Livereview: Ken Hensley - The Blackberry Brandies

26. Oktober 2013, Pratteln – Z7
By Rockslave
Im Normalfall, sprich als Konzertbesucher zwischen 15 und 35 Jahren, geht man sich einen 68-jährigen Musiker in diesem Genre nicht zwingend anschauen. Ab 40 aufwärts bis scheintot eher noch, aber wenn es sich dabei um einen Hochkaräter wie den ehemaligen Uriah Heep Keyboarder/Gitarristen Ken Hensley handelt, verwischen die Altersgrenzen. Das ist auch gut so und vor allem die Jungen tun gut daran, diese tendenziell abnehmenden Gelegenheiten nicht auszulassen! Sein ehemaliger Kumpel und Bandboss Mick Box trägt den Namen Uriah Heep nach wie vor erhobenen Hauptes in die Welt hinaus. Deren letzte Alben waren qualitativ echte Sahnehäubchen und die Live-Shows gehören sowieso zum Besten, was es aus dieser Ecke zu hören gibt. Das gilt vor allem für die zahlreichen alten Klassiker, die immer noch das Salz in der Suppe in der Setliste sind. Dazu gehört natürlich auch ein Rockmonument mit dem Titel «July Morning», das von Phil Lanzon gespielt, dem langjährigen aktuellen Keyboarder der Heepsters, kaum Schwächen aufweist, aber wenn da der gute Ken in die Tasten greift, ist der Spirit der 70er fast wieder greifbar! Mit The Blackberry Brandies konnte ein musikalisch hochstehender Support verpflichtet werden, der diesen Auftritt als Aufwärmrunde für die anstehende Anheizer-Show von Slowhand Eric Clapton am 14. November in Basel nutzte.

The Blackberry Brandies

Obwohl ich den Namen Bettina Schelker sicher schon ein paar Mal unbewusst zur Kenntnis genommen hatte, war keine Vorstellung davon vorhanden, was mich und das Pratteler Publikum des heutigen Abends erwarten würde. Ebenso wenig, dass es sich bei den Brandies eigentlich hauptsächlich um das Duo Bettina Schelker und Thomas Baumgartner handelt, das von einigen Mitmusikern begleitet wird. Während die blonde Sängerin/Gitarristin unter anderem Schweizer Box-Meisterin (!) war, hatte der Herr Baumgartner mal eine Phase bei V.O. Pulvers GurD. Der Sound dieses musikalisch (und eventuell auch privat) harmonisierenden Duos war dann aber von Anfang an total relaxed und stellte genau den richtigen Einstieg für diesen Samstagabend, respektive das Wochenende dar. Begleitet von drei Kollegen an Gitarre, Bass und Schlagzeug legte die Band locker flockig los. Da Bettina ihren Gesang fortwährend mit ihrer akustischen Gitarre begleitete, driftete die Chose zu keiner Zeit in härtere Gefilde. Es war Wohlfühlmusik in der Schnittmenge von mitunter bluesigem Rock, teils untersetzt mit Country und Folk-Vibes. Dadurch tönte es dann auch mehr nach dem Sound, den wir so mehr aus Amerika denn aus unseren Gefilden kennen. Der Aufbau und die Arrangements wie letztlich auch die Performance kamen höchst professionell daher. Das Publikum war sich dessen offenbar auch bewusst, doch mehrheitlich herrschte einfach gepflegtes Geniessen der Darbietung, dessen Abschnitte, sprich Lieder, mit anerkennendem Applaus bedacht wurden. Die Vocals-Leads teilten sich Bettina und Thomas, was jeweils solo oder auch miteinander bestens zusammen passte. Mir wurde es während den gut 45 Minuten dann irgendwann mal zu chillig, was das Verschieben meiner Wenigkeit an die Bar auslöste. Die eigene zu Beginn erwähnte Mission von The Blackberry Brandies sah ich dann aber vollends erfüllt.


Ken Hensley
Was haben Ken Hensley und W.A.S.P. gemeinsam? Ein Album…, und das kann in Sachen Hammond-Orgel Einsätze nur «The Headless Children» heissen! Wem das bisher noch nie aufgefallen ist oder es bis dahin schlicht nicht wusste, soll das edle Teil gleich mal hervor klauben und wird sogleich anfangen zu schmunzeln. Der unverkennbare Sound war in 70ern natürlich das Markenzeichen von Uriah Heep schlechthin und ja, es war auch Hensley, der den Megaseller «Lady In Black» geschrieben hat. Vor etwas mehr als einem Jahr gastierte die Rock-Ikone im AlpenRock House in Kloten, wo er, wie heute Abend auch, zusammen mit Live Fire auf der Bühne stand. Wie sich bald heraus stellte, war das so zu sagen norwegische Lineup neben Hensley nicht mehr das gleiche wie beim letzten Mal. Es fehlten Eirikur Hauksson (v/keyb) und Sid Ringsby (b). Letzterer wurde durch den Italiener Roberto Tiranti ersetzt und dieser deckte neben dem Bassspiel die zweite Leadstimme ab. In dieser Besetzung wurde auch das aktuelle Album «Trouble» eingespielt, von dem es im Z7 das eine oder andere Müsterchen zu hören gab. Dazu gehörte «Ready To Die» als guter Opener, gefolgt von «The Curse» vom 2011er-Vorgänger «Faster». Musikalisch wurde grundsätzlich das geboten, was man erwarten konnte. Töfter Hard- und Melodic Rock, angereichert mit dem typischen Hammond-Sound des Maestro. Die älteren Fans warteten dabei auf den ersten Heep-Track, der prompt für deutlich mehr Zustimmung sorgte: «Circle Of Hands»! Es lag natürlich auf der Hand, was das Publikum an diesem Konzert in erster Linie hören wollte, und die Gebete wurden früh erhört. Als Ken nach einem kurzen Soloteil den berühmten Tag im Juli anspielte, versank auch ich beinahe in Trance. Dieser Zustand der Glückseligkeit wurde durch «The Wizard» gar noch gesteigert. Ein Jahrhundert-Song, der immer noch nichts von seinem Glanz verloren hat. Tadellos war auch die Leistung des „Neuen“, also Bassist Roberto, der mehr als einmal seine Hammer-Vocals aufblitzen liess. Es lag teilweise gar etwas von Altmeister Glenn Hughes (Trapeze, Ex- Deep Purple) in der Luft. Die grösste Ausstrahlung hatte jedoch Ken Hensley, der voll in seinem Spiel aufging. Sei es an der Orgel oder der akustischen Gitarre. Dieses, also das zweitgenannte Instrument, spielte mitunter die Hauptrolle beim Smasher «Lady In Black», der dem gut antizipierenden Publikum vorzüglich mundete. Im Zugabenteil durfte «Gypsy» nicht fehlen und mit dem Schlusssong der neuen Platte, gingen gut 105 Minuten Spielzeit zu Ende, die Lust auf noch mehr machten. In diesem Sinne cu soon again Mr. Hensley!

Setliste: «Ready To Die» - «The Curse» - «Circle Of Hands» - «Beyond The Starz» - «July Morning» - «The Wizard» - «I Don't Know» - «The Last Dance» - «Stealin'» - «Easy Livin'» - «Lady in Black» -- «Set Me Free (From Yesterday)» - «Gypsy» --- «The Longest Night».