Livereview: Queensrÿche - Archer Nation - Methodica

21. August 2016, Pratteln – Z7
By Rockslave
Das letzte Stelldichein des Headliners vor Ort war im Sommer 2015, wo man Outdoor als Co-Headliner mit einer hammermässigen Setliste auftrumpfte. Das zweite Album mit Todd La Torre, sprich «Condition Hüman», war zu dem Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht, da es erst am 02.10.2015 erschien. Dessen Opener «Arrow Of Time» wurde jedoch bereits im Vorfeld gespielt und hörte sich dabei ganz ordentlich an. Am heutigen Abend spielten Queensrÿche als alleiniger Headliner auf und die Vorfreude auf dieses Konzert war entsprechend hoch. Auch wenn sich Geoff Tate in der Zwischenzeit mit seiner eigenen Truppe musikalisch etwas gefangen hat, so hat er mit seiner einstigen Band nur noch die ruhmreiche Vergangenheit gemeinsam. Sein Nachfolger Todd La Torre sitzt fest im Sattel und die Chemie in der Band ist besser denn je. Bevor dieser Ohrenschmaus anstand, durften noch die Amis von Archer Nation ran. Als Opener und erste Anheizer wollten Methodica aus Italien ausserdem zeigen, was sie drauf haben. Manch einer hätte von ihnen wohl etwas andere Mucke erwartet, aber die Italos setzten auf Progressive Rock mit teils leicht poppiger Note, was mehrheitlich gut gelang.

Methodica

Da ich bisher nichts von dieser Combo wusste, machte ich mich vor dem Konzert einmal mehr schnell über YouTube schlau und schaute mir ein paar Clips an. Die Band um Frontmann Massimo Piubelli scheint in Italien, zumindest im Bereich des eigenen Genres, nicht unbekannt zu sein. Das Debüt-Album «Searching For Reflections» kam 2009 ans Tageslicht und das Zweitwerk «The Silence Of Wisdom» von letztem Jahr scheint das zwischenzeitliche Masterpiece zu sein. Die bisherigen Support-Slots für Skunk Anansie, Uriah Heep, Riverside, Anathema, Pendragon, Dream Theater oder eben Queensrÿche (bereits zum zweiten Mal) lassen sich schon mal sehen. Heute Abend mussten die Italiener aber zuerst mal den zu diesem Zeitpunkt noch ziemlich spärlichen Fanaufmarsch im Z7 wegstecken. Als Profimusiker lächelt man sowas natürlich galant weg und konzentriert sich auf die Show. Diese liess die Herkunft von Anfang an nicht wirklich erahnen, was vor allem daran lag, dass Signore Piubelli keinen hörbaren Akzent in seiner Gesangsstimme hatte. Für mich selber resümierte ich den Stil von Methodica grob als Mischung von Evergrey, um den jeweils harten Anteil zu charakterisieren und vermischt mit Fetzen von den Simple Minds (!) und Reamonn. Mitunter ein zentrales Instrument im Sound von Methodica ist das Keyboard/Piano-Spiel von Marco Baschera, der nicht nur durch seinen markant hohen Hut auf dem Kopf auffiel. Nebst lieblichen Melodien gab es als Kontrast zu deutlich härteren Tunes auch mal Growls zu hören. Insgesamt dominierte jedoch das melodischprogressive Element. Mehr als ein Gefälligkeitsapplaus konnte damit jedoch nicht erzielt werden.

Archer Nation
Als ich das mitbekam, dass Archer Nation auch in diesem Package mit dabei sein werden, dachte ich sofort an eine „andere Band“, die Archer hiess und doch erst kürzlich schon mal in Pratteln auf der Bühne stand. Meine Intuition, respektive das Erinnerungsgefühl führte mich in der Tat nicht aufs Glatteis, denn nebst bei Doro am 06.12.2015 (wo ich allerdings zugegen war), durfte das Trio aus Santa Cruz in Kalifornien nämlich etwa zwei Monate zuvor auch bei Annihilator (13.10.2015) ran an die Buletten. Und da hiessen sie aber noch Archer! Warum man den Namenswechsel konkret vornehmen musste, liess sich auf die Schnelle und bis jetzt nicht eruieren. An der Mucke änderte das freilich nichts, und was per eigener Definition als Melodic Heavy Metal bezeichnet wird, fand ich bei der Performance der Amis zuweilen gar nicht vor. Ur-Mitglied Dylan Rosenberg (v/g) schmiss sich halbwegs zwar wie der junge Ted Nugent in Pose, aber letztlich resultierte nicht viel mehr als ordentlich gespielter Heavy Metal. Dieser wies jedoch kaum bis keine Highlights auf, was dann halt rasch dazu führte, dass das Ganze ziemlich gleichförmig klang. Einen Vorteil gab es aber allerdings schon zu verzeichnen, denn als Trio fuhr man einen ziemlich rohen Sound spazieren, und gepaart mit offensichtlicher Spielfreude konnten so dennoch ein paar Kohlen aus dem Feuer geholt werden. Mit fortlaufender Dauer der Darbietung stach dieser Trumpf aber zusehends nicht mehr und liess die Chose in die modrigen Untiefen der Langeweile absinken. Archer Nation hätten so noch drei Stunden weiter spielen können, und es hätte sich rein gar nichts verändert. Wenn man als Musiker allerdings derart von sich überzeugt ist, und dieses Gefühl vermittelte eigentlich die ganze Band, resultiert in der Regel der hart verdiente Applaus, und dieser blieb zwar nicht aus, aber hierzu war der Bär im heiligen Gemäuer des Z7 keinesfalls los. Nur wenn es vom Lineup her halt nicht anders geht, werde ich diese 08/15-Combo jemals wieder sehen und hören, hoffentlich!

