Livereview: The Quireboys - O.M.S.

06. August 2015, Pratteln – Z7
By Tinu
Eigentlich hätten die Charmebolzen The Quireboys nur auf der kleinen Bühne im Z7 spielen sollen, aber das Sextett fand sich plötzlich auf der grossen Stage wieder, was den Jungs auch besser zu Gesicht stand. Es wäre trotzdem interessant gewesen, wie sich die Truppe mit zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug, Piano und einem Mikrofonständer schwingenden Sänger auf der kleinen Bühne zurechtgefunden hätte.

Die Engländer sind so eine Sache für sich. Weitab von Metalklängen oder harten Hardrock-Tönen gehen die Jungs um Sänger Spike seit 1984 ihren ureigenen Weg. Die optische Mischung aus Bettler und Millionär, das teils dominierende Klavier und die rauchige, an Rod Stewart erinnernde Stimme sind einzigartig. Die Band wird niemals ein Mainstream-Publikum ansprechen, auch wenn sie die dazu passenden Balladen im Repertoire haben. Aber, der einstige grosse Start mit dem Debütalbum «A Bit Of What Your Fancy», übrigens unter den Fittichen von Sharon Osbourne, konnte nie mehr wiederholt werden. So sind The Quireboys noch heute eine charmante, spitzbübische Truppe, die ihre Lieder mit viel Rock 'n Roll, Blues, Honkytonk, Herzblut und Hingabe spielen.

O.M.S. hatten die undankbare Aufgabe, vor den Engländern auf die Bühne zu gehen. Das Quartett aus dem Kanton Bern klingt wie eine englische Mundartrock-Truppe, zumindest was die melan-cholische Seite angeht. Musikalisch klingt alles interessant, aber es fehlt den Jungs an einem Hit, an den sich die Besucher nach dem Konzert erinnern. Der Applaus des Publikums war deshalb eher verhalten und änderte sich auch nicht gross bis zum letzten Ton. Overdrive Meets Space, so der ausgeschriebene Bandname, passen sicher sehr gut in einem kleinen Club, wo ihr funkiger, poppiger, souliger und rockiger Sound bestens passt. Hier im Z7 verpuffte das Ganze schnell, und die englischen Ansagen vom singenden Bassisten Marc Rudin hätten garantiert mehr Wirkung gezeigt, wenn man sie in astreinem Berndeutsch vorgetragen hätte. O.M.S. haben absolut eine Daseinsberechtigung und passten musikalisch gar nicht schlecht zu The Quireboys. Allerdings verblasste der Auftritt im Vergleich zu der Party-Truppe von Spike. Dies wurde nach den ersten Spielsekunden des Headliners klar.

