Jon Oliva gehört zu mit zu den authentischsten
Persönlichkeiten im Musikbusiness. Mit Jon Oliva’s Pain
hält er die Fackel von Savatage und seines verstorbenen
Bruders Criss am lodern. Und wie! Global Warming ist ein
erneutes Hammer-Album und seine Konzerte gehören jedes
Jahr zu den absoluten Highlights. Dass dabei auch eine
grosse Tragik mitspielt und welche Rolle das
Trans-Siberian Orchestra spielt, erfahrt ihr mit den
folgenden Zeilen.
MF: Herzliche Gratulation zum neuen Album "Global
Warning".
JO: Danke dafür.
MF: Gibt es einen zusammen hang zwischen „Global
Warning“ und „Global Warming“ (Globale Warnung und
Globale Erwärmung)?
JO: Nein, nicht wirklich. Global Warming ist über das
Klima. Und dieses war einfach ein Buchstabenspiel. Wir
haben einfach das „m“ durch ein „n“ ersetzt. Wir haben
das als eine Art Thema für die CD gewählt. Aber es
bedeutet nicht dasselbe.
MF: Ich dachte nur daran, als ich die Skelette auf
dem Frontcover sah. Die schienen ein Bisschen warm
gehabt zu haben.
JO: Ja, die hatten ein Bisschen warm, wie getoastet.
MF: Aber das meint der Titel Global Warming nicht?
JO: Nein, überhaupt nicht. Das Bild symbolisiert so ein
bisschen das Ende der Welt. Also z.B. die Welt nach
einem Atombombenabwurf. Bump, und schon lebt niemand
mehr. Tragisch, tragisch…
MF: Also tragische Momente auf den Covers von Jon
Oliva’s Pain…
JO: Ja, tragische Momente. Wie sie immer wieder
vorkommen (macht Kriegsgeräusche und lacht)
MF: Insgesamt ist Global Warming mehr
experimentierfreudig als die letzte CD….
JO: Ja, wir haben darauf viele verschiedenen Sachen. Wir
wollten das Album abwechslungsreich halten. Es ist auf
viele Arten experimentell. Ich habe das den Leuten nach
den Aufnahmen vom letzten Album Maniacel Renderings auch
erzählt. Ich habe da angekündigt, dass ich auf dem
nächsten Album ein bisschen herum basteln werde, und
dass ich verschiedene Sachen machen werde. Und das habe
ich jetzt auch getan. Nun, viele mögen das Album sehr,
und andere, habe ich gesehen, mögen es weniger. Aber du
kannst einfach nicht alle Leute glücklich machen.
(lacht) (äfft nach) „Aber was willst du dagegen tun, da
scheinen wir ein oder zwei Arschlöcher da draussen zu
haben…“
MF: Es geht nicht so leicht ins Ohr, aber wenn du die
Zeit dazu nimmst, klappt es.
JO: Da bin ich mit dir einverstanden. Das ist so.
MF: Du hast mir vor einem Jahr erzählt, dass Jon
Olivas Pain die Band ist, mit der du alles machen
kannst, ohne auf irgendwelche stilistische Grenzen oder
so achten zu müssen. Ist das neue Album als Statement
dazu zu verstehen?
JO: Ja ich denke, das ist so. Das neue Album zeigt
deutlich, dass die Vielfalt in der Band wirklich da ist.
Ich meine auf dem neuen Album sind sehr viele
verschiedene Musikstile drauf. Von wirklich hartem Zeugs
bis zu sehr leichtem und weichem. Ich mag am meisten
melodische Sachen. Ob es jetzt sehr heavy oder in der
Balladenform kommt. Es sind die Melodien, welche…
(lautes schnaufen/schnarchen) oh, das ist nur Matt (LaPorte,
Leadgitarrist). Er ist müde. Er ist ein müder junger
Mann. Also das ist halt mein Stil. …oh, jetzt habe ich
den Faden verloren, dank diesem Mann…. Nächste Frage!
