Heidnischer Metal wurde in der letzten Zeit immer
bekannter, überall kann man Thors Hammer oder andere
Symbole der germanischen oder keltischen Mythologie
betrachten. Wenn es um genau diesen Pagan Metal geht,
darf man eine Band keinesfalls vergessen: Equilibrium.
Die Deutschen, welche mit ihrem Debutalbum „Turis Fratyr“
einen gewaltigen Freudensturm auslösten und bereits
jetzt eine riesige Fangemeinde aufweisen können, werden
aber oft auch kritisch betrachtet, denn viele Anhänger
heidnischen Metals behaupten, dass die Band ihren
„Glauben“ nicht ernst nehme und bloss des Geldes wegen
über Odin und Co. singe. Da ich aber lieber von der Band
selber höre, wie sie denken und ticken, habe ich für
euch ein sehr unterhaltsames Interview vorbereitet, bei
dem alle Bandmitglieder anwesend waren. Sandra (SA),
Helge (HE) und René (RE) standen Rede und Antwort.
Anfangs wurde unverfänglich geplaudert, Equilibrium
wollten wissen, für was oder wen sie hier ein Interview
machen dürfen, und ich habe ihnen das natürlich
ausführlich erklärt.
MF: Ihr habt jetzt meinen Plan ziemlich durcheinander
gewirbelt, ich dachte ich hätte das Interview vor dem
Konzert, aber na gut. Ich fange einfach mal vorne an:
Wie geht es euch eigentlich, wie seid ihr hier
angekommen? Ich habe gehört, ihr hattet ein ziemliches
Durcheinander gehabt mit der Reise.
SA: Ja, das Problem war, dass irgendwie die Autobahn
gesperrt war und wir deshalb grosse Umwege fahren
mussten, und darum sind wir auch viel später angekommen
als geplant. Aber jetzt ist…
HE: (unterbricht) …Auf gut Deutsch, die Schweizer können
nicht Autofahren, haben sich wieder über den Haufen
gekugelt und wir mussten es ausbaden.
RE: Eine halbe Stunde vor Zürich, eine ganze halbe
Stunde vor Zürich durften wir dann die Autobahn
verlassen und mussten vier Stunden lang durch die
Botanik eiern, und das kackt dann mal richtig an.
MF: Hier hättet also eigentlich etwa zwischen 14.00
Uhr und 15.00 Uhr hier sein sollen?
SA: Ja genau, und schlussendlich wurde es etwa 19.00
Uhr.
MF: Ihr seid ja nicht zum ersten Mal hier im Dynamo,
gefällt es euch hier besonders oder was ist der Grund,
dass ihr wieder hier seid?
HE: Ich würde sagen, dass beide Konzerte, die wir hier
hatten, irgendwie herausragend waren gegenüber den
Normalen. Das letzte Mal waren wir nur zu viert auf der
Bühne mit Drum- und Keyboard-Computer, und das war
natürlich ein Abenteuer aber… (Gelächter)
MF: Ja, und trotzdem hat es wunderbar geklungen!
HE: Ja ich denke, jeder, der das da unten im Werk 21
gesehen hat, der wird sagen: „Das war die Hölle.“ (Das
Werk 21 war vollkommen überfüllt gewesen, Anm. d. Verf.)
Kannst du dir ja vorstellen, wir stehen da auf der
Bühne, und die Leiber wälzen sich wie in einer Lawine
langsam… Bis dahin hatten wir noch nie so was erlebt.
MF: Mit Nuclear Blast habt ihr ein ganz grosses Ding
gemacht, aber Nuclear Blast ist auch für ziemlich
übertriebene Vermarktung bekannt. Wie steht ihr dazu?
HE: Das ist natürlich in aller Munde, also Nuclear Blast
ist in erster Linie mal eine Firma, dies muss man ganz
klar sagen, da arbeiten eine Menge Leute, die leben auch
davon, indem sie Metal-CDs verkaufen, das sag ich jetzt
mal so… Und ja, die wollen auch Geld verdienen, das ist
ganz klar. Aber sonst könnte man auch jeden entlassen
oder man sitzt nur blöd da. Sie sind daran interessiert,
die Band möglichst geil und gross rauszubringen, dazu
sind sie da. Genau das ist ihre Aufgabe, und wenn sie
das nicht schaffen, dann gehen sie pleite und dann hat
keiner was davon. Sie wissen, was die Leute wollen und
was man ihnen verkaufen kann.
