsten und hatte sichtlich Spass beim Spielen. Dieser Umstand konnte sicher auch seinen Mitmusikern zugeschrieben werden, von denen vor allem Gitarrist JJ Marsh herausstach. Zwar mit etwas schütterem Haar, aber seine Performance war dafür grandios. Nicht selten (Stratocaster sei Dank!) hörte er sich bös nach Ritchie Blackmore an.Und nun standen zwei Klassiker auf dem Programm, die mich fast umhauten. Zuerst eine geniale Version von Iommi's "Seventh star" und dann "Mistreated", du meine Güte!

Joe weilte derweil hinter der Bühne, denn vorne wäre er wirklich fehl am Platz gewesen. Bei "Stormbringer" (göttlich!!!) machte er seine Sache aber gut und überraschte mit ein paar guten Gitarren-Licks. "King of dreams" vom Purple-Album "Slaves & masters" kam ebenso gut rüber. Nach dem vom 11. September 2001 inspirierten Song "Ride the storm" folgten gegen und leider schon zum Schluss hin drei Hämmer, wovon einer eher unerwartet kam: "Spotlight kid", "Highway star" (!) als erste und zum Schluss natürlich eine furiose Version von "Burn", dessen Eingangsriff JJ Marsh nur am Griffbrett allein erzeugte, was für ein magischer Moment! Einziger Schwachpunkt neben dem manchmal halt etwas mittelprächtigen Gesang von Mr. Turner war das Fehlen eines oder mehrerer Songs von Purple's "Come taste the band"-Album, also Sachen wie "You keep on moving", "This time around" oder "Gettin' tighter".
Trotzdem wurden wir Zeuge eines sehr überzeugenden Konzertes, wohl wissend, dass wir diese Band-Konstellation, wenn überhaupt, nicht mehr so schnell zu Gesicht bekommen werden.



Set-Liste: "Devil's road", "I surrender", "Can't stop Rock'n Roll", "Death alley driver", "Seventh star", "Mistreated", "Jealous lover", "Stormbringer", "Better man", "King of dreams", "Ride the storm", "Spotlight kid", "Highway star", "Burn".