Spezialisierung kann verdammt gefährlich werden. Das
durfte ich erfahren, als es kurz vor dem Gamma
Ray-Interview hiess, dass ich nicht mit Kai Hansen,
sondern mit Henjo Richter (Gitarrist) und Dirk Schneider
(Bassist) reden kann. Nun, 90% der vorbereiteten Fragen
waren auf Hansen zugeschnitten, welcher als
Ex-Helloween-Mitglied massgeblich zur historischen
Bedeutung dieser Hellish-Rock-Tour beitrug. Ich
entschied mich für die Variante „Zweimal kurz durchatmen
und ab die Post“ und stellte den beiden eher spontan
Fragen. Was sehr gut klappte, waren die beiden, frisch
vom Auftritt zurück, doch in bester Laune. Aus den
geplanten 15 Gesprächsminuten wurden dann sogar 30. Aber
lest jetzt selber über Bühnensound-Verhältnisse, das
neue Gamma Ray-Album „Land Of The Free 2“ und erfahrt,
wer tatsächlich für die Annäherung zwischen den beiden
Bands Gamma Ray und Helloween verantwortlich ist.
MF: Ihr seid jetzt frisch von der Bühne runter. Wie wars?

Henjo Richter (HR): Heute war es gut. Ich hatte gar
keine Erwartungen, weil ich den Laden nicht kenne. Finde
es aber schön hier und es hat mir gut gefallen. Das
Essen war gut, die Duschen prima, es ist warm genug, es
ist grossräumig, die Halle ist toll, die Bühne war gross
und es waren viele Leute da. Das sind alles wichtige
Dinge, die man im Vorfeld nicht abschätzen kann. Und die
Stimmung war gut. Die Leute sahen sehr zufrieden aus. In
der Schweiz ist es immer ganz lustig, weil es sich immer
sehr mischt.Vorne hast du einen Pulk, wo alle abbangen
wie die Blöden und hinten hast du mal einen der völlig
ausflippt, einen der freakig ist und vielleicht einen,
der nur so am zuhören ist. Also eine bunte Mischung.
Aber ein geiles Publikum.
MF: Wie war es bezüglich Probleme auf der Bühne.
Dirk, hast du dich am Bass gehört?
Dirk Schlächter (DS): Ja. Klar, ich meine der Bass ist
immer zu leise bei Gamma Ray, das ist ganz normal. Ich
sage da schon gar nichts mehr dazu. Ich sage da nichts
mehr dazu!!! (spielt den Verärgerten)
HR: Das ist so ein Kampfpunkt, um welchen wir uns immer
ein bisschen streiten. Ich mag nicht so gern viel Bass
auf meinem Sidefield. Die Tieffrequenzen schieben
nämlich die mittleren Frequenzen der Gitarre weg.
DS: Deswegen kriegst du in Zukunft auch keine Tiefen
mehr, damit du hörst, was der Bass spielt. Und wenn ich
dann mal nicht zur Probe komme, dann wundern sie sich:
„Oh, ohne Bass klingt das ja doof!“ Aber mich dann nicht
hören wollen! Das passt dann auch wieder nicht so
zusammen.
HR: (äfft Dirk nach)
DS: Ja, da sieht man es schon wieder wie es abgeht.
HR: Die kaschieren uns die Gitarren falsch.
DS: Aber ich muss sowieso immer dafür herhalten.
MF: Aber das heisst nicht, dass du blind spielst,
also dich gar nicht hörst?
DS: Hm… nein… gut aber. Aber man hört sich halt auf der
Bühne nicht überall gleich gut. Vor allem wenn man die
Situation nicht hat, dass der Monitormann wirklich die
Bühne einsehen kann. Wenn der Monitormann die Bühne
einsehen kann, dann kann er natürlich Henjo ein bisschen
auf dem Sidefield reindrehen wenn er zu mir rüber kommt.
Und umgekehrt komm ich da rauf, wenn ich zu ihm komme.
Und ansonsten gibt es natürlich auch Momente, die man
blind spielen kann.
