Livereview: ICE ROCK - Festival 2018

04. Januar – 06. Januar 2018, Wasen i. E. – Nussbaumschachen
By Rockslave

Nach der letztjährigen gelungenen, ja geschichtsträchtigen Jubiläumssause zum 15. Jubiläum mit Top-Acts wie Threshold, Treat oder Almanac nahm es die Fans natürlich schon wunder, was das OK mit den beiden Emmentaler ICE ROCK Lichtgestalten Fridu Gerber und Marco Forster in diesem Jahr würde an Land ziehen können. Die ersten Ankündigungen, zu denen die Melodic Rocker One Desire aus Finnland und die britische Rock-Ikone Tygers Of Pan Tang gehörten, gesellten sich bald weitere, auch einheimische Leckerbissen wie Emerald oder Rock Out dazu. In kurzen Abständen wurden weitere aufspielende Bands genannt und so vervollständigte sich das Billing für 2018 zusehends. Dabei tauchten für Fans vertraute Namen wie Thunderstone oder Dream Evil auf, die jedoch schon eine ganze Weile nicht mehr so viel von sich reden machten. Lords Of Black, Maverick oder Herman Frank rundeten das Programm mitunter weiter auf, aber den Vogel schoss Damian Wilson ab! Der bei Threshold bekanntlich geschasste Frontmann hatte eigentlich vor, bloss privat (!) ans ICE ROCK zu kommen, doch das Gespann Gerber/Forster hatte eine bessere Idee, und so stand dieser erneut auf der Bühne!

Donnerstag, 04.01. 2018 (Erster Tag)

One Desire
Anders als noch im vergangenen Jahr, war die Auswahl der Bands ziemlich nach meinem persönlichen Geschmack ausgefallen. Darum war es klar, dass ich heuer an allen drei Tagen am ICE ROCK zugegen sein werde, zumal ich über Weihnachten und Neujahr ja auch noch zusätzliche Tage frei genommen hatte. So stand einem ungezwungenen Besuch im Wasen i. E. nichts im Wege. Mit der Opener-Band One Desire, die im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem ICE ROCK und der „Souls Of Rock Foundation“ gebucht werden konnten, stand für mich bereits ein erstes Highlight auf der Bühne! Das selbstbetitelte erste Album, das im Frühling 2017 erschienen ist, hat mich sofort in den Bann gezogen. Nicht ganz so catchy wie Eclipse, aber dennoch mit gutem Gespür für prägnante Melodien legten die Finnen um André Linman, den ehemaligen Frontmann von Sturm Und Drang, eine ziemlich töfte Scheibe hin. Für mich so gut, dass ich davon letztes Jahr schon gleich die Japan-CD geordert hatte. Und die vier Herren liessen sich nicht lange bitten und packten mit dem Opener «Hurt» gleich den ersten geilen Earcatcher aus. Auch wenn Andrés Gesangsstimme zu Beginn nicht ganz so kraftvoll klang und die breite Soundwand der Studioversion live etwas weniger zum Ausdruck kam, holten mich die Jungs von der ersten Sekunde an voll ab. Bis das auch für die restlichen Leute, ausser der eh daueraktiven ersten Reihe mit ICE ROCK Urgestein und Superfan Gaby galt, dauerte es nicht lange, und One Desire konnten so immer lauteren Applaus entgegen nehmen. Ebenfalls vom Feinsten waren die Licks und Riffs von Jimmy Westerlund, der Kollege André an der zweiten Klampfe kongenial unterstützte. Von den generell überzeugenden Songs war es dann dem veritablen Smasher «Apologize» vorbehalten, den kompositorischen Sack vollends zu schliessen. Toller Auftakt am ersten Festivaltag, und es bleibt schwer zu hoffen, dass die Nordländer weiterhin an ihrer geilen Mucke festhalten.

Lords Of Black
Mit der eigenen Band von Ronnie Romero, dem gegenwärtigen „Mietsänger“ von Ritchie Blackmore’s Rainbow und aktuell auch bei CoreLeoni, stand bereits der nächste Hochkaräter auf der Bühne. Da zuvor wohl die wenigsten Leute mit den ersten beiden CDs der Band vertraut waren, konnte man sich einfach mal locker in den Set reinhängen und abchecken, ob der etatmässige Power Metal etwas taugt oder nicht. Als Erstes war offensichtlich, dass das Quartett neben Ronnie mit Tony Hernando (g), Daniel Criado (b) und Andrés Cobos (g) ziemlich homogen wirkte und das Ganze mit ordentlich Wumms daher kam. Interessant war auch zu hören, wie anpassungsfähig der Frontmann ist und sich offensichtlich auf allen gegenwärtigen Spielwiesen wohl fühlt. Der Headliner-Set legte den Fokus auf das neue zweite Album «II» und der Opener «Merciless» ging dabei schon ganz ordentlich nach vorne los. Getragen von galoppierendem Drumming ging es nicht lange, bis klar war, warum ein gewisser Mr. Blackmore genau die Sänger für die konzerttechnischen Wiederbelebung des Regenbogens haben wollte. Des Weiteren entpuppte sich Mr. Romero als total entspannter und bodenständiger Sänger, der in erster Linie mit seiner Hammer-Stimme punktete und vom Stand weg sympatisch rüber kam. Obwohl alle eingesetzten Tasteninstrumente allesamt ab Band eingespielt wurden, wirkten diese zum Glück nicht als Fremdkörper. Beim „halbballadesken“ «New World’s Comin‘» wäre es jedoch schon gewesen, wenn diese Parts von einem echten Musiker aus Fleisch und Blut beigesteuert worden wären. «The Art Of Illusions, Part I und Part II vom Debüt deckten anschliessend verschiedene Tempi ab. Mit fortschreitender Dauer fiel dann trotz ansprechender Stimmung auf, dass die Songs insgesamt ziemlich gleichförmig aufgebaut sind und vor allem durch Ronnie Romero knapp nicht im Durchschnitt untergehen. Es gab letztlich keinen der eigenen Songs, der alle anderen deutlich überragte. Und so kam es denn halt, dass die beiden bekannten Cover-Songs «Neon Knights» und «We Rock» die Kohlen aus dem Feuer holen mussten, was offensichtlich gut bei den Fans ankam.

