Dream Evil, Nightrage, Mystic Prophecy und auch Arch
Enemy, so lautet die Liste jener Bands, die während
ihrer Karriere für längere oder kürzere Zeit in den
Genuss der Gitarrenkünste des berühmtesten griechischen
Metallers kommen durften: Gus G. (GG). Trotz dieser
illustren Namen quittierte der junge Hellene, der u. A.
als neuer Malmsteen oder Blackmore gehandelt wird, um
sich auf sein ganz eigenes Ding, die Melodic
Metal-Kapelle Firewind konzentrieren zu können, mit
denen er diesen Spätsommer ‚Allegiance’, die vierte
Studioscheibe veröffentlicht hat. Im Zuge der Tour mit
den Briten Dragonforce krallte sich MF die Gelegenheit,
mit dem jüngsten Gitarrengott der Metalszene über Line
Up-Wechsel, griechischen Metal und Black Sabbath zu
diskutieren, während im Hintergrund die beiden
Dragonforce-Klampfer ihre neuen Effektgeräte quietschend
ausprobierten.

MF: Frage Nummer 1: Wie läuft die Tour so?
GG: Unerwartet gut! Nicht nur von der Stimmung her, die
Tour ist auch ziemlich erfolgreich, die letzte Show war
sogar ausverkauft! Und sonst... In Skandinavien war es
natürlich super, und zum ersten Mal richtig in Osteuropa
zu spielen war auch ein tolles Erlebnis. Diese Tour
zieht auch extrem viele junge Leute an, Dragonforce sind
ja auch so was wie eine neue Generation im Metal.
MF: Was hältst du persönlich von Dragonforce?
GG: Es ist einfach eine tolle Band, die aus unglaublich
talentierten Musikern besteht. Und live geben sie auch
immer Vollgas!
MF: Vor dieser Europa-Tour habt ihr auf dem Loud Park
Festival in Tokyo, dem grössten Metal-Event Japans
gespielt. Wie war’s?
GG: Das war sicherlich eines der Highlights in meiner
bisherigen Karriere! Eine völlig ausverkaufte Arena,
12’000 verrückte Metalfans also, und dann waren auch
noch Megadeth auf dem Billing... Mit denen auf dem
gleichen Festival zu spielen war für mich, als würde ein
Traum wahr werden.
MF: Hat dich in Japan eine Band besonders überzeugt?
GG: Ich konnte leider nicht so viele Shows sehen, da es
ziemlich stressig war, aber... Wir waren ziemlich gut,
hahaha! Ich hab noch Megadeth gesehen und ich liebe
diese Band, aber an diesem Abend fand ich sie ziemlich
schwach.
MF: Ronnie James Dio trat ja auch auf. Freust du dich
auf die Black Sabbath-Reunion mit ihm als Sänger? Du
bist ja bekanntlich ein riesiger Sabbath-Fan.
GG: Oh ja, ich liebe diese Band! Heaven and Hell nennen
sie sich dann, oder? Eine solche Show muss ich nächstes
Jahr unbedingt sehen, das wird der Wahnsinn!
MF: Sabbath mit Ozzy konntest du sicherlich im Sommer
auf der Ozzfest-Tour sehen, als du als Ersatz mit Arch
Enemy dort spieltest. Welchen Sänger bevorzugst du, Ozzy
oder Dio?
GG: Oh, diese beiden Sänger kann man nicht vergleichen,
denke ich! Zwar ist Dio technisch gesehen der bessere
Sänger, aber Ozzy ist halt einfach Kult! Und auch der
ganze Sound ist so unterschiedlich. Ich liebe auch die
Sabbath-Sachen mit Tony Martin, obwohl mich die
Dio-Phase letztlich doch am meisten beeinflusst haben
wird.
MF: Wie kam es zu deinem Sommer-Job bei Arch Enemy?
GG: Ich kenne die Ammot-Brüder schon seit vielen Jahren.
Ich habe sie kennen gelernt, als ich noch in Schweden
lebte, und als sie dann für die Tour jemanden brauchten,
rief er mich kurzerhand an und ich sagte ihm, dass ich
gerne aushelfen würde und das war’s. So schnell geht das
manchmal.
MF: Wie war es?
GG: Was soll ich sagen? Ich tourte mit Black Sabbath und
Iron Maiden, zwei meiner absoluten Lieblingsbands. Und
auch Arch Enemy sind fantastische Menschen, sehr
professionell und auch super Musiker. Es hat wirklich
Spass gemacht, mit ihnen zu spielen.
MF: Gibt es Unterschiede zwischen den beiden
Stilrichtungen, die du bis anhin live gespielt hast,
zwischen Melodic Death wie bei Arch Enemy und Nightrage
und Melodic Metal bei Firewind oder Dream Evil?
GG: In erster Linie ist halt das, was ich mit Firewind
mache, genau der Sound, den ich machen will. Mir
gefallen cleane, melodische Vocals um einiges besser als
aggressive Growls. Sonst sind die beiden Stilrichtungen,
was die Gitarrenarbeit anbelangt, ziemlich nahe
beieinander, wobei Death Metal natürlich tiefer und
verzerrter gespielt wird.