HR: Also der Japaner macht das. Der macht das sogar
unaufgefordert. Also wenn man auf die andere Bühnenseite
geht, dann zieht er einen da hoch.
MF: Also in Japan?
HR: Ja, in Japan. Ja, da passiert so was. Automatisch.
DS: Wie gesagt, es gibt da auch Stellen wie auf diesen
Reiser neben dem Schlagzeug. Also wenn wir da hochgehen,
dann wissen wir, dass da bei uns kein Monitor steht. Die
Helloween-Bühne hat da Gitterreiser. Da stehen Monitoren
drunter. Das heisst, wenn da jemand hoch geht, dann hört
er sich da auch. Und wenn wir da hoch gehen, dann sind
wir schon sehr auf uns gestellt, dann hörst du nicht
mehr viel. Und dann muss man halt einfach nach Gefühl
spielen und nicht daneben greifen. Man kennt die Songs
ja eigentlich. Man sollte das drauf haben, auch mal kurz
ein paar Takte blind zu spielen.
HR: Man geht dann auch an Stellen hoch, wo das gut
funktioniert. Dirk hat ja auch mal Gitarre gespielt und
er hat mal gesagt, dass er es nachvollziehen kann, wenn
ich zum Spielen einen guten Sound wünsche. Für mich ist
es voll scheisse, wenn ich mich nicht hören kann. Dann
mag ich auch nicht spielen. Ich kann dann auch keine
Spiellust entwickeln. Und da hast du mal gesagt, dass
dir der Unterschied aufgefallen ist, als du wieder zum
Bass gewechselt hast. Also dass das damit eher geht.
DS: Also man kann auf jeden Fall mit einem schlechten
Sound mit dem Bass viel schneller leben, als mit der
Gitarre. Also wenn man sich überhaupt hört, ist das auch
sehr schön, aber als Gitarrist muss man irgendwie auch
einen schönen Sound haben, um irgendwie arbeiten zu
können. Als Bassist ist es eher wichtig, dass man sich
überhaupt hört. Und der Sound ist dann nur noch ein
Kontrollding, damit man weiss, dass man in der richtigen
Lage ist, wenn man mal gerade nicht auf das Griffbrett
guckt. Aber bei der Gitarre ist es schon wichtig, dass
man auch einen vernünftigen Sound hat, den man so ein
bisschen ausleben kann. Das ist auf dem Bass nicht ganz
so schlimm. Da stimmen mir auch viele Bassistenkollegen
zu. (lacht) Weil den Traumsound hast du eigentlich ganz
selten. Du hast auf einer Tournee schätzungsweise von 10
Shows so zwei Mal einen richtig geilen Sound auf der
Bühne und ansonsten ist das eher so okay. Also man kann
damit arbeiten und man produziert für die Leute und die
PA einen guten Sound. Aber das, was auf der Bühne
passiert, ist dann schlussendlich ein reines Monitoring.
Dafür sind Monitore ja auch da, damit man hört, was man
macht und das hat nicht oft so mit Spass und Traumsound
zu tun.
HR: Man hat ja auch keinen Mix auf der Bühne. Also z.B.
höre ich auf meiner Seite von Kai (Hansen) fast gar
nichts. Wenn ich für die zweistimmigen Geschichten in
die Mitte gehe, dann bläst er mich von hinten an und ich
hör mich kaum. Also du hast keinen wirklichen PA-Sound,
das geht ja auch gar nicht. Es sei denn, man würde mit
In-Ear (Ohrmonitoring) spielen. Vielleicht machen wir
das irgendwann einmal. Weil im Moment kommen immer
wieder Diskussionen auf, ob man das vielleicht ein
bisschen komprimiert weil das immer wieder Probleme gibt
mit dem Monitorsound auf der Bühne. Aber schliesslich
sind wir immer noch eine Rock’n’Roll-Band und mit
Stöpseln…
DS: Wir spielen keinen Rock’n’Roll. Wir sind eine
Metal-Band.
