Vor ein paar Jahren darauf angesprochen, gab es seitens der Gründer
Warrior/Ain kaum bis gar keine Zugeständnisse in Richtung einer
Reunion, und nun, 16 Jahre nach dem letzten offiziellen Album "Vanity/Nemesis"
ist die Schweizer Kult-Band zurück mit ihrem neusten Werk
"Monotheist", das die alten Trademarks mit einer gehörigen Prise
Moderne wieder auferstehen lässt. Wer hätte das gedacht? Klar..., in
dieser von Reunions nur so gepflasterten Zeit (wenn man mal so die
letzten drei bis fünf Jahre anschaut), gab es nicht wenige, die
prophezeiten, dass hier eine der wegweisendsten Bands für das Genre
Death Metal (mehr) und Black Metal (weniger) über kurz oder lang
nicht abseits stehen kann. Celtic Frost wussten das schon länger und
darum haben sie ihre Rückkehr minutiös geplant und nicht einfach
einen Schnellschuss abgeliefert. "Monotheist" ist voll von schweren
bis schwersten Death Stampf-Riffs und hört sich wie der perfekte
Soundtrack zu einem von H.R. Giger inspirierten Horror-Film der
subtilen Art an. Das Schweizer Gerne-Aushängeschild hat seine
Aufgaben gemacht und jetzt bleibt abzuwarten, wie der Zuspruch bei
den alten und vor allem auch neuen Fans sein wird. Zu diesem und
anderen Themen habe ich meinen Interview-Gast und CF-Bassist Martin
"Eric" Ain per Telephon befragt und ausführliche Antworten erhalten. (MA
= Martin Ain)
Nach der kurzen Begrüssung zu Beginn, brachte Martin (erfreut)
zum Ausdruck, dass es fast gespenstisch anmute, wieviel gerade am
Laufen sei.
MF: Hallo Martin! Hand auf's Herz: Hättet ihr (also Tom und du)
vor sagen wir mal 10 Jahren gedacht, dass erstens die Reunion als
solche und zweitens ein Album wie "Monotheist" eines Tages möglich
werden wird?
MA: Vor 10 Jahren sagst du...
MF: Ja! - Nicht?
MA: Ich glaube vor 10 Jahren..., nein..., man hätte als Erstes auch
nicht daran gedacht. Man hat vielleicht zwischendurch mal daran
gedacht, ob so etwas möglich wäre, oder..., aber ich glaube vor 10
Jahren war ich mit Celtic Frost immer noch beschäftigt mit der
Vergangenheitsbewältigung.
MF: Ihr habt euch jetzt insgesamt etwa vier Jahre Zeit gelassen,
um wieder durch zu starten. Wann, wo und allenfalls warum hat es
wieder "klick" gemacht in dem Sinne, dass ihr euch gesagt habt:
"Komm..., lass uns den Motor wieder anwerfen!"
MA: Als Noise Records (unsere alte, damalige Plattenfirma) uns 1999
angefragt hatte, ob wir uns für remasterte Wiederauflagen
involvieren würden und wie das von statten gehen soll... - das war,
glaube ich, das erste Mal seit längerer Zeit, dass Tom und ich uns
wieder zusammen gesetzt haben und unsere Vergangenheit und unser
Werk miteinander besprochen haben. Ich glaube, dort ist der Funke
übergesprungen..., da war klar wie ok..., wir hatten beide gespürt,
dass wir eigentlich Interesse haben und es uns noch reizen und
wundern würde, wie das wohl wäre. Würden wir wieder was auf die
Reihe kriegen und Celtic Frost wieder zum Laufen bringen? Nur war
damals nicht der richtige Zeitpunkt. Erstens war Tom mit Apollyon
Sun beschäftigt und zweitens hatte ich gerade eine neue Bar
aufgemacht, wo ich mich sehr stark involviert und..., wir hatten
beide keine Zeit, etwas zu machen. Als er 2001 nochmals auf mich
zukam und fragte, ob ich mir das wirklich konkret vorstellen könnte,
war ich "blöd" genug, um ja zu sagen. (lacht)
MF: Vielleicht magst du es nicht mehr hören, aber es ist
Tatsache, dass unzählige Szene-Grössen den Einfluss von Celtic Frost
auf deren Musik bis auf den heutigen Tag zu Protokoll geben. War
euch das damals irgendwie bewusst, der Zeit voraus zu sein oder
nahmt ihr die Etikette irgendwann einfach mal an, weil viele Leute
immer wieder davon sprachen?