Setliste: «Merciless» - «Nothing Left To Fear» - «Everything You’re Not» - «New World’s Comin‘» - «The Art Of Illusions, Part I: Smoke And Mirrors» - «The Art Of Illusions, Part II: The Man From Beyond» - «Ghost Of You» - «Forgive Or Forget» - «Lords Of Black» - «Cry No More» - «Shadows Of War» - «When Everything Is Gone» - (Black Sabbath-Cover)» - «We Rock (Dio-Cover).

Thunderstone
Die Power Metaller aus Helsinki waren zu Beginn der 2000er eine saugeile wie erfolgreiche Band, die zusammen mit ihren Landskollegen von Stratovarius eine grosse Fanbase hinter sich scharen konnten. Die beiden Auftritte am „Metal Inferno“ in Lenzburg von 2005 und 2007 sind immer noch in bester Erinnerung. Allerdings riss kurz darauf der Faden und Frontmann Pasi Rantanen gehörte in der Folge nicht mehr zum Line-Up. So ist auf dem 2009er Album «Dirt Metal» Tausendsassa Rick Altzi (Masterplan, At Vance, Herman Frank) zu hören, der immerhin sechs Jahre bei den Finnen verbrachte. 2016 ging die Durststrecke zu Ende und nebst Rückkehrer Pasi leckten auch die beiden Ur-Members Nino Laurenne (g) und Titus Hjelm (b) wieder Blut. Zusammen mit Keyboarder Jukka Karinen (seit 2007 dabei) und Drummer Atte Palokangas (seit 2014 dabei) haben Thunderstone den Weg zurück zu ihren Tugenden gefunden und mit «Apocalypse Again» ein sackstarkes Comeback-Album raus gehauen. Auch wenn die einen Haare inzwischen grauer geworden (Pasi) oder gar ganz weg sind (Nino), das gemeinsame Musizieren haben die Herren nicht verlernt, und das stellten sie heuer am ICE ROCK in überzeugender Manier zur Schau. Dass dabei gleich alle sechs Studioalben für die Setliste zum Handkuss kamen, überraschte auf der einen Seite, zeigte aber gleichzeitig, dass in jeder Phase gute Songs geschrieben wurden. Sogar «Dirt Metal» aus dem gleichnamigen Dreher wurde gespielt, und der Zufall wollte es, dass Rick Altzi am Samstag mit Herman Frank auf der Bühne im Nussbaum-schachen steht. Wäre dieser also früher angereist, hätte es womöglich zu einem kultigen Duett gereicht. Doch auch ohne diese Einlage konnten die wiedererstarkten Nordmänner mühelos an ihre glorreichen Vorjahre anschliessen und zelebrierten ihren Sound mit mächtig Spass und Freude. Das neue Material der Währung «The Path», «Veterans Of The Apocalypse» oder «Higher» stand den früheren Glanzlichtern in Nichts nach und man konnte es kaum glauben, dass diese Top-Band einige Jahre komplett weg vom Fenster war. Die Verpflichtung für das ICE ROCK konnte somit gleich als gutes Omen für hoffentlich weitere Erfolge des anstehenden Jahres gewertet werden. Das Publikum war auf jeden Fall hingerissen von diesem Auftritt, und weil die Band glaubhaft kund tat, dass sie keinen weiteren Track als Zugabe mehr spielen können, kam ausgerechnet «Dirt Metal», also der Song, den eben Rick und nicht Pasi eingesungen hatte, eben ein zweites Mal zum Zug. Fridu Gerber erhielt auf seine Standard-Frage „isch das öppis gsi?“ (Deutsch: „war das was?“) die einzig richtige Antwort aus mehreren hundert Kehlen: „Sensationell!“

Setliste: «The Path» - «Forevermore» - «Veterans Of The Apocalypse» - «Virus» - «Higher» - «Dirt Metal» - «Weak» - «Through The Pain» - «10’000 Ways» - «Down With Me» - «Break The Emotion» - «Face In The Mirror» - «Tool Of The Devil» -- «Forth Into The Black» - «Until We Touch The Burning Sun» --- «Dirt Metal».


Freitag, 05.01. 2018 (Zweiter Tag)

SpiteFuel
Nach dem guten Einstieg in den ersten Festivaltag versprach der zweite Tag weitere Höhepunkte. Opener waren SpiteFuel, eine deutsche Heavy Rock Band aus dem Raum Heilbronn. Für mich bisher ein unbeschriebenes Blatt, aber was die Annahmehürden der Herren Gerber/Forster übersteht, muss schon was zu bieten haben. 2016 aus der Asche von Strangelet entstanden, erinnert die Mucke von SpiteFuel, zumindest wenn man das Video von «Purified» gesehen hat, etwas an Thunderhead. Vor allem die Gitarren aus dem Hause Eurich/Pflüger bratzen ganz ordentlich und verleihen dem Ganzen den Rotz, der den Karren auf Touren bringt. Frontmann Stefan Zörner wusste sich dabei gekonnt in Szene zu setzen und besass auch den nötigen Dreck in der Stimme, wie Chris „Dö Röhr“ von Rohr (Krokus) jeweils zu sagen pflegt. Das erste Konzert auf Schweizer Boden entwickelte sich erfreulich, auch wenn ich und meine Kollegen als Fotografen unsere liebe Mühe hatten, den sehr agilen Sänger mal halbwegs brauchbar vor die Linse zu kriegen, was wahrlich kein leichtes Unterfangen war. Diese Energie übertrug sich entsprechend auch auf die Songs, die dann und wann aber etwas zu gleichförmig daher kamen. Die Performance an sich, also als Band, liess jedoch keine Wünsche offen. Da wurde ohne Kompromisse abgerockt und das anwesende Publikum optimal angewärmt. Da am Bass mit Matthias Lüönd ein Schweizer für die tiefen Töne besorgt war, überliess man ihm den Grossteil der Ansagen. Zu Gitarrist Timo Pflüger als erklärtem Fan von Dokken/Lynch Mob-Klampfer Georg Lynch erzählte mir Metalinside-Kaufi die Story mit der Gitarre und dieser machte sein Versprechen dahin gehend wahr, dass er sie nicht nur dabei hatte, sondern auch auf der Bühne spielte. Und in der Tat sah das Teil, dem Cover der ersten Lynch Mob Scheibe nachempfunden, echt geil aus. Weniger prickelnd war hingegen die Cover-Version von «Ace Of Spades». Trotzdem wars unter dem Strich ok.