HR: Ja, also das ist für mich auch der nächste Schritt
nach dem Rock’n’Roll.
MF: Aber wieso funktionieren denn diese wahnsinns
Lead-Gitarren-Doppel-Dinger? Also wieso passt es
zusammen, obwohl ihr euch fast nicht hört?
HR: Na gut. Ich habe ja gesagt, dass ich zu ihm in die
Mitte rüber gehe.
MF: Ja, aber dann hörst du dich nicht mehr.
HR: Hm ja, doch genug. Dann höre ich ihn natürlich
lauter. Dann höre ich ja, wo er ist. Dann höre ich auch,
welches Timing er gerade spielt und kann ihm genau
folgen. Aber letztendlich haben wir das oft genug
geprobt, so dass wir das dann auch spielen können.
DS: Man groovet sich halt ein. Und dann geht es eben
auch manchmal ganz blind, oder ganz taub. (lacht)
MF: Zu einem ganz anderem Thema. Herzliche
Gratulation zum neuen Album. Fand es spitzenmässig.
HR: Das freut uns.
MF: ich habe der neuen Helloween die gleiche
Punktzahl gegeben, damit die Diskussion darüber, welches
Album besser sei, erst gar nicht aufkommt. Weil ihr euch
ja schon ziemlich fest von Helloween unterscheidet.
HR: Das stimmt. Weil wenn du jetzt mal die beiden Alben
so nebeneinander hörst, dann hörst du schon grosse
Unterschiede. Wir hatten gestern in Mailand eine
Autogrammstunde, und da hat der Inhaber immer so zwei
Songs von Helloween, zwei Songs von Gamma Ray gespielt.
Und wenn man das mal so richtig im Vergleich hört, dann
merkt man, dass das schon ein unterschiedlicher Sound
ist. Ich weiss jetzt nicht, wie ich das zuweisen soll.
Aber es klingt unterschiedlich. Wir machen ein anderes
Zeugs.
MF: Ihr seid meistens schneller.
HR: Na…
MF: Nicht?
HR: Wir sind vielleicht ein bisschen rauer, teilweise.
DS: Wobei der Sound von der neuen Helloween-Scheibe
gerade in Bezug auf den Gitarren-Sound sehr aggressiv
für Helloween ist, sehr heavy. Und das Riffing hie und
da ist sehr heavy und wird auch sehr gut von den
Rhythmus-Gitarren unterstützt. Das hat mich sehr
gewundert. Das ist mir irgendwie auch positiv
aufgefallen.
HR: Also für Insider vielleicht, also für Gitarristen,
die was davon verstehen: Wir haben mehr den „modern high
gain preset sound“ und Helloween fährt mehr den „Rectifier
Sound“. Die spielen auch noch einen Halbton tiefer als
wir. Stimmt, die haben das neue Album sogar in
originalen Tönen aufgenommen. Die spielen das Album
sogar zwei Halbtöne tiefer als wir.
DS: Haben die das Album in Deutschland aufgenommen? Ich
weiss es nicht.
HR: Also ich möchte jetzt nichts Falsches sagen. Wir
haben auf jeden Fall dieses Jahr das neue Album in
Originaltönen aufgenommen. Was natürlich schon wieder
einen ganz anderen Sound gibt.
DS: Es wirkt dadurch einfach härter selbst wenn man
nicht hart spielt. Weil die Seitenspannungen von
Gitarren und Bass sind damit höher. Und dadurch klingt
alles einfach etwas mit mehr Spannung. Das ist wirklich
so. Das ist eine physikalische Sache. Und wenn du runter
gestimmt spielst, klingt es auch ganz anders. Dieser
Trend breitet sich im Moment ja ziemlich aus. So Bands
wie Bullet For My Valentine oder Killswitch Engage
spielen in Drop-C. Das heisst, dass die ganzen
Instrumente einen Ton runter gestimmt sind. Und die
tiefe E-Seite noch einen Ton. Da bist du dann bereits
schon sehr weit im Bassbereich. Und das wird dadurch
natürlich auch weicher. Zwar tiefer aber eben auch
weicher, weil die Seitenspannung dann auch entsprechend
tiefer ist. Man muss dann dickere Seiten drauf spannen,
aber die Spannung ist dann eben trotzdem nicht so wie
Original.
