 |
Heute
war es nun soweit, ich sollte mein erstes Interview mit einer
Band führen! Ich war den ganzen Tag schon reichlich aufgeregt,
obwohl ich das Gefühl hatte, mich genügend vorbereitet zu
haben. Trotzdem, Children Of Bodom sind nicht irgendeine Band.
Die noch ziemlich jungen und sehr talentierten Musiker aus
Finnland haben sich mit ihren drei Studio-Alben und der Live-Scheibe
in der Szene gehörigen Respekt verschafft und begeistern immer
mehr Fans. Anlässlich ihres Auftrittes im hiesigen Z7 hatte
ich nun die Ehre, mit Basser Henkka Blacksmith ein paar Worte
zu wechseln. Während der
Show des Headliners Primal Fear bat mich der sehr höfliche
und
|
gesprächige Finne in den
Backstagebereich. Da ich immer noch mit meiner Nervosität
zu kämpfen hatte, fragte ich ihn kurzerhand, was er als bühnenerfahrener
Musiker denn eigentlich gegen Lampenfieber täte.
Henkka: Dagegen kannst
Du nichts tun, es ist einfach da. Es ist zwar sehr ärgerlich,
aber ich glaube das ist eines jener Dinge, gegen die niemand
etwas tun kann.
SMF: Aha, das
heisst also, Augen zu und durch"! Dann beginne
ich einfach mal:
Ihr habt Eure Band nach einem finnischen Mordfall benannt,
der einer der geheimnisvollsten und bekanntesten in der finnischen
Kriminalgeschichte wurde. Habt Ihr eine persönliche Beziehung
zu dem Verbrechen am Bodom-See?
Henkka: Eigentlich nicht.
Der See ist in der Nähe wo wir wohnen, in der selben Stadt.
Wir haben keine besondere Beziehung dazu. Natürlich gehen
wir heute oft dort hin und trinken ein paar Biere, aber das
ist nichts aussergewöhnliches. Es ist einfach in der gleichen
Stadt, der See, der Mord und alles, es passt einfach gut zusammen
mit einer Metal Band.
SMF: Ursprünglich
nanntet Ihr Euch Inearthed". Was hat Euch dazu
bewogen, den Namen zu ändern und warum habt Ihr Euch für Children
Of Bodom" entschieden?
Henkka: Wir haben uns umbenannt weil Inearthed"
nicht besonders originell war, ziemlich normal. Ich weiss
nicht, wie wir auf Bodom" kamen...ich glaube es
war eine Idee unseres Label Managers, er kam irgendwie mit
...hey, erinnert ihr euch an den See und die Morde"
usw. und dann suchten wir nur noch ein anderes Wort zu Bodom".
Es gab ein paar Vorschläge und schlussendlich waren wir Children
Of Bodom". Irgendwie so, ich weiss es nicht mehr so genau.
SMF: Euer Name ist ziemlich provokativ. Wie reagierte
die finnische Öffentlichkeit darauf, als Ihr in Eurem Heimatland
immer bekannter wurdet?
Henkka: Überraschend freundlich, eigentlich. Wir hatten ein
bisschen Angst, dass es Berichte in den Zeitungen geben würde
wie das ist zu brutal, damit spasst man nicht",
aber wir haben mit der Black Metal Szene nichts zu tun. Es
ist sehr schön, dass man das gemerkt hat, ich bin sehr froh
darüber. Natürlich gab es auch Kommentare wie ein seltsamer
Name, es ist nicht der lustigste Name, aber eigentlich nichts
Schlimmes."
SMF: Als Eure Karriere begann, wurdet Ihr einerseits als die
genialen Death/Black Metal Newcomer gefeiert, andererseits
hat man Euch als Power Metal Band bezeichnet. Meiner Meinung
nach seid Ihr aber eine Band, die viele verschiedene Metal
Stile und sogar klassische Elemente in ihrer Musik verbindet.
Henkka: Yeah,
genau.
SMF: Welche Musik hört
Ihr persönlich am liebsten und was sind Eure Einflüsse?
Henkka: Wir hören viele verschiedene
Bands, von Glam Rock bis Black Metal, z.B. W.A.S.P., Ozzy
Osbourne, Dark Throne, Manowar, was auch immer, einfach alles.
Als wir anfingen unsere eigene Musik zu machen, war es für
uns ganz natürlich, alle diese Stile drin zu haben. Und wegen
diesen klassischen Einflüssen, das ist so, weil einige von
uns in klassischer Musik ausgebildet wurden. Nimm ein bisschen
Black Metal und gib etwas Mozart dazu... Es war einfach normal
für uns, die Musik zu machen, die wir selber mögen. Es stimmt,
wir machen eine Mischung aus allem, niemand kann wirklich
sagen was es ist. Für manche ist es Power Metal, für manche
ist es Black Metal. Ich weiss nicht, es ist einfach Metal.