Und Spike stellte von Beginn weg klar, wer der Chef im Ring ist! «We're the Quireboys and this is Rock 'n roll!» Eine klarere Ansage gibt es nicht! Der Sänger stand kaum einen Moment still, wirbelte mit seinem Mikrofonständer herum und wurde somit zur lebenden Gefahr für seine Mitstreiter auf der Bühne. Selten gibt es heute noch eine so authentische Truppe, die ihren Sound optisch dermassen gekonnt umsetzt. Auf jeden Fall fand das Stoff-Gilet an diesem Abend nicht nur auf der Bühne sein Revival. Der Hut von Mister Griffin war zumindest das einzige Leder, welches sich auf der Bühne befand. - Das Professionelle wurde in eine tramperische Art verpackt und mit einem unglaublichen Charme sowie einiger Spitzbübigkeit versehen. Wer kann sich da verwehren? Vom ersten Ton an war klar: Dieser Abend gehört den Engländern, bei denen sich die beiden Gitarristen Guy Griffin und Paul Guerin vorne am Bühnenrand mit Spike den Platz teilten. Aber! Es war Spikes Show, denn ER hüpfte, sprang, tanzte, drehte sich um die eigene Achse und spielte mit seinem Arbeitsgerät. Der Shouter zog die Blicke auf sich und flirtete mit seiner unschuldigen Art. Da blieben selbst die absolut coolen Klavierklänge bei «There She Goes Again» ein Farbtupfer, wenn auch ein wichtiger! Die rauchige Stimme von Jonathan Gray (so der bürgerliche Name von Spike) ist das ultimative Puzzleteil, welches The Quireboys aus der Flut an Bands heraus hievt. Ebenso die Hammondklänge und Klavierpassagen, welche den Stil der United Kingdomer so einzigartig machen. Und verfällt Spike mit seinem «Yeeh-Ha» in die gute Southernrock-Mentalität, bleibt eh kein Auge trocken. «Hello posers, rockers and fuckers!», begrüsste Spike die Fans mit einem Becher in der Hand. «It's only Coca-Cola», gab der trinkfreudige Sänger mit einem sehr breiten Grinsen den Anwesenden als Erklärung ab. Spike ist aber mehr als nur ein cooler Entertainer. Hört man ihn eine Nummer wie «Whippin' Boy» singen, hallen eine rauchige Melancholie, Schwermut, Hoffnung, Enttäuschung, Hass und eine zielgerechtete «Leck mich am Arsch»-Mentalität mit. «Cheers for everybody and thank you for coming here. This song is for everybody how had a broken heart». Diese Dramatik kann nur mit einem bestimmten Song verbunden werden, und folgerichtig spielten The Quireboys «I Don't Love You Anymore», eine Nummer, die man niemals hören sollte, wenn einem gerade die Liebste oder der Liebste verlassen hat. Diese Lyrics sind purer Zündstoff! Neben dem ganzen Herzschmerz stand der Abend aber auch noch im Zeichen des Geburtstags von Bassist Gus. Dieser wurde von Spike immer wieder erwähnt und so aninimierte er das Publikum schiesslich dazu, ein kleines Geburtstagständchen zu singen.

Seien wir ehrlich. The Quireboys werden mit ihrer Musik nie zu Millionären werden, aber womit sollten sie sonst ihr Geld verdienen? Die Jungs können nichts anderes, wie Spike dies mit einem süffisanten Lächeln verkündete. Die Truppe spielte sich durch ein Hit-Potpourri aus Klassikern und neuen Songs. Es war kein einziger emotionaler Ausfall zu hören, auch wenn «Mayfair» nicht gespielt wurde (geht ja gar nicht!!!), und so blieb die Stimmung immer auf einem sehr hohen Niveau. Mit der Mundharmonika bewaffnet, leitete Spike den letzten Song des offiziellen Sets ein. «7 o'Clock», einer der grössten Partyhits der Truppe, mobilisierte nochmals die letzten Reserven und Spike versprach: «Good night! God bless you. We'll see us at the bar!» Noch nicht ganz. Auch wenn The Quireboys lange auf sich warten liessen, bis endlich die erste Zugabe gespielt wurde, die Truppe folgte den lauten Zugaberufen des Publikums. «Let me see your drinks in the air (und ja, wir wissen, es ist nur Cola in deinem Becher, Spike!)! You wanna a party? A SEX PARTY???» Was für eine Frage, der Überhit ist und bleibt der perfekte Rausschmeisser. Die Fans sangen, klatschten, tanzten, bangten, lagen sich in den Armen und schrien laut: «Sex party, yeah sex party, you all been invited to a sex party. With me, tonight, you all been invited to a sex party». Nach den letzten Klängen verneigten sich die Jungs vor ihren total glücklichen Publikum, versprachen bald an der Bar mit ihnen auf den gelungen Abend anzustossen und entliessen dann alle mit aufgedrehten Hormonen in die schwüle Nacht. Wie war das noch von wegen… «You all been invited to a sex party…»

Setliste: «Black Mariah» - «Too Much Of A Good Thing» - «Misled» - «There She Goes Again» - «Roses & Rings» - «This Is Rock'n Roll» - «Mona Lisa Smiled» - «Whippin' Boy» - «I Don't Love You Anymore» - «Tramps And Thieves» - «Hey You» - «Beautiful Curse» - «Searching» - «Sweet Mary Ann» - «7 o'Clock» - «I Love This Dirty Town»» -- «Sex Party».