HR: Es ist dann vor allem auch nicht mehr wirklich
tonal, richtig fest und ortbar. Ich habe jetzt auf der
neuen Avantasia ein bisschen mitgespielt. Und die ist
auch in D. Also auch zwei Dinger runtergetunt. Und als
ich so die Soli dazu gespielt habe, da war der Bass
tonal nicht mehr richtig zu ordnen. Wenn du jetzt nur
Bass und Schlagzeug hättest, dann würde es
wahrscheinlich keiner merken. Oder ich würde es gar
nicht merken, ob ich jetzt richtig oder falsch spielen
würde. Da brauchst du dann schon Keyboards, um wieder
diese Ordnung zu finden. Dieser Sound geht dafür halt
direkt in die Magengrube.
MF: Zurück zum neuen Album. Land Of The Free stellte
damals einen Neuanfang dar mit Kai Hansen zurück am
Gesang . Wo seht ihr den Neuanfang bei Part 2. Ist das
vor allem die neue Plattenfirma oder gibt’s da mehr?
DS: Das mit der Plattenfirma war noch gar nicht klar,
als wir angefangen haben, Land Of The Free 2
aufzunehmen. Da war erstens noch nicht klar, ob die
Scheibe tatsächlich so heissen wird und zweitens, bei
wem die neue Scheibe veröffentlicht wird. Was da mit
Century Records abging, war damals völlig unklar. Und
der Wechsel zu SPV hat sich dann erst ergeben, als die
Scheibe bereits fertig war. Und was heisst Neuanfang?
Das war alles so nicht geplant. Die Idee kam so bei den
ersten paar Songs auf, die uns irgendwie ein bisschen an
Land Of The Free erinnert haben. Und der Spirit war
ähnlich. Seit wir im neuen Studio sind, haben wir eine
sehr entspannte und relaxte Atmosphäre. Und das merkt
man halt auch. Das Banner des Land Of The Free 2 wurde
dann anschliessend so eine Orientierung für die nächsten
Songs, die dann noch komponiert wurden. Das war dann so
ein wenig eine Guideline. Aber weit weg von einem
Konzept sondern mehr so als Orientierung. Und textlich
gesehen hast du mit Land Of The Free sowieso alles
offen. Das sagt der Titel ja an sich schon. Und darum,
Neuanfang? Vielleicht haben wir uns…
HR: Also Neuanfang schon. Wie du schon gesagt hast,
mussten wir unser altes Studio verlassen. Wir waren da
seit Anfang in diesem Bunker drin ohne Tageslicht, was
auch sehr schön war. Aber wir mussten da raus. Das
heisst, es ist das erste Album, welches wir im neuen
Studio mit Tageslicht und Blick aufs Wasser aufgenommen
haben. Und so gesehen ist es schon ein Neuanfang. Und
was vielleicht noch ganz wichtig ist, ist das letzte
Album Majestic. Dieses wurde eher als düster und Gamma
Ray-untypisch eingestuft. Was ich eigentlich so gar
nicht empfinde. Aber man hört das ständig und immer
wieder…
DS: Das ist den Leuten auch in den Mund gelegt worden.
Irgendwie hat man das Gefühl, dass das die gesamte
Presse nachlabert. Aber nichts desto trotz war es
wirklich so, dass diese Stimmung bei der Majestic gerade
in den letzten 3 Monaten speziell war, weil wir wussten,
dass wir aus dem Studio raus mussten. Und das hat auch
eine böse Stimmung verursacht. Dann war auch die
Produktion unter uns ein bisschen verkrampft und
angespannter. Also angespannter als bei anderen
Produktionen auf jeden Fall. Weil die privaten
Situationen von allen waren nicht so rosig. Man ist
nicht so entspannt ins Studio gekommen und man stand
generell ein bisschen mehr unter Spannung. Das merkt man
irgendwie halt auch. Das neue Album ist jetzt wesentlich
entspannter und relaxter.