SMF: Eure Songs sind ziemlich
komplex aufgebaut und schnell gespielt. Und Ihr schafft es
sogar, das Keyboard im Einklang mit den Gitarren einzubauen.
Haben einige Bandmitglieder eine musikalische Ausbildung gemacht?
Henkka: Die meisten von uns haben
in Schulen viel gelernt. Es gibt ein Konservatorium in Finnland,
auf dem einige von uns waren. Aber jetzt nicht mehr, wir waren
auch nicht so lange dort. Aber wir haben viel gelernt. Deshalb
ist es sehr einfach für uns, diese Dinge zu gebrauchen...über
Harmonien und solches Zeugs.
SMF: Könntest Du beschreiben,
wie ein Song entsteht?
Henkka: Yeah. Alexi ist der Haupt-Songschreiber.
Wenn wir anfangen, proben wir sehr viel. Alexi kommt mit neuen
Ideen in den Proberaum, er zeigt uns ein paar Sachen, ein
paar Riffs und wie man sie spielt. Wenn wir alles beisammen
haben, bringen wir es in eine Reihenfolge. Jeder bringt seinen
eigenen Stil in das Programm ein, jeder fügt etwas hinzu und
in zwei Wochen kann der Song fertig sein. Es ist ein sehr
einfacher Prozess, finde ich. Aber Alexi hat die Grundideen.
SMF: Wie schafft Ihr es, Eure
Songs live in einer so sauberen Art und Weise zu spielen wie
z.B. auf dem Tokyo Warhearts" Live Album oder bei
der heutigen Show, obwohl Eure Songs so komplex sind?
Henkka: Ich weiss nicht wie wir
das schaffen...Wir proben sehr viel zusammen, um live gut
zu spielen. Ich weiss nicht, es hat ja auch viele Fehler auf
dem Japan-Album. Wahrscheinlich ist es einfach das Proben,
dass wir es so gut können. Aber ich glaube, wir könnten besser
sein.
SMF: Euer Live-Album Tokyo
Warhearts" wurde, wie der Name schon sagt, in Tokyo aufgenommen.
Diesen Frühling seid Ihr wieder für vier Konzerte in Japan.
Habt Ihr dort speziellen Erfolg oder sonst einen besonderen
Bezug zu diesem Land?
Henkka: Nein, nichts besonderes.
Wir haben genug verkauft, um dort wieder auf Headliner Tour
gehen zu können. Das ist nichts besonderes, ziemlich viele
Bands tun das heutzutage. Okay, äh...wir sind an diesem technischen
Zeugs interessiert und sie stehen auf technische Musiker und
wie wir es machen, diese Art von Musik. Eigentlich sind wir
ziemlich überrascht, dass sie uns - mit unserem Gesang, diesem
dunklen Gesang - dass sie uns trotzdem mögen. Aber was sie
am meisten mögen, denke ich, ist diese technische Linie, wir
sind also nicht speziell. Viele technische Bands spielen dort.
Für uns genügt es gerade, um dort spielen zu können.
SMF: Ist es anders, dort zu
spielen?
Henkka: Yeah! Viele Dinge sind
dort anders, die ganze Organisation ist sehr...sie sind sehr
höflich. Alles ist sehr genau organisiert, es gibt nichts,
worüber man sich beklagen könnte. Wenn Du in ein Hotelzimmer
kommst - jeder hat ein Einzelzimmer - wenn Du hereinkommst,
ist dort ein Blumenstrauss, der Dich begrüsst Willkommen
Mr. Henkka"...das ist Japan! Es ist erstaunlich, wie
sie das machen. Und auch äh...Showtime ist immer früher als
hier, z.B. letztes Mal glaube ich spielten wir um 18.30 Uhr
oder so - immer! Und die Leute sind nicht betrunken, sie trinken
nicht. Sie sind nüchtern und total fanatisch, Du bemerkst
es, wenn Du sie anschaust, sie sind so glücklich, diese Band
hier zu haben. Das ist toll. Das dürfte der grösste Unterschied
zwischen europäischem und japanischem Publikum sein, dass
die Leute nicht betrunken sind. In Europa willst Du etwas
trinken und eine tolle Party feiern, die Japaner sind da anders.
SMF: Was hältst Du vom Schweizer
Publikum?
Henkka: Heute war es bis jetzt
das beste, das wir je hier hatten! Eigentlich war es immer
ziemlich schlaff, wenn wir hier waren. Heute war es wunderbar.
Es war sehr schön. Überraschend viele Leute sind gekommen,
wir haben hier noch nie vor so vielen Leuten gespielt! Wir
sind also sehr zufrieden.
SMF: Was glaubst Du ist besonders
in der Schweiz?
