Livereview: Spock's Beard - Sound Of Contact - Beardfish

09. Mai 2013, Pratteln – Z7
By Liane P.
Die aus dem sonnigen Kalifornien stammenden Spock's Beard brauchten einige Jahre, um sich vom Ausstieg (2002) ihres charismatischen Sängers, Songschreibers und Aushängeschildes Neal Morse zu erholen. Dazu kam der nächste grosse Schock im Jahre 2011: Nick D'Virgilio, der nach Neal Morse die Vocals übernommen hatte, waren plötzlich andere Projekte wichtiger geworden. Die verbliebenen Mitglieder liessen sich nicht entmutigen und fanden in Enchant Sänger Ted Leonard einen passenden Nachfolger. Mit dem aktuellen Album «Brief Nocturnes And Dreamless Sleep» und den zwei Supportbands Beardfish und Sound Of Contact konnte man die aktuelle Besetzung im Z7 bestaunen, oder auch nicht. Die Meinungen aus dem Publikum an diesem Abend waren durchwegs sehr unterschiedlich...

Beardfish

Welche Bands denn nun an diesem Abend auftreten sollten, war grundsätzlich ein kleines Geheimnis. Laut Programmvorschau verliess man sich auf einen Konzertbeginn um 20 Uhr und stellte sich auf das Package Beardfish und Spock's Beard ein. Wer dann zufällig bereits um 19:30 Uhr im Z7 herum lungerte, musste feststellen, dass bereits die erste Band am Start gewesen ist: nämlich Beardfish. Glücklicherweise hatte ich schon am Nachmittag ein wenig recherchiert und wusste daher, dass Sound Of Contact ebenfalls spielen würden. Nichtsdestotrotz hatte ich mich eher auf 20 Uhr eingestellt und musste daher leider auf die ersten zwei Songs von Beardfish verzichten. Dies ärgerte nicht nur mich, sondern auch den einen oder anderen Zuschauer im Z7. Am 14. September letzten Jahres waren die Schweden schon mal in der Schweiz zu Besuch und zwar im Vorprogramm von Flying Colors, wo sie gemischte Gefühle bei mir hinterliessen. Komplizierte Musik kann viel Zeit in Anspruch nehmen, und diese Zeit nehme ich mir grundsätzlich gerne. Jedoch musste ich auch an diesem Abend erneut feststellen: Der Zugang zu Beardfish bleibt mir schlichtweg verwehrt – live zumindest. Warum? Ich kann es nicht sagen! Rikard Sjöblom, der Gitarre und das Keyboard bediente, verfügte über eine wunderbare Vielfalt an Gesangsstilen und wechselte unbekümmert von klarem Gesang ins Growling über. Über die Qualität des Sounds und des Könnens der Musiker lässt sich nichts Negatives berichten. Die Band wirkte virtuos, erfinderisch und unbequem – so wie es eben sein sollte für guten Prog. Beardfish zündeten bei mir jedoch nur ganz wenig und ich gehe davon aus, dass sich das auch beim dritten Live-Besuch nicht gross ändern wird.

Sound Of Contact
Simon Collins hat es wohl nicht ganz so einfach, als Sohn von Phil Collins die Musikwelt von seiner Kunst zu überzeugen, da immer wieder Vergleiche gezogen werden und er oftmals als „Sohn von“ betitelt wird. Auf der anderen Seite ist dies bestimmt kein grosses Hindernis, um den Bekanntheitsgrad zu stärken. Dazu kommt, dass er sich genau wie sein berühmter Vater dem Gesang widmet und sich auch am Schlagzeug beweisen kann. An diesem Abend hatten er und seine Band das bevorstehende Debüt «Dimensionaut» mit im Gepäck, welches es sogar bereits vor der offiziellen Veröffentlichung am Merchandising Stand zu ergattern gab! Eingestimmt wurde die bescheidene Menge an Zuschauern mit dem ersten Part des aus vier Teilen bestehenden Tracks «Möbius Slip» und bereits hier konnte man Simon Collins am Schlagzeug erleben. Danach gab er die Sticks an Ronen Gordon weiter und hechtete weg an die Front zum Mikrofon. Die grosse Überraschung für mich war John Wesley (Fish, Porcupine Tree) an der Gitarre. Jetzt weiss ich auch endlich wie es aussieht, wenn ein Gitarrist davon spricht „man müsse eine Gitarre wie eine Frau behandeln“. Mit unendlich viel Leidenschaft und Gefühl verführte er die Paul(a) Reed Smith. Simon Collins und Dave Kerzner (Keyboard), die massgeblich für das Songwriting und das Entstehen von „Sound Of Contact“ verantwortlich sind, haben sich hier ein professionelles Tour-Lineup zusammengestellt. Auch wenn es musikalisch eher in Richtung Prog Pop abwandertE und im Vergleich zu den anderen Bands an dem Abend eher leichte Kost gewesen ist, hat mich dieser Auftritt am meisten überzeugt, besser gesagt sogar ausserordentlich begeistert. Fazit: Album sofort gekauft und seit dem bekomme ich die Scheibe nicht mehr aus dem CD-Player. Hat sich darin wohl irgendwie festgefressen.

Spock's Beard
Ich denke mal, dass jeder Zuschauer, der hauptsächlich wegen Spock's Beard gekommen war, grosse Erwartungen an den neuen Mann am Mikrofon hatte. Mit Ted Leonard (Enchant) konnte man den herben Sänger-Verlust der letzten Jahre zwar nicht ganz vergessen lassen, jedoch wurde die Wahl, meiner Meinung nach, für einen Neuanfang sehr gut getroffen. Zudem wurde Jimmy Keegan an den Drums mit ins Boot geholt. Mit dem aktuellen grossartigen Album in der Tasche konnte an dem Abend nicht viel schief gehen – dachte ich. Jedoch, wenn unerwartet technische Probleme auftauchen, kann das nicht nur den Abend der Band, sondern auch den der Zuschauer versauen. Ryo Okumoto, der grundsätzlich mit seinem facettenreichen Keyboardspiel immer wieder für Höhepunkte sorgte, war an diesem Abend völlig aus dem Häuschen. Durchweg hatte er mit technischen Problemen zu kämpfen und war sichtlich gestresst. Auch die vergeblichen Versuche von Alan Morse, diesen durch Albereien (er klaute ihm seinen Hut) auf zu heitern, scheiterten kläglich. Verständlich, denn schliesslich sind ja die Keyboard-einsätze ein extrem wichtiger Bestandteil der Musik von Spock's Beard. Das Hin und Her brachte eine zu grosse Unruhe in den gesamten Auftritt und wirkte auf mich einfach nur störend. Wirklich schade, denn die Auswahl der Songs war sehr gut getroffen und bildete einen Streifzug durch die musikalische Geschichte der Band: «Afterthoughts» vom aktuellen Release, «The Man You Are Afraid You Are» aus dem Album «V» oder «Walking On The Wind» aus dem bereits im Jahre 1996 erschienenen «Beware Of Darkness», um eine kleine Auswahl zu nennen. Die Enttäuschung wird mich jedoch nicht davon abhalten, die Band beim nächsten Besuch in der Schweiz wieder zu sehen, denn Spock's Beard bleiben in jedem Fall eine grossartige Truppe: ein Garant für eingängige und doch anspruchsvolle Prog-Klassiker.