HR: Deswegen haben wir uns auch erstmals diese Guideline
zu Land Of The Free festgelegt. Also zu dieser positiven
Aussage.
MF: Was auch sehr geil ist, ist das neue Cover. Wer
hatte die Idee dazu oder kam sie vom Maler?
HR: Na, letztlich hat er was angeboten, der Herr Hervé (Monjeaud
http://herve-monjeaud.com). Und das haben wir dann immer
mehr verfeinert. Die Idee war ein bisschen frei. Es ging
uns ums Thema Freiheitsstatue. Also so als Symbol für
Land Of The Free halt. Aber nicht so mit diesem Friede,
Freude, Eierkuchen. Weil was da alles dahinter steckt,
ist ja auch gar nicht alles so schön, wie es auf den
ersten Blick aussieht. Und das sollte diese
Freiheitsstatue auch irgendwie symbolisieren, also auch
so die Schattenseiten. Das war so der Grundgedanke
dabei. Monjeaud hat dann verschiedene Entwürfe gemacht
und damit haben wir dann die Idee verfeinert und ihn
gelenkt. Es sollte auch einen Bezug zum ersten Land Of
The Free haben. Und so hat sich das dann entwickelt.
Dann wollten wir natürlich auch so ein paar Teile drauf,
welche wir immer benutzen. Wie unsere Pyramiden, oder
die Wächter, und so ist es gewachsen. Also letztendlich
hat da vor allem Kai unheimlich viel mit dem Maler
kommuniziert, dem Herr H. Monjeaud, dem Franzosen. Denn
der bietet sich immer an. Und dann entstand das Cover so
Stück für Stück. Bis wir dann mal gesagt haben, dass wir
das jetzt so gut finden.
MF: Kommen wir jetzt noch kurz zur
Helloween-Geschichte. Ich habe vorher mit Michael
Weikath gesprochen. Er hat mir erzählt, dass die
Annäherung zwischen ihm und Kai Hansen von Henjo
ausgegangen sei.
HR: Ja, das war ich. Das ist eine normale, logische
Geschichte. Also bevor ich zu Gamma Ray gekommen bin,
hing ich halt mit den Helloween’s rum. (lacht)
MF: Hast du mit denen gespielt oder warst du eher so
in den gleichen Kneippen wie sie?
HR: Ich habe z.B. mit Markus (Grosskopf) zusammen in
einer Band gespielt (wahrscheinlich bei Easy Livin
http://www.elephant-place.de/Easy-Livin/) und auch mit
Uli (Kusch, mittlerweile Ex-Schlagzeuger von Helloween,
Mitgründer von Masterplan und heute bei Ride The Sky).
Weiki ist mein bester Freund und hat damals eine Band
von mir produziert. Das war aber nur so ein Demo ohne
Plattendeal. Und von daher kannte ich sie alle. Ich bin
ziemlich früh bei Helloween dabei gewesen und hatte auch
viel mehr Zeit als heute (lacht). Damals hatte man ja eh
viel mehr Zeit. Und darum hing ich bei allen
Studioproduktionen so mit rum. Und wir hatten auch immer
schön über Gamma Ray gelästert. Weil damals war das von
Weiki aus schon schwierig. Ich würde nicht Feindschaft
sagen, aber es war definitiv keine gute Stimmung
zwischen den beiden Bands. Und dann kam ich nun zu Gamma
Ray rein. Also gerade so zum Todfeind, böse ausgedrückt.
Da sass ich natürlich dann total zwischen den Stühlen.
Ich hatte da im Vorfeld also sehr viel Negatives über
Gamma Ray gehört, mir aber selber kein abschliessendes
Bild gemacht, sondern wollte das selber sehen. Dann habe
ich das nicht so empfunden. Und dann hat man das so
alles ein bisschen miteinander verbunden. Und es kam
dann langsam wieder zusammen.