Henkka: Die Preise sind sehr hoch.
SMF: In Finnland aber auch,
oder!
Henkka: Nicht SO hoch! Ähm...ich
weiss nicht viel darüber, weil normalerweise, wenn wir in
der Schweiz spielen, sind wir hier (in Pratteln) und hier
kann man ja auch nicht wirklich etwas sehen. Ich weiss also
nicht sehr viel.
SMF: Du warst also nicht an
der Autogramm-Stunde heute Nachmittag?
Henkka: Nein, ich war nicht dort.
SMF: In Finnland seid Ihr eine
Art Superstars, denn Ihr hattet dort mehrere sehr hohe Plätze
in den Single-Charts. In vielen anderen mitteleuropäischen
Ländern habt ihr ebenfalls hohe Album-Charts Notierungen gehabt.
Hat sich Euer Leben mit diesem Erfolg verändert?
Henkka: Nicht wirklich. Wenn die
Leute hören, dass wir goldene Singles bekommen haben und auf
Platz 3 in den Album-Charts waren, dann klingt das sehr gut.
Aber in Finnland haben wir einen so kleinen Markt, dass es
ziemlich einfach ist, in die Charts zu kommen. Ich glaube
es hat unser Leben überhaupt nicht verändert. Alexi war vielleicht
manchmal irgendwie ein bisschen Hey, hey, Children Of
Bodom, heyhey...", aber da ist nichts aussergewöhnliches.
Du musst nur den richtigen Song haben. Wenn Du es auf die
Charts abgesehen hast, klappts sowieso nicht. In Finnland
können wir immer noch alles tun, mehr als in Europa. Unser
Leben hat sich nicht so stark verändert.
SMF: Würdet Ihr gerne so erfolgreich
sein wie z.B. HIM? Was würdet Ihr tun, wenn das passieren
würde?
Henkka: Diesen Popstar-Erfolg,
darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich denke nicht...es
ist unvernünftig zu glauben, dass wir es schaffen könnten,
solchen Erfolg zu haben. Wir haben eigentlich nie darüber
nachgedacht....Ich glaube, es ist unmöglich mit dieser Art
von Musik, die wir machen, so viel Erfolg zu haben, ich wäre
sehr überrascht. Ich weiss nicht...ich hätte nichts gegen
so viel Erfolg, aber ich bin auch sehr glücklich, so wie es
jetzt ist. Ich würde nichts spezielles für solchen Erfolg
tun.
SMF: Wie sieht die finnische
Metal Szene aus, hat sie sich in den letzten Jahren verändert?
Henkka: Ich denke schon, irgendwie...in
den letzten paar Jahren hatten wir viele gute Bands aus Finnland:
Nightwish, wir, Sonata Arctica...die werden einmal richtig
gut, Stratovarius ist immer wunderbar...Ich glaube True Metal
ist im Moment am meisten angesagt in Finnland, du musst dich
damit auseinandersetzen. Wahrscheinlich ist es wegen dem Spinefarm
Label, das auch unseres ist, weil die sehr viel für diese
Bands getan haben in Finnland. Einige Bands sind in der Fernsehwerbung
und solchen Sachen, es ist also sehr einfach in Finnland bekannt
zu werden. Dann ist es auch einfach für Nuclear Blast, dich
ausserhalb zu etablieren. Ich glaube es ist eine Veränderung
in die richtige Richtung.
SMF: Glaubst Du, dass es heute
mehr Metal Fans in Finnland gibt als früher?
Henkka: Yeah, sicher. Dort ist
immer irgendein Metal Album in den Charts. Meistens ist es
eine finnische Band.
SMF: Das ist in der Schweiz
leider ganz anders, hier ist nie eine Metal Band in den Charts,
ausser vielleicht AC/DC, Metallica oder Gotthard.
Henkka: Das könnte ich mir nie
vorstellen!
SMF: Sprechen wir ein bisschen
über Eure Texte. Die sind sehr geheimnisvoll und manchmal
auch depressiv, häufig geht es um Tod, Schmerz, Erlösung und
Hass. Gibt es hier Verbindungen zu Euren Persönlichkeiten
oder sind sie reine Fantasie?
Henkka: Sie sind ein bisschen
in diesem Fantasy-Stil geschrieben, aber...also, Alexi schreibt
die Texte und ich denke, sie kommen schlussendlich aus seinem
Kopf. Es sind seine Gedanken und was ihn manchmal beschäftigt.
Wir haben eine Verbindung zum Tod und den Dingen, die du erwähnt
hast, und ich denke, das sind Themen, über die jeder irgendwann
einmal nachdenkt und über die man sehr gut in Metal Songs
sprechen kann. Selbstverständlich haben wir auch andere Gedanken,
über andere Dinge, aber im Metal ist es einfacher, diese negativen
Gefühle auszudrücken. Es ist auch eine Art gute Therapie für
uns und Alexi. Und äh...ja, nichts weiter. Die Dinge, die
wir wahrnehmen passen zur Musik und durch die Musik therapieren
wir uns.