MA: Wir hatten schon gewusst..., spätestens mit "To mega therion",
würde ich sagen..., wussten wir, dass wir relativ eigen in der
Landschaft draussen stehen und unser eigenes Ding durch ziehen. Aber
dass wir so einflussreich werden oder dass wir tatsächlich so einen
Status erreichen würden, hätten wir damals nie vermutet. Ich
meine..., am Anfang des Musikmachens mit Hellhammer oder als es
darum ging, Celtic Frost zu erschaffen..., und wo wir "Morbid tales"
aufgenommen hatten, da waren wir mit ganz anderen Problemen
beschäftigt. Das war so fern von uns, wie man sich das nur
vorstellen konnte. Da ging es darum, überhaupt wahr genommen zu
werden..., ernst genommen zu werden, mit dem, was man macht. Im
lokalen wie internationalen Kontext..., mit Hellhammer ging es
darum, überhaupt die Instrumente lernen zu meistern..., eine
Ausdrucksform zu finden, wie wir unsere Gefühle musikalisch umsetzen
können. Und mit der "Morbid tales"..., am Anfang mit Celtic Frost
ging es darum, die Kindheit und Ansätze von Hellhammer zurück zu
lassen, vor allem den Black Metal..., den Satanisten-Ruf, den wir da
hatten, auch zurück zu lassen. Damals hatten wir überhaupt nicht
überlegt, wen werden wir wann beeinflussen..., wenn überhaupt.
MF: Das neue Album ist die eine (feine) Sache, aber ihr werdet
bald an einigen europäischen Open Air Festivals als Zugpferde vor
tausenden von Fans spielen und auf Herbst/Winter auch in den Staaten
drüben wieder das Feuer entfachen. Wie gross ist die Nervosität
mittlerweile und wie bereitet ihr euch physisch wie mental auf diese
Auftritte vor?
MA: Ähm..., die Nervosität ist sicher da. Sie ist mit Sicherheit
auch schon grösser gewesen als gerade in diesem Moment, wo wir am
Telephon sind. Wir haben in den letzten Monaten sehr intensiv
gearbeitet und dadurch entsteht auch eine gewisse Sicherheit und
Ruhe. Es ist natürlich nicht klar für uns, wie das dann
funktionieren und rüber kommen wird. Wir starten, was diese
Festivals betrifft, von 0 gerade auf 100 durch. Wir headlinen
"Wacken", "Rock Hard Festival", "Tuska Festival"
in Finnland, "Hole In The Sky" in Norwegen..., wir co-headlinen
"Sweden Rock", "With Full Force", "Hell Fest"
in Frankreich..., wir sind also in den absoluten Top-Positionen. Das
gibt einem schon ein wenig ein mulmiges Gefühl..., weil in den Zeiten
früher, wo die Band angeblich erfolgreich war, befanden wir uns nie
in dem Status, den wir jetzt haben. Wir konnten nie in dieser Grösse
spielen..., aber es ist klar, dass der mythische Status, den die Band
jetzt erreicht hat, natürlich das Interesse auslöst und die Positionierung
dem entsprechend möglich gemacht hat. Ob wir dem gerecht werden, kann
ich dir so nicht sagen, weil das mit der Erwartung des Publikums,
der Fans zu tun hat, die das dann entsprechend aufnehmen werden.
Aber es ist klar, dass wir unser Bestes geben und ich glaube ehrlich
gesagt nicht, dass das schlecht sein wird.
MF: Am kommenden Montag, den 29. Mai 2006, wird in der
verhältismässig sehr kleinen Remise in Wil ein sehr spezielles
Konzert statt finden. Was können eure Schweizer Fans von diesem
ersten Konzert der Tour erwarten?
MA: Celtic Frost! Sie können das Gleiche erwarten wie die Leute am
Wacken Open Air, wo wir als Headliner spielen werden: Celtic Frost
live! Wir konzentrieren uns auf die Musik, ohne grosses Brimborium
drum herum. Es geht darum, die Band live wieder zu etablieren. Wir
waren noch nie eine Band, die auf riesige Show-Einlagen gesetzt hat,
auf Pyro-Effekte..., wir werden auf den grossen Bühnen aber ganz
klar sicher auch mit den grösseren Verhältnissen arbeiten. Jedoch...
so intim, wie jetzt da (in der Remise - MF) in dem Moment..., ist
etwas, das mir persönlich viel mehr liegt, als ein grosses Festival.
