Livereview: Tarja Turunen - The Dogma
18. Dezember 2007, Zürich Palais X-Tra
By Maiya   Pics: Crazy-Beat
Nach ihrem uneleganten Rauswurf bei Nightwish schien Tarja Turunen sich recht unsicher darüber zu sein, wie die Fans zu ihr stehen. Der Zeitpunkt für das Erscheinen ihres Albums "My Winter Storm" wurde aber perfekt gewählt. Erstens ist es die ideale Musik für kalte Wintertage, zweitens hatte der ganze Skandal genug Zeit, um sich zu legen. So stand die Finnin also an einem kühlen Dezembertag auf der Bühne, um ihren Fans einen eindrücklichen Abend zu bescheren. Vorher waren aber The Dogma dafür zuständig, das Publikum aufzuwärmen, was ihnen sehr leicht von der Hand ging, denn die Songs ihres aktuellen Albums "A Good Day To Die" gehen ab wie Pfeile!

The Dogma
So mancher Leser hat The Dogma wahrscheinlich noch als Support Act von Lordi in Erinnerung. Im Oktober 2006 standen die Italiener zum ersten Mal auf einer Schweizer Bühne und vermochten damals schon ihr Publikum zu überzeugen. Für alle anderen ein Anhaltspunkt, was man sich unter dieser Band vorstellen muss: Man nehme Edguy, vermische sie optisch mit The 69 Eyes und füge einen Sänger mit charmantem italienischem Akzent hinzu, et voilà: das sind The Dogma! Ein Demo und zwei Alben hat das Quintett bereits auf dem Buckel, ausserdem verzeichnen sie seit der Gründung anno 2001 erst einen Memberwechsel, und zwar am Bass. Der aktuelle Basser hört auf den Namen Masso und sorgte während der überzeugenden Show dafür, dass einem der Boden unter den Füssen vibrierte. Sämtliche Songs verfügten über ein enormes Potential, allen voran der Hit "In The Name Of Rock", der von einer Lehrerin erzählt, die ihrem von Bühnenruhm träumenden Schüler seine Zukunftspläne ausreden will. Dieser antwortet sehr richtig mit "In the name of rock, would you please fuck off?". Den Zuschauern gefiel es sehr gut, denn die Italiener wurden begeistert abgefeiert. Auch Song wie "A Good Day To Die" oder "Black Roses" fanden ihren Weg auf die Setliste. Musikalisch gab es absolut nichts zu stänkern, The Dogma hatten es wirklich drauf! Vor allem Sänger Daniele Santori wusste aussergewöhnlich gut mit dem Publikum umzugehen. Aber bei seinem Charisma und dem vorhin erwähnten charmanten italienischen Akzent ist es kein Wunder, dass er die Meute perfekt im Griff hatte. The Dogma haben einen bemerkenswerten Start hinter sich: Die Demo "Symphonies Of Love And Hate" verkaufte sich per Mailorder besonders in Deutschland sehr gut. Daraufhin kriegte man einen Deal bei Drakkar Entertainment, ging im Sommer 2005 ins Woodhouse Studio nach Hagen und nahm unter dem wachsamen Auge von Siggi Bemm das erste Album "Black Roses" auf. Die Jungs haben also ganz recht: In the name of rock, would you please fuck off? Fazit: The Dogma live? - Immer wieder gerne!

Tarja Turunen
Ein weisser Vorhang verdeckte den Blick auf die Bühne, ein spannender Beginn also! Beinahe zaghaft ertönten die ersten Klänge von "Ite, missa est". Der Vorhang fiel mit einer anmutigen Bewegung herunter und enthüllte den Blick auf eine schwarz gekleidete Tarja und ihre hochkarätigen Musiker. Die Frau weiss wirklich, was gut ist, denn die Namen in ihrer Band lassen einen nur noch ehrfurchtsvoll staunen. Doug Wimbish als Bassist ist ja schon mal eine superbe Besetzung, ein hervorragender Musiker, der während des gesamten Konzertes für schier unfassbar geniale Action sorgte und sogar ein Bass-Solo mit der Zunge spielte. Und dann erst Mike Terrana, der Master an den beiden Drumkits! Nein, das ist kein Schreibfehler, da oben standen wirklich zwei Drumkits! Und dann erst sein Tribal-Drumming! Es verschlug einem einfach den Atem, wenn man diesem Mann bei der Arbeit zuschaute! Für überwältigende Gitarrenklänge sorgte Alex Scholpp, den der eine oder andere Leser womöglich noch von den Farmer Boys kennt. Stimmgewaltige Unterstützung erhielt Tarja von ihrem Bruder Toni Turunen, der als Multitalent gleich noch Gitarre, Electronic Drums und Keyboard spielte. Auch Celloklänge durften nicht fehlen, daher war Max Silja (ex Apocalyptica) mit von der Partie. Natürlich stellt sich die berechtigte Frage, ob auch Songs von Nightwish gespielt wurden. Allerdings wurden sie das! "Passion And The Opera" beispielsweise, und auch der Oberhit "Nemo", bei dem die Fans nun völlig aus dem Häuschen waren! Tarja wechselte mehrmals ihr Outfit, welches stets zu den gespielten Songs passte, wie etwa das Winterstorm-Kleid aus dem Videoclip. Während dieser Umzieh-Pausen konnte man sich durch instrumentale Parts von der Qualität der Band überzeugen. Eines der Highlights fand sich im Turunen-Duett, als die Geschwister "Phantom Of The Opera" zum besten gaben. Genauso umwerfend brachten sie die Coverversion von Alice Cooper's "Poison" rüber, welches durch ein Cello-Solo glänzte. Selten passiert es, dass Musik live gespielt besser als ab CD klingt, doch Tarja und ihre Band haben es geschafft! Wirkte die Gute zu Beginn der Konzertes noch etwas verkrampft und unsicher, so taute sie durch die Sympathie-Bekundungen seitens des Publikums mehr und mehr auf, bis sie irgendwann nur noch mit gerührtem Gesicht auf der Bühne stand und sich immer wieder bei ihren Fans für deren Treue bedankte. Die sympathische Finnin hat es wirklich geschafft, trotz aller Hetztiraden nach dem Nightwish-Skandal. Die Zuschauer brachen nämlich in frenetischen Jubel aus, als Tarja versprach, bald wieder in die Schweiz zu kommen. Selten habe ich erlebt, dass beim Verlassen einer Event-Location dermassen enthusiastisch über die eben gesehene Show diskutiert wurde, und eine junge Zuschauerin sagte mit glänzenden Augen zu ihrer Begleiterin "Das war ja wie eine moderne Märchenstunde!" Das war es wirklich! Tarja, wir freuen uns schon auf das nächste Konzert!