SMF: In Euren Booklets sind
jeweils nicht alle Texte abgedruckt. Ist das eine Art Selbstzensur
oder sowas?
Henkka: Nein, das hat nichts mit
Zensur zu tun. Ich weiss nicht...ich habe noch nie darüber
nachgedacht...vielleicht gibt es Texte, die Alexi nicht veröffentlicht
haben will. Ich denke, es gibt eine gewisse Zensur in seinen
Gedanken und da dringt auch nichts nach aussen, das ist unser
Standpunkt. Aber ich weiss nicht, vielleicht veröffentlichen
wir sie ja später mal. Es gibt also keinen speziellen Grund
dafür.
SMF: Euer neuestes Album Follow
The Reaper" habt Ihr in Peter Tägtgrens Abyss Studio
aufgenommen. Was war dort anders, verglichen mit den Aufnahmen
von Something Wild" und Hatebreeder"?
Henkka: Oh, da gibt es viele Dinge!
Als erstes: als wir Something Wild" und Hatebreeder"
aufgenommen haben, kannten wir den Typen, der das gemacht
hat, sehr gut, er war ein Freund von uns. Wir überlegten uns,
wann wir anfangen sollten und wann wir unsere Sachen ins Studio
bringen sollten und alles solche Dinge. Für das neue Album
wollten wir es anders machen und wir wollten zu Peter Tägtgren,
weil wir ihn alle kannten. Unsere Studioarbeit war ganz anders.
Man konnte in Schichten arbeiten, von Morgens 1 Uhr bis Abends
um 6 Uhr, und wir arbeiteten von Montag bis Samstag, Sonntag
war immer frei. Wir hatten viel zu tun und mussten es irgendwie
schaffen, also setzten wir uns normalerweise zusammen, wie
wir gerade Lust hatten. Manchmal sind wir 24 Stunden im Aufnahmeraum
geblieben, und keinen hat das dort irgendwie erstaunt. Die
Arbeit war ziemlich gut. Wir machten nicht so viel Party wie
gewöhnlich, der Ort war sehr abgelegen und man konnte nirgendwo
hin zum feiern. Also haben wir nur geprobt, aufgenommen und...take
it easy". Und Peter war im Studio nicht so streng wie
der andere Typ. Der andere war ein Perfektionist und verlangte
immer wieder spielt es noch mal, spielt es noch mal,
spielt es noch mal", bis wir es nicht mehr konnten. Peter
war das nicht so wichtig und ich glaube, darum haben wir ein
bisschen den brutaleren Sound drauf. Er ist nicht so hell
wie Hatebreeder", die Scheibe ist zu tight. Entweder
zu tight oder der Sound ist zu schwach. Diesmal wollten wir
einen brutaleren Sound haben, ich bin sehr gerne brutal. Er
hat das Album auch wirklich produziert", er hat
sich bei für den Gesang sehr angestrengt, er ist ja auch selber
Sänger. Wir hatten endlich auch all die Technik, die wir wollten,
weisst du, er hat total viele verschiedene Synthesizer und
so hatten wir die Möglichkeit, 500 verschiedene Sounds auszuprobieren
und den besten auszuwählen. Das war eine ganz neue Erfahrung.
SMF: Auf der ersten Auflage
Eures neuen Albums ist die W.A.S.P.-Coverversion "Hellion"
zu hören. Warum habt Ihr genau diesen Song ausgewählt?
Henkka: Das haben wir nicht.
Überhaupt nicht. Als ich die europäische Version sah, die
limitierte Ausgabe, war ich ganz erstaunt "hey, da ist
W.A.S.P.!" Ich wusste nichts davon. Wir hatten das schon
vor langer Zeit aufgenommen als wir probten, um es live spielen
zu können. Wir hatten nie die Absicht, es zu veröffentlichen.
Also...vielleicht hat man etwas gesucht, das man für die Children
als Bonustrack gebrauchen könnte und hat dann gemerkt, dass
wir das mal gemacht haben und hat es genommen. Ich betrachte
es nicht als Teil des Albums.
SMF: Wir kommen zum Ende des
Interviews. Möchtest Du noch etwas speziell für die Schweizer
"Children Of Bodom" Fans hinzufügen?
Henkka: Yeah, heute war
der grossartigste Gig, den wir bisher hatten, so viele Leute,
wir waren total überrascht und sehr erfreut darüber. Und wir
werden ganz bestimmt wieder hierher zurückkommen!
SMF: Vielen Dank für dieses
Interview!
Henkka: Bitte, gern geschehen.
|
|
|