Setliste: «Purified» - «Devil’s Darling» - «Tainted» - «Whorehouse Symphony» - «Privilege Of Power» - «Never Surrender» - «By My Hand» - «Catching Fire» - «Sleeping With Wolves» - «Triad Of Faith» --- «Ace Of Spades (Motörhead-Cover)».

Maverick
Da man(n) bekanntlich nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitigt tanzen kann, entging mir der Schweizer Auftritt der nordirischen Heavy Hardrocker an der letztjährigen Rocknacht in Tennwil. Dem Vernehmen nach sollen die Jungs dort vollends abgeräumt haben, und es sollte nicht lange dauern, bis sich diese Geschehnisse hier im Emmental wiederholen sollten. Kaum waren Maverick nämlich auf der Bühne, drehte die holde Weiblichkeit im Tenn voll ab. Das jugendlich frisch wirkende Quintett aus Belfast, bestehend aus David Balfour (v), Ryan Sebastian Balfour (g), Richie Diver (b), Jonathan Millar (d) sowie Tour-Gitarrist Steve Moore (Stormzone) legte in der Tat einen ziemlich beherzten Gig hin. Für eine Band aus der Ecke würde man mehr landestypische Elemente in der Musik erwarten und vielfach denkt man automatisch an die übergrossen Thin Lizzy. Die tauchen vordergründig jedoch nicht auf, und die bandmässigen Inspirationen kommen mehr aus der Ecke von Kiss, Iron Maiden, Def Leppard, Alice Cooper, Guns n‘ Roses, Winger, W.A.S.P. oder Aerosmith, um mal ein paar zu nennen. Vielleicht ist es genau das, was die Truppe ausmacht, sprich dass etwas anderes als erwartet zelebriert wird, anstatt gängige Klischees zu erfüllen. Man denke dabei unter anderem an eine Band wie Glyder, die letztlich zu nahe bei Phil Lynott & Co. standen. Das kann Maverick nicht passieren und so zog Sympathikus David sein Publikum innert Kürze auf seine Seite. Der knackige Opener «All For One» reichte dafür bereits aus, und danach frassen dem agilen Frontmann vor allem die Mädels sogleich aus der Hand. Im weiteren Verlauf des energetischen Auftritte konnten die vorher genannten und einflussnehmenden Bands durchaus ausgemacht werden, ohne dass die jedoch billig kopiert werden. Vielmehr verstehen die Nordiren, ihrer Chose den eigenen Stempel aufzudrücken. Das tat auch Gast Steve Moore an der zweiten Gitarre, der einen tadellosen Job ablieferte und bestens mit Ryan Sebastian Balfour harmonierte. Das Sahnehäubchen war dann allerdings dennoch ein Cover-Version, und was für eine! Gotthard’s «Top Of The World» war für uns Schweizer natürlich etwas ganz Spezielles, und die Interpretation von Maverick mehr als gelungen. Als ich mir nach einer Weile am Merchstand noch das Vinyl des Albums «Big Red» krallen wollte, war ich zu spät. Alles weg!

Setliste: «All For One» - «Snakeskin Sinner» - «Myrmidon» - «Beyond The Gates» - «Renegade» - «One More Day (Quid Pro Quo) » - «Electric» - «Whiskey Lover» - «Got It Bad» - «Mademoiselle» - «The One» - «Forever» - «Top Of The World (Gotthard-Cover) » - «Asylum» - «In Our Blood».

