Satte Riffs, bluesige Soli, straighte Rhythmen und
Texte über Alkohol, Girls und – natürlich – Rock'n'Roll,
dass sind die Zutaten für den Sound von Airbourne,
Australiens heissesten Newcomern zur Zeit und die
Antwort einer neuen Generation Rockern auf Bands wie Ac/Dc
oder Rose Tattoo. Nicht nur Herkunftsland und
Stilrichtung stimmen dabei überein, sondern auch die
Familienverhältnisse. Wie die Gebrüder Young bei der
Starkstrom/Wechselstrom-Truppe besteht der kreative Kern
von Airbourne aus zwei Brüdern. Während der jüngere von
beiden, Ryan O'Keefe, die Felle drescht, zeichnet sich
Joel sowohl für den Gesang als auch für die Leadgitarre
verantwortlich. So auch bei «Runnin' Wild», dem heftigen
Debüt der Aussie-Rocker, welches rund um den Globus
herum wegging wie die berühmten warmen Semmeln und auch
in der Schweiz auf Platz 50 der Albumcharts vorstossen
konnte. Grund genug für Metalfactory Joel O'Keefe (JOK),
den Frontmann der australischen Rocksensation, in
Huttwil, wo man zusammen mit Iced Earth das Vorprogramm
von Judas Priest bestritt, auf den Zahn zu fühlen und
mit dem gut gelaunten Typen vom anderen Ende der Welt
bei schönstem Wetter über das knallende «Runnin' Wild»,
seine Begeisterung für die Air Force und natürlich über
eine heftige Dosis Rock'n'Roll.
MF: Hey Joel! Nett, dich kennenzulernen! Wie geht's
so?
JOK: Es geht mir wunderbar, dude! Ich bin zwar ein wenig
müde, was auf Tour halt immer der Fall ist, aber ich bin
guter Laune. Das Wetter ist schön und wir dürfen heute
als Vorband für Judas Priest auftreten. Was will man
mehr?
MF: Seit Monaten seid ihr nun schon auf Tour? Wie
fühlt es sich so an, die ganze Zeit durch die Welt zu
reisen?
JOK: Touren ist halt Touren. Das ist super. Es fühlt
sich für mich einfach toll an.
MF: Das erste Mal in der Schweiz wart ihr vor ein
paar Wochen, als ihr Status Quo supportet habt. Wie wars?
JOK: Das war eine ganz coole Angelegenheit. Wir sind
alle seit unserer Kindheit grosse Fans von den Herren
und nach diesem Konzert sind wir es definitiv immer
noch, denn Status Quo sind so nette und offene Personen!
Jetzt sind wir wieder zurück und zwar mit Judas
Priest... einfach der Hammer. Mit Bands spielen zu
können, welche seit der Kindheit zu deinen Faves
gehören, das ist doch einfach unschlagbar.
MF: Seid ihr mit dieser Tour zum ersten Mal über die
Grenzen von Australien herausgekommen?
JOK: Also, wir waren schon das eine oder andere Mal weg
von unserem Heimatland, aber das ist definitiv die
bisher ausgedehnteste und am weitesten reichende Tour
unserer Karriere. Unser Album «Runnin' Wild» haben wir
aber in L.A. aufgenommen. Somit waren wir damals schon
für sechs Monate weg von zu Hause. Aber es ist einfach
riesig, die Welt zu sehen und all die Dinge wie
Festivals etc. zu erleben
MF: Sieht man auf Tour überhaupt etwas von den
Ländern, in welchen man spielt? Hält man sich dabei
nicht nur im Bus und dann noch in der Halle oder dem
Club auf, in welchem das Konzert stattfindet?
JOK: Wenn man Zeit dafür hat, sicher. Wenn wir es
irgendwie einrichten können, dann gehen wir, egal wo wir
uns gerade befinden und wie das Wetter sich verhält, auf
Achse und erkunden die Umwelt. Oftmals ist es aber schon
so, dass unser Zeitplan dies nicht zulässt. Da wir aber
mit dem Bus durch Europa kurven sehen wir dann doch noch
das eine oder andere, halt einfach durchs Fenster.
MF: Ist das Tourleben so, wie du es dir früher
vorgestellt hast?
JOK: Naja, was man sich halt vorstellt, Party etc., dass
kannst du schon alles ausleben. Was aber anders ist und
was mich ehrlich gesagt auch überrascht hat, ist, dass
wir noch täglich so viel lernen können. Wenn du in einer
Band spielst und endlich die Chance kriegst, weltweit
ein Album zu veröffentlichen und mit diesem dann auf
Tour zu gehen, dann hast du schnell das Gefühl, du
würdest jetzt vollkommen wissen, wie alles läuft und was
man machen muss. Man lernt aber soviel dazu! Nur schon
hier mit Judas Priest: Zu sehen, wie sie diese riesige
Backline aufbauen, mit ihnen und ihren Tontechnikern und
Roadies über Equipment usw. zu sprechen bringt so viele
neue Erkenntnisse. Meist handelt es sich dabei nur um
kleine Dinge, z.B. wie man am besten und schnellsten
seine Gitarre putzt oder so, Dinge, die einem selbst
niemals in den Sinn kommen würden.