MF: Heisst das, dass es auch ein bisschen dein
Verdienst ist, dass die beiden Bands heute zusammen auf
Tour sind?
HR: Das würde ich so nicht sagen. Vielleicht habe ich
dazu beigetragen, dass es passiert ist.
MF: Viele Fans können dir also dankbar sein.
HR: Also ich hoffe jetzt nicht, dass ich nun
Morddrohungen von irgendwelchen Hardcore-Fans bekomme,
die das nie sehen und hören wollten (lacht).
MF: Kommen wir noch zu einem mittlerweile leidigen
Thema. Das ist die Gamma Ray-DVD. Wann kommt die jetzt?
DS: Da müssen wir uns bei allen entschuldigen. Weil wir
da immer wieder gesagt haben, dass sie jetzt dann kommt,
und dann ist sie doch nicht gekommen. Der letzte
Todesstoss war jetzt natürlich die Situation mit der
Plattenfirma. Die DVD an sich ist schon lange fertig.
Aber SPV war jetzt definitiv nicht in der Lage, das neue
Album und die DVD gleichzeitig raus zubringen. Für uns
war es wichtig, dass die aktuelle Scheibe noch
rechtzeitig zur Tour in den Läden steht. Was auch gerade
so noch hingehauen hat. Und da gleichzeitig noch die DVD
raus zubringen, war Manpower-mässig überhaupt nicht
möglich, also inklusiv der Werbung. Das heisst, dass
sobald die ganzen Promo-Aktivitäten zur neuen Scheibe
vorbei sind, sollte das mit der DVD anlaufen. Also die
wird mit Sicherheit (lacht), ich möchte es ja schon fast
nicht mehr sagen, im nächsten Jahr auf jeden Fall vor
dem Sommer noch rauskommen. Das ist definitiv so
geplant.
MF: Gibt es auch Pläne, auf dieser Tour eine DVD
mitzuschneiden?
DS: Ich möchte ja nichts dazu sagen, aber mir sollte man
damit besser nicht kommen.
HR: Also was heisst Pläne? Es wurde im Vorfeld darüber
gesprochen und die Sache abgecheckt. Es wird mit
Sicherheit noch mitgefilmt werden. Das lässt man sich
nicht entgehen. Schon wegen diesem Happening alleine.
Also wenn man da nicht was mitfilmt und das zumindest
bereithält. Aber ob das jetzt eine wirkliche Tour-DVD
wird, sei mal dahin gestellt. Es kann auch sein, dass es
als Bonusmaterial für eine DVD verwendet wird. Aber es
wird garantiert was aufgezeichnet, da bin ich mir ganz
sicher.
MF: Wacken wäre ja was, weil da eh schon die Kameras
bereit stehen.
HR: Ja, die Kameras stehen dort unter anderem auch
bereit, weil da die Avantasia-Aufzeichnung stattfinden
wird.
MF: Also wäre es doch ideal dort. Zumal du dort ja
wahrscheinlich eh sein wirst?
HR: Ja. Das muss ich mir frei halten (lacht). Also
Avantasia werden ein paar Festivals spielen. Auf dem
Sweden-Rock soll es anfangen und ich muss natürlich
sehen, dass man das ein wenig koordiniert kriegt. So
dass wir mit Gamma Ray an den gleichen Tagen nicht wo
ganz anders sind. Damit ich beides machen kann.
MF: Du könntest ja die Forderung stellen, dass man
Avantasia nur zusammen mit Gamma Ray und Helloween
kriegt?
HR: Nein, nein. Ich weiss gar nicht, ob ich das könnte.
Aber das wäre natürlich ein Super-Paket (lacht). Dann
hätte ich auch ganz schön viel zu tun und garantiert
keine Langeweile.
MF: Wenn ihr dann noch Jorn mit seiner Band dazu
packen würdet, bräuchtet ihr fast keine anderen Bands
mehr auf den Festivals.