Tygers Of Pan Tang
Auch wenn von der Ur- oder sagen wir mal 80er-Jahre Besetzung nur noch Gitarrist Rob Weir übrig geblieben ist, strahlt der Backkatalog der NWOBHM-Ikone bis heute, und dies nicht nur wegen den oftmals prägnanten und deshalb bekannten LP- und CD-Covers mit dem fauchenden Tiger. Das erste Mal überhaupt sah ich die Kult-Band 2011 am BYH!!!-Festival in Balingen und dort 2015 nochmals. Der bisher einzige CH-Auftritt inklusive meiner Aufwartung war schliesslich in Baden im Frühling 2017. Somit geriet die Ankündigung für das ICE ROCK Festival mindestens einer faustdicken Überraschung. Man durfte sich somit auf kernigen Hardrock mit metallischen Sprengseln freuen. Mit dem sackstarken Album «Ambush» meldete sich die Truppe 2012 nach vierjähriger Studioabsenz lautstark zurück und lieferte weitere vier Jahre später mit der simpel eigenbetitelten und bisher letzten Scheibe ein wahres Masterpiece ab. Dass dies nun auch im Emmental zu Live-Ehren kam, war schon etwas Besonderes. So fackelten der stets gut gelaunte Rob und seine Jungs nicht lange und entzündeten ein Rock-Feuerwerk der Sonderklasse. Das Augenmerk lag dabei nicht nur bei den Songs, die es in den heutigen Set geschafft hatten, sondern auch bei denen, die es leider nicht geschafft hatten. Da ich selber nicht so sattelfest bei den legendären Alben der 80er bin, erfreute ich mich, zusammen mit den zahlreichen und gut gelaunten Fans an jedem Song, der heute Abend zur Aufführung gelangte. Den Anfang machte «Only The Brave», der Opener von der aktuellen Scheibe und dieser so zu sagen erlittene Kaltstart mit dem sonst ziemlich schmissigen Track wurde zum Glück bald abgefangen und ab da wurde es stetig besser. Mein Augenmerk lag dabei, wie schon zuletzt in Baden, bei Jungspund Micky Crystal an der zweiten Klampfe. Nicht dass dieser, trotz dem einen oder anderen Temposchluderer, technisch limitiert gewesen wäre, aber auch diesmal hatte Micky die Lautstärke seines Amps nicht im Griff, sprich beim Solieren übertönte sein Instrument den Rest der Truppe überdeutlich, um dann jeweils nach dem Solo wieder brav ins Kollektiv zurück zu kehren. Je nach Standort vor der Bühne bekam man das mehr oder weniger mit. Mich nervte das grundsätzlich, aber dieses störende Element vermochte den Top-Auftritt insgesamt nicht zu beeinträchtigen. Die Hitdichte war erdrückend und auch das ZZ Top Cover «Tush» als erste Zugabe war vom Feinsten. Mit «Love Potion #9» gab es als zweite Zugabe noch einen Alltime-Klassiker oben drauf, schlicht überragend…, britisch eben!

Setliste: «Only The Brave» - «Love Don’t Stay» - «Lonely At The Top» - «Gangland» - «Euthansia» - «Blood Red Sky» - «Never Give In» - «Keeping Me Alive» - «Take It» - «Don’t Stop By» - «Tyger Bay» - «Glad Rags» - «Rock Candy» - «Slave» - «Raised On Rock» - «Devil You Know» - «Suzie Smiled» -- «Tush (ZZ Top Cover)» - «Love Potion #9».

Black Diamonds
Die jeweils letzten Bands des ICE ROCK Festivals nach dem Headliner hatten es in den letzten Jahren nicht immer leicht. Meistens halbiert sich gleich mal die Anzahl der Fans vor der Bühne oder es braucht dann halt einige Hartnäckigkeit, um wenigstens einige davon wieder anzulocken. Wer sich heuer aber die Schweizer Hardrock Glamster Black Diamonds hat entgehen lassen, traf definitiv die falsche Entscheidung! Allerdings sah es auch schon trister aus, wenn Fridu jeweils die Bands an dieser Stelle angesagt hat. Für mich waren die Jungs aus dem St. Galler Rheintal auf jeden Fall eine Premiere. Hört sich jetzt vielleicht komisch an, ist aber so. Kaum auf der Bühne, sah und hörte man dann bald, dass hier gestandene Musiker am Werk waren. Der Kern der Band besteht aus den beiden Ur-Mitgliedern Michael „Mich“ Kehl (Lead Vocals/Guitar) und Andi „Barrels“ Fässler (Bass/Backing Vocals). Vervollständigt wird das Ostschweizer Quartett durch Manuel Peng (Drums) und Andreas „Dee“ Rohner (Guitar/Backing Vocals). Letzterer ist so zu sagen das „Lineup-Küken“ und erst seit 2014 dabei. Inzwischen haben Black Diamonds drei full lenght Scheiben veröffentlicht. Der aktuelle Silberling «Once Upon A Time» stammt von 2017, ist ein Gewächs aus dem eigenen Studio und wurde von Producer Tobias Lindell (Mustasch, Sister Sin, The Poodles) gemixt, und das Mastering fand in dessen Heimat Schweden in den „Bohus Sound Studios“ statt. Was somit auf den Alben bereits einen professionellen Anstrich besitzt, übertrug sich locker auf die Bühne, wo die Jungs beherzt losrockten und den Draht zum Publikum ziemlich schnell fanden. Die Chose war nicht so abgedreht wie beispielsweise von Steel Panther, aber jeder Song besass seinen eigenen Charme und verfehlte seine Wirkung nicht. Vor den Augen von Damian Wilson, der sich völlig easy unter die Leute mischte sowie der mittlerweile bierseligen Truppe von Maverick liessen Black Diamonds nichts anbrennen und boten eine gute Mischung aus ihrem Backkatalog. Da Leadsänger Mich nicht ganz bei Stimme war, half Kollege Barrels netterweise partiell aus, und überhaupt setzten auch die Backing Vocals entscheidende Akzente. Die Stimmung war ausgezeichnet, und so konnte der lautstarke Applaus nicht nur zum Oberkracher «Up All Night» absolut verdient eingeheimst werden. „Isch das öppis gsi?“ Aber sowas von!

Setliste: «We Want To Party» - «Romeo & Juliet» - «First Strike» - «The Ghost And The Shadow» - «I’ll Be Okay» - «Love, Lies, Lonliness» - «Judgement Day» - «Thrillride» - «Up All Night» - «Vampires Of The Night» - «Hands Of Destiny» - «Rock And Roll Music (Chuck Berry-Cover)».


