Livereview: Nazareth - Chickenhouse
14. März 2007, Pratteln Z7
By Rockslave
Duplizität der Ereignisse! Es ist beinahe ein genau Jahr her (29.3.06), dass dieses Package am gleichen Ort gastierte! Die Kombination zwischen schweizerischem Hühnerhaus und schottischem Rock-Kult scheint eine mittlerweile eine eingeschworene Sache zu sein. Dabei ist es McCafferty & Co. zuzuschreiben, dass die Emmentaler Bluesrocker schon seit drei Jahren jeweils exklusiv für den jeweiligen CH-Support gebucht werden! Am Tag zuvor gastierte dieses Package übrigens auch in Augsburg. Eine somit durch und durch feine Sache, die zeigt was möglich ist, wenn Freundschaft über das übliche Business-Gebaren hinaus geht. Des Weiteren gab es für diesen Abend ein Novum: Nicht der Headliner hatte neues Material am Start (leider), sondern Chickenhouse präsentierten mit "Easy Money" ihre neue Langrille. Dies, nach der Maxi "Wild Child" und dem Longplayer-Debüt "She's A Lady" erst der dritte CD-Output der Berner Power Blues Rocker, von denen Drummer Fridu Gerber als einziges Gründungsmitglied schon seit siebzehn (!) Jahren dabei ist. Seit nun der aus England stammende Gitarrist Jim Bows auch als Songwriter an Bord ist, gehören die Covers von früher definitiv der Vergangenheit an und somit durften sich die erstaunlich zahlreich erschienenen Besucher (total kamen über 800 Leute!!) auf einen erfrischenden musikalischen Auftakt freuen.

Chickenhouse
Ich gebe es ja offen zu, dass mich der Auftritt als Support von Mothers Finest im Dezember 2004, auch hier im Z7, nicht sonderlich beeindruckt hatte. Darum war ich gleich von Beginn an angenehm überrascht, wie sich die Band heuer auf der Bühne präsentierte. Ihr Power Blues kam mit dem Opener und Titelstück des neuen Albums ("Easy Money") echt tight rüber und hatte kaum mehr was mit einer Festzelt-Combo zu tun. Sänger Andy Zaugg performte wie ein alter Haudegen, derweil Gitarrist Jim Bows für fette Riffs und filigrane Soli besorgt war. Das benötigte Rhythmus-Gerüst lieferten Drummer Fridu und der neue Bassist "Burns" Heiniger in optimaler Art und Weise. Von den insgesamt zwölf neuen Tracks auf der CD wurden gleich deren neun (!) gespielt, was nichts anderes hiess, dass der ganze Auftritt ausschliesslich mit Frischware bestritten wurde. Das zeugte von einer grossen Portion Selbstvertrauen und die Rechnung ging auch auf. Obschon das Publikum nicht gerade Freudentänze aufgeführt hatte, waren die Reaktionen dennoch ganz ordentlich und meine Wenigkeit legte am Ende des Sets die letzten verbleibenden Zweifel überzeugt ab. Die jetzige Bandkonstellation markiert die bisher klar stärkste Formation, auch von den Songs her. Chickenhouse erledigten ihren Job als Anheizer souverän und sind nun bereit für höhere Aufgaben. Beim Besuch in der Sendung "Swiss Music Night" vier Tage zuvor, wurde schon mal verlautet, dass sich die Emmentaler um die Euro Sommer-Tour von Foreigner bemühen. Hoffentlich gelingt dieses Unterfangen! Vorher, das heisst am 27.4.07, geht im heimatlichen Sumiswald die (nachwuchsbedingt verspätete) CD-Taufe von "Easy Money" mit Taufpate Luke Gasser über die Bühne.

Set-Liste: "Easy Money" - "Repo Man" - "All My Heroes" - "You" - "Cheap TV" - "This Ain't No Time" - "Tell The Truth" - "Fight Like A Man" - "Live Fast, Die Young".

Nazareth
Der letztjährige Hammer-Auftritt im Z7 hatte eindrücklich gezeigt, dass die schottische Rock-Legende immer noch genügend Dampf drauf hat. Die Gründe, warum man seit Jahren ohne neues Album immer noch regelmässig unterwegs ist, können im damals geführten Interview hier nachgelesen werden. Dan McCafferty, inzwischen 60 Jahre alt geworden, verfügt(e) stets über genügend Kraft, um seine unverkennbare Reibeisenstimme erklingen zu lassen. Allerdings schienen die eben angesprochenen Stimmbänder heute Abend nicht ganz auf der Höhe zu sein, und dies schon von Anfang an. Dennoch liess die Start-Triplette mit "Night Woman", "Razamanaz" und "I Wanna Do Everything For You" soweit keine Wünsche offen. Vor allem Bassist Pete Agnew, der zweite Senior in der Runde, hinterliess einen absolut fitten Eindruck und profitierte überdies von einem exzellent abgemischten Sound. Gitarrist Jimmy Murrison, dessen Gesichtsbärtchen auch etwas graues Gestrüpp zierten, agierte souverän wie eh und je. Die gute Stimmung im Publikum übertrug sich in der Folge mehr als einmal auf sein Gesicht. Drummer Lee Agnew, der einer Aussage eines Kollegen zufolge so aussah, als hätte er ziemlich getankt, liess dies seinem tighten Spiel aber nicht anmerken und bediente seinen vor ihm spielenden Vater ohne Unterbruch mit präzisen Beats. "Dream On", nebst "Love Hurts" schlicht die Naz-Ballade schlechthin bedeutete für Dan's Stimme keine Erholung, im Gegenteil! Als Profi in diesem Business muss man da halt durch, auch wenn es unangenehm ist. Regelmässiges Spucken und der entsprechende Gesichtsausdruck verdeutlichte, dass der gute Dan McCafferty jetzt wohl lieber ein schmerzlinderndes Mittel gegurgelt hätte, anstatt singen zu müssen. Doch wer schon so lange im Geschäft wie Nazareth ist, lässt darob, sofern es auch nur irgendwie geht, ohne das Gesicht zu verlieren, nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Eine hammermässige und ausufernde Version von "Loved And Lost" geriet optimal das geniale "Telegram" schickte mir einen prickelnden Schauer über den Rücken. Zum Schluss hin wirkten Nazareth immer besser und keine Frage, dass Klassiker der Währung "This Flight Tonight", "Hair Of The Dog" und natürlich auch das obligate "Love Hurts" den Applaus auf hohem Level halten konnten. Dann ging die Band ab der Bühne und kam nochmals für zwei Zugaben zurück, wo sich vor allem Pete Agnew zum letzten Mal an diesem Abend in Bestform zeigte. Das letztjährige Konzert würde ich insgesamt als gelungener einstufen, aber das heutige Set war dafür definitiv kultiger. Im Sommer werden sich Nazareth im Wechsel mit Balingen (BYH!!!-Festival) auch in Huttwil am diesjährigen "Rocksound Festival" die Ehre geben und möglicherweise für eine weitere Überraschung bei der Songauswahl besorgt sein..., wetten?

Set-Liste: "Night Woman" - "Razamanaz" - "I Want To Do Everything For You" - "Alcatraz" - "Dream on" - "Danger Danger" - "Holiday" - "Love Leads To Madness" - "Loved And Lost" - "Telegram" - "The Rowan Tree/Tell Me That You Love Me" - "This Flight Tonight" - "Drum Intro/Hair Of The Dog" - "Love Hurts" - "Morning Dew" - "Broken Down Angel".