MF: Aber ich denke, es ist auch nicht zwingend euer
Ziel, dass ihr zu dem neuen Album noch vier Singles dazu
veröffentlicht?
SA: (lacht)
HE: Nein, hoffentlich nicht…
MF: Habt ihr da auch (einer der Band unterbricht
mich, indem er rülpst) ein gewisses Mitspracherecht?
RE: Ja, ja.
HE: Ja, es ist ganz genau festgeschrieben, wie viele CDs
wann und in welchen Abständen und wie oft und wo
veröffentlicht werden, Singles sind, kann ich dir
verraten (er darf nicht viel verraten, wegen des
Vertrages, Anm. d. Verf.), in der Regel eine Option,
also die kannst du machen, musst du aber nicht.
MF: Dann habt ihr also das letzte Wort?
HE: Beim Thema Singles: Ja! Ich persönlich halte
überhaupt nichts von Singles. Unter uns gesagt, ich find
es zum Teil sogar Verarsche und dagegen werde ich mich
persönlich sträuben, denn da geht es nur um Kohle, und
uns geht es hier nicht um Kohle, denn wir machen es aus
Spass, und wenn es keinen Spass mehr macht, hören wir
sofort auf. Aber bis dahin wird noch das eine oder das
andere Jahr ins Land ziehen, und daher: Single – no way.
Vielleicht, wenn wir uns mal einen Bus kaufen und dann
der Bank die Raten abbezahlen müssen, dann bringen wir
vielleicht mal eine Single raus, aber ich glaube, dazu
wird es nicht kommen (lacht).
MF: Kommen wir mal zum neuen Album, was könnt ihr mir
über „Sagas“ erzählen?
HE: Na, also musikalisch kann man sagen, dass wir das
Grundkonzept von Equilibrium von „Turis Fratyr“
beibehalten werden, wir werden allerdings die Extreme
noch ein wenig mehr ausloten, das heisst, wir werden
stellenweise härter werden, noch bombastischer, noch
melodischer, es werden noch neue Einflüsse hinzukommen,
das betrifft vor allem die folkloristischen Anteile.
Also, wir werden uns noch viel weiter auf die ganze Welt
ausdehnen, wir werden japanische, irische, schottische
Elemente, alles was uns einfach gefällt, mit einbauen,
aber natürlich wie gewohnt kombiniert mit unseren
Standard-Metal-Elementen.

MF: Und rein textlich?
HE: Da würde ich jetzt mal sagen: Lass dich überraschen.
Es gibt natürlich Veränderungen, ganz klar. Wir werden
im Grunde weitermachen, wo wir angefangen haben, und ich
werde verstärkt persönliche Erfahrungen mit einflechten.
MF: Wisst ihr bereits das genaue Release-Datum der
Scheibe?
HE: Nein
MF: Was schätzt ihr so: Im Sommer, oder doch schon im
Frühling?
HE: Hmm… Wir schätzen gar nicht, kann man nicht sagen,
weil wenn Termine von der Plattenfirma festgelegt werden
und nicht eingehalten werden können… Deswegen werden
wir, soweit wie möglich, eine Terminveröffentlichung
vermeiden. Bis wir sicher sind, dass es auch soweit ist.
Aber dadurch, dass wir die Band alle als Hobby machen
und nicht hauptberuflich, sind manche Dinge halt einfach
im Vordergrund.
SA: Wir brauchen so viel Zeit, wie wir dann eben
brauchen.