Samstag, 06.01. 2018 (Dritter Tag)

Rock Out
Dreimal Emmental und retour?! Bei dem Programm auf jeden Fall, und meine Bierexzesse liegen ja mittlerweile lange zurück. Daher gönnte ich mir jeweils bewusst die heimische Bettstatt, um mir wenigstens ein paar regenerative Stunden zu gönnen. Pünktlich auf 14:30 Uhr stand ich jedoch wieder auf der Matte, respektive vor der Bühne des ICE ROCK und beobachtete, wie eine offensichtlich ziemlich junge Band entsprechend Hand anlegte und sich für ihren Auftritt vorbereitete. Rock Out waren bisher ein völlig unbeschriebenes Blatt für mich, und ausser im Umfeld der lokalen Biker-Szene kannte die vorher eh kaum jemand. Das sollte sich bald ändern, und was da dann, mitten am Nachmittag, zelebriert wurde, hätte zuvor wohl niemand gedacht. Frisch und frech legte das Quartett aus Lützelflüh wie die Feuerwehr los und bewegte sich ohne Scheuklappen im Fadenkreuz aus Hardrock, Blues und Metal. Dabei stach neben den flotten Sprüchen von Frontmann und Gitarrist Florian Badertscher vor allem seine saumässig gute Gesangsstimme hervor! Trotz jugendlichem Alter klang diese rau und kraftvoll zugleich. Das passte wie Arsch auf Eimer, und angetrieben von seinen Kollegen, als da wären Severin Held (Rhythm Guitar), Luca Gfeller (Bass) und Tobias Gerber (Drums) wurden zuerst fünf eigene Songs dargeboten. Danach war die Reihe an ein paar Covers, die jedoch alle mit einer eigenen Note bedacht wurden. Bemerkenswert war auch die überaus coole Art und Weise des gemeinsamen Musizierens. Da technisch schon ganz ordentlich beschlagen, wirkte alles sehr luftig und total unverkrampft. Selbst «Hey Joe» von Master Hendrix überzeugte mit Können und gleichzeitigem Respekt vor diesem Klassiker der Musikgeschichte. Nicht nur meine Wenigkeit war schwer beeindruckt von dem, was die vier jungen Emmentaler mit den Übernahmen „Flopsi“, „Seve“, Lücu“ und „Töbu“ auf die Bretter legten. Das war wirklich grosses Kino, und vor allem die Vocals von Mr. Badertscher waren allerfeinste Sahne. Mit dem Song «Deadriders» wurde schliesslich die Hommage an die zuvor erwähnten Biker erwiesen, und nur gerade das etwas maue AC/DC Cover «T.N.T» vermochte den sonst überragenden Eindruck dieser jungen Truppe ein klein wenig zu schmälern. Rock Out waren mit Abstand der beste Opener, der je auf der ICE ROCK Bühne stand, sensationell!

Setliste: « Hellfire» - «Ice Of Fire» - «Young Boy» - «Pain» - «7 Minutes» - «Sin City (AC/DC-Cover) » - «Sweet Home Alabama (Lynyrd Skynyrd-Cover) » - «Hey Joe (Jimmy Hendrix-Cover) » - «Deadriders» - «T.N.T (AC/DC-Cover).

Damian Wilson
Nach dieser bemerkenswerten Steilvorlage der Youngster brauchte es nun echt einen Profi wie den ehemaligen Threshold Frontmann Damian Wilson. Eigentlich wollte der sympathische wie total bodenständige Sänger nach der letztjährigen Sause bloss eine ruhige Kugel im Emmental schieben und sich lediglich als Zaungast in Szene setzen. Doch da hatte er die Rechnung ohne das OK-Duo Gerber/Forster gemacht, das gleich noch eine zusätzliche Stunde Auftrittszeit ins bisherige Billing rein setzte. Da Damian jedoch solo, also ohne Band anreiste, stand ein spezieller Auftritt an, der schon im Vorfeld als akustische Darbietung promotet wurde. Kein Problem, da Herr Wilson das Spiel auf der akustischen Gitarre locker beherrscht. So sah dann der Bühnenaufbau entsprechend spartanisch aus, doch was in der nachfolgenden Stunde alles geschah, übertraf gar das letztjährige Spektakel, um nicht zu sagen lockerst! Aber zuerst mal schön der Reihe nach. Ein guter Teil des Solo-Auftritts, der etwas später noch Unterstützung von Phipu „Bluedög“ Gerber (Dögz) erfuhr, startete ziemlich relaxed mit ein paar stimmig vorgetragenen Folk-Songs. Etwas später gab Damian kurz und bündig zu Protokoll, warum er ziemlich überraschend nicht mehr bei Threshold mit dabei sei. Die Antwort an dieser Stelle fiel so simpel wie unglaublich zugleich aus! Seine Kollegen haben ihm tatsächlich den letztjährigen Husaren-Ritt in den Hot-Pot hinein so übel genommen, dass sie ihn deswegen mitunter aus der Band geschmissen haben! Tja…, traurig, aber wahr, doch das ist bereits kalter Kaffee. Und dann setzte Damian zur Kür an und bescherte dem begeisterten Publikum ein Akustik-Konzert (!), das niemand der anwesenden Fans „ever“ vergessen wird! Das beinhaltete umwerfende Interpretationen der Iron Maiden Classics «The Evil That Men Do» und «The Trooper» (!!) sowie eine eigene Version vom alten Stones-Heuler «(I Can’t Get No) Satisfaction». Dazu gab es eine “Wall Of Death” (!!!) sowie, zusammen mit einem Fan aus dem Publikum, einen „wer-ist-zuerst“ im Hot-Pot-Contest, natürlich in Form von Crowd-Surfing! Davor trank Damian genüsslich und very britisch Tee, wo er etwas Milch beigab, die er zuvor bei einer Kuh in einem nahegelegenen Stall eigenhändig gemolken hatte! Mehr Show in einer Stunde geht nicht, und dass der Sympathikus einst von Maiden-Oberhaupt Steve Harris ernsthaft als Kandidat neben Blaze Bayley gehandelt wurde, setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Ich glaube, sowas werden wir hier nie mehr sehen, ausser der Protagonist heisst Damian Wilson!

Setliste: «Soldier» - «Written In Anger» - «Homegrown» - «The Evil That Men Do (Iron Maiden-Cover) » - «The Trooper (Iron Maiden-Cover) » - «(I Can’t Get No) Satisfaction (The Rolling Stones-Cover) » - «The Hunter».