(lacht)
MF: Okay. Ich habe den Faden ebenfalls verloren. Auf
dem Album sind Lieder, deren Fragmente sehr alt sind und
sogar bis in die frühen Avatar-Tage (Vorläuferband von
Savatage) zurückgehen. Eine coole Sache…
JO: Ja, das ist eine coole Sache. Wir haben sehr viele
Criss Oliva-Stücke auf dem Album. Was sehr nett ist. Sie
sind auf Songs wie „Look At The World“, kleine Teile von
„Firefly“, „You Never Know“, „Stories“, der Bonustrack
„No More Saturday Nights“. Es hat von ihm Musik in all
diesen Songs. Was sehr cool ist. Es ist Zeugs, welches
du niemals hören könntest, würde es kein Jon Oliva’s
Pain geben. Du würdest es nie hören. Und das ist der
Grund, wieso wir diese einflechten. Es ist einer der
Gründe. Um es sind die Reste seiner Lieder, oder der
Rest der Musik, an der er gearbeitet hat, bevor er
endgültig gegangen ist. So können es die Leute hören.
MF: Also sind Criss Ideen auf 6 Liedern zu hören. Du
hältst ihn damit wirklich am Leben.
JO: Ja, irgendwie schon. Weil… meine Frau hat ja diese
Schachtel mit den Aufnahmen gefunden. Du hast
wahrscheinlich die Geschichte davon bereits gehört. Ich
hatte wirklich keine Ahnung, dass da so viele Zeugs
drauf ist. Ich dachte, wir hätten alles bereits
aufgenommen, was auf diesen Tapes zu hören ist. Shit!
Weil das waren nur verkratzte Arbeitstapes, welche wir
weggelegt hatten. Danke Gott, dass meine Frau sie
gefunden hat. Weil wir diese Schachtel für verdammte 12
Jahre verloren hatten. Aber jetzt haben wir sie
gefunden. Da sind viele kleine Musikfragmente drauf. Da
gibt es noch mehr Sachen. Das wird vermutlich für zwei
oder drei weiteren Alben zu ehren von ihm reichen. Das
ist cool, dass die Leute jetzt den Rest von dem hören
können, was Criss geschrieben hat. Weil sie ansonsten
nie die Chance gehabt hätten, es zu hören.
MF: Also hast du immer noch genug, für ein drittes
Album mit Criss Oliva-Sachen?
JO: Ja, also sogar locker für zwei oder drei weitere
Alben. Insgesamt sind es etwas 45 Tapes. Und wir haben
erst Sachen aus 18 oder 19 weiterverarbeitet. Und daraus
sind bereits zwei Alben entstanden.
MF: Letztes mal hast du mir erzählt, dass die Songs,
die ihr bereits für Manical Renderings geschrieben
hattet, als deine Frau die Schachtel mit den Tapes
gefunden hat, auf dem nächsten Album landen werden. Was
passierte mit diesen Songs? Sind sie jetzt auf dem
Global Warming-Album?
JO: Ja, all die Sachen, die vom letzten Album übrig
geblieben sind, sind auf dem neuen Album. Ich kann mich
nicht mehr erinnern, auf welchen Songs. Verdammt dass
ich das nicht mehr weiss.
Von hinten der Gitarrist Matt LaPorte: Der
Computer-Song…
JO: Ja, der Computer-Song war einer davon, der „Master“.
Das war einer, welchen wir fürs letzte Album hatten, und
den wir jetzt aufs neue Album gepackt haben. Weil es
mehr einer dieser experimentellen Songs war, bei dem wir
einfach alle Regeln aus dem Fenster geworfen haben. Wir
haben sogar eine Waschmaschine aufgenommen, wie wir sie
da mit Schläger malträtierten. Das ist sogar darauf. Es
sind wirklich einige Sachen vom letzten Album auf dem
neuen. Aber vieles sind neue Sachen, welche von Criss
Musikfragmenten beeinflusst wurden. Es war wirklich
cool.
MF: Global Warning ist Greg „Super G“ Marchak
gewidmet.
MF: Greg war unser Soundmann und unser Coproduzent für
unser erstes Jon Olivas Pain-Album. Tatsächlich habe ich
in den letzten 15 Jahren oft mit ihm gearbeitet. Er ist
im Dezember gestorben. Genau dann, als wir bereit waren,
dass Album aufzunehmen und damit beginnen wollten. Es
ist immer traurig, einen solchen Freund zu verlieren.
