Livereview: Iron Butterfly
30. September 2010, Aarburg (AG) - Moonwalker Club
By Rockslave
Wenn mir ein Wahrsager vor ein paar Jahren gesagt hätte, dass ich dereinst mal (neben Deep Purple) auch über meine zweite, wenn nicht erste, wegweisende Band meiner Passion für harte Klänge noch was Aktuelles zu berichten hätte, wäre nur ein müdes Lächeln die Folge gewesen. Doch im Musicbusiness gibt es (fast) nichts, was es nicht gibt und deshalb reagierte ich zuerst mal etwas ungläubig auf diese Ankündigung im Moonwalker Club in Aarburg.

Ein Blick auf die Homepage von Iron Butterfly bestätigte jedoch hieb- und stichfest, dass die Kult-Band tatsächlich in Europa mit insgesamt 23 Gigs auf Tour ist und gar zweimal in der Schweiz aufspielen wird. Vom ursprünglichen Lineup war noch die Rhythmus-Abteilung mit Bassist Lee Dorman und Drummer Ron Bushy am Start. Keyboarder und Hauptsänger Doug Ingle ist leider nicht mehr mit von der Partie und Gitarrist Erik Brann (der richtig Braunn hiess) starb leider als Jüngster der Band im Jahre 2003 an einem Herzinfarkt. Höchste Zeit also, zusammen mit meinem Vater (73!) zurück zu den Wurzeln gehen, dorthin, wo alles begann.

Iron Butterfly
Wie im Vorspann angedeutet, war mein Vater in der Tat der Wegbereiter meines heutigen Musikgeschmackes! Nach der persönlichen Recherche müsste es 1969, also rund ein Jahr nach der Veröffentlichung der zweiten LP «In-A-Gadda-Da-Vida» (das Debüt «Heavy» wurde übrigens auch 1968 veröffentlicht!) gewesen sein, als meine Eltern in Paris weilten und diesen Rockmeilenstein (zum Glück!) mit nach Hause brachten. Dies, weil sie den Song aus einem Kriminal-Film kannten und dieser ihnen beim Schlendern unterwegs aus einem Ladenlokal zu Ohren kam. Tja..., und dann brauchte es eben noch Deep Purple's «In Rock» (1970) und zehn Jahre später «Back In Black» von AC/DC. Der Rest ist Geschichte..., und solche wurde eigentlich auch heute Abend in Aarburg geschrieben. Ich und mein Dad schauten uns gemeinsam Iron Butterfly im Jahre 2010 an..., der helle Wahnsinn! Die Freude wurde allerdings zu Beginn des Konzertes etwas getrübt, denn es war offensichtlich, dass nicht der Original-Schlagzeuger Ron Bushy hinter den Kesseln Platz nahm, sondern Ray Weston, der zuletzt eine Dekade lang Tourdrummer von Wishbone Ash war. Diese Info kam gerade am Anfang vom demnach noch einzig verbliebenen Ur-Mitglied Lee Dorman (b/v), der erklärte, dass Ron aufgrund einer ärztlichen Weisung leider nicht mittun konnte. Ob er davon schon beim Start der Tour in Hamburg (22.09.10) betroffen war, wusste ich allerdings nicht. Nichtsdestotrotz waren die rund etwa 100 Besucher (meist älteren Jahrgangs) mit einer gewissen Vorfreude gekommen, und dieser sollte auch in dieser Konstellation Rechnung getragen werden. Die weiteren Mitstreiter waren Keyboarder und Sänger Martin Gerschwitz (u.a. Vanilla Fudge, Walter Trout Band und Eric Burdon) sowie Gitarrist Charlie Marinkovich. Mit dabei hatten die vier Musiker nur gerade ihre Instrumente und die nötigen Stage-Amps. Das war also Standard und darum hatten die Helfer wohl nicht einen besonders harten Job zu verrichten. Da Bassist Lee Dorman offensichtlich nicht mehr ganz so gut zu Fuss unterwegs sein kann, spielte und sang er auf einem bereit gestellten Barhocker. Das sah optisch natürlich entsprechend "unspektakulär aus, färbte sich aber keineswegs auf sein Spiel ab.