20DarkSeven
Die Wahnsinns-Show von Damian Wilson musste man echt zuerst sacken lassen, bevor die Aufmerksamkeit für das nachfolgende Programm wieder aufgebaut werden konnte. Die Umbau-Pausen gingen jedoch stets speditiv voran, und darum dauerte es nicht wirklich lange, bis die Deutschen Hardrocker von 20DarkSeven bereit waren. Das Quartett, bestehend aus Marcus Jürgens (Lead Vocals), Marcel „Selly“ Bernhardt (Guitar), Christoph Renner (Bass) und Markus Herzog (Drums) schien auf jeden Fall gewillt zu sein, die Hütte zu rocken, was im Wesentlichen gut gelang. Frontmann Marcus (Pump, Ex-Brainstorm) war gut drauf und versuchte sofort den Kontakt mit dem Publikum aufzubauen. Begünstigt durch die Muttersprache war es dann nicht so schwer, die Leute in die richtige Stimmung zu versetzen. Dazu brauchte es in erster Linie griffige Songs, und über diese verfügten 20DarkSeven ab ihren bisherigen zwei Alben «Roar» (2014) und «Momentum» (2017) zur Genüge. Die kernigen Tracks, die bereits ab Konserve eine gewisse Rauheit besitzen, bratzten auf der Bühne noch mehr und sorgten für gehörig Drive. Phasenweise erinnerte der Sound etwas an The Almighty zu Zeiten von «Powertrippin‘» (1993) und Victory, wobei Letztere ja auch schon zu Gast beim ICE ROCK waren. Gitarrist „Selly“ hängte sich dabei als einzelner Sechssaiter ziemlich rein und vermochte die auf beiden bisherigen Scheiben von Peter Wagner eingespielten Tunes adäquat wiederzugeben. Mit dabei waren auch ein paar typische Vibratos à la Zakk Wylde, was halt immer geil klingt. Die durchwegs knackigen Songs von 20DarkSeven groovten wie Sau und Kracher der Sorte «Coming Home» oder «Hard Times Coming» luden zum gemeinsamen Abschädeln ein. Die ersten zwei Reihen vor der Bühne waren eh meist in Bewegung und Weibchen wie Männchen liessen ihre Haarpracht heftig herumwirbeln. Mit «Shot In The Dark» folgte kurz vor Schluss eine unerwartet töfte Interpretation des Ozzy Osbourne Solo-Klassikers von «Ultimate Sin» (1986), die selbst mir, selten genug, sehr gefallen hat. Leider gab es kein Vinyl am Merchstand zu kaufen, aber auch so gingen beide Daumen nach oben.

Setliste: «Intro – Blitzkrieg Bop (Ramones-Cover)» - «Coming Home» - «Come Undone» - «Falling Away» - «Hard Times Coming» - «The Devil’s Doom Delight» - «Heart Of A Lion» - «Spoke In The Wheel» - «Shotgun Heart» - «Shot In The Dark (Ozzy Osbourne-Cover)» - «Do You Like The Dark».

Emerald
Die Verpflichtung der Fribourger Power Metaller erfüllte mich mit grosser Vorfreude, denn auch wenn es einige Zeit, ja eigentlich Jahre gedauert hat, bis der stilistische Range für meine Lauscher zugänglicher wurde, liess einen das aktuelle Album «Reckoning Day» echt aus den Latschen kippen. Frontmann Mace Mitchell (Eddie’s Beast) präsentiert sich dabei auf dieser grandiosen Scheibe erstmals als Sänger von Emerald, der stimmlich perfekt zu dieser pfundigen Mucke passt. Natürlich hiess der Opener nach dem Intro «Only The Reaper Wins», und mit diesem hammermässigen Earcatcher blieb gleich zu Beginn nur Staub und Asche übrig. Das treibende Haupt-Riff walzte alles nieder und überhaupt klang der Sound, inklusive Live-Keyboard, sehr ansprechend. Das bewährte Axt-Duo Michael Vaucher und Julien Menth liess dabei nichts anbrennen und spielte sich bald in einen wahren Rausch hinein. Sonnen-schein Vania Truttman wirkte derweil bewegungstechnisch mehr als Ruhepol am Bass, was natürlich der Zunft der Fotografen in die Hände spielte, doch gut spielen kann die junge Lady auf jeden Fall. Die Songs stammten vornehmlich vom neuen Album, und auch der überaus wertige Vorgänger «Unleashed» wurde bedacht. «Re-Forged» (2011) blieb dafür aussen vor, leider muss man sagen. Mace Mitchell meisterte dennoch jegliche Phase der Band souverän und hat sich als Nachfolger von Thomas Winkler (jetzt bei Gloryhammer) längst etabliert. Überhaupt wirkte die ganze Band sehr eingespielt und harmonierte bestens. Das übertrug sich auf die Fans, die mit lautstarken Reaktionen antizipierten. Emerald wiederum erfreuten sich ihrerseits ebenso am Zuspruch, liessen in der Folge nicht nach und powerten ihren Set voll durch. «No Easy Way Out», im Original von Robert Tepper, liess prompt die 80er wieder etwas aufleben, ohne das nötige Mass an metallischer Härte einzubüssen. Mit dem hymnischen wie vorwärts treibenden Track «Horns Up» zeigten die Schweizer heute Abend ein letztes Mal, wie saugeil das neue Album ist, und mit Iron Maiden’s «Wasted Years» als toll interpretiertem Rausschmeisser folgte noch das Sahnehäubchen oben drauf, top!

Setliste: «Mist Of The Past (Intro)» - «Only The Reaper Wins» - «Hard To Be True» - «Revenge» - «Ancient Mystery» - «No Easy Way Out (Robert Tepper-Cover)» - «Face Of Evil» - «Signum Dei» - «Through The Storm» - «Harleking» - «Tears Of A Warrior» - «Reckoning Day» - «Horns Up» - «Wasted Years (Iron Maiden-Cover)».