Was aber speziell ist und man wissen muss: Es ist das erste Celtic
Frost Konzert seit 15 (!) Jahren und das gibt es nur ein Mal!
MF: "Monotheist" öffnet sich einem erst nach mehreren
Durchläufen, dafür immer heftiger. Wie lief da das Songwriting ab?
Wurden mehr neue Ideen ausgearbeitet und/oder eher seit Jahren brach
liegende Fragmente zu etwas Neuem geformt?
MA: Ja und nein..., öhmm..., alles was du gerade gesagt hast, wäre
eigentlich die korrekte Antwort. Wir haben im Laufe der Arbeit neue
Songs geschaffen, wir haben Elemente verwendet..., wie gesagt, du
darfst nicht vergessen: Wir haben vier Jahre an diesem Album
gearbeitet - da gab es Momente, wo man drei, vier Jahre an einem
Song dran war..., man erinnerte sich an eine Passage, die hier nicht
passte, dafür perfekt bei einem anderen Song. Da nahmen wir also
eventuell eine vier Jahre alte Passage. Es hat auch solche drauf...,
oder zum Beispiel bei einem Song eine, die noch aus der Schlussphase
der "Original Celtic Frost" stammt, also der Zeit, wo Tom noch
versuchte, mit der Band (mit Bassist Curt Victor Bryant und Drummer
Reed St. Mark) weiter zu machen. Sie machten damals ein Demo ("The
nemesis of power"), und da hat es zwei Riffs, die jetzt bei "Domain
of decay" vom neuen Album verwendet wurden - und der letzte Song
(gemeint ist "Totengott" - MF), den wir erst nach der eigentlichen
Aufnahme und Produktion mit Peter Tägtgren..., wo wir realisiert
haben, dass wir mit dem Mix nicht zufrieden waren und fanden, dass
wir es nochmals remixen wollen..., alleine..., und da realisierten
wir, dass irgendwo noch etwas fehlte und zwar genau zwischen "Ain
elohim" und "Synagoga Satanae". Es brauchte mehr Luft, oder im
Gegenteil ein Vakuum..., es muss etwas wie eine Leere, ein Platz
geschaffen werden. Da hatte Tom die spontane Idee zu "Totengott". Die
musikalische Idee hatte er in einem halben Tag komponiert und ich
hatte am gleichen Abend den Text fertig. Am nächsten Tag waren wir
im Studio und nahmen es auf, und das war im November 2005. Also du
siehst: Alles, was man sich vorstellen kannst, jeglich möglicher
Approach, den man nehmen kann, um Songs zu schreiben, hat man
gemacht. Das war auch der Grund, warum wir vier Jahre daran
gearbeitet haben. Wir haben in dieser Zeit nicht nur Musik gemacht,
sondern es ging vor allem auch darum, die Band, uns selber wieder
darin zu finden und wieder zu Celtic Frost zu werden. Dazu nahmen
wir uns alle künsterischen Freiheiten, die wir wollten und haben dem
entsprechend sehr viele Songs geschrieben, die nicht auf dem Album
sind. Also wir haben mehr solche geschrieben, die nicht auf dem
Album sind, als solche die auf dem Album sind! Wir haben mal ein
ganzes Demo gemacht mit etwa..., wenn ich mich jetzt nicht
täusche..., mit zwölf Songs drauf und von denen ist gerade mal einer
auf "Monotheist" und das ist "Obscured".
MF: Ihr habt Producer-Ikone Peter Tägtgren als Co-Produzent ran
gelassen. Auf was hat er besonders Wert gelegt und wie gestaltete
sich die Zusammenarbeit mit ihm während des ganzen
Gestaltungsprozesses?
MA: Er wollte, dass es nach Celtic Frost klingt und in seinen Ohren
einen klaren Bezug dazu hat, was uns früher ausgemacht hat. Das war
auch einer der Gründe, warum wir mit ihm zusammen gearbeitet haben.