Queensrÿche
Für die meisten anwesenden Fans fing der Abend eigentlich erst jetzt mit dem Headliner an, und die hohen Erwartungen waren entsprechend gesetzt. Wer damals in Aarburg (29.10.2013) mit dabei war, weiss, zu was diese Götterband eigentlich immer schon fähig war, dies aber wegen den ärgerlichen Umständen der Trennung von Goeff Tate nicht mehr zeigen konnte. Mit der neuen Frontsirene Todd La Torre wurde diese gewichtige Vakanz bestmöglich ausgefüllt , und seither geht es nur noch weiter bergauf. Was vorher auch bei Crimson Glory wie Arsch auf Eimer passte, kommt nun Queensrÿche zugute, und bei allem Respekt für den unsterblichen Backkatalog, muss man bei Todd zeitweise genau hinhören, um ihn überhaupt über Nuancen vom „Original“ unterscheiden zu können. Zu Beginn brauchte man diese Feinfühligkeit des Gehörs allerdings nicht, weil mit «Guardian» als Opener ein sehr guter „neuer Song“ von «Condition Hüman» gereicht wurde. Die Fans gingen gleich von Anfang an steil ab, und mit «Operation: Mindcrime» war die Metal-Party schon fast voll am Kochen. Auch «Best I Can» (vom legendären 90er Epos «Empire») liess keine Wünsche offen und zeigte eine spielfreudige Truppe. Davon profitierte auch «Damaged», ein selten, wenn bisher überhaupt live gespielter Song von «Promised Land» (1994), wo der damalige kompositorische Niedergang eigentlich seinen unaufhaltsamen Anfang nahm. Gleiches galt für «The Killing Words» vom Edelwerk «Rage For Order (1986). Man durfte also bis hierhin ganz zufrieden sein, und mit insgesamt sieben Songs von «Empire» und «Operation: Mindcrime» wurden weitere Klassiker zum Besten gegeben.

Mein persönliches Augen- und Ohrenmerk lag aber bei «Queen Of The Reich», das keinesfalls fehlen durfte. Und was macht der Slave? Bangt sich dazu die Rübe ab und meint nachher allen Ernstes und zum Entsetzen von Metal Inside-Kaufi, dass dies gerade eben doch «The Prophecy» gewesen sein soll. Nun ja, es war natürlich nicht so, und was mich das glauben liess, weiss ich heute noch nicht! Fakt ist aber, dass Todd heute Abend hierzu wiederum eine Topleistung, diesmal aber keine Killer-Version davon ablieferte. Dazu fehlte das berühmte Quäntchen, obwohl dazu selbstverständlich nicht wirklich viel gefehlt hat. Als Queensrÿche dann nach gerade mal einer Stunde Spielzeit (!) die Bühne bereits ein erstes Mal verliessen, sah man schon die ersten leicht verwirrten Gesichter, und als nach «Eyes Of A Stranger» gar das Licht wieder anging, standen nur magere 70 Minuten (in Worten: siebzig!!) zu Buche. Da an anderen Orten auf der Tour die gleiche Setliste gespielt oder sollte man dazu besser sagen „abgespult“ wurde, lag es also nicht am Publikum oder sonst an etwas anderem, sprich dass irgendeine Verstimmung seitens der Band vorlag. Das war heute Abend und angesichts der letzten Audienz mit einer absoluten Hammer-Setliste unverständlich wie unnötig zugleich. Sowas darf auf diesem Niveau einfach nicht Einzug halten, und wenn es letztlich den Packages mit drei Bands und teils gar vier geschuldet ist, sollte man schleunigst damit aufhören und gescheiter gute Support-Slots auf eine Tour holen, die dann auf jeden Fall 45 Minuten, wie früher üblich, spielen können und der Headliner mindestens das Doppelte hinlegt. Somit verflog die im Vorfeld aufgebaute Freude relativ schnell, schade drum.

Setliste: «Guardian» - «Operation: Mindcrime» - «Best I Can» - «Damaged» - «The Killing Words» - «The Mission» - «Silent Lucidity» - «Empire» - «Eye9» - «Queen Of The Reich» - «Jet City Woman» - «Take Hold Of The Flame» -- «Screaming In Digital» - «Eyes Of A Stranger».