Livereview: Katatonia - Swallow The Sun - Long Distance Calling
23. März 2010, Solothurn Kofmehl
by Yannick S.
Ein Konzert mit drei Bands, die man alle schon mehrere Male live miterlebt hat, könnte für die Einen eine Verschwendung kostbarer Zeit bedeuten, was sicherlich für gewisse Musik stimmen mag, aber im Falle von Katatonia, Swallow The Sun und Long Distance Calling war es für mich ein lang ersehntes Wiedersehen, eine Wiedergeburt und vor allem ein paar Stunden voll genialer Klangwelten. Dass das Kofmehl in Solothurn auch noch als Location genutzt wurde, freute mich doppelt, denn das Kofmehl liegt zentral, kann also unbeschwert erreicht werden und die Konzerthalle ist nicht zu gross und auch nicht zu klein, sympathisch für ein musikalisches Festmahl. Ein Hoch auf das Kofmehl, denn mit dem momentanen Programm machen sie alles richtig und was Freundlichkeit, Preise und Technik anbelangt, kann ich nur sagen: TOP!

Long Distance Calling

Die Post Rocker von Long Distance Calling stehen für viel Härte, viel Gefühl und KEIN Gesang. Dass die Deutschen für Katatonia den ersten Supportplatz übernehmen, kommt nicht von ungefähr, denn die Jungs haben mit dem Sänger Jonas Renske einen Song aufgenommen, der auf dem momentan neuesten Werk zu finden ist. Nachdem auf der Bühne alles bereit stand, konnte dann endlich losgelegt werden. Die Halle war recht voll, trotzdem war die erste Reihe frei, so dass man problemlos Platz hatte und das direkt beim Geschehen. Sie liessen absolut nichts anbrennen und fingen sofort an, der Halle einzuheizen. Perfekt ausgeführter instrumentaler Post Rock der härteren Sorte. Kein Kopf konnte da stillhalten. Was zusätzlich zur Musik hervorgehoben werden muss, war die Arbeit der Mischer. Da hatte man die richtigen Leute an den Knöpfen, richtig geil! Höllisch starke Riffs und unglaubliche Abwechslung rissen das Publikum mit. Die andere Seite an Long Distance Calling, die feinen, langatmigen, Post Rock typischen Parts wurden ebenso perfekt vorgetragen und die Zuschauer wurden regelrecht verzaubert. Ja, ich schwärme und ich schwärme zurecht. Long Distance Calling ist auf CD meisterlich, live sind sie jedoch göttlich. Bravo!

Swallow The Sun
Auch die Finnen durften noch ran an diesem Abend, der zweite Support war niemand Geringeres als die Melodic Death/Doom Band Swallow The Sun aus Finnland. Viele Zuschauer waren wohl nur wegen ihnen gekommen, denn die Halle füllte sich schlagartig. Als das Sextett loslegte, war es um das Publikum geschehen, es wurde geheadbangt und getobt, es blieb aber trotzdem sehr angenehm, mal abgesehen von der Affenhitze im Kofmehl. Kein Gemoshe, kein Gepoge, einfach nur ein Konzert für Geniesser. Ich genoss es, aber irgendwie konnte ich mit dem Sänger Mikko Kotamäki einfach nicht warm werden, der Typ schreit, dann growlt er wieder, dann heult er beinahe, definitiv zuviel des Guten. Mit Bestimmtheit sehr abwechs-lungsreich, aber weniger wäre manchmal und sicherlich hier, mehr gewesen. Musikalisch kann man den Herren nichts vorwerfen, schwere Kost liefern sie allemal, aber dies gekonnt und mit viel Emotionen. Die melodischen Elemente wirken im Gegensatz zu den Doom Passagen doch ab und zu ein wenig zu dick aufgetragen. Da hätte man das Keyboard lieber in den Hintergrund gestellt und dafür dröhnende Gitarrenwände drei Level hochgeschaltet, aber eben, dem Zuschauer hat es gefallen und ich konnte damit leben. Die Techniker lieferten auch hier ein tollen Job ab. Weniger gut funktionierte hingegen die Klimaanlage, es war wirklich kaum zum Aushalten.

Katatonia
Aaaahh!!! Endlich sehe ich die schwedischen Depressive Rock Götter wieder, endlich live vor mich hinschweben und in weite, traumhafte Klanglandschaften abschweifen. Ich freute mich wie alle anderen Zuschauer riesig auf den Auftritt der Schweden. Jonas Renkse, der Sänger von Katatonia, ein gewaltiger Kerl, dem man nachts wohl nicht gern über den Weg läuft, traut man niemals eine so sagenhafte Stimme zu und trotzdem strahlt er schon von Anfang an eine absolut unglaubliche Präsenz aus. Mit «Forsaker» begann das Spektakel, das Publikum konnte sich nicht halten, mir wurde beinahe schwindelig, es war ein grosser Moment und zwar einer, der mir sogar jetzt noch Gänsehaut verursacht. Letztes Mal, als ich Katatonia am «Summerbreeze» gesehen habe, war ich vor allem von der Abmischung enttäuscht, aber heute war alles top! Danke Kofmehl-Team für diesen genialen Einsatz. Zurück zu Katatonia: Sie blieben beim neuen Album, «Liberation» war das nächste Stück. Es ging im gleichen Stil weiter, von den letzten vier Alben wurden Songs ausgewählt und keiner fiel ab, alle hatten diese individuelle Magie, jeder Song verzauberte uns Zuhörer aufs Neue. Der Gesang war wie auf den CD's, wenn nicht sogar noch besser, noch emotionaler, noch gewaltiger. Die Herren beherrschen ihre Instrumente und sie liebten darauf zu spielen, das merkte man ihnen und auch den Klängen an. Grossartig, wie Gitarrenmelodien sanfte Gesangs-passagen begleiten und dann langsam zusammen stärker werden und explodieren. Ein Festmahl für die Gehörgänge! Das Trommelfell machte einen doppelten Salto rückwärts, denn was uns hier geboten wurde, war weltklasse. Zum Abschluss bekamen die Zuschauer mit «Leaders», nochmal ein krönendes Finale eines unvergesslichen Auftrittes. Danke Katatonia, Danke Kofmehl!

Setliste: «Forsaker» - «Liberation» - «My Twin» - «Onward Into Battle» - «Complicity» - «Longest Year» - «Omerta» - «Teargas» - «Saw Your Drown» - «Idle Blood» - «Ghost» - «Evidence» - «Rusted» - «Day And Then The Shade» - «In The White» - «For My Demons» - «Dispossession» -- «Leaders».