Wir standen uns sehr nahe. Und wir waren sehr
erschüttert darüber. Er starb ca. 4 Tage bevor wir
unsere ersten Tracks aufnehmen wollten. Und das ist so
schade. Das verletzte uns sehr, weil es alles um die
acht Wochen zurückwarf. Also haben wir den
Album-Abgabetermin und dadurch auch viele der
diesjährigen Sommerfestivals verpasst. Weil ich nichts
fest abmachen konnte. Ich konnte keine definitive
Antwort geben, wann das Album fertig sein würde. Weil
ich nicht wusste, wann wir wieder so weit sein werden,
um daran zu arbeiten. Wir fühlten uns alle irgendwie
ausgebombt. Und keiner wollte überhaupt noch etwas
machen. Aber dann motivierten wir uns wieder
gegenseitig. Und haben gesagt: „Komm, lass uns dieses
Album für Greg aufnehmen. Es ist die letzte Sache, an
der er gearbeitet hat. So lasst es uns gut machen!“ Und
dann zerplatzten wir fast vor Motivation und haben
begonnen daran zu arbeiten. Es war wie ein
Bombeneinschlag. Und dann ging alles sehr schnell. Ich
habe „O to G“ geschrieben. Weil sein Spitzname G war.
Das war es und wir werden diesen Song heute Nacht sicher
auch spielen. Du wirst ihn also Live hören!!! (fängt an
zu schreien) Live, live, es ist ein live!!!!
MF: Um Weihnachten hast du verlauten lassen, dass es
keine weiteren Aktivitäten mit Savatage geben wird. Sind
Savatage damit definitiv gestorben?
JO: Das Ding ist, wie ich allen gesagt habe, dass es mit
Savatage sehr schwierig ist. Diese Band hat aber im
Wesentlichen nur ihren Namen in Trans-Siberian Orchestra
gewechselt. Was ein grosser Erfolg in Amerika wurde. Und
der Metalband Savatage wurde da eine Art Pause gegönnt.
Wir konnten für Savatage überhaupt kein Interesse mehr
in Amerika wecken, wenn wir diesen Namen benutzt haben.
Wir sind dort als tot erklärt worden. Wir haben nur den
Namen geändert und jetzt habe ich so 5 Platin-Alben in
meiner Wohnung hängen. Ich bin reich und berühmt. In
Amerika ist es eine sehr grosse bedeutende Band. Aber
sie macht keine Savatage-Musik. Es ist Trans-Siberian
Orchestra Musik, geschrieben von Paul ONeil, mir selber,
Bob Kinkel und Al Pitrelli. Ich habe dies alles mit Jon
Oliva’s Pain zusammentragen um dort weiter zu machen, wo
ich mit Savatage weitergegangen wäre. Ich spiele die
Savatage-Lieder an jedem Konzert, ich halte Savatage im
Gespräch. Auf viele Arten habe ich einfach die Plätze
mit den Jungs getauscht, also mit Johnni (Lee Middleton,
Bassist), mit Al Pitrelli, Chris Caffery, welche nun
alle im Trans-Siberian Orchestra spielen. Ich habe nur
ein wenig die Plätze getauscht. Ich habe Jon Oliva’s
Pain gegründet um die Musik von Savatage am Leben zu
erhalten. Und ich habe diese Jungs dazu gebracht fürs
Trans-Siberian Orchestra zu arbeiten. Damit sie davon
leben können. Und das ist es, was so passiert ist. Wir
haben schlicht den Namen Savatage auf die Seite gelegt.
Was ich zwar nicht für richtig halte. Aber ich glaube
nicht, dass die Savatage-Fans blöd sind. Jeder wird
jetzt hoffentlich wissen, dass Jon Oliva’s Pain
eigentlich Savatage sind. Wir nennen es einfach nicht
Savatage aus Respekt für das, was Savatage war und für
die Jungs, welche in der Band waren, als wir es Savatage
genannt haben. In den 25 Jahren, in denen wir keinen
Penny daran verdient haben. Wir haben da dauernd ums
Überleben gekämpft. Darum würde es nicht fair sein, wenn
wir jetzt mit den neuen Jungs unter diesem Name
weitermachen würden. Wir wissen es nicht. Eines Tages
werden wir vielleicht wieder etwas unter dem
Savatage-Banner machen. Aber das wird noch lange dauern.