Wir wussten, dass wir selber risikofreudig genug sind und
experimentierfreudig ebenso, darum brauchten keinen, der das
zusätzlich unterstützt. Sondern jemanden, der die traditionellen
Werte berücksichtigt und auch darauf eingeht, respektive das
Verständnis aufbringt, was diese Band ausmacht. Wobei diese
traditionellen Werte schon sehr breit gefächert sind. Wenn man jetzt
nur schon von "Morbid tales" bis "Into the pandemonium" schaut, dann
hast du innerhalb dieser drei Alben eine musikalische Sound-Palette,
wie das wenige Bands in ihrer ganzen Karriere hinkriegen im Heavy
Metal Genre. Es war sehr wichtig, mit jemandem zusammen arbeiten zu
können, der erstens technisch ein totaler Crack ist und zweitens
eine Ahnung des kreativen Prozesses hat..., wie das läuft...,
welchen Druck das erzeugen kann..., wie das konstruktiv umgesetzt
wird, und dann natürlich auch die Band kennt sowie Respekt davor
hat. Für das alles war Peter Tägtgren die perfekte Person!
MF: Ein Knackpunkt für das Weiterkommen, respektive
Wiederauferstehen der Band, war die Suche nach einem geeigneten
Schlagzeuger, den ihr jetzt in Form von Franco Sesa gefunden habt.
Hatte euer ehemaliger Drummer Stephen Priestly keine Lust mehr und
was macht er heute?
MA: Es gibt ja zwei ehemalige Drummer, die relevant gewesen sind:
Der eine ist Stephen Priestly und der andere Reed St. Mark. An
Stephen haben wir im ersten Moment gar nicht gedacht, weil wir
wissen, dass er mehrfacher Familienvater und relativ glücklich
ist..., sich gesetzt hat. Er hatte auch schon früher keine Lust auf
diesen Rock-Zirkus, also monatelang auf Tour sein und nicht zu
wissen, was denn gerade als Nächstes wieder kommt, eventuell
finanzielle Durststrecken in Kauf nehmen zu müssen, etc. etc. etc. -
und deshalb haben wir ihn gar nicht gefragt. Wir haben auf jeden
Fall Reed gefragt, den amerikanischen Drummer, der den Celtic Frost
Sound am meisten mitgeprägt hat, also auf "To mega therion" und "Into
the pandemonium" gespielt hat. Er wollte eigentlich im Ansatz, aber
es ging dann aus diversen Gründen nicht. Diverse, die zum Teil zu
persönlich wären, um das hier darzulegen. Was eigentlich einen
Rückschlag für uns bedeutete, da wir damit gerechnet hatten, dass
wir es mit Reed zusammen machen, aber dann ist klar geworden, dass
das nicht geht. Und dann mussten wir zuerst wieder einen
Schlagzeuger suchen, das heisst in den ersten eineinhalb Jahren
haben wir Musik gemacht ohne wirklich einen Schlagzeuger. Für
gewisse Songs haben wir zwischendurch einen Session-Drummer
beigezogen, weil wir einen gebraucht haben, aber es ist halt nicht
das Gleiche, wie wenn man ein vollwertiges Bandmitglied, einen
Mitmusiker hat, der mit einem zusammen Musik macht.
MF: Der Zeitpunkt für eine Rückkehr könnte vom Timing her nicht
besser sein. Die Szene bewegt sich schon eine Weile auf einem hohen
Niveau, vor allem quantitativ. Wie beurteilt ihr, was zur Zeit
abgeht? Nur Quantität oder auch Qualität und wie schätzt ihr den
Zuspruch der Fans ein?
MA: Also ich glaube..., das Problem ist..., es gibt relativ viele
qualitativ spannende Sachen muss ich sagen. Es gibt viele junge
Bands, gute Musiker mit interessanten Ideen. Das Problem ist, dass
die Quantität die Qualität an den Rand drückt. Jede Band erhält
weniger Platz, hat weniger Zeit, um sich zu etablieren..., zu
präsentieren. Die Plattenfirmen..., die Indie-Plattenfirmen vor
allem und die Major's auch, funktionieren je länger je mehr nach dem
Prinzip von "Scheisse" an die Wand klatschen und mal schauen, was
kleben bleibt. Mit dem arbeitet man weiter, und den Rest lässt man
einfach sein. Das heisst natürlich, dass viele Künstler und Musiker,
die sich tatsächlich entwickeln könnten, gar keine Möglichkeit dazu
erhalten, also bereits verheizt werden, bevor sie überhaupt eine
Chance hatten. Das hat auch ganz klar was mit dem Internet und dem
Konsumenten-Verhalten zu tun, wo die Musik immer mehr als Konsum-Gut
betrachtet und die finanzielle Wertigkeit herunter gesetzt wird. Man
ist als Konsument bereit, weniger Geld dafür auszugeben oder klarer
das auszuwählen, was man will, was ich durchaus verstehen kann.