MF: Nachdem euer Debüt «Runnin' Wild» in Australien
und den Staaten schon Ende letztes Jahr erschienen ist,
kam die Scheibe 2008 endlich auch bei uns in die Läden.
Für alle, die die Platte noch nicht gehört haben:
Charakterisiere bitte zuerst euren Sound und dann bitte
noch eine typische Airbourne-Liveshow.
JOK: Der Sound ist schnell beschrieben: Wir spielen
einfach Rock'n'roll, schlichten, geradlinigen Aussie Pub
Rock. Mit dem Sound sind wir aufgewachsen und diesen
Sound lieben wir aus tiefstem Herzen. Wenn wir etwas
anderes machen würden, dann wäre es vielleicht gut,
dabei aber nicht wirklich echt, da wir nicht nur
Aussie-Pub-Rock-Musiker, sondern auch
Aussie-Pub-Rock-Menschen sind. Was die Liveshows
betrifft, so spielen wir jeden Gig, als wäre es der
letzte. Wir gehen immer davon aus, dass das wirklich der
Fall sein könnte und indem wir mit einer solchen
Einstellung auf die Bühne gehen, können wir uns sicher
sein, dass wir alles geben. Das Ziel ist, dass wir von
der Bühne gehen und das Gefühl haben, unser Bestes
gegeben zu haben.
MF: Wie du selber gesagt hast ist eines eurer
grössten Idole AC/DC. Was denkst du von der Aussage,
dass ihr die neuen AC/DC seid?
JOK: Sie sind sicher eines der Vorbilder für uns und der
eigentliche Grund für den weltweiten Erfolg dieser
Stilrichtung des Rock'n'Rolls. AC/DC haben den
australischen Sound in die Welt hinausgebracht und die
Bevölkerung von Europa und den USA dazu gebracht, genau
diesen Sound zu lieben. Heutzutage spielt es keine Rolle
wer du bist und woher du kommst als Newcomerband. So
oder so wirst du sofort mit bekannten Bands verglichen
und wenn du dann, wie wir, mit einer der besten Bands
dieses verdammten Erdballs verglichen wirst, dann ist
das einfach riesig! Ich halte es für idiotisch, nicht
mit anderen verglichen werden zu wollen.
MF: Weshalb entstand deiner Ansicht nach gerade diese
Art Rock'n'Roll in Australien?
JOK: Ihr Europäer kennt sicherlich auch den Ayers Rock,
diesen speziellen Hügelfelsen. Meine eigene Theorie ist,
dass von dieser Manifestation des „Rocks“ eine mystische
Energie ausgeht, die den Australier das Talent für
diesen Sound gibt! Nein, jetzt mal ehrlich: Ich denke,
es ist die legendäre australische Pub-Szene, die Bands
wie uns oder AC/DC so hat werden lassen.
MF: Kannst du unseren Lesern etwas über diese
australische Rock- und Pubszene erzählen?
JOK: Die Rockmusik ist vom Radio völlig ausgeschlossen.
Rockbands überleben durch ihre Auftritte in all den Pubs
in Städten wie Melbourne (wie wir) oder Sidney, wo es
eigentlich zum Leben ein wenig zu teuer ist. Die Szene
lebt von den Leuten, die häufig an Konzerte in diesen
Pubs gehen, auch zu Bands, die sie nicht kennen. Sie
laufen einfach in den nächsten Schuppen hinein, trinken
ein paar Bier und gehen voll ab. Einige dieser Pubs sind
dabei viel grösser als die Pubs in den Staaten oder in
Europa. Dafür gibt es selten Clubs wie hier.
MF: Eine Frage, die man jeder Band stellen kann: Was
bedeutet der Bandname?
JOK: Wir alle von Airbourne waren schon immer fasziniert
von der britischen Air Force. All die Flieger und die
dazugehörigen Fallschirmspringer, die zum Beispiel am
D-Day, am Tag, an welchem die Alliierten in der
Normandie landeten, ihr Leben riskierten. Rundherum
Schüsse aus Maschinengewehren, Flugabwehrgeschützen und
dazu überall Explosionen und der Feind – man muss sich
mal vorstellen, was bei denen im Kopf abgehen musste.