HR: Ja schon. Das ist eigentlich eine gute Idee... Nein,
nein. Es gibt ja genug grosse Festivals. Und da
irgendwie noch was ganz Neues zu machen, ist irgendwie
übertrieben. Das haben ja dieses Jahr Manowar gemacht.
War das nicht bereits das 2. Mal?
DS: Das war das erste.
HR: Die haben ja ihr eigenes Festival gemacht, wo wir
auch gespielt haben. Das funktionierte. Aber es
funktionierte wohl auch deswegen, weil es mit 10 oder 20
Euro Eintritt für ein 2-Tages-Ticket sehr günstig war.
Und damit haben sie natürlich reichliche Leute gekriegt.
So kann man so was noch machen. Ansonsten gibt’s ja
genügend Plattformen.
MF: Und die Leute haben dafür wahrscheinlich noch für
100 Euro gesoffen…
HR: Wahrscheinlich (lacht). Das weiss man nicht.
Irgendwie wird sich das schon finanziert haben.
MF: Die Tour geht noch 3 Monate, unter anderem mit
Japan-Konzerten. Gibt es Orte, auf welche ihr euch
besonders freut?
HR: Jetzt überhaupt komplett?
MF: Ja, so gesamthaft.
HR: Ja, wo freut man sich besonders drauf? Also Japan
freue ich mich immer besonders drauf. Ich mag das da
sehr gerne. Es ist irgendwie ein ganz anderes Land. Es
ist immer gut da, mit den besten Voraussetzungen.
Südamerika ist immer toll. Das einzige, worauf ich mich
nie freue, sind die Flüge. Flüge und Fährfahrten.
Ansonsten freue ich mich nicht auf irgendwas ganz
besonderes. Da müsste man vielleicht auch umgekehrt
überlegen. Wo ist man eigentlich nicht so gerne?
MF: Ist das wegen Flugangst?
HR: Das ist wegen dem Gleichgewichtssinn. Ich mag es
nicht, wenn es schaukelt.
MF: Und bei dir?
DS: Ach, ich denke, dass ich eigentlich überall sehr
gerne spiele. Und Japan wird bestimmt sehr schön, weil
das immer so schön organisiert ist, und man da weiss,
was einen genau erwartet. Also jetzt von der
Organisation her. Also nicht von den Fanreaktionen. Das
weiss man natürlich nicht. Aber ansonsten…. Es gibt da
keine Nervereien, irgendetwas was nicht da ist, z.B.
Backstage. Oder irgendwas, was man bestellt hat und dann
nicht da ist. Das gibt es da einfach nicht. Da ist alles
immer sehr, sehr korrekt. Und das macht es einem schon
sehr bequem. Und deswegen fühlt man sich da auch wohl
HR: Und lecker essen! Es gibt da immer sehr gutes und
gesundes Essen.
MF: Gibt es Türen, die euch durch dieses Package
jetzt erst geöffnet werden?
DS: Eigentlich nicht. Okay, es sind beide Seiten da. Es
gibt in gewissen Ländern jetzt plötzlich Promoter, die
an uns interessiert sind. Z.B. wird jetzt in diesen
Tagen die Südamerika-Kiste festgemacht, wo Gamma Ray
noch gar nie gespielt haben. Also z.B. Ecuador. Oder
Costa Rica ist drin. Wobei wir in Costa Rica schon
einmal gespielt haben. Das sind also Promoter, die sich
uns einzeln nicht leisten könnten. Da hat es also was
bewegt. Auf der anderen Seite gibt es auch umgekehrt
Sachen, wo Promoter sagen, dass sie das gerne machen
würden, aber dass sie damit auch nur ihre Halle oder
ihren Club voll kriegen würden. Und dann wollen da zwei
Bands und eine doppelte Crew irgendwie bezahlt werden,
was dann nicht mehr drin liegt. Das heisst, dass es auch
den umgekehrten Effekt gibt, dass man irgendwo nicht
spielt mit diesem Paket.