Nichts gegen Internet, Downloading und File- Sharing..., es hat auch
sehr interessante Aspekte. Aber es ist sicher nicht einfacher
geworden, als in der 80er-Jahren. Also wenn ich heutzutage diese
Fachzeitschriften anschaue..., Metal Hammer, Rock Hard..., wo zum
Teil 70 bis 80 oder noch mehr Plattenbesprechungen drin sind..., das
sind dann nicht mal alle Releases, die im entsprechenden Monat raus
gekommen sind, und ich das vergleiche mit früher, wo zwischen 15 und
20 Platten im Maximum besprochen wurden, dann ist das ein gewaltiger
Unterschied!
MF: Das letzte Wochenende gestaltete sich für Rock- und
Metal-Fans in ganz Europa mehr als erfreulich! Die finnischen
Monster-Rocker Lordi liessen die Konkurrenz in Athen beim "European
Song Contest" bekanntlich steinalt aussehen. Hast du das auch live am
TV mitgekriegt und/oder was denkst du, welche Bedeutung dieser Sieg
an so einem Anlass für die Szene bedeutet?
MA: Nein, ich habe das selber nicht gesehen..., ich stand in diesem
Moment mit "Karaoke from Hell" auf der Bühne und habe mein eigenes
Kabarett veranstaltet. Und ich glaube, es hat keine weitere
Bedeutung..., ehrlich gesagt. Die Zeit, wo der "Concour Eurovision
(de la Chanson)" eine tatsächliche Bedeutung hatte, ist längst
vorbei! Dieser Anlass ist etwas so wie..., kennst du den
amerikanischen Kaffee vor "Starbuck's" Zeiten...

MF: Ja...
MA: Amerikanischen Filter-Kaffee..., so kommt mir der "ESC"
("European Song Contest") vor: Der etwa 100ste Aufguss des gleichen
Filter-Kaffee's, den wir da vorgesetzt bekommen. Das ist auch der
Grund, warum Lordi gewonnen haben. Sie konnten nur gewinnen, weil
dieses Gebilde so morsch und ausgehöhlt ist, dass man eigentlich nur
noch rein hauen musste, dass es noch ganz auseinander fällt. Das ist
nicht das erste Mal, dass man versucht hatte, das zu unterwandern.
Ich darf nur daran erinnern..., Knorkator als Beispiel, Guildo Horn
oder Stefan Raab. Das waren ganz klar Versuche, diesen Anlass in
Frage zu stellen oder sich darüber zu mokieren. Die relevante Zeit
war, nachdem ABBA ihre Weltkarriere starteten. In den letzten 10
Jahren war es eine schlechte Kopie von "Superstar" (DSDS), "Musicstar"
oder so. Diese Sendungen waren eigentlich viel spannender, obwohl
sie nach dem gleichen Prinzip funktioniert haben. Diese "Bands", die
da (beim "ESC") aufgetreten sind..., das war nur noch generisches
Einerlei..., weniger Kleidung, mehr Haut und die Songs klingen alle
gleich. Kannst du mir sagen, wer vor drei Jahren für die Schweiz
aufgetreten ist?
MF: Nein..., öhhh..., Gunvor oder so? (Bemerkung: 2003, wie 2001
und 1999 trat gar niemand für die Schweiz an! - MF)
MA: Vor drei Jahren? Nein, ich glaube, Gunvor ist ein paar Jährchen
länger her (es war 1998 - MF). Gunvor ist total gescheitert, hat 0
Punkte rein geholt. An sie erinnern sich aber alle..., warum? Weil
sie der BLICK monatelang durch die Presse gezogen hat. Also da
siehst du mal, um was es dem "ESC" geht. Um hier teil zu nehmen...,
der "ESC" selber hat etwa den gleichen Gehalt und Tiefgang sowie
künstlerischen Wert wie "Big Brother", nämlich gar keinen. Von da her
gesehen passen Lordi perfekt da rein..., sie bieten die perfekte
Fasnacht dazu. Sie sind GWAR für Insulin-Süchtige..., würde ich
jetzt mal sagen, also für Leute, die schwer verdauliche Kost nicht
ertragen. Sehr frech und sehr frisch für den "ESC", aber seien wir
mal ehrlich..., rein musikalisch gesehen sind Lordi..., also da höre
ich lieber Twisted Sister, die Original-Platte oder Alice Cooper,
dann kann ich das, was Lordi machen..., musikalisch gesehen.