Herman Frank
Einerseits war ich mir sicher, dass nun zu einem meiner persönlichen Festival-Highlights des diesjährigen ICE ROCK Festivals angerichtet wurde. Andererseits stand die Frage im Raum, wie gut der ehemalige Klampfer von Accept und Victory, zusammen mit seiner Mannschaft, drauf sein wird. Fakt ist, dass Herman sein eigenes Steckenpferd vor gut zehn Jahren gebildet hat und seither in unterschiedlichen Besetzungen drei Alben veröffentlich hat. «The Devil Rides Out» als derzeit aktueller Tonträger wurde Ende 2016 veröffentlicht. Darauf ist Sänger und Tausendsassa Rick Altzi (At Vance, Masterplan) zu hören, und ich muss zugeben, dass mir At Vance musikalisch nie etwas bedeutet haben und bei Masterplan lagen weder Jorn Lande noch Mike DiMeo jemals in Reichweite. Beim Teutonen-Metal und Heavy Hardrock von Herman Frank scheint der gute Rick aber die richtige Wirkungsstätte als Leadsänger gefunden zu haben. Das tut er übrigens bereits seit dem zweiten Album «Right In The Guts» (2012), einem genialen Release, der leider schon etwas in Vergessenheit geraten ist. Gleiches gilt für die Band an sich, die im letzten September in Zürich, zusammen mit Stormhammer und Serious Black (als Headliner) keine dreissig Nasen anlocken konnte! Das sah heute Abend im Emmental jedoch und zum Glück ganz anders aus. Herman und seine Jungs konnten sich nun vor rund 500 Fans beweisen, und das taten sie dann auch in überzeugendster Art und Weise. Das Metal und Hardrock-Gewitter, das sich nun im Nussbaumschachener Tenn entlud, war einfach nur geil. Nebst den bisher erwähnten zwei Protagonisten machte auch die Rhythm-Section mit Bassist Michael Müller (Jaded Heart) und Drummer André Hilgers (Silent Force, Ex-Rage, Ex-Axxis, Ex-Sinner und noch einige mehr) keine Gefangenen. So eine starke Start-Triplette, unter anderem mit dem Oberkracher «Right In Your Guts», hatte ich schon lange nicht mehr gehört! Und die leicht kratzige Gesangsstimme von Rick passte wie Arsch auf Eimer. Nostalgische Blicke wanderten in die ersten Reihen, wo die „Jungen“ nach allen Regeln der Kunst abschädelten. Etwas, was ich meinem alten knirschenden Nacken nicht mehr zumuten darf. «Ballhog Zone» war dann der erste “neue” Song, und auch hierzu musste man attestieren, dass die ehemaligen „Kollegen“ mit ihren unsäglichen «Rise To Chaos» Ober-Flop sowas von keinem Stich haben, null! Nach einer umjubelten schweisstreibenden Stunde war klar, dass Herman Frank locker als Headliner bestanden hätte. Hoffentlich bald wieder!

Setliste: «Roaring Thunder» - «Right In Your Guts» - «Welcome To Hell» - «Ballhog Zone» - «Welcome To The Show (Moon Doc-Song) » - «Shout» - «Running Back» - «Hero» - «License To Kill» - «Starlight» - «Falling To Pieces» - «Can’t Take It».

Dream Evil
So langsam aber sicher bog das ICE ROCK Festival 2018 in die Zielkurve ein, und bevor das allerdings soweit war, stand mit Dream Evil eine echte Überraschung auf dem Programm. Die schwedischen Power Metaller aus Göteborg brachten ihr Debüt «DragonSlayer» vor über fünfzehn Jahren (!) an den Start, und mir blieben sie vor allem durch die dritte Scheibe «The Book Of Heavy Metal» (2004) präsent. Allerdings verlor sich der Fokus auf die Truppe, was vor allem daran lag, dass man sie live kaum zu Gesicht bekam. Während unser Liveberichte-Archiv keinen einzigen Treffer ausspuckt, resultiert beim Bang Your Head!!!-Festival seit Bestehen (1996) nach dem Kurz-Split von 2005 ein einziger Auftritt im Jahre 2013, und da war der in diese Zeit fallende Release «In The Night» schon drei Jahre alt wie zwei berühmtere Namen, nämlich Gitarrist Gus G. (Firewind, Ex-Ozzy Osbourne) und Drummer Snowy Shaw (Ex-Mercyful Fate, Ex-King Diamond) schon längst über alle Berge. Letztes Jahr gab es dann tatsächlich etwas Neues in Form des sechsten Studioalbums, kurz und bündig mit «Six» betitelt. Frontmann Niklas Isfeldt, Gitarrist Fredrik Nordström und Bassist Peter Stålfors sind die Band-Urgesteine und die Kollegen Markus Fristedt (g) sowie Patrik Jerksten (d) auch schon eine Weile dabei. Mit im Gepäck hatten die Schweden einen guten Mix ihres bisherigen Schaffens und Frontmann Niklas, der sich mitunter auch Nick Night nennt, sah optisch so aus. Die Haare punkig gestylt, schwarze Lederklamotten und schwarzrote Schminke im Gesicht. Der zweite im Bunde, wenn auch dezenter angemalt, war Peter, der einfach mit geschwärzten Augenhöhlen auf die Bühne stieg. Der Opener mit dem treffenden Titel «Dream Evil» markierte den Einstieg ins nächste Karriere-Kapitel der Nordländer und klang für mich beim Refrain etwas nach Grave Digger, obwohl Mr. Isfeldt nach wie vor über eine kräftige Gesangsstimme verfügt und hier keinerlei Parallelen zu Chris Boltendahl aufweist. Flinker Power Metal in Reinkultur folgte darauf mit «In Flames You Burn», womit gleich der Spagat hin zum Debüt vollzogen wurde und mit giftigerem Synthie glatt einen halbe Sonata Arctica Nummer abgeben würde. Überhaupt war man früher deutlich schneller als heute unterwegs. So entstand jedoch ein guter Mix, was die Tempi angeht und Niklas konnte zum Beispiel bei «Hellride» praktisch die ganze Bandbreite seiner nach wie vor kräftigen Vocals ausleben. Meine Highlights waren natürlich nicht die Speedster, sondern Zäheres und Groovigeres der Marke «Six Hundred And 66». Das sahen die Fans ziemlich ähnlich und liessen die Haare ein weiteres Mal durch die Luft fliegen. Nochmals alles gab es seitens Band wie dem Publikum bei der letzten Zugabe «The Book Of Heavy Metal». Well done guys, auch wenn nicht alle Besucher der gleichen Meinung waren. So oder war dies heuer jedoch der letzte Headliner, und manch eine(r) hatte genug für dieses Jahr.