HE: Mit so einem Schnellschuss machen wir auch niemanden
glücklich, es ist zwar für den Fan, der da wartet und
hofft, dass er bald ein neues Album kriegt…
Normalerweise kriegst du pro Jahr ein Album, dies ist
geil, wenn die Qualität stimmt, aber bei uns ist das
anders. Wir sind halt exotisch, bei uns ist es einfach
so, dass jeder so sein Ding durchziehen muss, Studium,
Arbeit usw. Jeder kämpft sich so durch. Es macht zwar
tierisch Spass auf so einem Konzert wie heute zu
spielen, da hast du sooo ein Rohr in der Hose, aber
davon kann ich mir nächsten Monat nichts zu Essen
kaufen, klar es hat Spass gemacht, es war geil und ich
erzähle es auch gerne zu Hause, aber am Montag gehe ich
wieder zur Arbeit und werde wieder meine Stunden
schuften müssen.
MF: Wie sieht die Zukunft von Equilibrium aus? Plant
ihr noch weitere Alben?
SA: Solange sich dieser Geist von Equilibrium nicht
verliert, werden wir weitermachen und wenn wir merken:
Es kommt nur noch Scheiss raus und es ist nicht mehr
das, was wir ursprünglich wollten… Ja, dann würden wir
aufhören, aber wir sehen es vor allem so, dass es
weitergehen wird.
MF: Der Festival-Sommer rückt immer näher. Könnt ihr
mir verraten, wo ihr überall so spielen werdet?
HE: Ja, ich kann dir sagen, dass wir auf dem einen oder
anderen Festival spielen. Wir spielen zum Beispiel auf
dem Up From The Ground, auf dem Metalcamp im Slowenien,
dann war da noch irgendwas Anderes, es gibt noch eines,
mein persönliches Lieblingsfestival in Deutschland, da
spielen wir auch, aber das kann ich dir jetzt namentlich
leider nicht nennen.
MF: Ich hoffe jetzt mal, ihr meint das Summerbreeze?
HE: Nein, das Summerbreeze wird es leider für uns dieses
Jahr nicht geben.
MF: Eine Frage an dich, Sandra: Du bist die einzige
Frau in der Band, da ist es bestimmt nicht leicht immer
mit den Jungs ständig rumzuhängen, oder täusche ich mich
da?
(lautes Gelächter)
SA:Man darf natürlich nicht zimperlich sein, man darf
auch nicht zu bequem sein, man muss sich durchsetzen für
seine Rechte stehen, und ich trage gewissermassen schon
dazu bei, dass dieses Wohl nicht untergeht. Ich werde
hier ja nicht irgendwie unterdrückt oder fertig gemacht,
sonst würde ich mich beschweren, aber ich lasse das auch
nicht mit mir machen. Wenn man jetzt Wert drauf legt,
dass alles sauber ist, dann wäre man schon ein wenig am
falschen Ort, ich kann denen jetzt nicht verbieten, ihre
Körperausdünstungen im Bandbus abzugeben (Gelächter),
aber ja, sie sind schon in Ordnung
MF: Ich kann mir das gut vorstellen!
HE: Nee (Gelächter)
MF: Also ist es noch schlimmer?
HE: Ja (kriegt sich kaum mehr ein vor lachen)
SA: Ja, man muss sich halt einfach damit abfinden.
MF: Sandra, aber so ganz im hintersten Teil macht es
dir auch Spass?
(Gelächter und ein riesiges Durcheinander)
SA: Ja natürlich macht es mir Spass, wenn ich es scheiss
fände hätte ich es schon längst hingeschmissen.
HE: Jeder probiert immer möglichst gefährliche
Lebensmittel zu verspeisen: Zwiebeln, Bohnen,
Sauerkraut, Weissbier, alles auf einmal, alles Zeugs,
das viel Gas gibt und stinkt (das Thema ginge noch
weiter ins Detail, aber ich lasse es mal bleiben *gg*,
Anm. d. Verf.)
MF: Ein wenig eine ernstere Frage: Von vielen „trven“
Seiten hört man öfters, dass Equilibrium den Heidentum (Paganismus,
Germanentum) nicht ernst nehmen und eigentlich bloss
Spass haben möchten. Wie steht ihr zu solchen Aussagen?