Neben dem Können brauchten diese Jungs vor allem eines:
Mut. Sie wurden getrieben davon, einerseits ihr Leben
für das Gute zu riskieren, anderseits auch von einem
wahnsinnigen Überlebenswillen, der sie diese Einsätze
durchstehen liess. Und kaum hatten sie einen erfolgreich
beendet, ging es gleich zu einer nächsten Mission, dann
wieder eine andere und wieder eine andere usw. Wir
vergleichen dies ein wenig mit dem Touren: Jeden Abend
hast du eine neue Mission zu bestehen, in welche du
deine ganze Energie stecken musst, sonst wird sie kein
Erfolg. Alles was du on the road hast, das sind deine
Mitmusiker und deine Crew, auf die du dich verlassen
können musst, auf welche du angewiesen bist. Wir sehen
uns gerne als Rock'n'Roll-Air Force. Und Airbourne ist
eben die gigantische Flugshow der Air Force.
MF: Kannst du dich noch an den Augenblick erinnern,
als ihr euch diesen Namen gabt?
JOK: Absolut! Wir schauten uns den Film «The Longest
Day» an, welcher eben vom D-Day handelt. Ehrlich gesagt
ist es ein sehr alter Film. John Wayne und Sean Connery
sind darin noch als junge Soldaten zu sehen. Wir sahen
also diesen Film während wir gerade auf der Suche nach
einem Bandnamen waren. So ergab sich das eben.
MF: Wenn du dich zwischen Singen und Gitarrespielen
entscheiden müsstest, was würdest du wählen?

JOK: Ich weiss nicht genau. Soweit ich mich erinnern
kann habe ich immer beides getan. Ich kann mich wirklich
nicht entscheiden. Ich kann mir zwar vorstellen bei
einem Projekt nur eine der beiden Sachen zu tun. Zum
Beispiel in einer Country-Band Rhythmusgitarre zu
spielen oder auch bei einer Classic Rock Truppe
mitzumachen würde mich interessieren. Aber am
zufriedensten bin ich mit dem, was wir jetzt machen. Es
ist genau das, was wir machen wollen.
MF: Was magst du auf eurem Debüt «Runnin' Wild» am
meisten?
JOK: Ich mag einfach, dass wir Songs aufnahmen, die wir
auch wirklich als die stärksten ansehen, dass wir
ziemlich frei in der Entscheidung waren, welche Tracks
wir verwenden und welche nicht. Dabei bin ich froh, dass
es «Hellfire» auf die Platte geschafft hat. Diese Nummer
war zuerst nur als B-Side gedacht, als Backdoor-Track,
den man im Notfall verwenden könnte. Jetzt hat er es
aber doch noch auf die Scheibe geschafft und darüber bin
ich extrem froh, da ich den Song wirklich mag. (Auf der
australischen und amerikanischen Version der Scheibe
befindet sich anstatt «Hellfire» die Nummer «Let's ride»,
während die japanische Edition mit einem weiteren Track
namens «Dirty Angel» aufwarten kann – Anm. d. Verf.)
MF: Gibt es auch Dinge, die dir jetzt nicht mehr
gefallen, die du jetzt anders machen würdest?
JOK: Also an den Songs etc. habe ich nicht viel
auszusetzen. Es gibt immer die kleinen Dinge, die man
gleich wieder ändern würde, aber ob es dann besser wäre,
das weiss ich nicht. Die meisten Dinge sind dabei
sowieso nicht wirklich hörbar, sondern fallen wohl nur
uns auf, weil wir das Material und den Aufnahmeprozess
so gut kennen. Man muss einfach in die Zukunft schauen.
Wenn eine Scheibe fertig und veröffentlicht ist, dann
sollte man nicht mehr länger theoretisch daran
herumdoktern, sondern sich auf die nächste Scheibe
konzentrieren. Es ist schon gut, wenn man sich fragt,
was man besser machen könnte, aber machen kann man das
dann eben erst auf der nächsten Platte.
MF: Wann wird die erscheinen, die nächste Platte?
JOK: Das Nächste? Also wir haben gerade vor einigen
Tagen darüber gesprochen. Aber nur gesprochen und
darüber nachgedacht, es steht noch kein Datum fest oder
so. Wir haben lediglich ein wenig die Demos gesichtet,
welche wir alle auf Tour aufgenommen haben. Bald gehen
wir zurück in die Staaten, wo wir auf Tour gehen werden,
da werden wir stärker daran arbeiten. In den letzten
Wochen haben wir so viele Eindrücke und Erfahrungen
sammeln können, hier in der Schweiz mit Judas Priest
oder Status Quo, an den grossen Festivals wie dem Rock
am Ring oder Rock im Park, das beschäftigt einen schon
und inspiriert. Wir singen ja von Sex, Drugs &
Rock'n'Roll, von Mädchen, Bier trinken und Parties.
Genau das haben wir erlebt in der letzten Zeit, genau
das wird unter anderem Stoff der nächsten Scheibe sein.