Aber die Chance dazu ist im Moment nicht sehr gut.
MF: Paul O’Neil soll ja letztes Jahr gesagt haben,
dass er im Moment gleichzeitig an 7 Trans-Siberian
Orchestra Alben und an zwei Broadway-Musicals am
arbeiten sei. Weißt du mehr darüber?
JO: Als eines davon wird im Moment fertig. Während ich
hier auf Tour bin, arbeiten die mit Al Pitrelli an den
Gitarren-Soli für das aktuelle „Nightcastle“-Album. Es
wird jetzt nach 5 Jahren endlich fertig gestellt. Weil
Millionen und Millionen Dollars von jeder CD abhängen.
Aber was soll’s. Es kommt jetzt dann bald raus und es
wird über 2 Million Mal gekauft werden. Es ist schlicht
eine sehr frustrierende Sache für mich damit umzugehen.
Ich verstehe nicht, woher ich eigentlich komme. Ich
fühle mich angepisst. Natürlich ist es grossartig. Ich
verdiene sehr viel Geld. Und ich habe mehr Geld in einem
Jahr mit Trans Siberien Orchestra verdient, als mit
Savatage in 25 Jahren. In nur einem Jahr! In nur einem
verdammten Jahr. Kannst du dir vorstellen, wie
beschissen das ist? Also wir sagen da nur: (schaut an
die Decke und schreit direkt zu Gott: „Herzlichen
Dank!!! In Ordnung! Danke vielmals! Hätte das nicht
bereits 10 Jahre früher passieren können!? Als ich das
verdammte Geld gebraucht habe!!! Da musste ich warten!
Vielen Dank dafür! Aber in Ordnung. Ich bin jetzt
glücklich mit JOP. Ich halte die Savatage-Flacke am
brennen. Also für alle Savatage-Fans da draussen, nehmt
Jon Olivas Pain als Savatage, weil es das nämlich ist.
MF: Transsiberian Orchestra klingen ja auch ein wenig
nach Savatage. Ist es möglich, es mal in Europa zu
sehen?
JO: Ja, schon sehr bald. Wir planen daran. Das wird
wahrscheinlich nicht dieses Jahr kommen, aber nächstes
Jahr. Wir werden es, glaub ich, für 14 Shows in
verschiedenen Städten nach Europa rüber bringen. Also
nur in Theater mit 3000 oder 5000 Sitzen. Alles was ich
darüber weis ist, dass es ein Phänomen in Amerika drüben
ist. Und das alle viel Geld daran verdienen. Es nimmt
vielen Leuten grossen Druck weg. Und es ermöglicht mir,
dieses hier zu tun. Ich meine ich verdiene mit dem hier
überhaupt kein Geld. Du verdienst überhaupt nie Geld,
wenn du nach Europa kommst. Weil hier alles so viel
kostet. Ich meine, es kostet nur schon 20’000 Dollars um
jeden hier und das ganze Equipment rüber fliegen zu
können. Ich bin hier, weil mich das nicht mehr kümmern
muss.
MF: Die Show soll ja scheinbar die verschiedensten
Leute zusammenbringen?
JO: Es ist eine der grössten Shows weltweit, überhaupt.
Und an den Konzerten siehst du alles. Familien mit
kleinen Kindern, Omas und Opas und Savatage-Fans in
unseren T-Shirts. Da ist wirklich jedes Alter und jede
Schicht vertreten.
MF: Die Zeit ist leider bereits zu Ende. Gibt es noch
irgendeine wichtige Mitteilung von dir an die Schweizer
Fans?
JO: Ich geniesse es jedes Mal, wieder hier zu sein.
Danke, dass ihr kommt und das Andenken an Savatage
aufrecht haltet. Und (schreit) ich hoffe, dass der
verfluchte Bein baldmöglichst heilt!!! (Andeutung auf
sein Bein, welches er kurz vor Tournee start verletzt
hatte.)

Unser Roger mit Jon Oliva >>>
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