MF: Dieses Jahr hast du gleichzeitig aber auch alle
deine anderen Anstellungen bei Bands wie Dream Evil,
Mystic Prophecy und Nightrage aufgegeben. Vermisst man
dabei die Jungs nicht, mit denen man über Jahre hinweg
zusammen gearbeitet hat?
GG: Ja, schon, aber ich habe natürlich immer noch
Kontakt mit den meisten von ihnen. Es ist ja nicht so,
dass wir uns im Streit getrennt hätten, ich wollte mich
einfach auf Firewind, mein ganz eigenes Ding,
fokussieren. Ich telefoniere viel mit Marios (Iliopulos,
Bandchef von Nightrage, Anm. d. Verf.), mit Lia (R.D.
Liapakis, Sänger) von Mystic Prophecy und auch mit den
Dream Evil-Jungs. Wenn du mit jemandem wirklich
befreundet bist, dann zerstörst du diese Freundschaft
nicht, nur weil du einen Job aufgibst.
MF. Dream Evil ist ein gutes Stichwort. Auf der neuen
CD von ihnen bist du ja auf dem letzten Track ‚My Number
One’, einer Coverversion der Eurovision Song
Contest-Gewinnerin Helena Paparizou, auch noch zu hören,
oder?
GG: Ja genau, Frederik (Nordström, Anm. d. Verf.) rief
mich an und erklärte, dass sie eine Coverversion von ‚Number
One’ von Helena machen würden, und sie ist ja halb
Schwedin und zur Hälfte griechisch, und Dream Evil ist
eine schwedische Band mit einem griechischen Typen, der
Gitarre spielt, eine cooler Zusammenhang also. Dann hab
ich schnell die Leadgitarre eingespielt.
MF: Der Song ist echt lustig geworden.
GG: Ja, er ist wirklich zum totlachen. Aber wir haben es
ja auch deswegen gemacht. Dennoch muss man schon sagen,
dass man aus den meisten Popnummern einen geilen
Metalsong machen könnte, würde man ihn richtig
aufmotzen.
MF: Vor ein paar Jahren hast du dich dafür
entschieden, von Schweden wieder zurück in deine Heimat
Griechenland zu ziehen. Was waren die Gründe dafür?
GG: In erster Linie einmal das Wetter! Ich hab die
Scheisskälte in Schweden gehasst, ich brauche einfach
Sonne! Dazu leben halt viele meiner Freunde und meine
ganze Familie in Griechenland.
MF: Wie ist die griechische Metalszene so?
GG: Total scheisse! Es gibt zwar eine grosse Szene, aber
es spielt sich einfach alles im Underground ab. Es gibt
viele Bands, viele gute Bands, aber die haben es
verdammt schwer, nur schon national berühmt zu werden,
geschweige denn internationale Erfolge zu verbuchen.
MF: Kannst du jungen, lokalen Bands irgendwelche
Tipps geben?
GG: Macht einfach das was ihr wollt, schreibt die Musik
die euch gefällt und lasst euch nicht verbiegen. Zu
lieben, was man spielt, ist das Wichtigste an der ganzen
Sache. Man sollte sich nicht verbiegen, nur weil gerade
etwas anderes ‚in’ ist. Vor fünf Jahren feierten alle Nu
Metal ab, heute gehen die Teenies auf traditionelle
Metalkonzerte. Und Promotion wird immer wichtiger,
gerade mit dem Internet kann man so viel kostenlose
Werbung für sich machen. dazu gehört auch ein
anständiges Demotape mit annehmbarem Sound und eben viel
Präsenz, einfach überall auftreten, egal ob es sich um
eine Geburtstagsfete oder einen wirklichen Gig handelt,
man kann bei jedem Auftritt Erfahrungen sammeln und
natürlich auch neue Fans dazugewinnen.
MF: In der Vergangenheit hattest du einige Probleme
mit dem Line Up von Firewind. Wie hast du deine beiden
neuen Mitstreiter, Apollo (Sänger) und Marc Cross (Drums),
gefunden?
GG: Ich kenne beide, Marc und Apollo, schon seit einer
Ewigkeit. Ich wollte keine Typen, die ich zum Vorspielen
einlade, nehmen, da die Persönlichkeit eines Menschen
fast so entscheidend ist, ob er zur Band passt, wie sein
Können. Apollo kannte ich noch aus der Zeit, in der ich
in Schweden lebte. Er ist zwar Grieche, lebt aber in
Schweden, und so telefonierte ich halt wieder mal mit
ihm und fragte, ob er Lust hätte. Da er zu dieser Zeit
in keiner Band verpflichtet war, sagte er sogleich zu.
Seit langer Zeit ist er ein guter Freund von mir, und
ich halte ihn sowieso für einen der besten und
versiertesten Sänger, die es im Moment gibt. Dazu ist er
auch ein hervorragender Frontmann, so schickte ich ihm
die Demos, er sang ein paar Linien darüber und da gab es
keinen Zweifel mehr, dass er der neue Sänger sein
musste! Ähnlich war es bei Marc Cross, unserem neuen
Drummer. Er ist zwar nicht Grieche, lebt aber schon seit
einer Ewigkeit dort und war in letzter Zeit nicht mehr
wirklich in Bands involviert, und so liess ich auch sein
Telefon läuten.