MF: Welche Bestandteile braucht ein guter Song für
dich?
JOK: Ein guter Song? Eine verdammt heftige Dosis
Rock'n'Roll!
MF: Was, denkst du, ist der Grund für euren abrupten
Erfolg? Neben der heftigen Dosis Rock'n'Roll natürlich.
JOK: Ja genau, die heftige Dosis Rock'n'Roll ist der
Hauptgrund, dude! Nein, ich denke, was uns ausmacht ist
unser Tunnelblick, der ohne Umschweife in eine Richtung
blickt. Wir denken nicht darüber nach, was wir sonst
noch so machen könnten, sondern verwenden die ganze
Kraft darauf, starken Rock'n'Roll zu produzieren. Wir
sind sozusagen wie der spanische Stier in der Arena,
welcher wie von Sinnen auf das rote Tuch los rennt und
dabei nicht wahrnimmt, was links und rechts von ihm
geschieht. Wir sind sture Musiker.
MF: Und das funktioniert...
JOK: Ja, das scheint zu funktionieren! Gott sei dank,
denn ich wüsste sonst echt nicht, was ich machen sollte.
MF: Haben du und Airbourne irgendwelche Ziele, die
ihr noch erreichen wollt?
JOK: Einfach weiter zu touren! Wir spielen so viele
Konzerte mit Bands, die wir verehren, wie Judas Priest,
Status Quo, Motörhead, Rose Tattoo, die Stones oder
Mötley Crüe, das ist einfach der Wahnsinn. Man fängt als
Junge mit Gitarrespielen an, nachdem man Bands wie Black
Sabbath oder AC/DC entdeckt hat, die für einen Moment im
Leben einfach alles bedeuten. Wenn man dann plötzlich
vor ihnen auf der Bühne steht, wenn man mit seinen
Idolen backstage quatschen und feiern kann, dann weiss
man in diesem Moment echt nicht, was man
karrieretechnisch sonst noch so wollen kann. Geld kann
dir dieses Gefühl nicht geben, vielleicht irgendwann mal
in der gleichen Liga, wie deine Helden spielen zu
können.
MF: Wie sehen eure Pläne für den Rest des Jahres aus,
ausser Touren?
JOK: Eigentlich besteht unsere Zukunft nicht wirklich
aus etwas anderem, als aus Touren. Daneben freuen wir
uns natürlich schon auf den Augenblick, an welchem wir
wieder ins Studio gehen können, um unsere neuen Ideen zu
verwirklichen. Somit hält die Zukunft wohl wirklich
wenig anderes als Konzerte spielen, Bus fahren und dabei
Songs schreiben für uns parat. Wenn du dann einen
Day-off zur Verfügung hast, dann kannst du dir das Land,
n welchem du gerade bist anschauen, wobei dies nicht so
oft vorkommt.
MF: Kannst du Unterschiede zwischen den Fans
vereinzelter Länder oder Kontinente ausmachen?
JOK: Ich denke jetzt gleich an die Europäer, denn die
sind, im Vergleich zu den Fans auf anderen Kontinenten,
die wir schon besuchen konnten, verdammt passioniert,
was Rock'n'Roll anbelangt. Ihr Europäer lebt den
Rock'n'Roll wie kein anderes Land und investiert so viel
hinein. Das überrascht uns immer wieder. Wenn ich hier
bin, dann gibt man mir das Gefühl, dass ihr alle für
Rock'n'Roll sterben würdet. Wir selbst würden das ja tun
und uns für den Rock'n'Roll aufopfern. Hier in Europa
wirkt es so, als ob die Fans an jedem Konzert eine
Allianz zusammen mit uns für den Rock'n'Roll eingehen
würden. Vereinte Kräfte sozusagen. Und das mit einer
Band aus Australien!
MF: Ende des Jahres supportet ihr Die Toten Hosen auf
ihrer Deutschlandtour. Kennt ihr die Band?
JOK: Oh ja... also, wir kannten sie dem Namen nach,
gehört hatten wir von ihnen noch nichts. Wir
beschäftigen uns jetzt aber mit ihnen und sie sind
wirklich stark. Wir verstehen zwar keinen Deut vom
deutschen Text, aber der Sound hat Kraft und rockt. Sie
sind ja riesig in Deutschland. Sie waren ja als
Headliner am Rock im Park und Rock am Ring und es war
gewaltig, wie das Publikum und sie selbst feierten. Wir
freuen uns echt drauf.
MF: Und die letzte Frage: Wo werden Airbourne
und/oder du in 10 Jahren stehen?
JOK: Hoffentlich hier, als Headliner.
MF: Das hoffe ich auch und danke fürs Interview. Viel
Glück noch auf Tour.
JOK: Ich danke dir.
Joel O'Keefe mit unserem Kissi (rechts) >>>>
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