MF: Sagt dir das Datum 16. Februar 1996 etwas?
MA: 16.2.96?? Oh..., keine Ahnung! Müsste es mir etwas sagen?
MF: Da standen Tom und du als Special-Guest von Sepultura auf der
Bühne im Zürcher Volkshaus und gabt am Schluss des Konzerts eine
Hammer-Version von "Procreation of the wicked" zum Besten.
MA: Aha..., das war am 16. Februar?
MF: 16.2.96...
MA: ...also 1996..., das habe ich noch gewusst, aber dass es der 16.
Februar war, daran hätte ich mich nicht mehr erinnern können, wenn
du es mir jetzt nicht gesagt hättest. Ja..., und was möchtest du
dazu hören?
MF: Beschreibe doch mal (wenn's noch geht, ist ja über 10 Jahre
her!), was für ein Gefühl das war..., nach so langer Zeit der
Abstinenz einen eigenen Song vor Schweizer Heimpublikum spielen zu
können.
MA: Im ausverkauften Volkshaus..., was wir früher selber ja nicht
geschafft haben..., wir spielten ja 1987 dort..., vor etwa 800 bis
1000 Leuten, wenn ich mich nicht täusche. Nun..., es war ein gutes
Gefühl. Also erstens habe ich Sepultura wirklich gemocht..., und mag
sie auch jetzt noch. Ich glaube, sie sind eine der wenigen Bands,
respektive der Max mit Soulfy oder Sepultura mit Derrick..., die ich
ab und zu, wenn sie spielen und ich Zeit habe, besuchen gehe vor
Ort, wo ich die Kontakte gepflegt habe über die Jahre. Es besteht
eine gewisse Verwandtschaft von daher, dass sie nicht aus einem
etablierten Metal Land stammten..., Brasilien..., sind wir als
Schweizer ja eigentlich auch nicht - und sie etwas gemacht haben,
das damals nicht unbedingt konform war. Ich meine, die erste
Sepultura Platte war ja ungefähr auch so roh und ähnlich schlecht
eigentlich..., spielerisch, wie Hellhammer. Das ist natürlich schon
eine Ehrbezeugung, wenn man weiss, dass eine Band, die damals
wahrscheinlich auf ihrem Höhepunkt war..., karrieremässig..., mit "Roots",
uns damit ehrt. Das habe ich doch dankbar entgegen genommen und das
hatte mich sehr gefreut.
MF: Wie ehrgeizig und hungrig sind Celtic Frost anno 2006 noch?
Gibt es jetzt ein letztes, würdiges Aufbäumen..., und dann ist
definitiv Schicht im Schacht?
MA: Das ist eigentlich nicht die Idee, nein..., also..., aber ob es
dann tatsächlich noch mehr gibt und wie das weiter läuft, das wir
sich zuerst weisen müssen. Ich meine, ich bin jetzt doch ein paar
Jährchen älter und habe meine Erfahrungen gemacht. Deshalb sage ich
jetzt nicht, was in den nächsten vier, fünf Jahren passieren wird,
weil ich das nicht sagen kann. Auch weil da relativ viel passieren
kann, das ich nicht voraus zu sehen vermag. Aber es ist auf jeden
Fall nicht die Idee..., der Aufwand, den es da braucht, gebraucht
hat, um die Band wieder in Gang zu bringen, der finanzielle Aufwand,
um das Album zu bewerkstelligen... - Weil..., man darf nicht
vergessen: Wir haben das alles selber finanziert - Studio, Tägtgren,
alles... - Wir sind bis vor Kurzem..., auch jetzt bei den
Vorbereitungen zur Tour..., auch wenn wir jetzt Festivals spielen
werden wie Wacken und 50 Konzerte in Nordamerika, haben wir alle
unsere täglichen Jobs gehabt, Geld verdient. Weil alles Geld
kostet..., wir haben gesagt, dass wir unsere Seele nicht wieder der
Plattenfirma verkaufen, nicht den gleichen Fehler machen wie damals
in den 80er-Jahren. Wir haben das alles selbst finanziert. Wir haben
eine Partnerschaft mit Century Media, die haben unsere Platten
lizenziert und das ist alles ein Risiko..., finanziell wie natürlich
auch menschlich gesehen. Das kostet Zeit, Aufwand, Emotionen und
Geld! Und so etwas überlegt man sich zwei, drei Mal..., und macht
dann nicht einfach relativ schnell "husch husch" nebenbei und
probiert mal, und wenn es nicht klappt, lässt man es bleiben. Das
ist..., klar, wenn es überhaupt nicht klappt und ich jetzt dann da
stehe mit diesen zig zehntausenden von Franken, die wir investiert
haben als Schulden, und zuerst mal schauen muss, wie ich das zurück
zahlen kann und nichts funktioniert..., dann ist es relativ schnell
vorbei, weil dann einfach die harte Realität der Existenz ruft und
"sagt": So..., und jetzt muss die Kohle her! Und wenn diese nicht
mit der Musik generiert werden kann, um mindestens die Musik selbst
zu finanzieren, dann habe ich ein ganz anderes Problem..., weisst
du, was ich meine?!! Dem entsprechend..., für mich ist klar: Das ist
die Zukunft in den nächsten Jahren, was ich machen will und mich dem
hauptsächlich widmen möchte. Aber ob ich dann tatsächlich das Glück
habe, dass das alles so funktioniert, wie das jetzt aussieht und den
Anschein macht, wird sich zuerst weisen müssen.
