Livereview: Negura Bunget - Klabautamann - Tribes Of Cain - Morrigu
28. April 2007, Alpina Burgdorf
By Yannick S.
Lange, wirklich verdammt lange habe ich mich auf diesen Tag gefreut, denn wenn jemand Negura Bunget vergöttert, dann wohl ich. Zum ersten Mal wanderten die Rumänen von Transilvanien in Richtung Schweiz und brachten zur grossen Freude auch noch ein sehr interessantes Dreiergespann mit: Die atmosphärischen Schwarzmetaller Klabautamann, die Schweizer Black-Brigade Tribes Of Cain und die epischen Doom-Metaller Morrigu beehrten uns mit ihrer Klangwelt. Das ziemlich gut versteckte Alpina in Burgdorf konnte mit etwas Hilfe der sehr freundlichen Bewohner dann doch noch gefunden werden. Eine relativ kleine Bühne und ein ziemlich tiefer Raum machten mir anfangs ein wenig Sorgen, da der Sound eventuell zu abgedroschen klingen würde. Ich wurde aber bald des Besseren belehrt.

Morrigu
Die Zürcher Doom Metal-Band Morrigu hatte die schwierige Aufgabe, das Publikum auf Trab zu bringen. Die Band hat trotz ihres bereits 8jährigen Bestehens erst ein Album herausgebracht, welches 2002 erschienen ist, und hätten jetzt ein weiteres Album, das sie veröffentlichen könnten, aber momentan fehlt ihnen, völlig unverständlich, ein Label. Man merkte, wie sehr sich die Band entwickelt hat, die noch relativ unausgereiften epischen Parts auf dem Debütalbum wurden ausgemerzt und die neue Musik von Morrigu geht wirklich wunderbar ins Ohr. Feine Doompassagen, welche zwar schleppend, aber dennoch bombastisch daherkommen. Die Epik spielt bei Morrigu eine grosse Rolle, was den Klängen noch mehr Tiefe schenkt. Die Schweizer kann man nicht brauchen, wenn es darum geht, eine Halle zum Toben zu bringen, Morrigu machen Musik für die Seele und das Herz, und dies machten sie vorzüglich. Die Zuschauer lauschten behutsam zu und machten einen eher ruhigeren Eindruck, was sich aber leider den ganzen Abend kaum änderte. Morrigu’s Entwicklung ist gewaltig, und ich kann nicht verstehen, weshalb die Zürcher noch keine Möglichkeit bekommen haben ihr zweites Werk zu veröffentlichen.

Tribes Of Cain
Nach dem sagenhaften Auftritt von Morrigu betrat die nächste Zürcher Band die Bühne: Tribes of Cain. Melodischer Black Metal mit einem kleinen Todesmetallanteil sollte es dann sein, und das Publikum freute sich. Der Sänger mit obligater Brille, welche das Corpsepaint locker in den Schatten stellte, legte los und zeigte gleich mal, wo der Hammer hängt. Aus der Schönheit und Melancholie von Morrigu in die verkohlte, dreckige Hölle von Tribes Of Cain, ein Wechsel der extremer und besser nicht hätte sein können. Die Zuschauer erwachten ein wenig aus dem Tiefschlaf und wenige kreisten ‚sogar’ ihre Köpfe. Die Schweizer spielten Song für Song, aber mich konnten sie nie richtig mitreissen, zu durchschaubare Drumparts, keine Abwechslung in der Stimme und die Gitarren versuchten eine Tiefe zu erreichen, die sie nie erreicht haben. Im Ansatz war die Musik sicherlich in Ordnung, aber Tribes Of Cain haben meiner Meinung einfach nicht mehr als durchschnittlichen Black Metal mit relativ schwachen Death-Elementen geboten. Auf der CD machen Tribes Of Cain einiges mehr her. Der Auftritt war nicht schlecht, aber vom Hocker hat er mich auch nicht gehauen.