HE: Zum Teil haben die komplett recht, denn wir wollen
nur Spass haben. Wir ziehen aber nichts absichtlich in
den Dreck. Man kann das Ganze mal so betrachten: Wir
transportierten auf dem letzten Album Sachen wie
Geschichten, Informationen, Sagen germanischer
Mythologie auf eine Weise, wie wir sie für richtig
halten und haben dadurch viele, viele Leute wirklich für
die Sache begeistert. Man könnte fast sagen, es hat wie
eine Einstiegsdroge gewirkt: Die Leute haben was davon,
wir haben was davon. Einer, der sich jeden Tag in seinem
Kämmerchen verkriecht und irgendwelche Sagen durchwälzt
und alles vollkommen genau nimmt, der wird halt sagen:
Na ok, da haben sie aber ein wenig umgedichtet. Warum?
Weil es halt einfach besser ins Lied passt. Ich kann dir
eins sagen: Wenn ich jetzt in eine Buchhandlung gehe und
eine Edda kaufe, dann ist die aber so oftmals
umgeschrieben und übersetzt worden, da ist sowieso nur
noch ein Funken Wahrheit drin. Also warum sollte ich
nicht auch noch meinen Senf dazugeben dürfen? Es ist
eine Art von Interpretation .Wer uns hier irgendwie
angreifen möchte, dass wir nicht trve sind, der kann mir
mal den Buckel runterrutschen. Eine Religion ist immer
eine persönliche Angelegenheit und kann niemals
verallgemeinert werden. Ich möchte aber noch hinzufügen,
dass ich besonders trve bin (lacht).
MF: Ihr setzt euch vehement gegen das rechte
Gedankengut ein. Denkt ihr, die Pagan-Szene leidet sehr
an diesem Problem?
HE: Wir setzen uns für gar nichts ein! Wir haben seit je
her den Slogan: „Politik hat in der Musik nichts zu
suchen“. Nicht in unserer. Wir können anderen nichts
vorschreiben, und in unserer Musik lassen wir die
Politik aus dem Spiel. Jeder hat so seine eigene
Meinung, geht in die Wahlkabine und stimmt ab.
SA: Und zu der Szene ist natürlich zu sagen, dass die
Rechten in jeder Szene versuchen, Fuss zu fassen und es
halt da besonders leicht haben, weil viele einfach ihr
Gehirn nicht einschalten und entweder zwischen
verschiedenen Dingen nicht unterscheiden oder sich da
mitreissen lassen.
(längeres Gespräch über die Rechten an Konzerten)
MF: Zum Abschluss des Interviews: Eure letzten Worte
an die Leser der Metal Factory?
HE: Wir hatten jetzt drei Konzerte in der Schweiz, und
eins hat das andere getoppt und trotzdem sind sie alle
Nummer eins, weil, eeh….Das erste Mal waren wir in Spiez,
das war einfach, ehh, wir kommen also von München (das
ist auch nicht so klein) und du fährst und fährst, die
Dörfer werden immer kleiner, dann bist du plötzlich in
einem Kaff, keine Sau auf der Strasse, alles dunkel und
das Navigationssystem sagt: So, und nun sind wir da. Man
steigt aus, sieht sich um und fragt sich: Wo sind wir
denn hier eigentlich, Hase und Fuchs sagen sich gleich
gute Nacht, und dann kommst du so in ein kleines
Clubchen rein und die Leute flippen einfach total aus.
Gehen ab wie Schmitt’s Katze! Das ist einfach krass, so
was haben wir in Deutschland noch nie gehabt! Letztes
Mal im Dynamo wurde bereits erwähnt, absoluter
Ausnahmezustand. Gibt’s übrigens auch ein Video davon.
Wir hoffen, in Zukunft auch mal ins Z7 nach Pratteln zu
kommen. So oder so, die Schweiz ist einfach absolut top.
Ihr habt sogar die schöneren Banknoten, in Deutschland
erkenne ich heute noch nicht alles auf Anhieb, aber die
Schweizer Banknoten sind sehr hübsch anzusehen und
übersichtlich.
SA: Irgendwie haben wir die Schweizer einfach lieb
gewonnen, unser kleines Nachbarvölkchen.
Equilibrium (im Chor): Wir danken herzlich!

Unser Yannick (2.v.l.) mit Equilibrium >>>>
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