HR: Aber das entwickelt sich noch. Man merkt das daran,
weil jetzt wieder Shows dazu gekommen sind. Für uns ist
es sofern auch ganz gut, als dass wir schon an Orte
hinkommen, wie z.B. Istanbul, wo ich nicht weiss, ob wir
da sonst je gespielt hätten. Genauso verhält es sich mit
Russland, wo wir zwei Shows gespielt haben. Also es wird
ein bisschen grösser, was man schon merkt.
MF: Die Sendung (Interview wurde fürs Taktlos Metal
auf Radio Kanal K und Rockstation geführt) wird kurz vor
Weihnachten ausgestrahlt. Habt ihr irgendwelche
Weihnachtswünsche, welche euch die Fans nach Hamburg
schicken können?
DS: Ich muss gestehen, dass ich überhaupt nicht der
Weihnachtstyp bin. Ich versuche das schon seit
Jahrzehnten meiner Familie beizubringen, dass ich nichts
geschenkt haben will und auch nichts schenke. Was
natürlich für die Kids nicht so toll ist. Ich habe für
die vor ein paar Jahren auch den Weihnachtsmann
gespielt. Aber letztendlich findet bei mir gerade diese
Geschenke-Aktion überhaupt nicht statt. Denn der
eigentliche Gedanke von Weihnachten ist ein anderer.
Also wenn man jetzt gläubiger Christ ist, sollte man
auch Weihnachten feiern. Und als Fest finde ich das auch
okay. Wenn man das aber nicht ist und kein
praktizierender gläubiger Christ ist, (das klingt jetzt
ganz blöd), aber dann sollte man das Ganze einfach
vergessen und es links liegen lassen. Weil letztendlich
ist es nach aussen hin und in den Medien ein reines
Geschäftsding und ein riesiges Business. Und da kann ich
mich überhaupt nicht damit anfreunden.
HR: Also womit ich mich anfreunden kann ist die
Weihnachtsstimmung. Die mag ich eigentlich total gerne.
Weil innerhalb meiner Familie wird das immer sehr eigen,
aber sehr weihnachtlich praktiziert. Mein Bruder hat
zwei kleine Kinder und ich habe ja selber keine. Das ist
ein sehr gemütliches Fest, wo man als Familie zusammen
ist. Ich finde das sehr angenehm. Das einzige was mich
nervt ist der Weihnachtsrummel, welcher von Jahr zu Jahr
früher losgeht. Ich gehe dann am liebsten gar nicht mehr
auf die Strasse. Man merkt es bereits Monate vorher wenn
man in ein Einkaufszentrum geht, wie rappelvoll das
alles ist und wie die Leute alle gestresst sind. Das
nervt mich. Aber Weihnachten an sich finde ich eine
angenehme Zeit. Das hat was. Es hat besondere Düfte,
eine schöne Atmosphäre. Wir haben ja zu letzt auch mal
so richtig Weihnachten mit Schnee gehabt. Also ich finde
das echt romantisch.
MF: Wir sind am Ende. Habt ihr noch eine wichtige
Botschaft an eure Fans?
HR: Seid einfach tolerant und friedlich. Steht für eine
gute, bessere Welt ein und kämpft dafür.
DS: Da könnte man jetzt solche Themen-Kisten auftun… Und
deswegen sage ich einfach nur: „Keep The Faith!“ Das ist
so mein Standartspruch.
HR: Ja, lebt die Wahrheit!
DS: Folget nicht den dummen Demagogen.
HR: Ja, lasst euch nicht mit jedem Quatsch anstecken,
hinter welchem ihr selber nicht steht.
DS: In Deutschland würde man sagen: „Kauft keine
Bild-Zeitung!“
HR: Und kuckt kein Fernsehen!
DS: Ja, und kuckt kein Fernsehen! Und seht zu, dass ihr
euch irgendwo gescheit informiert über das, was in der
Welt so los ist. Und lasst euch nicht verblenden!
HR: Ja, man muss ja nicht immer alles glauben.

Unser Roger W. (mitte) mit Gamma Ray >>>
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