Klabautamann
Die Klabautamänner hüpften auf die Bühne, und wer dort ‚korpiklaanimässigen’ Folk Metal erwartete, der hat sich komplett vertan. Die Deutschen spielen nämlich atmosphärischen, sehr naturbezogenen Black Metal. Trotz Soundproblemen legten Klabautamann einen überzeugenden Start hin: Songs von ihren Alben „Der Ort“ und „Our Journey Through The Woods“ packten mich sofort und es umgab mich der Geschmack des Waldes. Das Publikum, wie immer unbekümmert, stand grösstenteils da und schaute sich das Konzert an, aber dies war es dann auch schon. Verdient hatten das die Deutschen aber mit Bestimmtheit nicht, denn diese zeigten eine fantastische Leistung. Klar, ihre Black Metal-Parts waren monoton und auch nicht meisterlich, aber sobald sie die Natur mitspielen liessen entstand eine Ruhe, eine Atmosphäre, die mich an ganz grosse Bands wie eben die nachfolgenden Negura Bunget erinnerte. Wer die Band auf CD kennt, der kann sich live eine noch bessere Band vorstellen, Klabautamann haben mich trotz der ziemlich krassen Soundschwierigkeiten überzeugt, und ohne diese Probleme könnte sich die Band wohl noch lautere Jubelschreie von mir anhören. Ich bin sehr gespannt, was man zukünftig noch von Klabautamann hören wird, denn Potential haben sie ebenfalls noch immens.

Negura Bunget
Der grosse Moment war gekommen, mein Moment, der Moment von Negura Bunget. Die Rumänen waren ausgerüstet und kamen mit Holzplatte, Hammer, einem etwas komischen langen Blashorn, einer Art Xylophon und der natürlichen Standartausrüstung auf die Bühne. Wer die Band bereits gehört hat, weiss genau, aus welchem Grund sie solch komisches Equipment auf die Bühne mitnahmen. Als die Rumänen ihren ersten Ton gespielt hatten, war ich weg, weg in einer anderen Welt, verzaubert und vollkommen in Trance. So etwas habe ich noch nie in meinem Leben gehört, jeder Ton, jeder Riff, jeder Schlag ein ewiger Moment. Ich schüttelte meinen Kopf, die Augen geschlossen, erlebte die Musik bis tief in meine Seele und wollte, dass Negura Bunget nie mehr aufhörten zu spielen. Die Leadgitarren von Tesarul de Lumini beispielsweise liessen mich beinahe in Tränen ausbrechen, so wunderschön wurden sie gespielt. Negura Bunget fabrizieren Musik der Extraklasse, Negru und Huppo-grammos, die beiden Hauptmember, sind die Spitze des Berges, und was atmosphärische Klänge anbelangt in keiner Weise zu toppen. Das Publikum war ruhig und lauschte die göttlichen Kompositionen der Rumänen, scheinbar gefiel das Negura Bunget aber nicht, denn Huppogrammos regte sich auf der Bühne relativ rasch auf. Auf der einen Seite war mir klar, dass die Zuschauer diese gewaltige Schönheit, diese grenzenlose Atmosphäre zuerst verarbeiten mussten, denn ich bin mir sicher, nicht viele haben jemals solch gigantische Klangwelten erleben dürfen, aber auf der anderen Seite hätte ich mir ebenfalls ein etwas anderes Publikum gewünscht wenn ich auf der Bühne gestanden hätte. Negura Bunget spielten vor allem Songs von ihrem neuen Werk „Om“, welches für mich eines der besten Alben überhaupt darstellt und ich jedem, wirklich jedem, der etwas Metalgeschichte hören will, empfehlen würde. Ansonsten brachten sie auch ein paar ältere Stücke, die aber nicht weniger grandios waren. Die Transilvanier schlagen mit zwei Hammer auf eine Holzplatte, dazu benützen sie sorgfältig ihr Blashorn und lassen Xylophontöne (oder sicherlich was in der Art) sagenhaft in die Gehörgänge leiten und erzeugen so eine Atmosphäre, die absolut alles in den Schatten stellt. Ich bin hin und weg und gestehe, dass mich dieses Konzert auf dem weiteren Lebensweg begleiten wird, denn es war meiner Meinung nach nicht nur mein schönstes und bestes Konzert, sondern ein Meilenstein, ein Meilenstein in der Kunst der Musik. Ein grosses Dankeschön an die Veranstalter, die es überhaupt erst möglich gemacht haben, diese Band in die Schweiz zu holen.