Das Konzert wurde kurz nach 21.00 Uhr (eine Vorgruppe gab es nicht) mit dem Opener «Iron Butterfly Theme», gefolgt von «Unconcious Power» (beide Songs stammen vom Debüt-Album «Heavy»), eröffnet. Da meiner Wenigkeit eigentlich nur das Material von «In-A-Gadda-Da-Vida» geläufig ist, hörte ich erst mal keine vertrauten Töne. Und damit war jetzt nicht das berühmte Epos gemeint. Es dauerte bis zu «Flowers And Beads», wo dann meine Mundwinkel sogleich weit nach oben gingen. Hach war das einfach nur schön! Obwohl der aktuelle Sound das psychedelische Element von früher zwangsläufig nicht aufbauen konnte, merkte man schon, dass hier wenigstens noch etwas vom guten, alten Spirit in der Musik drin steckte. Tastenmann Gerschwitz hatte anstatt einer echten Hammond-Orgel zwar "nur" zwei Roland-Synthies dabei, entpuppte sich aber zumindest als valabler Ersatz des übermächtigen Doug Ingle. Nebst Dorman hatte auch 6-Saiter Marinkovich einzelne Gesangsparts und meisterte diese ganz ordentlich. Sein Gitarren-Spiel konnte sich im Angesicht der prägenden Vorlage ebenso echt hören lassen. Spätestens beim ziemlich rockigen und groovigen «Easy Rider» wurde mir bewusst, dass ich mich früher wohl etwas besser um die Discographie von Iron Butterfly hätte kümmern müssen. Wie dem auch sei, aber wenn Passagen kamen, die sich zum Beispiel nach Pink Floyd anhörten, dann war mir als erklärtem Fan allerdings schon klar, warum ich damals bis auf die eine Platte keine Notiz von den Amerikanern genommen hatte und bis in die Gegenwart keine weiteren Berührungspunkte schaffen konnte. Und dann war es endlich soweit..., die erste Platin-Scheibe der Musikgeschichte wurde zitiert: «In-A-Gadda-Da Vida»!

Und nun nahm es (nicht nur) mich natürlich brennend Wunder, wie sich der Aushilfsdrummer beim berühmten Schlagzeug-Solo anstellen würde. Wundersames erwartete der Saal wahrscheinlich nicht gerade, aber es blieb die obligate Frage im Raum stehen, wie nahe das Ganze am Original gehalten wurde. Bevor die legendäre Keyboard-Melodie den Jahrhundert-Smasher einleitete, kramte Herr Gerschwitz eher unerwartet Johann Sebastian Bach's noch berühmtere «Toccata & Fuge in D-Moll» hervor und bewies hiermit sein Können. Obwohl die digitalen Sounds seines Roland-Synthies soweit sehr authentisch klangen, fehlte letztlich halt schon Einiges und eine echte Hammond ist eben durch nichts zu ersetzen! Das wusste zum Beispiel auch Jon Lord (Ex-Deep Purple), der wohl bis auf den heutigen Tag kaum was anderes (wenn überhaupt!) gespielt hat. Das grundsätzlich eher andächtig lauschende Publikum konnte dann und wann auf Aufforderung von der Bühne her zu kollektivem Klatschen gebracht werden. Mehr war aber nicht raus zu holen hier und anders hatte ich es ja nicht wirklich erwartet. «Butterfly Blue», das bluesige Nach-Epos, das bekanntlich nie den Hauch einer Chance in Sachen Erfolg für sich verbuchen konnte, hinterliess dafür ein paar progressive Duftmarken, ehe..., ach ja..., vorhin fehlte ja noch was..., das Drum-Solo! Nun gut..., Ray Weston gab sich sichtlich Mühe und war auf jeden Fall in der ersten Hälfte gut an der Sache dran, sprich er spielte die mir und den Altfans sattsam bekannten Parts mit dem nötigen Wiedererkennungswert. Allerdings hörte sich der (Drum-) Sound bretthart und im Verhältnis viel zu laut an. Ein Blick auf die Uhr zeigte schliesslich, dass im Wesentlichen soweit "alles" gespielt wurde. Während dem Solo befanden sich die anderen drei Kollegen allerdings oben im Refugium und liessen ihren Drummer quasi alleine auf der Bühne zurück. Als dann danach als letztes Stück zum meiner grossen Freude auch noch «Are You Happy» folgte, konnte es nach guten 80 Minuten auf diese Frage nur eine Antwort geben: Ja!!

Setliste: «Iron Butterfly Theme» - «Unconscious Power» - «Time Of Our Lives» - «Stone Believer» - «Flowers And Beads» - «Easy Rider» - «Butterfly Bleu» - «In-A-Gadda-Da-Vida» -- «Are You Happy».