Setliste: «Dream Evil» - «In Flames You Burn» - «Crusaders‘ Anthem» - «Hellride» - «United» - «Immortal» - «In The Night» - «Heavy Metal In The Night» - «Fire! Battle! In Metal! » - «Six Hundred And 66» - «Into The Moonlight» - «Bang Your Head» - «Children Of The Night» - «Made Of Metal» - «The Chosen Ones» -- «Chasing The Dragon» - «The Book Of Heavy Metal».

Chainer
Die Frage ist an sich schon berechtigt, ob der Slot als letzte Band eines dreitägigen Festivals ideal ist oder weniger. Fakt war, und das nicht zum ersten Mal an dieser Stelle, dass ein guter Teil der Fans nicht mehr vor der Bühne weilte, als Chainer als Abschluss des ICE ROCK Festivals 2018 auf die Bühne stiegen. Letztlich waren das aber auch schon deutlich weniger. Mir war die Schweizer Truppe aus dem Kanton Waadt (!) bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht bekannt. Gegründet wurde die Truppe durch Gitarrist, Leadsänger und Mainman Kevin Van Raiser. An seiner Seite spielte offensichtlich ein neuer Bassist, denn der sah Axel Whiteman, der nach wie vor auf der offiziellen Band-Website zu sehen ist, überhaupt nicht ähnlich. Immerhin sind seither mit «Orgasmo Mechanic» (2015) und «Balls’s Kicker» (2017) zwei full lenght Alben entstanden. Dazu wurde noch verlautet, dass Drummer Yvan just heute Abend seinen letzten Gig mit Chainer bestreiten werde. Das alles sprach nicht gerade für Kontinuität für das Trio aus Moudon, aber eigentlich was das Ganze eh eine One Man Show von Mr. Van Raiser. Zunächst gekleidet in einen langen schwarzen Ledermantel und bebrillt mit einer verspiegelten Sonnenbrille mimte er den grossen Rockstar, was jedoch ziemlich aufgesetzt aussah. Kevin wirkte zu Beginn ausserdem ziemlich fahrig und sein Gitarrenspiel hing ziemlich in den Seilen. Ich fand die Performance zunächst ziemlich lausig und war schon drauf und dran, mich nach hinten zu verkrümeln. Nach ein paar Songs kam die ganze Chose dann doch noch irgendwie in die Gänge, ohne aber zu glänzen. Zwischendurch erinnerte Kevin’s Gesang je nachdem etwas an Black Lawless (W.A.S.P.) und/oder Tom Keifer (Cinderella). Dabei zeigte sich der rau vorgetragene Heavy Metal in verschiedenen Ausprägungen. Der teils rumplige Sound war natürlich der Three Piece Band als solche geschuldet und bewahrte den Auftritt vor der Mittelmässigkeit. Das verbliebene ICE ROCK Publikum zeigte sich gnädig und fand offenbar noch einigen Gefallen an der Darbietung. Für mich waren Chainer unter dem Strich klar die schwächste Band des ganzen Festivals. Da konnte der Fridu am Schluss noch so heftig „isch das öppis gsi?“ skandieren. Für den ganzen Anlass gesprochen traf dies natürlich auf jeden Fall zu, und das in Richtung Publikum geschossene Schluss-Foto liess eindeutig den Schluss zu, dass der Spass offensichtlich bis zum letzten Ton erhalten blieb. Somit fand das definitiv coolste Festival der Schweiz einen würdigen Abschluss.

Fazit zum ICE ROCK Festival, Ausgabe 2018
Wer es als Rock- und Metal-Fan bisher noch nicht oder nie geschafft hat, sich im jeweils kaum neu angebrochenen Jahr auf ins Emmental zu machen, hat auch heuer etwas verpasst. Angefangen beim Billing, das mit jedem Jahr an Attraktivität zulegt und umgeben von einer grundsätzlich friedlichfamiliären Atmosphäre gibt es kaum einen anderen Ort in der Schweiz, wo man zusammen mit so vielen Freunden aus der Szene der gemeinsamen Leidenschaft frönen kann. Die beiden Oberindianer Fridu Gerber und Marco Forster haben, zusammen mit ihrer grossartigen Crew, erneut dafür gesorgt, dass alles weitestgehend ohne Probleme über die Bühne gegangen ist. Die eine oder andere technische Unzulänglichkeit liess sich stets zeitnah reparieren und dass halt neben beschädigten Kabeln auch mal ein Amp komplett abkacken kann, gehört dazu. Deutlich freundlicher als letztes Jahr präsentierten sich die Temperaturen, was die Besucher und aufspielenden Bands gleichermassen erfreute, und die neuen WC-Wagen sorgten für ein weiteres Ausrufezeichen. „Isch das öppis gsi“? Sensationell und wir sehen uns 2019 wieder, ob mit oder ohne Damian Wilson im Hot-Pot!