MF: Also in dem Fall wird man mit einer Tour 2007 rechnen können
und wann dürfen die Schweizer in der Heimat mit dem nächsten
Auftritt von euch rechnen..., zum Beispiel "Sold out" im Volkshaus in
Zürich wäre doch geil, oder?
MA: (lacht) - Schön, wie du das gerade aufgegriffen hast..., ähhh,
ob das dann "Sold out" oder nicht sein wird, werden wir ja sehen.
Aber es ist sicher das Ziel..., anfangs 2007 in Europa zu touren und
dann auch richtig und dem entsprechend ausreichend in der Schweiz zu
spielen. Und ja..., wir werden sehen..., vielleicht gibt es noch
vorher irgend etwas..., das ist auch noch eine Möglichkeit..., auf
Ende Jahr oder so..., es ist ganz klar, dass wir das machen wollen,
es ist auch das Ziel. Wir haben bewusst die Remise gewählt für das
erste Konzert. Wir fanden, wir wollen im kleinen, intimen Rahmen
spielen und relativ kurzfristig ansagen. Die Konzentration des
Interesses soll im Moment auf die Platte ausgerichtet sein und wir
wollen uns zuerst auch warm spielen, uns finden. Wie gesagt, es ist
das erste Konzert nach 15 Jahren, das die Leute sehen werden. Das
ist auch für uns ein grosser Schritt.
MF: Da freuen wir uns drauf..., ok!
MA: Du wirst dort sein, oder?
MF: Ja, ich komme auf jeden Fall!
MA: Ok..., dann bin ich mal gespannt, was du davon halten wirst.
Wirst du auch an einem der Festivals sein?
MF: Eher nicht, aber am Montag werde ich voll Ohr sein...
MA: Ich bin auch mal gespannt, wie das dann kommen wird. Es ist
unglaublich, was im Moment alles läuft..., um es nochmals zu
erwähnen. Ich meine, so viel Interesse..., ich habe schon gewusst,
Celtic Frost sind kult und haben einen mythischen Status, aber das
Interesse, das jetzt kommt und dieser ganze Medienrummel..., und
nicht nur in der Schweiz, sondern wirklich rund herum in dieser
Dimension..., das ist sehr beeindruckend, muss ich sagen.
MF: Welche Message haben Celtic Frost für ihre Schweizer Fans
und alle Leser der Metal Factory?
MA: Uff..., immer diese "Final Messages"..., das ist eben
schwierig..., du, sagen wir es mal so: Ich glaube, das ist eines der
wenigen Metal Interviews, das ich auf Schweizerdeutsch machen
konnte. Und das immer wieder..., ist auf eine Seite ein komisches
Gefühl, aber auch ein gutes und ich hoffe, dass man doch vielleicht
einmal..., also für mich jetzt zumindest hier in diesem Zuhause...,
wo ich eigentlich auch zu Hause bin, tatsächlich einen Bezug haben
und wieder finden..., zu unserem Publikum und auch umgekehrt. Ich
bin mal gespannt, wie sich das entwickeln wird.
MF: Ok..., Martin..., besten Dank und bis am Montag!
MA: Gern geschehen!
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