MF: Wo siehst du die Unterschiede zwischen Apollo und
eurem alten Sänger Chity Somapala?
GG: Apollo ist ganz klar versierter. Er kann seine
Stimme variabler verwenden, er hat einen grösseren
Stimmumfang und kann auch ganz verschiedene Stimmungen
wiedergeben. So singt er gefühlvolle Balladen genauso
gut wie hartes Zeug. Er passt perfekt zu unserem Sound,
da wir ja mit vielen Wechseln in der Dynamik und Härte
arbeiten. Dem kann er sich ohne Probleme anpassen. Und
er singt sofort alles, was du willst, du musst ihm nur
sagen: "Sing es ein wenig höher oder rauher!", und er
macht es.
MF: Auf eurer neuen Scheibe ist Apollos Stimme aber
nicht die einzig Neue, du hast auf ‚Allegiance’ mit
einer Sängerin namens Tara auch eine weibliche Stimme
verwendet. Von woher kennst du sie?
GG: Wiederum kenne ich sie seit meiner Zeit in Schweden.
Tara ist zwar Niederländerin, ging aber nach Schweden,
um ihrer Karriere einen Schub zu verpassen. Ursprünglich
kommt sie eher aus dem Pop/Soul-Bereich, hatte aber in
letzter Zeit lange nichts mehr gemacht. Mir gefällt ihre
Stimme schon lange, und während den Aufnahmen zum Song ‚Allegiance’
kamen wir auf die Idee, ihre Stimme einzusetzen, und es
hat sich meiner Meinung total ausbezahlt. Zuerst sollte
sie nur die Backing Vocals übernehmen, als sie dann aber
im Studio war und die Lyrics einsang, wusste ich, dass
da unbedingt ein Duett zwischen ihr und Apollo gemacht
werden musste. Für mich ist dieser Song sicherlich eines
der Highlights auf der Scheibe, weswegen dieses Lied
auch unsere zweite Single werden wird.
MF: Eure erste Single vor ‚Allegiance’, ‚Falling To
Pieces’, schaffte es auf Platz 11 der griechischen
Single-Charts. Wie hast du reagiert, als du es erfahren
hast?
GG: Ich dachte nur: "Verdammt, Mann, passiert das
wirklich? Das kann doch nicht sein!" Ich hab niemals zu
hoffen gewagt, dass der Song überhaupt in die Top 20
oder 30 hineinkommen würde. Das Album kam danach ja
irgendwo in die Top 10, was noch einen grösseren Erfolg
für uns darstellt. Ein Traum wird wahr kann ich nur
sagen!
MF: Dann füllt ihr in Griechenland wohl schon rechte
Hallen, oder?
GG: Seit dem neuen Album haben wir eben noch nicht in
Griechenland gespielt, deswegen weiss ich noch nicht,
wie es aussehen wird. Ich freue mich aber riesig darauf,
kürzlich ist die Single nämlich wieder in die Charts
eingestiegen!
MF: Welche Erinnerungen und Bilder verbindest du mit
der Schweiz?
GG: Bei der Schweiz denke ich sogleich an den November
2005, als wir Hammerfall supporten durften! Zweimal
ausverkauft, zweimal fantastische Stimmung, das werde
ich nie mehr vergessen! Damals konnten wir sicherlich
viele neue Fans gewinnen, die sich heute hoffentlich
auch blicken lassen werden!
MF: Was für Pläne haben Firewind für 2007?
GG: Zuerst werden wir eine zweite Europatour als Support
von Angra machen, dann auch einige Headline-Shows, wo
man uns schon besser kennt, in Portugal und Griechenland
oder so, dann eine weitere Asien-Tour, also China,
Korea, Japan, die bis zum Sommer dauern wird, in welchem
wir dann hoffentlich einige Festivals in Europa beehren
dürfen. Hoffentlich sind im Herbst als Konzertabschluss
die Vereinigten Staaten dran. Es wird ein stressiges und
aufregendes Jahr!
MF: Obligatorische, letzte Frage: Wo werden Firewind
in 5 Jahren stehen?
GG: (lacht) Hoffentlich an der Spitze des Metals!
Hoffentlich, ich würde nicht darauf wetten! Nein, ich
hoffe, es läuft weiter, immer ein bisschen bergauf, dann
bin ich zufrieden! Meinen Traum, durch die Musik leben
zu können habe ich erreicht, jetzt geht es nur noch um
die Details! Dass man den Soundcheck nicht mehr selber
machen muss, zum Beispiel... Das muss ich jetzt nämlich
tun!
MF: Gus, ich danke dir für das Interview und freue
mich schon auf das Konzert!
(Zu Recht, wie sich im Nachhinein gezeigt hat, da sowohl
Band wie auch das Songmaterial die Headliner an diesem
Tag, Dragonforce, bei weitem übertrumpft haben! Anm. d.
Verf.)
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